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Evaluation und Evaluationsforschung - Universität Bremen

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Ursula Carle / Heinz Metzen<br />

<strong>Evaluation</strong>sforschung: Entwicklungsservice statt Werkzeugkiste<br />

Die Intervention des evaluationsunterstützten Projektes muss also im besten Falle einer wissenschaftlich<br />

f<strong>und</strong>ierten Wirkungsprognose folgen, die das <strong>Evaluation</strong>ssystem dann ebenso<br />

professionell im Projektverlauf abzubilden versucht. Dies könnte man aus amerikanischpragmatischer<br />

Sicht in Anlehnung an Rossi / Freeman / Lipsey (1999, zuerst 1985) die "Theoretische<br />

Wende" in der <strong>Evaluation</strong>sforschung nennen (s.a. Chen 1999; Bamberg 2000). <strong>Evaluation</strong><br />

wird zu einem von mehreren wichtigen Serviceprozessen für das Entwicklungsprojekt.<br />

Ich schlage deshalb aus der europäischen, eher theorielastigen Position vor, die konzeptionelle<br />

Koppelung zwischen Projekt <strong>und</strong> <strong>Evaluation</strong> einer "Systemischen Wende" der <strong>Evaluation</strong>sforschung<br />

zuzuschreiben. Die obige Abbildung versucht, die Verschränkung <strong>und</strong> Parallelität<br />

der beiden Hälften erfolgversprechender <strong>Evaluation</strong>sprojekte zu veranschaulichen. Die hier<br />

skizzierte Systemverschränkung setzt allerdings mehr als nur konzeptionelle Anknüpfungspunkte<br />

voraus, nämlich die Fähigkeit zur strukturellen Koppelung auf beiden Systemseiten<br />

voraus – dazu später mehr.<br />

In der systemischen <strong>Evaluation</strong>sforschung oder – bezogen auf Schule – der "Systemischen<br />

Schulbegleitforschung" (Carle 2002) folgen Struktur <strong>und</strong> Methodik der <strong>Evaluation</strong>sstudie<br />

dem Sinn, der Struktur <strong>und</strong> der Methodik des Gestaltungsprojektes. Das <strong>Evaluation</strong>ssystem<br />

muss also das Wirkungsmodell des Entwicklungssystems "verstanden" haben. Somit sind<br />

sozialwissenschaftliche Forschungsmethoden für erfolgreiche <strong>Evaluation</strong> nur eine notwendige,<br />

bei weitem aber keine hinreichende Bedingung. Hinzu kommt, dass die Art <strong>und</strong> Weise der<br />

<strong>Evaluation</strong>skommunikation für den Wissensgewinn <strong>und</strong> den Lernerfolg der Gestaltenden eine<br />

nicht minder wichtige Rolle spielt – zur schriftlichen Gestaltung von <strong>Evaluation</strong>s-Exposees, -<br />

Berichten <strong>und</strong> –Artikeln siehe Isaac / Michael 1997, 237 ff). Felderfahrung <strong>und</strong> f<strong>und</strong>ierte theoretische<br />

Feldmodellierung einschließlich der Feldsprachenbeherrschung bilden also mindestens<br />

ebenso wichtige Erfolgsbedingungen wie die Kenntnis sozialwissenschaftlicher Erhebungsmethoden<br />

–zur Methodik später mehr in Kapitel 4.3.<br />

1.2 Zur Annäherung von Entwicklungsprojekt <strong>und</strong><br />

<strong>Evaluation</strong>ssystem<br />

Auch die Väter der amerikanischen <strong>Evaluation</strong>sforschung Donald T. Campbell (1988), Michael<br />

Scriven (Donaldson / Scriven (Eds.) 2003), Lee J. Cronbach, Daniel L. Stufflebeam<br />

(Stufflebeam / Madaus / Kellaghan) 2001) Peter F. Rossi (Rossi / Freeman / Lipsey 1999),<br />

Ernest R. House 6 (1999) <strong>und</strong> andere unterstreichen alle die "dienende" Funktion der <strong>Evaluation</strong><br />

(<strong>Evaluation</strong>sforschung als Serviceprozess für den Kernprozess der Systemgestaltung) <strong>und</strong><br />

die Notwendigkeit der paradigmatischen Verwandtschaft zwischen Gestaltungsprojektansatz<br />

<strong>und</strong> <strong>Evaluation</strong>sansatz. Nicht verwandt sind beispielsweise ein schulisches Entwicklungsprojekt,<br />

z.B. der Versuch einer Einbeziehung der Eltern in die pädagogisch-didaktische Arbeit<br />

der Schule <strong>und</strong> ein behördliches Testvorhaben zur Ermittlung der Schülerleistungen. Paradigmatische<br />

Verwandtschaft läge vor, wenn die Behörde das Projekt der Schule durch ein Unterstützungssystem<br />

fördern will <strong>und</strong> den gesamten Entwicklungsverlauf mittels einer begleitenden<br />

<strong>Evaluation</strong> erfassen <strong>und</strong> dokumentieren will.<br />

Was beide dann trotz dieser Projektsympathie im Detail unterscheidet ist die Arbeits- <strong>und</strong><br />

Forschungsmethodik sowie der "Fachdialekt", zumindest so lange bis die Gestaltung der Projekte<br />

– wie es Patton (1998) nennen würde – von der "<strong>Evaluation</strong>skultur" durchdrungen ist,<br />

bis also <strong>Evaluation</strong>sforschungskompetenz ein integraler Bestandteil der Systemgestaltungskompetenz<br />

geworden ist. Erst wenn eine ausreichende <strong>Evaluation</strong>skompetenz im Entwicklungssystem<br />

selbst ausgebildet ist <strong>und</strong> wenn diese in die Planung <strong>und</strong> Gestaltung des Ent-<br />

6 Prof. House, School of Education, University of Colorado, Boulder ist vielleicht der kompetenteste Kenner der<br />

<strong>Evaluation</strong>sforschung im schulischen Bildungssektor weltweit<br />

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