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Evaluation und Evaluationsforschung - Universität Bremen

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Ursula Carle / Heinz Metzen<br />

<strong>Evaluation</strong>sforschung: Entwicklungsservice statt Werkzeugkiste<br />

1.1 Perspektivenwechsel:<br />

Vom Begutachtungs- zum Serviceprozess<br />

Die Irritation der in der ganz überwiegender Zahl als Lehrende tätigen Evaluierten gründet in<br />

einer tiefen Verunsicherung des eigenen Professionsverständnisses: Sollen die traditionellen<br />

Werkzeuge der Pädagogik, persönliche Intuition, ein hoher pädagogischer Ethos <strong>und</strong> reiche<br />

berufliche Erfahrung durch die externen <strong>und</strong> nicht selten organisationsfremden Maßstäbe von<br />

Bürokraten völlig in Frage gestellt werden? Muss etwa die ganzheitliche, individuelle <strong>und</strong> situative<br />

Sicht- <strong>und</strong> Arbeitsweise der LehrerInnen einer punktuellen (<strong>und</strong> damit messbaren) <strong>und</strong><br />

landeseinheitlichen Testbürokratie weichen?<br />

"Die Sau wird durchs Wiegen nicht fetter", kalauerte diesbezüglich vor wenigen Jahren<br />

ein großer deutscher Lehrerverband <strong>und</strong> spiegelte damit die Stimmung des Berufsstandes treffend.<br />

Aber er verfehlte damit die sich im aktuellen <strong>Evaluation</strong>skonflikt äußernde Aufgabenstellung<br />

völlig. Denn die berechtigte Erwartung an ein professionelles <strong>Evaluation</strong>ssystem besteht<br />

nicht im schieren Messen, sondern in der Bereitstellung eines sozialwissenschaftlich<br />

f<strong>und</strong>ierten Kommunikationssystems zur zielführenden Verbindung aller an Schule, Hochschule<br />

<strong>und</strong> anderen Bildungseinrichtungen Beteiligten <strong>und</strong> Betroffenen in Richtung auf eine moderne,<br />

prozess-, entwicklungs- <strong>und</strong> schülerorientierte Bildungssystemgestaltung über alle<br />

Strukturebenen hinweg.<br />

Auf das Bildungssystem bezogen lässt sich bis hier zusammen fassen: <strong>Evaluation</strong> soll im<br />

Gestaltungsprozess handlungsleitendes Wirkungswissen bereit stellen <strong>und</strong> zwar für den gemeinsamen<br />

strategischen Diskurs 4 der verschiedenen Interessengruppen über die weitere Ausformung<br />

des Gestaltungsprojektes. Dabei ist erfolgversprechende <strong>Evaluation</strong> – dies lehren alle<br />

<strong>Evaluation</strong>serfahrungen (Carle 2000, 67-70) im Bildungssektor - immer demokratisch <strong>und</strong><br />

bietet den Gestaltenden für ihr gemeinsames Vorhaben:<br />

Zielführungssystem<br />

Kommunikationsplattform <strong>und</strong><br />

Integrationsmedium der Strukturebenen<br />

Jede Ebene <strong>und</strong> jede Interessengruppe des Bildungssystems erhält so die Zahlen <strong>und</strong> Einschätzungen,<br />

die es ihr erlauben, ein höheres Maß an Verantwortung <strong>und</strong> Zweckmäßigkeit des<br />

eigenen <strong>und</strong> des gemeinsamen Handelns zu erreichen. Dies gilt auf der schulfernen Regierungsebene<br />

ebenso wie auf der konkreten Ebene des Unterrichts. Ein erfolgversprechendes<br />

<strong>Evaluation</strong>ssystem verbindet persönliche Lernzuwachs-Portfolios mit staatsweiten Bildungskennzahlen.<br />

Eine solche "Umfassende (comprehensive) <strong>Evaluation</strong>" gibt Schülern, Eltern,<br />

Lehrern, Administratoren <strong>und</strong> Politikern eine Rückmeldung darüber:<br />

dass das, was sie wollen, auch wirklich getan wird<br />

(Implementation <strong>Evaluation</strong> – Durchführungskontrolle)<br />

dass das, was sie tun, auch tatsächlich wirkt<br />

(Impact <strong>Evaluation</strong> – Wirkungskontrolle) <strong>und</strong><br />

dass die Art, wie es getan wird, der gebotenen Ökonomie <strong>und</strong> der aktuell möglichen<br />

Professionalität entspricht (Effectiveness <strong>Evaluation</strong> – Effizienzkontrolle)<br />

Das Design von <strong>Evaluation</strong>sforschungsvorhaben entsprach bereits um 1930 diesem gr<strong>und</strong>legenden<br />

Anspruch, nur dass das sozialwissenschaftliche Niveau <strong>und</strong> das Selbstverständnis der<br />

Gestalter wie das der Evaluatoren damals noch stark expertokratisch waren. Die weitere Ge-<br />

4 Wolfgang Beywl nennt diesen strategischen Diskurs prosaischer "Wirksamkeitsdialog" – ders. 2001: Die Perspektiven<br />

des Wirksamkeitsdialogs<br />

camz2003evaluation_service.docx Seite 6 von 38

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