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Evaluation und Evaluationsforschung - Universität Bremen

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Ursula Carle / Heinz Metzen<br />

<strong>Evaluation</strong>sforschung: Entwicklungsservice statt Werkzeugkiste<br />

Diese evaluationsspezifische Methodenstruktur soll mit Blick auf ein hierzu entwickelndes<br />

systemisches <strong>Evaluation</strong>sverständnis im weiteren Verlauf dieser Abhandlungen noch um weitere<br />

Methoden <strong>und</strong> Instrumente erweitert werden. Dieses neue <strong>Evaluation</strong>sparadigma hat dabei<br />

noch eher prognostischen Charakter als dass es die gängige Praxis der Profession wider<br />

gibt. Insofern aber Prognosen niemals "richtig" sein können, sie aber trotzdem die Entwicklung<br />

dessen beeinflussen, was sie vorhersagen, ist die hier folgende Diskussion eines systemisch-evolutionären<br />

<strong>Evaluation</strong>skonzeptes vor allem das Bekenntnis zu einem für Schulentwicklung<br />

besonders zukunftsträchtigen Entwicklungsparadigma.<br />

Die obige Abbildung "Stellenwert der <strong>Evaluation</strong>sforschung im <strong>Evaluation</strong>sprozess"<br />

zeigt die Gewichtsverhältnisse zwischen realem (Schul-) Gestaltungsprojekt – auf welcher<br />

Strukturebene auch immer – <strong>und</strong> der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung. Im Kern jeder<br />

<strong>Evaluation</strong> geht es um die Schaffung eines phasenspezifisches Prozessmonitoring-<br />

Systems: Klärung der Zielstellung => Ableitung von Indikatoren => Auswahl <strong>und</strong> Entwicklung<br />

von Erhebungsinstrumenten => Planung, Gestaltung <strong>und</strong> Durchführung entsprechender<br />

Erhebungen => Auswertung der Bef<strong>und</strong>e => Interpretation der Ergebnisse => Kommunikation<br />

der Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Initiierung bzw. Bereicherung eines strategischen Diskurses<br />

im Gestaltungsfeld.<br />

Das sich bereits in der obigen Abbildung andeutende <strong>Evaluation</strong>sverständnis von einer<br />

<strong>Evaluation</strong>sforschung als tertiärem (drittrangigem) Serviceprozess hebt sich deutlich aus dem<br />

breiten Feld der augenblicklich publizierten <strong>und</strong> ventilierten Begriffsverwendungen zwischen<br />

Schülerbeurteilung <strong>und</strong> Weltbildungsbericht ab. Die Differenzen im Wortgebrauch kommen<br />

nicht von Ungefähr <strong>und</strong> sind auch nicht auf eine typisch deutsche <strong>Evaluation</strong>sfeindlichkeit zurück<br />

zu führen. Vielmehr gibt es auch im angelsächsischen pädagogischen Kontext zwei,<br />

mittlerweile völlig verschiedene Begriffskontexte mit dem Namen "<strong>Evaluation</strong>".<br />

Auf der einen Seite steht der alte Begriff <strong>Evaluation</strong>-1 mit der Bedeutung "schulische<br />

Leistungsbewertung" – angewandt auf Schüler, Lehrer, gar ganze Schulen (das, was PISA<br />

2000 maß). Dieser <strong>Evaluation</strong>sbegriff ist retrospektiv. Entsprechende Studien ermitteln mit<br />

punktuellen Erhebungen einen Indikator für zurück liegende Leistungsveränderungen (Längsschnitt).<br />

Sie lassen im Querschnitt Leistungsvergleiche zwischen unterschiedlichen Systemen<br />

zu. Die zugr<strong>und</strong>e liegende testtheoretisch f<strong>und</strong>ierte Messmethodik ist international hoch entwickelt<br />

<strong>und</strong> technisch so weit standardisiert, dass großflächiger Einsatz möglich ist. Die Aussagefähigkeit<br />

solcher Untersuchungen lässt sich also statistisch gut absichern. Sie hängt jedoch<br />

außerdem wesentlich davon ab, was der Indikator sicher repräsentiert, d. h. davon, in<br />

wie weit das der Testkonstruktion zugr<strong>und</strong>e liegende Wirkfaktorenmodell die realen Zusammenhänge<br />

abbildet.<br />

Auf der anderen Seite steht der (historisch gesehen) neue Begriff der sozialwissenschaftlichen<br />

<strong>Evaluation</strong>(-2), <strong>Evaluation</strong>sforschung oder Systementwicklungsevaluation – das<br />

"Joint Committee on Standards for Educational <strong>Evaluation</strong>" nennt seine diesbezüglichen<br />

Standards auch "Program <strong>Evaluation</strong>" (zur Unterscheidung von "Student <strong>Evaluation</strong>") als ein<br />

professionelles Verfahren <strong>und</strong> Wissensmanagementsystem zur informativen Versorgung von<br />

Unterstützungssystemen für umfassende (Um-) Gestaltungsprojekte ("Programs") sozialer<br />

Systeme. Hierbei handelt es sich um prozessnahe, meist prozessbegleitende Forschung. Ziel<br />

ist die Arbeit an einer systematischen Verbesserung des Lernens, Unterrichtens, Schule Gestaltens<br />

oder einer konkreten Erneuerung im Bildungswesen. In größeren sozialen Systemen<br />

kann <strong>Evaluation</strong>-2 <strong>und</strong> Unterstützung nicht von ein <strong>und</strong> derselben Person geleistet werden.<br />

Daher ist Systementwicklungsevaluation deutlicher auf Kooperation angewiesen als <strong>Evaluation</strong><br />

mit Testcharakter.<br />

Was sich als Trend bei der sozialwissenschaftlichen <strong>Evaluation</strong> abzeichnet, nämlich die<br />

konstruktive Zielrichtung, <strong>Evaluation</strong>en vor allem zur informativen Unterstützung systematischer<br />

Entwicklungen einzusetzen, gewinnt auch für die schulische Leistungsbewertung zu-<br />

camz2003evaluation_service.docx Seite 3 von 38

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