Evaluation und Evaluationsforschung - Universität Bremen
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Ursula Carle / Heinz Metzen<br />
<strong>Evaluation</strong>sforschung: Entwicklungsservice statt Werkzeugkiste<br />
einen zynischen Slogan: "Innovatoren haben alles zu gewinnen <strong>und</strong> nichts zu verlieren, während<br />
Konservative alles zu verlieren <strong>und</strong> nichts zu gewinnen haben" (Dalin 1998, 1059 -<br />
Übers. durch d.V.). Seit damals hat DALIN Schulprojekte in der ganzen Welt beobachtet <strong>und</strong><br />
beraten. Sein Ergebnis: mehr Fragen als Antworten. "Warum z.B. kann ein Lehrer mit mehr<br />
als 70 Kindern in der Klasse, mitten im Dschungel von Sri Lanka, einen w<strong>und</strong>erbaren Projektunterricht<br />
durchführen, mit authentischen Lernmöglichkeiten für seine Kinder <strong>und</strong> dies<br />
ohne eine externe Unterstützung mit nur einem Minimum an vorhandenen Materialien?"<br />
(ebd.). Warum, fragt er weiter, funktioniert in Indonesien die schulische Autonomie auf Anhieb<br />
<strong>und</strong> warum gelingt es den deutschen Behörden im Unterschied dazu kaum, mehr Autonomie<br />
an die Schulen zu übertragen? Warum gelingt es den norwegischen Schulbehörden<br />
nicht, obwohl sie wahrscheinlich die "teuersten" Schüler der Welt fördern, eine drastische<br />
Vereinfachung des Sek<strong>und</strong>arstufenunterrichts auf schulischer Ebene durchzusetzen?<br />
Reformprojekte brauchen zwar <strong>Evaluation</strong> aber darüber hinaus noch sehr viel mehr. So<br />
ist denn Dalin's Liste der Reform- <strong>und</strong> <strong>Evaluation</strong>senttäuschungen lang, länger allerdings geraten<br />
seine Empfehlungen zur erfolgversprechenden Durchführung von Schulreformprojekten<br />
- <strong>Evaluation</strong> taucht dabei nur noch in einem Nebensatz auf:<br />
Knüpfe jedes auch noch so wertvolle Projekt an die realen Bedürfnisse der Beteiligten<br />
an.<br />
Nehme die Bedenken aller Beteiligten ernst: Probleme sind unsere besten Verbündeten.<br />
Beteilige die Basis, die SchülerInnen <strong>und</strong> ihre Lebenswelt <strong>und</strong> gebe allen ausreichend<br />
Zeit, Raum <strong>und</strong> Gelegenheit für ihre Beiträge.<br />
Behalte einen langen Atem <strong>und</strong> beginne erst einmal nur mit den interessierten Personen,<br />
Gruppen, Schulen...<br />
Stütze die Projekte auf solider Finanzierung <strong>und</strong> erfolgssicherndem Projektmanagement<br />
mit weiter Perspektive <strong>und</strong> kurzer Ausführungskontrolle<br />
(<strong>Evaluation</strong>).<br />
Sichere den Veränderungsprozess gegen Überforderung, Stress <strong>und</strong> unzureichende<br />
Ressourcen - stelle ausreichende Expertise bereit, für alle Projektebenen.<br />
Gestalte die Projektorganisation mit Blick auf die Zukunft, nicht mit Führungskonzepten<br />
der Vergangenheit: Zugang zu allem relevanten Wissen; flache demokratische Organisation;<br />
Zusammenarbeit aller mit allen; Förderung von Respekt <strong>und</strong> Toleranz;<br />
Übergewicht weiblicher Werte gegenüber männlichen (Dalin 1998, 1068ff) 9 .<br />
Diese Projektierungsregeln gelten nach Dalin's Meinung weltweit, stützen sie sich doch auch<br />
auf weltweite Reformerfahrungen. Sie fokussieren insgesamt mehr auf die Art <strong>und</strong> Weise der<br />
Veränderung als auf ihre Inhalte bzw. Ziele. Wer ist durch Dalin's norwegisches Du angesprochen?<br />
In der augenblicklichen Situation erst einmal die Projektverantwortlichen.<br />
Wo aber sitzen diese konkret? Systemverantwortung ist auf keinen Fall über administrative<br />
<strong>Evaluation</strong>sinstrumente delegierbar, weder als Submission an die Evaluatoren, noch als<br />
Vollzugsanweisung an die Evaluierten. Der Begriff von 'Effizienz' einer Schule, der sich rein<br />
am »out-put«, gemessen mit standardisierten Abschlussarbeiten, <strong>und</strong> am 'In-put', gemessen an<br />
den Ausgaben pro "produzierter" SchülerIn, orientiert, führt nicht nur zu groben Fehlurteilen.<br />
Solche neoliberalen Wertmaßstäbe haben nicht die geringste Chance, von den LehrerInnen als<br />
motivierende Einflussgröße angenommen zu werden. Das heißt also, eine <strong>Evaluation</strong> der <strong>Evaluation</strong>,<br />
eine neue <strong>Evaluation</strong>skultur ist zu fordern, vorausgesetzt, schulische Entwicklung<br />
9 auch zur Geschlechterfrage in Schulentwicklungsprozessen: Dalin 1998, 1071; vertiefend hierzu: Fischer / Jakobi<br />
/ Koch-Priewe 1996<br />
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