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Evaluation und Evaluationsforschung - Universität Bremen

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Ursula Carle / Heinz Metzen<br />

<strong>Evaluation</strong>sforschung: Entwicklungsservice statt Werkzeugkiste<br />

Insofern unterschied sich der <strong>Evaluation</strong>sansatz bereits wohltuend von dem Ansatz des<br />

"Großen Befähigungsnachweises" wie er handwerklichen Forschern <strong>und</strong> Designern qua Ausgangsqualifikation<br />

oder Amt zukommt, indem <strong>Evaluation</strong> die systemische Eigensinnigkeit<br />

<strong>und</strong> Zufälligkeit antizipiert <strong>und</strong> die tatsächliche Wirkung nachträglich überprüft. Er unterschied<br />

sich aber auch in seiner Intention vom alten selektiven Bewertungsansatz: Evaluierung<br />

dient den Schülern als Rückmeldung für die Weiterverfolgung ihres individuellen Entwicklungsprozesses<br />

<strong>und</strong> Evaluierung dient auf der nächst höheren Systemebene den LehrerInnen,<br />

den Schulen <strong>und</strong> allen LehrgestalterInnen gemeinsam zur informativen Gr<strong>und</strong>legung ihres<br />

Entwicklungsprozesses (Bloom / Hastings / Madaus 1971, 6 ff).<br />

<strong>Evaluation</strong> beeinflusst den Wandlungsprozess, so wie schulische Leistungsbeurteilung<br />

auf den Lernprozess wirkt. <strong>Evaluation</strong> kann denen nutzen, die den (Um-) Gestaltungsprozess<br />

betreiben, <strong>Evaluation</strong> kann ihnen aber auch schaden: "Die Schattenseite dieses Vorgehens<br />

zeigt sich dann, wenn die Einsätze zu hoch <strong>und</strong> Leistungsindikatoren zu eng gefasst sind.<br />

Dann wird der <strong>Evaluation</strong>sprozess schnell Gegenstand von Korruption <strong>und</strong> kann einen korrumpierenden<br />

Einfluss auf die wenigen Interventionen haben, auf deren Messung <strong>und</strong> Verbesserung<br />

er ursprünglich zugeschnitten war." So Michael Quinn Patton, , amerikanischer <strong>Evaluation</strong>sexperte,<br />

ehemaliger Präsident der »American <strong>Evaluation</strong> Society«, Hochschullehrer <strong>und</strong><br />

Vertreter einer "nutzenorientierten <strong>Evaluation</strong>" (Patton 1998, 65; Heiner 1998, 302).<br />

<strong>Evaluation</strong> ist notwendig parteiisch <strong>und</strong> scheidet dadurch die Geister. Prof. Maja Heiner<br />

begegnet diesem Dilemma gr<strong>und</strong>sätzlich, indem sie eine "experimentierende <strong>Evaluation</strong>" definiert,<br />

die Praxisentwicklung mit Praxisforschung verknüpft, die <strong>Evaluation</strong>sstudien partizipativ<br />

<strong>und</strong> unterstützend ausrichtet <strong>und</strong> die Prozessbeteiligten zur Selbstevaluation befähigt<br />

(Heiner 1998, 25 ff). Damit kehrt sie zwar zum Forschungsethos der frühen pädagogischen<br />

Evaluatoren zurück (Bloom / Hastings / Madaus 1971, 5-18) <strong>und</strong> unterstreicht nochmals den<br />

Nutzen der <strong>Evaluation</strong> für individuelles <strong>und</strong> organisationales Lernen, übersieht dabei aber die<br />

Flurschäden, die durch den administrativen <strong>Evaluation</strong>swildwuchs in den weltweiten Schulreformen<br />

angerichtet wurden. Für Heiners bzw. Patton's partizipative <strong>und</strong> unterstützende <strong>Evaluation</strong><br />

müssten erst einmal bei den schulischen Reformbeteiligten massive Vorurteile abgebaut<br />

<strong>und</strong> aktives Interesse aufgebaut werden. Dass dies gelingen kann, beweisen zahlreiche geglückte<br />

Beispiele (siehe Müller-Kohlenberg <strong>und</strong> andere Beiträge in Heiner 1998).<br />

2.1 Unterstützungssystem für die Schulen statt nur Remote Control<br />

durch die Behörden<br />

Die staatliche Leistungskontrolle hat sich in vielen Ländern wegentwickelt von der persönlichen<br />

Beaufsichtigung der einzelnen Lehrpersonen durch ausgewählte LehrerInnen über die<br />

organisationale Bewertung (Evaluierung) der Schulen durch kommunale <strong>und</strong> regionale Behörden<br />

(Skandinavien, Portugal) bis hin zu standardisierten Klassentests (Frankreich) <strong>und</strong><br />

Schulabschnittstests (Großbritannien, Irland <strong>und</strong> Italien). Das französische <strong>Evaluation</strong>smodell,<br />

das in ersten bürokratischen Ansätzen eine Art Selbstevaluation der Schulen ermöglichen<br />

sollte, findet in der Lehrerschaft nicht den erhofften Anklang (Flitner 1999): "Der Begriff von<br />

»Effizienz« einer Schule, der sich rein am »out-put«, gemessen als Abiturerfolg, orientiert,<br />

führt erwartbar zu groben Fehlurteilen." Und hat damit nicht die geringste Chance von den<br />

LehrerInnen als "ultimate key to educational change and school improvement" (Hargreaves /<br />

Fullan 1993, IX), als interessierende Einflussgröße angenommen zu werden. Das impliziert<br />

also, eine <strong>Evaluation</strong> der <strong>Evaluation</strong>, eine neue <strong>Evaluation</strong>skultur zu fordern (Flitner 1999),<br />

wenn schulische Entwicklung allgemeinverbindliche Maßstäbe zur Fortschrittsbeobachtung<br />

braucht.<br />

Ein besonders interessantes Beispiel hierfür stellt das europäische Land mit der ältesten<br />

Lehrergewerkschaft der Welt dar, Schottland (dies <strong>und</strong> im weiteren aus Döbrich 1999). Im<br />

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