Evaluation und Evaluationsforschung - Universität Bremen
Evaluation und Evaluationsforschung - Universität Bremen
Evaluation und Evaluationsforschung - Universität Bremen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Ursula Carle / Heinz Metzen<br />
<strong>Evaluation</strong>sforschung: Entwicklungsservice statt Werkzeugkiste<br />
347). Sie können daher als allgemeine (unspezifische) Einflussmedien für den institutionellen<br />
(schulischen) Wandel betrachtet werden 7 .<br />
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Schul- wie Organisationsreformen überwiegend nicht<br />
gelingen. House <strong>und</strong> McQuillan behaupten deshalb die Notwendigkeit einer Integration dieser<br />
drei Sichtweisen beim Studium <strong>und</strong> der Gestaltung institutionellen Wandels (ähnlich Fend<br />
1998, 353 oder Ropohl 1999, 43f). Vom konkreten Schularbeitsplatz bis zum übergeordneten<br />
gesellschaftlichen Engagement einer Organisation finden sich nie rein disziplinäre Problemstellungen,<br />
rein menschlich-soziale, rein ökonomische oder rein politische Aufgaben. Andererseits<br />
entstammen in der praktischen Reformarbeit Vorgehen <strong>und</strong> Werkzeuge zur Analyse<br />
<strong>und</strong> Behandlung konkreter Probleme meistens den Repertoires spezialisierter Reformschulen<br />
<strong>und</strong> Fachdisziplinen. Natürlich garantiert die bewusste Gestaltung dieser drei Einflussmedien<br />
für Schulreformen allein keineswegs den gewünschten Erfolg. Jedoch glauben House <strong>und</strong><br />
McQuillan, dass diese eine notwendige Bedingung für Reformerfolg bildet <strong>und</strong> dass Schulreformen,<br />
die diese drei Dimensionen <strong>und</strong> die entsprechenden Interaktionen in Betracht ziehen,<br />
erheblich mehr Probleme in den Blick <strong>und</strong> damit 'in den Griff' bekommen 8 .<br />
2 <strong>Evaluation</strong>sforschung im schulischen Bereich<br />
Angelsächsisches Effizienzdenken hat früh einen Berufszweig entstehen lassen, von dem viele<br />
– auch PädagogInnen - in Deutschland nicht einmal wissen, dass es ihn gibt: <strong>Evaluation</strong>sforscherInnen.<br />
Die <strong>Evaluation</strong>sforschung ist ein Teil der angewandten Sozialforschung, so<br />
wie Meinungsforschung, Marketingforschung, Politikforschung etc. In den USA umfasst der<br />
Berufsverband der <strong>Evaluation</strong>sforscher, die »American <strong>Evaluation</strong> Association (AEA) zwischen<br />
2000 <strong>und</strong> 3000 Mitglieder (Widmer 1996, 11; Mertens 2000). Der Begriff "<strong>Evaluation</strong>"<br />
ist im Amerikanischen ein Allerweltsbegriff <strong>und</strong> heißt so viel wie Auswertung, Bewertung,<br />
Beurteilung. Schülerleistungen werden "evaluated" (Bloom / Hastings / Madaus 1971), Autos<br />
auch <strong>und</strong> staatliche Programme, wie etwa eines zur HIV-Prävention (The Measurement<br />
Group 1998). Vor allem letztere Funktion im Rahmen der Entdeckung des Prozessnutzens in<br />
sozialen Veränderungsprojekten verhalf dem Begriff zu wissenschaftlicher Aufmerksamkeit<br />
<strong>und</strong> methodischer Aufwertung. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden in den USA zahlreiche<br />
Schul- <strong>und</strong> Immigrationsprogramme, später auch Wiederaufbau- <strong>und</strong> Entwicklungshilfeprogramme<br />
einer abschließenden Wirkungskontrolle, einer <strong>Evaluation</strong> unterzogen (Liebermann<br />
1998, 13ff; Übersicht bei Carsten Meyer 1996).<br />
Was kann <strong>Evaluation</strong> für Schulreformen oder zumindest für einzelne Schulentwicklungsprojekte<br />
leisten? Das Konzept der <strong>Evaluation</strong>sforschung ist ergebnisorientiert <strong>und</strong> stammt<br />
konzeptionell aus den Zeiten der frühen Kybernetik der fünfziger Jahre. Danach liefert der<br />
<strong>Evaluation</strong>sprozess als Sek<strong>und</strong>ärprozess die notwendige Rückmeldung an den "Regler" über<br />
das Ergebnis seiner Intervention in die "Regelstrecke". Dies ist sinnvoll für solche Prozesse,<br />
deren Ergebnis nicht unmittelbar sichtbar ist, wie es ja allen komplexen sozialen Prozessen<br />
zueignet. Dieser rational-empirische Ansatz war kennzeichnend für eine Gruppe der Wegbereiter<br />
systemischer Forschungs-, Entwicklungs- <strong>und</strong> Gestaltungsansätze, wie den auf Kurt<br />
LEWIN zurückgehenden Disziplinen des "Planned Change" (heute: Change Management) <strong>und</strong><br />
der Gruppendynamik (heute: Organisationsentwicklung - Liebermann 1998, 18).<br />
7 Bei Giddens lauten die dazu korrespondierenden drei Strukturdimensionen "Legitimation" (zu Fachautorität),<br />
"Herrschaft" (zu Macht) <strong>und</strong> "Sinn" (zu Führung); im pragmatisch-systemischen Ansatz von Morgan heißen<br />
die drei Subsysteme: "technisches", "strukturelles" (für Macht) <strong>und</strong> "menschlich-kulturelles" Subsystem (ebd.<br />
1997, 64)<br />
8 Eine eingehendere Diskussion der House / McGillan-Bef<strong>und</strong>e einschließlich einer entsprechenden Checkliste<br />
findet sich bei Carle 2000, 345-351<br />
camz2003evaluation_service.docx Seite 12 von 38