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12 POLITIKA<br />

Besonders am Land war es für Gastarbeiter schwer, eine Kinderbetreuung zu finden. Deshalb haben sie vorübergehend ihre Kleinkinder ins Heim gegeben.<br />

„AM ANFANG HABE<br />

ICH ZWEI-DREI<br />

MONATE OHNE<br />

EINEN FREIEN<br />

TAG GEARBEITET.<br />

WIE SOLL MAN<br />

DA EIN KIND<br />

GROSSZIEHEN?“<br />

DRAGA S.<br />

das Kind im Heim; sie bezahlen den Heimaufenthalt.<br />

Oder: E4 – jugoslawisches Gastarbeiterehepaar; gesundes<br />

Neugeborenes; sechs Tage alt bei der Einlieferung<br />

ins Heim; Eltern bezahlen den Aufenthalt und<br />

werden das Kind später zu sich nehmen. In fast jeder<br />

Akte steht: „Die Eltern besuchen das Kind regelmäßig.“<br />

Harte Arbeit, miserable Wohnverhältnisse, soziale<br />

Ausgrenzung, geringer Lohn und null Hilfe vom<br />

Staat – so kann man in etwa die Situation von jungen<br />

Gastarbeiterfamilien in den 70ern zusammenfassen.<br />

(Siehe Sub-Geschichte auf Seite XY) „Am<br />

Anfang habe ich zwei-drei Monate ohne einen freien<br />

Tag gearbeitet. Wie soll man da ein Kind großziehen?<br />

Als ich Jahre später meine damalige Chefin<br />

gefragt habe, warum sie mir das angetan hat, hat sie<br />

nur gesagt: ‚Geh, Puppal, sei ned nachtragend. Das<br />

ist doch lang her.‘“, erzählt Draga S. aus Salzburg.<br />

WEINEN BEIM ABSCHIED<br />

Im Gegensatz zu österreichischen Heimkindern,<br />

war ein Großteil der Gastarbeiterkinder nur kurz in<br />

staatlicher Obhut. „In der Regel waren sie sechs Monate<br />

bis eineinhalb Jahre bei uns“, sagt Mutschlechner.<br />

Das sei deutlich weniger als bei österreichischen<br />

Kindern. Die Eltern haben eine neue Wohnung gesucht,<br />

manchmal eine neue Arbeit und haben ihre<br />

Kinder, sobald es ging, wieder zu sich geholt. „Wir<br />

haben die Gastarbeitereltern damals lieber gehabt,<br />

weil sie sich um ihre Kinder gekümmert haben“,<br />

sagt eine pensionierte Pflegerin aus dem Säuglingsheim<br />

in Axams. Sie haben ihre Kinder regelmäßig<br />

besucht, sie haben ihnen Kleidung und Spielzeug<br />

mitgebracht, den Heimaufenthalt bezahlt und beim<br />

Abschied immer geweint. Manche Kinder sind aber<br />

jahrelang im Heim geblieben. Andere wurden von<br />

österreichischen Familien adoptiert.<br />

Heim oder Verwandte in der Heimat – das war<br />

meist die einzige Option, die Gastarbeitereltern<br />

hatten, vor allem am Land. In den großen Städten<br />

gab es große Gastarbeitercommunitys. Es hat sich<br />

immer eine Nachbarin oder eine Schwester gefunden,<br />

die auf das Kind schaute. Außerdem gab es in<br />

der Stadt zumindest ein paar Krippen- und Kindergartenplätze.<br />

Am konservativen und katholisch<br />

geprägten Land waren die Familien damals aber oft<br />

die einzigen Gastarbeiter im Ort. Sie haben meist<br />

beim Arbeitgeber gewohnt. Es gab keine Kinderkrippe,<br />

kaum Kindergartenplätze. Das erklärt auch<br />

die hohe Anzahl von Säuglingen von Gastarbeitern<br />

in Tiroler Kinderheimen. In Wien soll es kaum Kinder<br />

von Gastarbeitern in staatlicher Obhut gegeben<br />

haben, meint eine Sprecherin des Amtes für Jugend<br />

und Familie. In den 70ern ist die österreichische

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