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FAZEmag 001

In der ersten Ausgabe des FAZE Magazins steht und Ricardo Villalobos Rede und Antwort. Außerdem gibt es ein Interview mit DJ Hell, der zudem für den ersten FAZE Downloadmix sorgt. Außerdem im Heft: Mouse on Mars, Kaiserdisco, M.in, Dapayk

In der ersten Ausgabe des FAZE Magazins steht und Ricardo Villalobos Rede und Antwort. Außerdem gibt es ein Interview mit DJ Hell, der zudem für den ersten FAZE Downloadmix sorgt. Außerdem im Heft: Mouse on Mars, Kaiserdisco, M.in, Dapayk

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Das neue Magazin für elektronische Musik<br />

März 2012<br />

3,90 Euro (DE/AT)<br />

6,90 CHF (CH)<br />

www.fazemag.de<br />

Mit DJ Hell<br />

Download-Mix<br />

RICARDO<br />

VILLALOBOS<br />

Dapayk & Padberg / Oliver Koletzki / Kaiserdisco<br />

Vince Clarke & Martin Gore / Ferry Corsten<br />

M.in / Mouse On Mars / WhoMadeWho<br />

plus Bringmann & Kopetzki Poster


MOINSEN<br />

FAZE <strong>001</strong> / März 2012<br />

FAZE Magazin / Moinsen<br />

Moinsen.<br />

Was habe ich es vermisst, euch mit<br />

diesem schnoddrigen Wort zu begrüßen.<br />

Es ist drei Monate her,<br />

dass wir das letzte Mal so kommunizierten.<br />

In der Zwischenzeit ist einiges<br />

passiert. Vieles von dem wird<br />

euch nicht interessieren, anderes<br />

wiederum darf ich hier nicht schreiben,<br />

sonst werde ich … ach lassen<br />

wir das. Wie oft musste ich während<br />

der vergangenen Wochen erklären,<br />

wieso wir uns FAZE genannt haben,<br />

und wie oft musste ich unsere<br />

musikalische Ausrichtung erläutern?<br />

Tausend Mal? Öfter schätze ich.<br />

Aber jetzt sind wir hier und lassen<br />

Taten oder besser Worte sprechen –<br />

geschriebene Worte.<br />

Das FAZE-Team hat sich viel vorgenommen:<br />

Wir werden euch das<br />

ganze Jahr über begleiten, in guten<br />

wie in schlechten Partyzeiten, so<br />

wahr uns die Musik helfe. Unser<br />

musikalischer Horizont ist weit.<br />

Von House über Techno bis hin zu<br />

Dubstep und auch Trance werden<br />

wir uns mit neuen Künstlern, neuen<br />

Strömungen innerhalb der Genres<br />

und neuen Veröffentlichungen beschäftigen.<br />

Zwischendurch werden<br />

wir auch immer wieder Zeit finden,<br />

euch mit Informationen zu Mode,<br />

Filmen, technischem Schnickschnack,<br />

Spielen und Events zu versorgen.<br />

Selbstverständlich ist auch<br />

DJ- und Produzenten-Technik ein<br />

wichtiger Bestandteil von FAZE,<br />

und hier schauen wir über den Tellerrand<br />

des Normalen hinaus.<br />

Unser Ziel ist es, dass wir Spaß zusammen<br />

haben. Das heißt, wir berichten<br />

über nichts, das uns nicht<br />

gefällt. Niemals! Wir berichten aber<br />

über alles, was uns gefällt. Wenn wir<br />

uns darauf einigen könnten, wäre das<br />

super. Wenn euch etwas stört, solltet<br />

ihr uns das mitteilen. Gerne auch<br />

in Form von Leserbriefen, die zwar<br />

heutzutage seltsam anachronistisch<br />

erscheinen, aber eindringlicher und<br />

persönlicher sind als ein Homepagekommentar<br />

oder ein FB-Post. Wobei<br />

wir das natürlich auch ausdrücklich<br />

begrüßen. Jeden Monat werdet ihr in<br />

FAZE ein Bringmann & Kopetzki-<br />

Poster zum Herausnehmen finden.<br />

Das ist nicht nur toll, das ist auch<br />

teuer, also seid so gut und wisst es zu<br />

schätzen. Des Weiteren halten wir für<br />

euch jeden Monat einen formidablen<br />

DJ-Download-Mix bereit. In diesem<br />

Heft ist es Ober-Gigolo DJ Hell, der<br />

uns die Ehre erweist. Im kommenden<br />

Monat könnt ihr euch auf Karottes<br />

Session freuen.<br />

So, das soll jetzt erst einmal reichen.<br />

Viel Spaß beim Lesen des ersten<br />

FAZE Magazins – und seid euch<br />

sicher, dass hier ganz viel Herzblut<br />

von uns enthalten ist.<br />

Bis zum nächsten Monat<br />

Svenman<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber &<br />

Geschäftsleitung:<br />

FAZE Music und Verlags GmbH i. G.<br />

Redaktionsadresse:<br />

FAZE Music und Verlags GmbH i. G.<br />

Schanzenstr. 39 E<br />

51063 Köln<br />

Tel.: +49 (0) 221 9 33 38 – 452<br />

Fax: +49 (0) 221 9 33 38 – 118<br />

Chefredaktion:<br />

Sven Schäfer (V.i.S.d.P.)<br />

[sven@fazemag.de]<br />

Stellv. Chefredaktion:<br />

Nicole Ankelmann<br />

[nicole@fazemag.de]<br />

Redaktion:<br />

Benedikt Schmidt<br />

[benedikt@fazemag.de]<br />

Rafael Da Cruz<br />

[rafael@fazemag.de]<br />

Matthias Thienel<br />

[matthias@fazemag.de]<br />

Tassilo Dicke<br />

[tassilo@fazemag.de]<br />

Wollion Korfanty<br />

[wollion@fazemag.de]<br />

Praktikum:<br />

Verena Bolz<br />

[praktikantin@fazemag.de]<br />

Grafik & Design<br />

Stefan Gubatz<br />

[stefan@fazemag.de]<br />

Mit besonderem Dank<br />

an Sebastian Glück<br />

[www.sebastianglueck.de]<br />

FAZE TV TEAM<br />

Baris Zencirli<br />

Jean Kartabany<br />

Sascha Rustmeyer<br />

Anzeigen & Marketing<br />

Matthias Thienel<br />

[matthias@fazemag.de]<br />

Norman Schweitz<br />

[norman@fazemag.de]<br />

Es gilt die Anzeigenpreisliste<br />

vom 01.02.2012<br />

Anzeigenschluss: jeweils am<br />

13. des Vormonats,<br />

Redaktionsschluss ist der<br />

8. des Vormonats<br />

Leserbriefe<br />

feedback@fazemag.de<br />

Abo<br />

abo@fazemag.de<br />

Anzeigen<br />

marketing@fazemag.de<br />

Technik<br />

technik@fazemag.de<br />

Plattenkritiken<br />

reviews@fazemag.de<br />

Redaktionelle Mitarbeit:<br />

Andrea Daschner, Bela Tess<br />

Wind, Björn Torwellen, Carsten<br />

Becker, Damian Duda, Daniel<br />

Schröckert, Eva Winter, Katrin<br />

Richter, Kim Jungbluth, Manuel<br />

Haas, Martin Lange, Mirek<br />

Ponsens, Patrick Selzer, Roger<br />

Schimmelpfennig, Roland<br />

Engel, Sascha Giese, Silvia<br />

Schumacher, Tobias Quinten,<br />

Tom Breu, Tom Novy<br />

Coverfoto<br />

Daniel Wöller Photography /<br />

Taken from Cocoon Heroes<br />

Campaign 2011<br />

Vertrieb<br />

Verlagsunion KG<br />

Postfach 57 07<br />

65047 Wiesbaden<br />

Tel.: 06123-620143<br />

Erscheinungsweise<br />

12 Ausgaben pro Jahr.<br />

Abonnement für ein Jahr:<br />

Inland 40 EUR,<br />

Ausland 55 EUR inkl.<br />

Porto und MwSt.<br />

Für unverlangt eingesandtes<br />

Material wird keine Haftung<br />

übernommen. Namentlich<br />

gekennzeichnete Artikel geben<br />

die Meinung des jeweiligen<br />

Verfassers wieder, nicht unbedingt<br />

die des Herausgebers.<br />

Nachdruck, auch auszugsweise,<br />

nur mit vorheriger schriftlicher<br />

Genehmigung des Verlages,<br />

dies gilt auch und ausdrücklich<br />

für Veröffentlichungen im Internet.<br />

Die Redaktion behält sich<br />

vor, Leserbriefe zu kürzen. Alle<br />

Angaben sind ohne Gewähr.<br />

3


FAZE Magazin / Wir sind’s!<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

SVEN SCHÄFER<br />

Chefredakteur<br />

NICOLE ANKELMANN<br />

Stellvertretende Chefredaktion<br />

TASSILO DICKE<br />

Redaktion<br />

Die meisten von euch kennen Sven alias Svenman<br />

alias tseb alias Harthorst alias alias wohl noch als<br />

federführenden Redaktionskopf eines gewissen<br />

anderen Magazins, dessen Name uns irgendwie<br />

nicht einfallen will. Auch bei FAZE sorgt Sven dafür,<br />

dass ihr eine ausgewogene Mischung aus allen<br />

nur erdenklichen Musikstilen serviert bekommt.<br />

Dass er neben seiner Arbeit für FAZE auch noch<br />

als Frontman der mittlerweile doch schon etwas<br />

betagten Popgruppe Simply Red fungiert, scheint<br />

aber nur ein Gerücht zu sein. Obwohl wir uns da<br />

immer noch nicht so ganz sicher sind.<br />

Jahrgang: 1971<br />

1. Single: Queen – Radio GaGa (1984)<br />

1. Album: LL Cool J – Bigger And Deffer (1987)<br />

Nicole hat als langjährige Mitarbeiterin des uns<br />

nach wie vor entfallenen Magazins ebenfalls viele<br />

Jahre Erfahrung im Umgang mit Stars, Sternchen<br />

und solchen, die sich dafür halten, vorzuweisen.<br />

Dies stellt immer wieder auch für andere Blätter<br />

unter Beweis, z. B. für den renommierten Musikexpress.<br />

Bei FAZE ist sie neben der Kontaktpflege zu<br />

Moby, Guetta und Co. nicht zuletzt dafür da, im<br />

Redaktionsschluss mal ordentlich auf den Tisch<br />

zu hauen, und den flohsackähnlichen Haufen<br />

zur Raison zu mahnen. Und als würde dies alles<br />

noch nicht reichen, schreibt Nicole nebenbei noch<br />

fleißig an Kolumnen und anderen Texten, die sie<br />

mit bemerkenswerter Regelmäßigkeit in ihrem<br />

ehren*worte Blog präsentiert. www.ehrenworte.de<br />

Jahrgang: 1971<br />

1. Single: Shakin’ Stevens – Marie, Marie (1980)<br />

1. Album: Soft Cell – Non-stop Erotic Cabaret (1981)<br />

Tassilo kennt wahrscheinlich auch jeder, der<br />

schon mal mit dem anderen Magazin zu tun gehabt<br />

hat. Dr. Nacht, wie er sich zuweilen nennt,<br />

ist einer der Eifrigsten, wenn es darum geht, neue<br />

heiße (und kalte) Platten aufzustöbern, Künstler<br />

zu kontaktieren und das Neueste im Bereich<br />

Gadgets und Blödsinn zu entdecken. Zudem ist<br />

der überzeugte Wuppertaler ein nicht weniger<br />

überzeugter Vinyl-Junkie, der seine Platten nicht<br />

nur alleine zu Hause hört, sondern auch regelmäßig<br />

auf der „Elektronischen Dachterrasse“,<br />

einer geradezu legendären Wuppertaler Veranstaltungsreihe,<br />

zum besten gibt. Und wenn in der<br />

Redaktion mal wieder niemand lacht, liegt es wohl<br />

daran, dass Tassilo einen seiner gefürchteten Low-<br />

Gags erzählt hat. Mehr Un(Sinn) unter www.twitter.<br />

com/DrNacht<br />

Jahrgang: 1969<br />

1. Single: ELO - Hold On Tight (1981)<br />

1. Album: Spider Murphy Gang - Tutti Frutti (1982)<br />

RAFAEL DA CRUZ<br />

Redaktion<br />

WOLLION KORFANTY<br />

Redaktion<br />

STEFAN GUBATZ<br />

Grafik<br />

Rafael oder kurz Rafa hat nicht nur den coolsten<br />

Nachnamen von allen Mitarbeitern, sondern wohl<br />

auch die bemerkenswerteste Frisur, welche ihm –<br />

sehr zu seinem eigenen Bedauern – den Spitznamen<br />

„Techno-Pudel“ eingebracht hat. Durch seine<br />

Tätigkeit als vielbeschäftigter DJ in den Clubs<br />

der Nation kann Rafael auf viele Kontakte zu<br />

den Big Playern unserer Szene zurückgreifen, ist<br />

soundtechnisch immer am Puls der Zeit, und es<br />

wäre wohl müßig zu erwähnen, dass die neuesten<br />

Promos, die die Redaktion erreichen, zuerst auf<br />

Rafas Tisch landen. Und wer jetzt auch noch ein<br />

bisschen mehr von Rafael wissen will, der sei auf<br />

seine Internetseite www.rafaeldacruz.com verwiesen.<br />

Jahrgang: 1987<br />

1. Single: Boomfunk MC’s – Freestyler (2000)<br />

Von Wollion hat der eine oder andere sicherlich<br />

auch schon mal was gehört. Nicht nur als Redakteur<br />

des Magazins, auf dessen Namen wir einfach<br />

nicht kommen, sondern auch als Produzent<br />

allerlei wirksamer Clubkracher. So kann Wollion<br />

auf fast unzählige Releases bei Labels wie 8bit,<br />

Break New Soil, Brise, Peppermint Jam, Yellow<br />

Tail undundund zurückblicken. Zudem ist er natürlich<br />

ebenfalls als DJ rund um den Globus unterweg.<br />

Und das qualifiziert ihn voll und ganz als<br />

Checker der Szene, wovon FAZE nur allzu gerne<br />

profitiert. Mehr zu Wollion gibt es auf seiner<br />

Seite www.wollion.com.<br />

Jahrgang: 1982<br />

1. Single: Jan Hammer – Miami Vice Theme (1985)<br />

1. Album: Vangelis – Blade Runner (1994)<br />

In Stefan Gubatz’ alias Gubis Arbeitsvertrag stand<br />

seinerzeit der Passus „…wird als Grafiker und mehr<br />

eingestellt“. Was genau das bedeuten sollte, stellte<br />

sich dann auch relativ schnell heraus, denn Gubi<br />

ist bis heute neben der reinen Heftgrafik auch für<br />

(eher nicht so dolle) Karikaturen, allerlei Texte<br />

oder auch die FAZE-Internetseite verantwortlich.<br />

Genau wie die meisten anderen Mitarbeiter findet<br />

Stefan aber immer noch genug Zeit, um erfreulich<br />

entspannten Dubtechno auf dem Kölner<br />

Label Telrae zu veröffentlichen und sein absurdbeknacktes<br />

Experimental-Musikunternehmen<br />

KONZERN zu führen. Mehr von Stefan gibt es<br />

auf seiner Internetseite www.stefangubatz.de<br />

Jahrgang: 1979<br />

1. Single: Roxette – The Look (1988)<br />

1. Album: Die Ärzte – Live/Nach uns die Sintflut<br />

(1988)<br />

Fotos: www.stefanditner.de<br />

4


INHALT<br />

FAZE <strong>001</strong> / März 2012<br />

FAZE Magazin / Inhalt<br />

Prolog<br />

03 Editorial + Impressum<br />

04 Das FAZE-Team – Wir sind’s<br />

05 Inhaltsverzeichnis<br />

06 Auftakt – Neues aus der Szene<br />

16<br />

22<br />

Musik<br />

16 Ricardo Villalobos – Gegen Facebook & Twitter<br />

22 DJ Hell – Electronic Music Megastar<br />

26 M.in – Eine Frage des guten Geschmacks<br />

27 Dapayk & Padberg – Ein eingespieltes Team<br />

28 Oliver Koletzki – Selbstverwirklichung<br />

30 Kaiserdisco – … zünden die nächste Stufe<br />

32 VCMG – Treffen der Generation<br />

34 WhoMadeWho – Lebenselexier Touring<br />

36 Musikgeschichte – Electro<br />

38 Buenos Aires – Sieben Jahre im Untergrund, Part 1<br />

40 Jürgen Laarmann – Eternal Rules Of Nightlife<br />

30<br />

Konsum<br />

42 Workaholic – Von Mode und mtz.mtz.mtz<br />

48 Streetstyle – Good Looking at Cold Nights<br />

52 Gadget Inspektor – Spielzeug für Große<br />

54 Spielplatz – Neue PC- & Konsolen-Games<br />

58 Leinwand – Aktuelle Kinostarts & DVD-Releases<br />

32<br />

Neues fürs Ohr<br />

60 FAZE Forty<br />

61 DJ-Charts<br />

64 Ja + Nein – Deichkind „Befehl von ganz unten“<br />

66 Longplayer<br />

72 Compilations<br />

78 Singles + EPs<br />

36<br />

Technik<br />

86 Studioporträt – Mouse On Mars<br />

88 Maschinenraum – Die News-Ecke<br />

90 Gefechtsstation I – SNM Cacophonator II<br />

92 Gefechtsstation II – Numark N4<br />

Epilog<br />

91 Abo – FAZE in your house<br />

94 Rausgehen – Die FAZE-Ausgehtipps<br />

98 Novys Welt – Anfang und schade<br />

62 42<br />

86<br />

90 92<br />

98<br />

5


Auftakt<br />

COUNTER CULTURE<br />

Wer waren die Hipster?<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Vielleicht fing alles mit Norman Mailers Essay „The White Negro“, mit Bebop-Hero<br />

Thelonious Monk und Beat-Poet William S. Burroughs an. Vielleicht startete der<br />

„Hipster“ seine Karriere irgendwann in den 50er-Jahren, als schwarze Jazzer zum Vorbild<br />

weißer Autoren wurden. Oder muss man bei Charles Baudelaire im 19. Jahrhundert<br />

losgehen? „What was the hipster?“ Unter diesem provokanten Titel fand 2009<br />

eine Tagung des amerikanischen „n+1“-Magazins statt. Mit dabei waren intellektuelle<br />

Stars wie Mark Greif (durch seinen „Occupy!“-Band mal wieder gehypt), Patrice<br />

Evans (über „HipHop und Hipsterismus“) oder auch Jace Clayton mit einem Bericht<br />

über „Die Vampire von Lima“. Aus den dort entstandenen amerikanischen und den<br />

extra zu diesem Anlass in Deutschland verfassten Essays kompilierten deutsche Autoren<br />

wie Tobias Rapp („Lost and Sound: Berlin, Techno und der Easyjetset“) und Thomas<br />

Meinecke (der bereits 2004 in seinem Roman „Musik“ über den Hipster-Film<br />

„Black & White“ geschrieben hat) eine transatlantische Diskussion über eines der<br />

interessantesten Phänomene der vergangenen Dekade. Auf gut 200 Seiten gibt es Gedanken<br />

zur Feinripp- und Truckerkappenmode, Texte über The Flaming Lips, Belle<br />

& Sebastian, Berlin Mitte und die Faszination betont lässiger Polaroid-Posen. Warum<br />

ist der Hipster ein Feindbild? Welcher Zusammenhang existiert zwischen Ali G. und<br />

dem Vice-Magazine? Und was macht Hugo Boss am Hackeschen Markt? Fragen über<br />

Fragen, dazu eine Feststellung, die Autor Mark Greif während der Podiumsdiskussion<br />

mit Diedrich Diederichsen in Köln eingeworfen hat: „Man muss 2012 Musik von<br />

1967 produzieren, weil es viel zu wenig Musik gibt, die wie 1967 klingt – während<br />

der Konsument doch genau diese Musik liebt.“ Facettenreiche Studie, die man liest,<br />

während „Born To Die“ von Lana Del Ray läuft. (Jan Drees)<br />

Mark Greif: „Hipster: Eine transatlantische Diskussion“<br />

Suhrkamp, 208 Seiten, 18 EUR<br />

www.nplusonemag.com<br />

FLASHBACK IN DIE 80ER<br />

Roberto Rodriguez<br />

FAZE begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit. Wir<br />

begleiten den finnischen DJ Roberto Rodriguez in die 80er-<br />

Jahre.<br />

Dein Lieblingsjahrzehnt:<br />

„Die 1980er. Das war die Dekade, in der ich die meiste Zeit meiner Kindheit<br />

verbrachte und ein Teenager wurde. Musik war mir während dieser<br />

Zeit sehr wichtig, und ich denke, dass in diesem Jahrzehnt die beste Popmusik<br />

produziert wurde. Es war ebenfalls das Jahrzehnt, in dem die wundervollen<br />

Musikstile Techno und House ihre Geburtsstunde erlebten, was<br />

mich wahrscheinlich dazu brachte, meine eigene Musik gegen Ende der<br />

80er-Jahre zu machen. Sicher waren es die 90er, in der die meisten meiner<br />

frühen Party- und Rave-Erlebnisse entstanden, aber es waren die 80er, in<br />

denen ich zur Musik fand.“<br />

Dein Lieblingstrack/Song: Track:<br />

Phuture – Acid Trax, Song: Talk Talk – Lifes What You Make it<br />

Der schlimmste Song: Milli Vanilli - Girl, I’m Gonna Miss You<br />

Dein Lieblingsistrument/Software/Tool: Amiga 500/Protracker<br />

Dein Lieblings-Outfit/Kleidungsstück: Jeans & T-Shirt<br />

Deine Modesünde: Wahrscheinlich irgendetwas mit Neon-Farben<br />

Dein Lieblingsfilm: The Empire Strikes Back<br />

Deine Lieblingsserie: Knight Rider<br />

Dein persönlicher Held: McGyver<br />

Deine schlimmsten Jugendsünden: Rauchen und Trinken<br />

www.robertorodriguez.fi<br />

Den ersten Flashback (mit Adultnapper in die 90er) findet<br />

ihr auf unserer Homepage.<br />

6


Auftakt<br />

POLLERWIESEN 2012 „FAST FORWARD“<br />

Opening am 15. April in Leverkusen<br />

In den vergangenen Wochen, in denen uns der Klimawandel<br />

neben äußerst milden Dezember- sowie Januarwochen den<br />

wohl härtesten Februar aller Zeiten bescherte und wir uns<br />

mit Themen wie Wullfs Kredibilität oder dem Tod der besten<br />

Soul-Sängerin des Planeten beschäftigen mussten, waren<br />

die Macher sämtlicher Open Airs nicht untätig. Sie wissen<br />

aus Erfahrung, dass die Sehnsucht, bei warmen Temperaturen<br />

leicht bekleidet dem Sonnenuntergang entgegen zu<br />

tanzen, im Winter traditionell reziprok zum Fallen der Temperaturen<br />

wächst.<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Doch halb so schlimm, steht die Erlösung doch nur wenige Wochen<br />

bevor. Schon im April beginnt die langersehnte PollerWiesen Saison<br />

erneut mit einem Paukenschlag im Leverkusener Neulandpark. Zum<br />

Startschuss einer – wieder mal – vielversprechenden Saison, die in diesem<br />

Jahr unter dem Motto ‚Fast Forward‘ steht, geht es in Sachen Line<br />

Up direkt in die Vollen. Headliner wird am Sonntag, den 15. April,<br />

der Neapolitaner Marco Carola sein. Seit Jahren spielt er in der DJ-<br />

Champions League und gehört darüber hinaus zu den Künstlern, die<br />

auf den PollerWiesen immer das perfekte Set gespielt haben. Begleitet<br />

wird Carola von Moon Harbour-Chef Matthias Tanzmann, m_nus<br />

Newcomer Hobo und den beiden Naturliebhabern Dominik Eulberg<br />

vs. Gabriel Ananda, die gemeinsam einen Live-Act zum Besten geben<br />

werden.<br />

Auf dem zweiten Floor wird Platzhirsch Tobias Becker die Teller für die<br />

nächste Grande Dame unserer Szene warm laufen lassen. Nina Kraviz<br />

von Rekids gibt an diesem Tag ihr PollerWiesen-Debüt, ebenso wie der<br />

Londoner Front Room- und Made To Play-Gründer Jesse Rose. Sollte<br />

die Veranstaltung an diesem Tag wettertechnisch nicht realisierbar sein,<br />

steht mit dem 22. April bereits ein Ersatztermin bereit. Das Line-Up<br />

verändert sich dadurch nicht.<br />

Während der kalten Wintermonate könnt ihr euch unter www.pollerwiesen.org<br />

zwei schicke Kurzdokumentationen der PollerWiesen Saison<br />

2011 anschauen. In Kürze steht ein Relaunch der Homepage, der iPhone<br />

sowie der iPad App sowie das Release der Android App bevor.<br />

Die weiteren Termine 2012:<br />

15.04.12 | PollerWiesen Opening 2012, Leverkusen<br />

01.05.12 | PollerWiesen Ruhr I, Mülheim<br />

27.05.12 | PollerWiesen Festival Dortmund<br />

10.06.12 | PollerWiesen Boot I, Köln<br />

24.06.12 | PollerWiesen c/o pop, Köln<br />

08.07.12 | PollerWiesen Ruhr II, Gelsenkirchen<br />

22.07.12 | PollerWiesen Minus, Leverkusen<br />

26.08.12 | PollerWiesen Sommer, Köln<br />

16.09.12 | PollerWiesen Ruhr III, Mülheim<br />

23.09.12 | PollerWiesen Boot II, Köln<br />

PIONEER DJM-350 FAZE EDITION<br />

Weiß, hübsch, laut – und nur hier zu gewinnen!<br />

Ist er nicht schön? Einfach wunderschön? Eben! Genau das ist auch der Grund,<br />

warum wir den Mixing-Bestseller DJM-350 aus dem Hause Pioneer als Verlosungstool<br />

bereit stellen. Und zwar, passend festlich zur Erstausgabe, nicht in irgendeiner<br />

Standardversion. Sondern als unschuldig weiße Sonderedition mit … Moment!<br />

Unschuldig? Das ist ja nun weiß Gott nicht FAZE-gerecht. Dann brennen wir dem<br />

guten Stück halt unser Logo auf, und ein gewisser Tom Novy lässt, wie auf<br />

fast sämtlichen Bahnhofstoiletten Deutschlands auch, seiner Hand<br />

freien Lauf, um das hübsche Tool auf ziemlich schmierige Art<br />

zu deflorieren: Mit einer Unterschrift.<br />

Dieser DJM-350 ist also ein Einzelstück,<br />

das für den aktiven Einsatz zwar viel zu<br />

schade, aber dennoch uneingeschränkt<br />

nutzbar ist: Unter anderem mit Anschlussmöglichkeiten<br />

für zwei Line- und<br />

zwei Phono-Signalgeber, ein Mikrofon<br />

sowie einer zusätzliche Klangquelle über<br />

Aux. Das strahlende Geschoss weiterhin<br />

begehrlich machen ein USB-Port, vier Digital-Effekte,<br />

Isolator-EQs in beiden Kanalzügen<br />

und nicht zuletzt der digitale High Quality-<br />

Sound mit nur 97dB Rauschabstand.<br />

Alles, was ihr für einen möglichen Besitz tun müsst, ist eine eMail<br />

an win@fazemag.de und dem Betreff „Mixer her!“ zu schicken. Ganz<br />

einfach! Einsendeschluss ist der 20. März, der Rechtsweg ist natürlich ausgeschlossen.<br />

Viel Glück!<br />

7


Auftakt<br />

TIERISCHE REDEWENDUNGEN<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Ein ganzer Zoo an tierischen Sprichwörtern tummelt sich in<br />

unserem alttäglichen Wortschatz. So haben wir mal Schwein,<br />

mal war alles für die Katz, mal schießen wir den Vogel ab und<br />

mal haben wir Schmetterlinge im Bauch. Manche Menschen<br />

haben einen Vogel, sind Angsthasen, hässliche Entlein oder<br />

schwarze Schafe. Wir haben einfach manchmal Bock darauf,<br />

diese affengeilen und sauguten Redewendungen in unseren<br />

Sprachgebrauch zu integrieren, auch wenn manche auch mal<br />

ein dicker Hund sein können. Schauen wir uns deshalb einige<br />

mal genauer an. Klappe zu, Affe tot!<br />

Jeder hat manchmal „Null Bock“ etwas zu tun. Hiermit ist nicht das<br />

Desinteresse an männlichen Ziegen gemeint. Das Wörtchen Bock<br />

stammt von dem Wort bokh, was in der früheren Sinti und Roma Sprache<br />

soviel wie Hunger bedeutete. „Null Bock“ zu haben heißt also eigentlich,<br />

dass man gerade keinen Hunger hat. Im Laufe der Jahrzehnte<br />

wandelte sich also „keinen Hunger zu haben“ in „keine Lust auf etwas<br />

zu haben“ um.<br />

Stur wie ein Esel. Esel haben es wohl dieser Eigenheit zu verdanken,<br />

Teil des Sprichwortes „Eine Eselsbrücke bauen“ zu sein. In vielen<br />

Überlieferungen wird beschrieben, dass Esel sich oftmals weigerten,<br />

über Brücken zu gehen, die Lücken zwischen den Brettern hatten, wodurch<br />

man die Tiefe unter sich sehen konnte. Erst, wenn man diese<br />

Zwischenräume zudeckte, ließen sich die Tiere überreden die Brücke<br />

zu passieren. Diese, im Grunde unnötige Hilfe übertrug man im Laufe<br />

der Jahre auf das behelfen von Merksätzen, um sich etwas zu merken.<br />

Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt! Dieses merkwürdige<br />

Sprichwort haben wir dem vorzeige Schalk Til Eulenspiegel zu verdanken.<br />

Einst war dieser Spaßvogel bei einem Bierbrauer beschäftigt, der<br />

ihm beibrachte, wie er aus Gerste, Wasser und Hopfen Bier zu brauen<br />

hatte. Besonders deutlich wies er Eulenspiegel darauf hin, den Hopfen<br />

ordentlich zu kochen. Da der gute Til jemand war, der alles beim<br />

Wort nahm, tat er auch so. Nur leider hatte der arme Bauer auch einen<br />

Hund, und dieser hatte den Rufnamen Hopf. Daher nahm er guten<br />

Gewissens den Hund und warf ihn in die große Braupfanne. Glücklicherweise<br />

kam der verärgerte Bauer rechtzeitig, um den Hund zu retten,<br />

der in der Pfanne wie verrückt hin und her sprang.<br />

Eine seit Jahrhunderten wenig mühselig Art Vögel zu fangen ist es,<br />

ganz einfach Äste von Bäumen mit eine klebrigen Substanz, wie etwa<br />

heißem Pech, zu bestreichen und abzuwarten bis ein Vogel sich zu einer<br />

Ruhepause dort niederlässt. Da das arme Tier, mit beiden Füßen im<br />

klebrigen Pech, wenig Chance hat, zu<br />

entkommen, lässt es sich relativ einfach<br />

fangen. Der arme Vogel hat somit Pech,<br />

sich den falschen Baum ausgesucht zu<br />

haben. Ein echter Pechvogel!<br />

Schmetterlinge im Bauch! Das Enterische<br />

Nervensystem, ein Geflecht von<br />

Abermillionen Neuronen, befindet sich<br />

im Magen-Darm-Trakt. Ursprünglich<br />

diente es uns dazu, in Flucht- und<br />

Kampfsituationen schnell und instinktiv handeln zu können, in dem es<br />

Blut aus dem Bauch in die Muskeln pumpt. Es ist aber genauso verantwortlich<br />

für das so genannte „Bauchgefühl“ und beeinflusst eine Vielzahl<br />

von intuitiven Entscheidungen. Gerade in der Liebe ist oftmals<br />

die Rationalität des Gehirns fehl am Platz, weswegen man lieber auf<br />

den Bauch hört. Im Englischen umschreibt das Wort flutter das Gefühl,<br />

das man in Verliebtheits-Situationen, wie dem ersten Rendezvous,<br />

verspürt. Frei übersetzt würde man es wohl mit „flattern“ bezeichnen.<br />

Und da man so liebliche Tiere wie den Schmetterling mit dem Flattern<br />

assoziiert, stellt man sich bildlich vor, dass dort nicht gerade Millionen<br />

Neuronen zwischen den dünnen Muskelschichten aktiv sind, sondern<br />

bunte Schmetterlinge ihre Runden drehen.<br />

Manchmal fallen wir auf Zeitungsenten rein. Im Französischen steht<br />

das Wort canard, was Ente bedeutet, schon lange auch als Synonym für<br />

Lüge. Der Ursprung hierfür liegt bei dem früher oft gebräuchlichen<br />

Satz „jemandem eine halbe Ente geben“. Was bei lebenden Tieren ja<br />

nicht geht und somit gleichwertig für Betrug stand. Mit der Entwicklung<br />

der Printmedien wurde dieser Ausdruck oft für Flugblätter oder<br />

Sensationsmeldungen benutzt, die oft Falschmeldungen oder maßlose<br />

Übertreibungen benutzten, um Käufer zu locken. Durch steigende<br />

Popularität wurde dieser Ausdruck auch in andere Länder übernommen<br />

und ist uns heute bekannt als die Zeitungsente, die für Falschmeldungen<br />

steht.<br />

Früher wurden Zirkusaffen auf Jahrmärkten häufig in Kisten gehalten,<br />

wo sie ihre Kunststückchen vorführen mussten. Verstarb nun so ein<br />

Affe, was bei solch scheußlichen Lebensbedingungen durchaus oft vorkam,<br />

blieb die Klappe geschlossen und es gab keine Vorführung mehr<br />

zu sehen. Man konnte nach Hause gehen, da es nichts mehr zu sehen<br />

gab und die Vorführung beendet war. Klappe zu, Affe tot!<br />

www.dominik-eulberg.de<br />

?<br />

8


Auftakt<br />

FERRY CORSTEN<br />

Gestern, heute, morgen<br />

Neben Tiësto und Armin van Buuren ist<br />

Ferry Corsten der wohl bekannteste DJ<br />

aus den Niederlanden. Seit mehr als 20<br />

Jahren ist er Bestandteil des elektronischen<br />

Musikzirkus, hat fast jeden Winkel<br />

der Erde bespielt und darüber hinaus<br />

auch unzählige Tracks, Remixe oder<br />

Kollaborationen auf seiner Habenseite.<br />

Mitte März veröffentlicht er sein viertes<br />

Album unter seinem richtigen Namen<br />

Ferry Corsten: „WKND“ (Weekend).<br />

GESTERN<br />

Dein aufregendster Gig:<br />

Das war 1999, Innercity im RAI in Amsterdam.<br />

Das war der erste „große“ Gig, den ich hatte. Es<br />

waren wohl um die 15.000 Menschen da. Bis dahin<br />

war ich es gewohnt, in kleinen Clubs zu spielen, so<br />

dass das für mich eine unglaubliche Erfahrung war.<br />

Warum hast du so viele Aliases benutzt,<br />

um deine Musik zu veröffentlichen?<br />

Früher habe ich mehrere Musikstile bedient, so habe<br />

ich für jeden Stil einen anderen Alias genommen.<br />

Heute, wo alle Genres sich immer mehr vermischen,<br />

kann ich alles unter meinem Namen produzieren.<br />

Deine bisher interessanteste Kollaboration?<br />

Zusammen mit Tiësto: „Gouryella“ – großer Erfolg<br />

und immer noch ein Trance-Klassiker.<br />

HEUTE<br />

WKND – was bedeutet der Titel für dich?<br />

Das Album soll dieses Wochenendgefühl kreieren,<br />

wenn Menschen relaxen und Spaß haben. Generell<br />

wollen wir ja einfach nur tolle Vibes spüren und uns<br />

keine Sorgen machen. Deshalb wollte ich meinem Album<br />

einen erhebenden und positiven Vibe verpassen.<br />

Auf dem Album arbeitest du mit vielen<br />

Acts zusammen, das scheint dir eine<br />

Menge Spaß zu machen?<br />

Ja, es macht mir richtig Spaß. Alle Kollaborationen<br />

sind richtig gut geworden, aber alle sind verschieden.<br />

Die Sache ist, dass ich es wirklich liebe, solche<br />

Kollaborationen zu machen, weil ich immer wieder<br />

etwas lerne, da jeder Künstler eben anders arbeitet,<br />

um seinen Sound zu produzieren.<br />

MORGEN<br />

Wie sehen deine Pläne für 2012 aus?<br />

Nach der Albumveröffentlichung geht es auf große<br />

Welt-Tournee und meine Radio-Show „Corsten’s<br />

Countdown“ feiert in diesem Jahr ihre 250. Episode.<br />

Ich kann noch nichts konkret dazu sagen, aber<br />

das wird auf jeden Fall ganz groß!<br />

Ein Wunsch für die nahe Zukunft?<br />

Ich wollte schon immer für jemand anderen produzieren.<br />

Bisher hatte ich dafür nie Zeit, aber ich hoffe,<br />

dass ich bald dafür endlich mal Zeit finde.<br />

Ein Wunsch für die ferne Zukunft?<br />

Ich hoffe, dass ich eines Tages mal ein Album für<br />

eine große Rockband produzieren kann. Das wäre<br />

echt cool.<br />

WKND erscheint am 16. März auf Kontor.<br />

www.ferrycorsten.com<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

5


Auftakt<br />

FRITZ KALKBRENNER<br />

Friedliche Koexistenz<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Es gibt genügend Compilations, die um der Vielfalt Willen<br />

verschiedene Musikstyles miteinander verquicken, aber keinen<br />

roten Faden präsentieren können. Die erste Ausgabe der<br />

neuen „Suol Mates“-Serie auf dem Berliner Label Suol, die<br />

vom Label-Aushängeschild Fritz Kalkbrenner zusammengestellt<br />

und gemixt wurde, bildet da eine rühmliche Ausnahme.<br />

Denn auch, wenn hier Styles wie Funk, Soul, HipHop und House<br />

aufeinander treffen, hat man nie das Gefühl, dass diese verschiedenen<br />

Richtungen selbstzweckhaft verwoben wurden. Der Mix fließt. Eine<br />

Tatsache, die Fritz mit Berlins Offenheit erklärt: „Hier gibt es seit jeher<br />

eine friedliche Koexistenz von HipHop und anderer Clubmusik. Die musikalischen<br />

Strömungen sind sehr wichtig für mich, allerdings jeweils in ihrer<br />

reinen Form.“ Deswegen finden sich in seinem Mix auch Funk-Nummern,<br />

HipHop-Instrumentals und House-Tracks, aber keine MashUps.<br />

„HipHouse konnte ich nie etwas abgewinnen, da es für mich nicht passte. Eine<br />

gute HipHop-Nummer sollte für sich stehen und ein guter Techno-Track ebenfalls.“<br />

Fritz begann mit 17 zu produzieren. Zu dieser Zeit waren Techno<br />

und HipHop gleich wichtig für ihn. „Im Studio traten dann Fragen auf à<br />

la ‚wie hat Pete Rock die Horns von James Brown verbraten‘. So erweiterte<br />

ich meinen Horizont, lernte Curtis Mayfield oder Nina Simone kennen. Aus<br />

Produktionsinteresse bin ich so bei Soul, Funk und Jazz gelandet.“ Im Studio<br />

produziert er auch gern ab und an eine HipHop-Nummer, wobei er sein<br />

Hauptaugenmerk auf House und Techno legt.<br />

Beginnt der Mix auch recht ruhig im Wohnzimmer-Bereich, ändert er<br />

ab einer bestimmten Stelle seine Ausrichtung und lädt in den hauseigenen<br />

Partyraum. Diese Stelle ist interessanterweise der erste Track<br />

von Fritz Kalkbrenner „Ruby Lee“. Absicht?<br />

„Es gab keine Vorgabe, meinen Track als Scheitelpunkt der Mix-CD zu setzen.<br />

Als den Track, der die zweite und clubbigere Häfte einleitet. Dass es dann<br />

doch so passiert ist, geschah unterbewusst. Aber es ist so, mit ‚Ruby Lee‘ geht<br />

es in Richtung Dancefloor.“<br />

Die Selektion von „Suol Mates“ spricht für Fritz‘ musikalischen Horizont.<br />

Auch wenn nicht alle der 60 angefragten Titel benutzt werden<br />

durften, ist er mit der jetzt verwendeten Auswahl doch sehr zufrieden.<br />

„Die Amerikaner wissen halt, welche Tracks der heiße Scheiß sind. Ich bin<br />

sehr froh, dass wir für J Dilla beispielsweise die Freigabe erhalten haben.“<br />

Welche Stücke noch auf „Suol Mates“ enthalten sind, erfahrt ihr<br />

am besten beim Selberhören im Plattengeschäft eurer Wahl.<br />

www.fritzkalkbrenner.de<br />

www.suol.hk<br />

RAINERS RATGEBER<br />

Teil 1: Das richtige Demo<br />

Jeder, der sich in Deutschland mit elektronischer<br />

Tanzmusik auseinandersetzt, ist<br />

schon auf den Augsburger Rainer Weichhold<br />

getroffen. Sei es in seiner Funktion<br />

als Chef von DJ-Propaganda, A&R und<br />

Labelmanager von Great Stuff, Macher<br />

von Kling Klong oder einfach<br />

bei seinen DJ-Gigs. Neben seinen<br />

DJCoaching-Seminaren gibt Rainer<br />

Weichhold nun auch in FAZE jungen<br />

Produzenten jeden Monat Tipps, was<br />

sie beachten sollten, wenn sie den inneren<br />

Drang verspüren, in der großen<br />

weiten Welt der Musikindustrie ihr<br />

Glück zu suchen. Kontaktiert Rainer<br />

gerne direkt unter rainer@fazemag.<br />

de oder rainer@klingklong.com!<br />

Ich bekomme selbst ca. 50 Demos pro Tag und<br />

sehe immer wieder, dass hier entscheidende<br />

Fehler gemacht werden, die den Weg zum Plattendeal<br />

verhindern können. Wichtig ist erst einmal die<br />

richtige Soundqualität der Demos, also bitte sehr viel<br />

Mühe beim Abmischen geben und auch einigermaßen<br />

laut machen, damit der Track gleich spielbar ist<br />

und nicht im Vergleich zu andere Titeln im Set abfällt.<br />

Im besten Falle ist der A&R ja so begeistert von<br />

dem Track, dass er ihn am Wochenende gleich mal im<br />

Club testen möchte.<br />

Oft steht bei den Demos wie eine Entschuldigung dabei:<br />

„Ist aber noch nicht gemastert“. So soll es aber<br />

auch sein. Das richtige Mastering ist nachher immer<br />

Aufgabe des Labels, die in der Regel mit einem<br />

Profi-Studio zusammenarbeiten. Kling Klong hat<br />

das Glück, dass Labelgründer Martin Eyerer selbst<br />

gelernter Mastering-Ingenieur ist und sowohl das<br />

richtige Equipment wie auch das nötige Know-How<br />

besitzt. Somit haben Kling Klong-Releases immer den<br />

gleichen Sound-Standard, und da möchte man keine<br />

Masterings von anderen haben. Du musst deine Demos<br />

einfach nur mit einem simplen Standard-PlugIn<br />

laut machen. Hauptsache sie sind testweise spielbar.<br />

Wenn dein Track schließlich irgendwo unter Vertrag<br />

genommen wird, dann wird erst professionell gemastert.<br />

Dazu braucht das Label dann ein unkomprimiertes<br />

24bit Wav-File mit etwas Headroom.<br />

Auch ganz wichtig: Bitte unbedingt vollständig ausproduzierte<br />

Tracks einsenden, nie nur Ideen, oder<br />

Skizzen. Wenn man an einem Tag 49 anständige<br />

Tracks bekommt und dann rauscht noch so was<br />

Halbfertiges rein, dann empfindet der A&R<br />

ganz unbewusst den Track für nicht passend und<br />

lehnt ihn ab. Und das soll ja verhindert werden.<br />

Ein weiterer Fehler, der oft gemacht wird, besteht<br />

darin, dass die Files nicht richtig benannt bzw.<br />

nicht mit den richtigen Tags versehen werden.<br />

Demos ohne Künstlername, die dann nur als<br />

„Track1“ oder „Unknown Version2“ beschriftet<br />

werden, versacken auf dem Desktop. Vielleicht<br />

ist es ja der Megahit und ich weiß bloß nachher<br />

nicht mehr, von wem das Ding stammt und<br />

kann keinen Kontakt mehr aufnehmen. Und die<br />

Chance, dass „Track1“ bei Traktor-DJs zum Einsatz<br />

kommt ist vermutlich auch sehr gering. Deswegen immer<br />

ARTIST und TITEL angeben bzw. taggen.<br />

In der nächsten Ausgabe: Wie verschicke<br />

ich mein Demo, damit es auch gehört<br />

wird?<br />

10


Auftakt<br />

PLANET XENBEL<br />

von Xenia Beliayeva<br />

Thema: „Vinyl“ mit Kai Fraeger<br />

„Vinyl verleiht Unsterblichkeit“, hat Kai Fraeger einmal auf<br />

einer Party zu mir gesagt, und irgendwie hat er Recht. Anders<br />

sind die Paradoxa nicht zu erklären: Dass der verstorbene<br />

Steve Jobs Musik vom iPod hasste und zuhause ausschließlich<br />

Vinyl hörte, während er gleichzeitig MP3s zur<br />

Massenware machte. Genauso unlogisch: Richie Hawtins<br />

Anti-Vinyl-Kampagnen. Richie Hawtin! Der gleichzeitig massig<br />

Vinyl herausbrachte. Wie steht es nun 2012 um die seit<br />

mindestens 1997 totgesagte Schallplatte?<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Das erzählt mir der Vertriebschef im Word And Sound Headquarter in<br />

Hamburg. Kai kommt gerade von der Midem. Abgeschottet von Zeitgeist<br />

und Großstadthektik treffen in Cannes alljährlich die Profis aus<br />

der Musikbranche zusammen. Ich war zwar noch nie auf der Midem,<br />

dafür aber in Bielefeld. Dazu später mehr. Ein klarer Trend ist zu erkennen,<br />

nicht nur auf der Midem und in Bielefeld, sondern weltweit,<br />

so berichtet Kai: „Es erfolgt eine Erweiterung ehemals reiner Elektronik/Dance<br />

Vertriebe in andere Bereiche der Independent Musik wie<br />

Rock, Pop, Alternative, weil in diesen Genres der Vinylverkauf wieder<br />

zunimmt.“ Aber auch bei Neuauflagen aus den 60ern bis 80ern legt<br />

das Vinyl zu, ebenso beim Indie-Rock. Neue Veröffentlichungen auf<br />

Schallplatte sind auch deswegen attraktiver, weil die Branche vermehrt<br />

auf eine hochwertige Ausstattung setzt. Kunden sind bereit, für ein<br />

qualitativ hochwertiges Produkt mehr Geld auszugeben. Vorteil für die<br />

Branche: Der Preis verliert etwas an Bedeutung. In den letzten Jahren<br />

wurde der Schallplatte keine Zukunft mehr beschieden. Und nicht nur<br />

ihr: Alle physischen Medien gehörten angeblich der Vergangenheit an.<br />

Die Zukunft bestehe aus Downloadcodes und iTunes-Gutscheinen.<br />

Aber: Das erfolgreichste Produkt überhaupt ist aktuell die Schallplatte<br />

aus Vinyl mit beigelegter CD. Attraktiver noch als die Kombination aus<br />

Platte mit Downloadcode. Wie so häufig haben sich die Voraussagen,<br />

dass die ‚veraltete Technik‘ tot sei, nicht bewahrheitet. Die CD hat<br />

die Platte nicht komplett verdrängt, die jungen Leute laden nicht nur<br />

Musik auf PlayStation oder in die Cloud. Im Gegenteil: Auf einmal<br />

gibt es ganz viele junge Leute um die 20, die sich jetzt ihren ersten<br />

Plattenspieler kaufen. Die Singles kaufen. Gut, natürlich nicht ganz so<br />

viele wie früher – aber der Trend zum physischen Produkt ist da – zu<br />

etwas Greifbarerem als dem Downloadcode. Und so kommen wir wieder<br />

zurück nach Bielefeld, wo ich in der Drogeriekette Müller erstaunt<br />

feststellte, dass es zwar kein Regal mit Downloadcodes gab, aber sehr<br />

wohl ein großes Arsenal an Schallplatten. Musik auf Vinyl gewinnt<br />

stark an Stellenwert, und so konnte ich am gleichen Abend in der wunderschönen<br />

Bar „Milestones“ beobachten, wie ein Herr mittleren Alters<br />

liebevoll Daft Punks „Homework“-Album mit Hilfe des Tonarmlifts<br />

und des Start-/Stopschalters abspielte, während der Pitch konstant<br />

grün leuchtete. Ich glaube, das ist der erste DJ, den ich in meinem<br />

Leben gesehen habe, der die Bedienungsanleitung vom 1210er gelesen<br />

hat. Hoch lebe das Vinyl! Ahoi!<br />

soundcloud.com/xenia-beliayeva<br />

LIEBLINGSDINGE<br />

Heute mit Lexy<br />

„Mein Lieblings-Fashionitem, das ich schon rund 17 Jahre fast täglich trage,<br />

ist mein Bannat Berlin-Gürtel. Bis jetzt hat es auch noch kein anderer<br />

Gürtel geschafft, diesen abzuwechseln – oft versucht, doch nie passiert. Er ist<br />

einfach der perfekte Gürtel! Lustigerweise ist das eigentlich gar kein Gürtel,<br />

sondern ein Backpacker-Rucksack-Matten-Festschnaller. Nicht so dick wie<br />

ein richtiger Gürtel, keine doofen Gürtellöcher, gute Farbkombination und<br />

außerdem muss man ihn nicht bei der Flugsicherheitskontrolle abmachen.<br />

Aber auch hier gibt es eine B-Seite, und das ist der Berlin-Typo-Druck, der<br />

heutzutage vielleicht ein wenig uncool erscheint, durch Zweckmäßigkeit und<br />

Einzigartigkeit aber schnell wieder zur A-Seite wird. Auf Platz Zwei: Meine<br />

Niconé-Jogger, die wiederum zweckmäßig beim Fliegen Nummer Eins<br />

sind, da keine blöden Popotaschen beim Sitzen nerven und sie natürlich im<br />

Hotelzimmer sehr schnell heruntergezogen werden können. Diese Hose habe<br />

ich jetzt fast fünf Jahre getragen und sie dummerweise gestern irgendwo verloren<br />

– danke Hotelzimmer! They are sold out. Ein Schuh gehört natürlich<br />

auch dazu, besser ein Paar, die sind neu und aus Oz.“<br />

www.lexykpaul.eu<br />

11


Auftakt<br />

JÄGERMEISTER WIRTSHAUS TOUR<br />

Kneipenkultur reloaded<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Es ist in unseren Breiten seit Jahrhunderten eine feste Institution<br />

der Ausgehkultur: die Gaststätte, die Kneipe, die<br />

Schenke, der Dorfkrug oder einfach das Wirtshaus. Unsere<br />

Urgroßeltern haben hier schon am Tresen gesessen, um ein<br />

Likörchen zu schlürfen, und auch viele von euch haben dort<br />

gewiss ihr erstes Tänzchen versucht, die ersten Kegel umgestoßen,<br />

die ersten Trinklieder geschmettert oder ihren ersten<br />

Jägermeister getrunken.<br />

Es sind also durchaus positive Emotionen, die wir mit diesen Erinnerungen<br />

verbinden, aber irgendwann wurde es dann doch etwas zu<br />

uncool, in solchen Läden herumzuhocken: Es lockte schließlich die<br />

Clubwelt. Aber warum sollte das eine denn das andere ausschließen?<br />

Warum sollte man nicht mal in urgemütlicher Atmosphäre eine richtig<br />

gute Party feiern können? „Und wie das geht“, dachte sich Jägermeister<br />

und hat im vergangenen Jahr die Jägermeister Wirtshaus Tour ins<br />

Leben gerufen. Nicht irgendwelche hippen Clubs oder coolen Event-<br />

Locations stehen hier im Fokus, sondern eben das gute alte Wirtshaus.<br />

Die perfekte Location mit ihrer intimen Atmosphäre, die schnelles<br />

Ausrasten und Steilgehen unterstützt. Dazu kommt die passende Musik,<br />

die fernab jeglichen Verdachts von gähnender Langeweile, Musikantenstadl<br />

oder verstaubter Hitparaden liegt. Hier geht es um satten<br />

Electrosound, der die Feiermeute zum ekstatischen Vibrieren bringt<br />

und die Holzvertäfelung von den Wänden bröckeln lässt. Davon konnten<br />

sich auch die knapp 300 Gäste der 2011er Abschluss-Party im<br />

vergangenen November in Garmisch-Partenkirchen überzeugen, als<br />

das dänische Electro-Trio WhoMadeWho zusammen mit The Teenagers<br />

in 1.300 Metern Höhe die urgemütliche Berghütte Drehmöser<br />

9 unterhalb der Zugspitze auseinander genommen haben. Wir haben<br />

im Übrigen auch mitgefeiert. Die Zeugnisse dieser unvergesslichen<br />

und schweißtreibenden Nacht findet ihr auf unserer Homepage in der<br />

Abteilung „Nightflight“. Ein rundum gelungene Geschichte, die das<br />

Beste aus Tradition und aktueller Partykultur vereint und dabei Erinnerungen<br />

an das erste Tänzchen, die ersten Kegelversuche, die ersten<br />

Trinklieder und den ersten Jägermeister ins Gedächtnis ruft ...<br />

Ende März gibt es die ersten ausgelassene Kneipenpartys<br />

mit Tek-One (Live-Dubstep aus England), Dumme Jungs<br />

(Elektrogebratzel aus Berlin) und Eskimo Callboy (Metalcore<br />

aus Downtown Castrop-Rauxel).<br />

29.03.12 | Hamburg, Hamborger Veermaster<br />

30.03.12 | Berlin, Loftus Hall<br />

31.03.12 | Dresden, Gasthaus Zur Eule<br />

Ihr wollt auch mal dabei sein? Dann ab ins Netz und auf www.<br />

das-wirtshaus.de für die Gästeliste anmelden! Vielleicht sehen<br />

wir uns da!<br />

12


Auftakt<br />

OLIVER SCHORIES<br />

Herzensangelegenheit<br />

Neben den üblichen Metropolen wie Berlin, Hamburg oder<br />

Frankfurt mauserte sich auch Bremen in den letzten Jahren durch<br />

Protagonisten wie Stephan Bodzin, Oliver Huntemann oder eben<br />

Oliver Schories mit seinem treibenden Tech-House-Sounds in die<br />

Herzen der elektronischen Szene-Gänger.<br />

In den vergangenen beiden Jahren hatte besonders letzterer durch Produktionen<br />

wie „Archipel“, „Wildfang“ oder dem erst kürzlich erschienenen<br />

Remix zu Gui Borattos „Paralelo“ die Scheinwerfer auf sich und dem viel<br />

zitierten „Bremer Sound“ gerichtet. „Von Green Day über Offspring bis hin zu<br />

Rage Against The Machine – irgendwann kamen Prodigy noch dazu. Ich schätze<br />

da war ich 15. Es folgten Plattenspieler und die nächsten Jahre dann ein Durchkämmen<br />

verschiedenster Styles. Techno, House, Drum’n’Bass, 2Step, Minimal,<br />

New Rave Electronica. Irgendwann war ich 26 und hatte mich auf den Sound den<br />

man heute Tech-House nennt, eingefahren“, erzählt er über seinen Werdegang.<br />

Im März erscheint nun auf dem Stuttgarter Label Parquet sein Debütalbum<br />

„Herzensangelegenheit“. „Es ist eine ‚One Man Show‘. Bei Kollabos muss<br />

man ja immer irgendwo Kompromisse eingehen, und das wollte ich gern in diesem<br />

Fall vermeiden. Auf meinem ersten Album wollte ich alles wirklich ganz genau so<br />

haben, wie ich es will. Was aber nicht heißen soll, dass ich sonst nicht gerne mit<br />

anderen Künstlern zusammenarbeite. Demnächst gibt es z.B. eine Kollaboration<br />

mit Holgi Star auf Style Rockets.“<br />

Dabei steht er dazu, niemals ein Instrument bzw. das Musik machen an<br />

sich gelernt zu haben. Hört er sich heute seine ersten Gehversuche aus dem<br />

Jahre 2007 an, verleitet es ihm zu einem kurzen Schmunzeln. „Aber es ist ja<br />

kein Geheimnis, dass wir – mein guter Freund und Produktionspartner Manuel<br />

und ich – im Studio immer zu zweit arbeiten. Meine lange DJ-Erfahrung in den<br />

Clubs und seine noch längere kreative Produktionserfahrung ergeben somit quasi<br />

eine musikalische Symbiose, die den mir nachgesagten charakteristischen ‚Schories-Sound’<br />

formt. Das war Anfang 2008. Wir probierten einfach eine Menge aus<br />

und machten eine Menge falsch, woraus wir dann fürs nächste Mal lernen konnten.<br />

Dass niemand von uns beiden den umfassenden Plan von der ganzen technischen<br />

Komponente hat, zeigt sich sicherlich an der einen oder anderen Stelle. Andere<br />

Produzenten machen das sicher noch viel aufwändiger und gezielter, was nachher<br />

einen präziseren Sound liefert. Aber vielleicht ist auch gerade das der Grund, warum<br />

‚Schories’ so klingt, wie er klingt.“<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

In den nächsten Wochen wird er – parallel zu seiner Albumtour – an seinem<br />

Label „der turnbeutel“ arbeiten und z.B. demnächst eine EP vom Berliner<br />

Shootingstar Alle Farben veröffentlichen. Remixes steuern Till Krüger und<br />

der Label-Chef selbst bei.<br />

„Herzensangelegenheit“ erscheint am 16. März auf Parquet.<br />

www.oliverschories.de<br />

9


Auftakt<br />

GIBT ES EIN LEBEN NACH DER MUSIK?<br />

Nicole Lührsen<br />

MAYDAY 2012<br />

Made in Germany<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Wie lang hast du im Musikbusiness<br />

gearbeitet und was hast du genau gemacht?<br />

Insgesamt habe ich zwölf Jahre im Musikbusiness<br />

gearbeitet. 1995 habe ich bei edel records als<br />

Presse- und Radiopromoterin für den Bereich<br />

Dancemusik angefangen, wurde nach einem Jahr<br />

von dem damaligen Dancelabel Urban (vormals<br />

Polygram später Universal Music) abgeworben,<br />

wo ich sieben Jahre Pressearbeit für Künstler aus<br />

dem Bereich Dance und später Pop und R’n’B<br />

gemacht habe. Als Universal 2003 nach Berlin<br />

zog, bin ich in Hamburg geblieben und habe als<br />

freie Pressepromoterin für verschiedene Labels gearbeitet<br />

(u.a. für Paul van Dyk, Mousse T. etc.).<br />

Zu der Musik kam später die Pressearbeit für<br />

Clubs und große Events (Sensation White) hinzu.<br />

Und auch für Kinofilme habe ich PR gemacht.<br />

Wann hast du festgestellt, dass du lieber<br />

etwas ganz anderes machen würdest?<br />

Eigentlich spielte ich schon mit dem Gedanken,<br />

etwas anderes machen zu wollen, als Universal<br />

2003 nach Berlin umzog und ich überlegte, wie<br />

es in Hamburg weiter gehen könnte. Jedoch fehlte<br />

mir noch die richtige Idee, in welche Richtung ich<br />

mich orientieren wollte. Darum habe ich zunächst<br />

weiter PR gemacht.<br />

Was waren schließlich die für den<br />

Wechsel? Was hat dich am Musikbiz<br />

gestört?<br />

Das Musikbiz ist sehr schnelllebig. Ständig neue<br />

Künstler, wechselnde Trends, hoher Druck und alles<br />

sehr oberflächlich. Man opfert viel von seiner<br />

privaten Zeit und auch von persönlichen Wertvorstellungen.<br />

Ich liebe Musik, aber ich bin nicht<br />

bereit gewesen, meine Seele für den Erfolg anderer<br />

Menschen zu verkaufen.<br />

Wie bist du auf die Idee mit dem<br />

Hundesitting gekommen?<br />

Eher zufällig habe ich vor über fünf Jahren von<br />

einer Freundin erfahren, dass sie ihren Hund in<br />

einen Hundekindergarten gibt, wo er tagsüber betreut<br />

wird, weil sie ihn nicht mit zur Arbeit nehmen<br />

durfte. Da ich mit Hunden aufgewachsen bin<br />

und bis auf die Zeit, in der ich im Musikbiz gearbeitet<br />

habe, immer einen Hund hatte, war mein<br />

größter Wunsch, wieder einen vierbeinigen Freund<br />

an meiner Seite zu haben. Da ich als Pressepromoterin<br />

ständig auf Reisen und abends lange im<br />

Büro war, konnte ich zu der Zeit keinen eigenen<br />

Hund haben. Die Idee mit der Hundebetreuung<br />

ließ mir keine Ruhe, und so recherchierte ich monatelang,<br />

bildete mich fort und machte mich Anfang<br />

2007 mit der Pfotenbetreuung selbstständig.<br />

Was ist es, was dir an diesem Job gut<br />

oder gar besser gefällt?<br />

Ich bin mein eigener Chef, und die Arbeit mit<br />

den Hunden macht mir wahnsinnig Spaß. Es<br />

ist spannend zu sehen, wie Hunde untereinander<br />

kommunizieren, wie sie lernen und sich in bestimmten<br />

Situationen verhalten. Ich lerne jeden<br />

Tag von ihnen und sehe, wie viel Freude sie haben,<br />

wenn sie miteinander toben oder wenn man<br />

sich mit ihnen beschäftigt. Es gibt keine Menschen,<br />

die ihre Dankbarkeit so deutlich zeigen<br />

können wie die Tiere es tun. Dass ich so schnell<br />

so erfolgreich mit der Pfotenbetreuung sein würde,<br />

hätte ich am Anfang nicht gedacht. Schon nach<br />

wenigen Monaten war ich nahezu ausgebucht<br />

und konnte sehr gut davon leben. Heute kann ich<br />

mir meine Kunden aussuchen, habe am Tag zwischen<br />

15 und 18 Hunde und genieße die Stunden<br />

draußen, egal, bei was für einem Wetter.<br />

Würdest du sagen, dass du heute<br />

glücklicher bist als damals?<br />

Ich war damals nicht unglücklich, ich habe nur irgendwann<br />

gemerkt, dass das Musikbiz nicht alles<br />

für mich bedeutet. Mein Leben hat sich komplett<br />

verändert und ich habe das Glück gehabt, einen<br />

neuen Beruf für mich zu finden, der mich erfüllt<br />

und zufrieden macht. Der mich jeden Tag Neues<br />

lehrt und mir noch weitere offene Wege bietet. Ich<br />

bin glücklich, dass ich den Mut hatte, diesen neuen<br />

Schritt zu gehen, Erfolg damit zu haben und<br />

mein Leben so zu gestalten, dass ich das Gefühl<br />

habe, das Richtige zu tun.<br />

www.pfotenbetreuung.de<br />

Der 30. April ist stets sein fester Termin im<br />

Partykalender der Raving Society, und das<br />

nun schon seit mehr als 20 Jahren. Nach<br />

einem neuen Besucherrekord zur Jubiläumsausgabe<br />

in 2011 geht es in diesem Jahr unter<br />

dem Motto „Made in Germany“ – das gleich<br />

als Gütesiegel für die Mutter aller Raves dient<br />

– weiter. Wenn sich um 18 Uhr die Tore der<br />

Westfalenhallen Dortmund öffnen, erwarten<br />

euch mehr als 50 Headliner aus dem Inund<br />

Ausland, die die insgesamt fünf Floors<br />

der Veranstaltung in wahre Schmelztigel der<br />

Emotionen verwandeln werden. Mit dabei<br />

sind auf rund 24.000 Quadratmetern u.a.<br />

Paul van Dyk, Sven Väth, Carl Cox, Ferry<br />

Corsten, Westbam, ATB, Moguai, Chris Liebing,<br />

Karotte, Monika Kruse, Felix Kröcher<br />

und Dominik Eulberg. Zahlreiche Live-Acts<br />

machen euch außerdem ihre Aufwartung, allen<br />

voran natürlich wieder der obligatorische<br />

Auftritt der Members of Mayday. House,<br />

Trance, Minimal, Hardstyle – hier wird nahezu<br />

jedes elektronische Genre bedient.<br />

Tickets gibt es im Vorverkauf über www.mayday.de<br />

und bei allen bekannten Vorverkaufsstellen<br />

für 54 EUR sowie an der Abendkasse<br />

für 63 EUR.<br />

30.04.12 | Ab 18 Uhr | Westfalenhallen<br />

Dortmund<br />

LineUp: Paul van Dyk, Sven Väth , Carl<br />

Cox, Ferry Corsten, Westbam, ATB,<br />

Moguai, Chris Liebing, Karotte , Monika<br />

Kruse, Felix Kröcher, Dominik Eulberg,<br />

Dabruck & Klein, Klaudia Gawlas, Dominik<br />

Eulberg, Tube & Berger, Till von<br />

Sein, Kollektiv Turmstrasse, Aka Aka<br />

feat. Thalstroem uvm.<br />

www.mayday.de<br />

14


Auftakt<br />

NICK CURLY<br />

Debütant<br />

Nico Döhringer, besser bekannt als Nick Curly, stammt aus<br />

Mannheim und hat sich in kurzer Zeit vom Loft-Resident<br />

zum Global Player gemausert. Seine Releases auf Cocoon<br />

Recordings oder seinen eigenen Labels 8bit und Cecille<br />

tauchen regelmäßig in den Playlisten der ganz großen DJs<br />

auf. Und nun endlich ist die Zeit reif für sein Debütalbum<br />

„Between The Lines“. Wir freuen uns, ihn in unserer ersten<br />

Ausgabe präsentieren zu dürfen.<br />

Nick, wie lange bist du schon DJ und Produzent und wie<br />

bist du zur elektronischen Musik gekommen?<br />

Meine ersten Platten habe ich mir schon im Alter von 15 Jahren gekauft.<br />

In Mannheim gab es damals schon eine recht große elektronische Musikszene.<br />

Vor allem der Milk Club hat uns stark beeinflusst. Dort kam die<br />

ganze Mannheimer Szene zusammen und feierte zu House und Breakbeats.<br />

Rund zwei Jahre später hatte ich meinen ersten DJ Gig. Und als<br />

ich vor sechs Jahren mit Gorge zusammen mein Label 8bit gegründet<br />

habe, ist natürlich auch das Thema Producing stärker in den Vordergrund<br />

gerückt.<br />

Was bedeutet der Albumtitel „Between The Lines“?<br />

Den Titel kann man gerne als Message an den Zuhörer verstehen: ‚Hört<br />

genau hin, lest zwischen den Zeilen’ – das ist meiner Meinung nach<br />

wichtig, um ein Album verstehen zu können. Außerdem präsentiert es<br />

eine andere Seite an mir – eben den Nick Curly, den man von Montag<br />

bis Freitag kennenlernen kann.<br />

To faze s.o. bedeutet, jemanden aufzuregen, zu stören.<br />

Wer oder was hat dich in den vergangenen Monaten aufgeregt<br />

oder gestört und warum?<br />

Vor negativen Erfahrungen ist man ja leider nie sicher. Spontan fällt mir<br />

jetzt ein Gig in Mexico Anfang des Jahres ein. Da hat ein Promoter einen<br />

Tag vor dem Gig abgesagt – mit mehr oder weniger fadenscheinigen<br />

Ausreden. Flug, Hotel etc. waren da natürlich schon gebucht! Das kann<br />

einen schon auf die Palme bringen, da ist man dann richtig gefazed!<br />

„Between The Lines“ erscheint am 16. März auf Cécille<br />

Records. Das komplette Interview findet ihr Ende März auf<br />

unserer Homepage.<br />

TOURDATES<br />

30.03. Airport, Würzburg<br />

31.03. Time Warp, Mannheim<br />

20.04. Hive, Zürich<br />

21.04. Klangwunder, Hamburg<br />

27.04. 8 Bit @ Reitschule, Bern<br />

11.05. Weetamix, Genf<br />

19.05. Die Rakete, Nürnberg<br />

www.facebook.com/nickcurlyofficial / www.nick-curly.de<br />

15


FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

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Ricardo Villalobos / „Facebook und Twitter machen unsere Kultur kaputt“<br />

„Facebook und Twitter machen<br />

unsere Kultur kaputt“<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

RICARDO<br />

VILLALOBOS<br />

Ricardo Villalobos gehört zu den außergewöhnlichsten<br />

Künstlern in der elektronischen Musikwelt.<br />

Als Soloproduzent schuf er große Hits wie<br />

epische, versponnene Stücke, die auch gerne<br />

mal polarisieren. Als DJ kennt man ihn für lange,<br />

ausschweifende Sets und Partys. Wer sich<br />

einmal näher mit dem Phänomen Ricardo auseinandergesetzt<br />

hat, etwa durch die wenigen,<br />

ausführlichen Interviews, die er der Musikpresse<br />

bisher gab, oder durch den Dokumentarfilm<br />

„Villalobos“, den Romuald Karmakar über ihn<br />

drehte, der trifft auf einen Menschen, der eine<br />

ganz eigene Meinung vertritt. Eine Meinung, die<br />

ihn von vielen seiner Kollegen unterscheidet. Im<br />

Gespräch mit FAZE wird dies erneut deutlich.<br />

Wie schwierig ist es für dich, mit dem ganzen<br />

Hype, der um deine Person herum entstanden<br />

ist, umzugehen?<br />

Er ist mein größter Feind. Es ist für mich so, dass ich<br />

Opfer meines Erfolges werde. Ich bekomme extrem viel<br />

Aufmerksamkeit, und es wird extrem zu viel von mir<br />

erwartet. Doch eigentlich geht es doch wirklich nur darum,<br />

gemeinsam eine schöne Party mit seinen Freunden<br />

zu feiern, kollektiv eine schöne Zeit zusammen zu verbringen.<br />

Und da bin ich nur ein Bestandteil der ganzen<br />

Sache. Doch dieses Feiern einer Person und diese spezielle<br />

Aufmerksamkeit und Verantwortung, die einem<br />

praktisch in die Schuhe geschoben wird, das ist wirklich<br />

mein größter Feind. Ich versuche daher mehr oder weniger,<br />

Methoden zu finden, das nicht mehr so an mich<br />

heranzulassen. Eben weil ich im Endeffekt einfach mit<br />

meinen Freunden eine schöne Party feiern und etwas<br />

zu deren Gelingen beitragen will. Ich bin genauso wichtig<br />

wie jeder einzelne Tänzer, wie der Türsteher oder der<br />

Typ, der die Boxen aufbaut. Und nichts anderes. Demgegenüber<br />

ist dieser ganze Hype natürlich oberkrass.<br />

Welche Vorurteile und Geschichten über dich, die in der Öffentlichkeit<br />

kursieren oder auf dich projiziert werden, nerven dich denn am meisten?<br />

Sachen, die in der Öffentlichkeit passieren, etwa im Internet, die lasse ich gar<br />

nicht an mich heran. Wenn sich etwa irgendwelche Gruppen von Leuten im Netz<br />

darüber auslassen, ob die Party jetzt gut oder schlecht war, setze ich mich nicht damit<br />

auseinander. Ich habe auch schon seit drei Jahren keine E-Mail-Adresse mehr,<br />

mache keine digitale Promotion. Das ist mir alles ein viel zu großes Diktat, dem ich<br />

mich nicht aussetzen will. Oder wenn ich auf Partys spiele und eine einzige Person<br />

mir versucht zu erklären, dass das, was ich mache, scheiße ist, kostet das extrem viel<br />

Energie, darüber hinweg zu kommen. Da brauche ich wirklich 20 bis 30 Minuten,<br />

um mich wieder zu sammeln. Man versucht ja, auf die Person einzugehen. Ein anderes<br />

Beispiel ist, wenn Leute Partys vergleichen. Man kann doch keine Party, keine<br />

Situation mit der anderen vergleichen. Menschen, die in ihrem Denken ihr Leben<br />

lang Dinge moralisch vergleichen, tun mir leid. Man kann keinen Sex vergleichen<br />

und man kann auch keine Party vergleichen. Es ist einfach ein Moment, zu dem<br />

sehr sehr viele Faktoren gehören, die entscheiden, ob eine Party gut wird oder nicht.<br />

Der Sound, die Mischung der Leute ... Und wenn man es mal nicht so macht, wie es<br />

jemand erwartet hat, bekommt man gleich die volle Breitseite. Und das ist manchmal<br />

schwierig zu verdauen. Doch auch damit lernt man umzugehen.<br />

Du hast ja schon erwähnt, dass du dich aus dem Internet heraushältst.<br />

Verfolgst du denn dann überhaupt die Entwicklung von Plattformen wie<br />

Facebook, die ja viele deiner Kollegen nutzen, und das meist auch zur<br />

Promotion?<br />

Jegliche Art von Promotion ist für mich der Anfang vom Ende. Wenn jemand<br />

die Selbstsucht hat, auf allen Medien präsent zu sein ... Doch für mich ist gerade bei<br />

Partys, die einzige Promotion, die dafür zuständig ist, die Party selbst. Der Moment.<br />

Die richtigen Platten dafür zu finden. Wenn man schon viele Jahre Platten kaufen<br />

geht, den Motor dafür hat, die richtigen auszusuchen und dann im Moment der<br />

Party entscheidet und etwas wichtiges beiträgt. Dazu gehört auch die Zeit vorher,<br />

der Aufwand, sich nur damit zu beschäftigen, Musik zu hören. Eine gute Party<br />

promotet sich selbst.<br />

Siehst du das genauso bezogen auf deine eigene Musik, oder die auf deinem<br />

Label Sei Es Drum, die oft ausschließlich auf Vinyl erscheint?<br />

Die Veröffentlichungen kommen daher auf Vinyl heraus – und das werden auch<br />

alle Traktor-DJs irgendwann merken – weil die Vergütung der durch das Internet<br />

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Ricardo Villalobos / „Facebook und Twitter machen unsere Kultur kaputt“<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

verkauften Musik eine Verarsche ist. Wenn man aber<br />

eine Platte herausbringt, verdient der Plattenladen mit<br />

daran, der Vertrieb, der Künstler ... Deswegen ist es so<br />

wichtig, diese Fahne hochzuhalten und ein originäres<br />

Produkt herzustellen, von dem man weiß: Okay, daran<br />

hat jeder, der daran teilnimmt, etwas verdient. Alles<br />

andere ist Betrug. Und es werden alle DJs irgendwann<br />

merken, dass unsere Szene sonst kaputt gehen wird. Im<br />

Endeffekt muss man eine Entscheidung treffen, welche<br />

Platte man spielt. Und wenn man weiß, man hat die<br />

Platte gekauft und der Musiker bekommt etwas dafür,<br />

gibt einem das ein viel besseres Gefühl, sie zu spielen.<br />

Dann ist man mit der ganzen Situation im Reinen.<br />

Wenn ich jetzt nur Digitalfiles spielen würde, käme ich<br />

mir vor wie ein Ausbeuter.<br />

Du meinst also, dass das Wertgefühl für Musik<br />

unbedingt wieder gesteigert werden muss?<br />

Ja. Und genau deswegen ist es Labels wie Perlon<br />

oder auch meinem so wichtig, physische Tonträger zu<br />

machen, an denen alle mitverdienen. Ich glaube aber<br />

auch, dass die Szene wieder merken wird, dass es nicht<br />

nur darum geht, irgendwelche Platten und Informationen<br />

im Internet zu bekommen, sondern darum, eine<br />

gesamte Kultur aufrecht zu erhalten.<br />

Spürst du denn schon eine Tendenz, dass es<br />

wieder besser wird?<br />

Im Moment ist der Aha-Effekt noch nicht vorhanden.<br />

Meine DJ-Kollegen haben noch nicht begriffen,<br />

dass die Misere von Kunst, Musik, Motivation und<br />

dem Faktor, von Musik leben zu können, in Zusammenhang<br />

steht mit der ganzen Szene. Das Bewusstsein<br />

dafür existiert derzeit noch nicht. Aber ich glaube,<br />

es kommt. Ich glaube auch, dass DJs, die Platten<br />

spielen, unterbewusst mehr Wertschätzung bekommen.<br />

Vielleicht geht es dann ja auch wieder weg aus<br />

dem Internet und den Social Communities - hin<br />

zu mehr zwischenmenschlichem Kontakt?<br />

Wie persönlich ist denn Internet? Es ist total unpersönlich!<br />

Es schreibt dir deine Interessen vor. Über Facebook<br />

haben die Polizei und die Behörden alle Informationen,<br />

wo welche Party stattfindet. Es ist so, als würdest<br />

du einen riesigen Big Brother in dein Haus lassen, der<br />

dann mit deiner Frau schlafen kann. Das ist Facebook.<br />

Es ist genau das, wovor George Orwell gewarnt hat.<br />

Mein Freund Zip (von Perlon), wurde nach Amerika<br />

gebucht. Als er im Flieger saß, hatten die Behörden<br />

schon herausgefunden, auf welcher Party er spielen wird.<br />

Die warteten dann am verdammten Flughafen auf ihn<br />

und fragten: Haben Sie eine Arbeitsgenehmigung? Und<br />

dann wurde er einfach wieder nach Hause geschickt.<br />

Geht’s eigentlich noch? Wenn man bei Facebook mitarbeitet,<br />

arbeitet man als Spion eines Spionagesystems.<br />

Und deswegen mache ich da nicht mit. Facebook und<br />

Twitter machen unsere Kultur kaputt. Die Kultur, die<br />

wir haben, ist der Moment, in dem wir etwas Gemeinsames<br />

erleben. Das ist es, worauf es ankommt. Alles<br />

andere ist scheiße. Ich möchte auch nicht wissen, ob<br />

jemand meinen Track oder mein Set gut oder schlecht<br />

fand. Wenn es einer nicht gut fand und er schreibt das<br />

im Internet, kann so eine subjektive Meinung zum<br />

Riesen werden, obwohl 300 andere es gut fanden. Das<br />

darf nicht sein. Aber das passiert, wenn Menschen nicht<br />

mehr persönlich miteinander reden. Entweder ist die<br />

Party gut, oder nicht. Es gibt nichts darüber zu sagen.<br />

Es geht nur um diesen Moment. Und deswegen möchte<br />

ich auch keinen Setmitschnitt von mir im Internet hören.<br />

Aber es geht dir doch auch um die Exklusivität mancher Stücke, wenn du<br />

dein Set nicht öffentlich verfügbar machst?<br />

Wenn ich im Studio Musik mache und denke: Okay, das kann man vielleicht<br />

als Platte herausbringen, dann lasse ich 300 Kopien davon machen, die gerade reichen,<br />

um sie meinen DJ-Kumpanen aus Frankfurt, Berlin usw. zu geben. Es wird<br />

einfach ausgetauscht. Die geben mir auch Stücke von sich. Die spielen die Tracks<br />

und können damit praktisch zu einer guten Party beitragen. Dann denkt man sich:<br />

Das kann ich veröffentlichen. Es geht einfach darum, alle Informationen für eine<br />

Party zu liefern. Natürlich kann keiner von 300 verkauften Platten leben. Aber es<br />

gibt Sachen, die trotzdem wichtig sind, sie rauszubringen, dann macht man 300<br />

Stück, oder eben nicht. Aber wenn diese Musik zu einem bestimmten Moment im<br />

Club läuft, dann hat sie ihren Soll erfüllt. Deswegen – und das machen wir schon<br />

seit vielen Jahren – kommen 99 Prozent der Tracks, die wir produzieren, nicht offiziell<br />

heraus. Sie werden aus einem bestimmten Gefühl heraus für eine emotionale<br />

Situation gemacht und wir tauschen sie dann untereinander. Darum gibt es bei Sei<br />

Es Drum auch keine Promos. Es reicht mir wenn ich die Sachen dem Raresh, dem<br />

Radu, dem Dorian Paic, der Vera und dem Zip gebe. Das ist die Promotion. Für die<br />

perfekte Party. Promotion generell ist der letzte Aufschrei, nach dem Motto: Hier bin<br />

ich, schaut mal ... Und da mache ich nicht mit.<br />

Für dich als etablierten Künstler ist es aber vielleicht einfacher, das so zu<br />

sehen, als für ein neues Label, das noch keiner kennt und das dann durch<br />

die Promos von vielen DJs positives Feedback bekommt. Es ist doch nicht<br />

verwerflich, wenn Musik, die gut ist, durch die Promo noch bekannter wird.<br />

Gute oder schlechte Musik gibt es nicht. Musik ist eine subjektiv wahrgenommene<br />

Sprache, die man entweder versteht oder nicht. Musik sucht sich, weil es<br />

eine Sprache ist, ihren Zuhörer. Und sie qualifiziert sich aus sich selbst heraus. Da<br />

braucht man keine Promotion. Die Luftmoleküle sind Promotion genug. Und die<br />

Gefühle, die beim Hören hervorgerufen werden oder nicht. Ab und zu muss man<br />

über Musik reden oder sie erklären. Das ist dein Job als Journalist. Wenn aber jemand<br />

ein neues Label startet, mit Musik, die niemanden etwas angeht, niemandem<br />

etwas generiert, dann kann man so viel Promotion machen wie man will. Wenn<br />

jemand 20.000 Flyer für eine Party drucken lässt, sagt das doch auch nichts über<br />

die Party selbst. Deshalb ist die Information, die von Mund zu Mund weitererzählt<br />

wird, eine viel bessere Werbung als so viele Flyer. Wer mit Promotion anfängt, der ist<br />

schon am Anfang vom Ende.<br />

Als Produzent bist du bekannt für epische Tracks und Remixe. Wäre denn<br />

das Format digitaler Tonträger nicht doch interessant, da nicht diese zeitliche<br />

Begrenzung wie bei CDs oder Vinyl herrscht?<br />

Ich finde, auf der Suche nach Musik braucht man einfach viel Zeit und sehr<br />

viel Aufwand und Interesse. Etwa in einen Laden zu gehen und genau diese Platte<br />

zu finden, von genau diesem Label und genau diesem Musiker, der seine Sache so<br />

gut macht. Das ist die Information, die ich brauche, um mich gut dabei zu fühlen,<br />

DJ zu sein. Bei den digitalen Releases wird Musik ja oft einfach so ins Netz gestellt,<br />

ohne einen Qualitätsfilter zu durchlaufen. Wenn man eine Platte kauft, dann haben<br />

schon fünf oder sechs Leute entschieden, dass sie gut und notwendig ist. Und darum<br />

geht es. Einfach nur Musik zu veröffentlichen, obwohl es keine Sau interessiert und<br />

ohne dass irgendwer Geld dafür bekommen wird, das ist der Tod unserer Szene.<br />

Und deswegen kämpfen Leute wie Zip oder ich für unsere Sache, und versuchen<br />

sie den Kiddies vorzuleben, und das werden wir auch die nächsten 20 Jahre tun.<br />

Wir werden niemals digital werden. Es ist eine Aufopferung für eine Sache, die wir<br />

auch leben. Und es ist an der Zeit, Farbe zu bekennen und zu sagen: Wir machen<br />

es so, denn sonst geht die ganze Szene flöten. Es sind ja auch die gleichen Werte, wie<br />

etwa einen Brief zu schreiben oder zu telefonieren, also Werte aus der Vor-Computer-<br />

Zeit, die es gilt, aufrecht zu erhalten. Das sind Werte, die sich über eine lange Zeit<br />

qualifiziert haben. Es kann nicht sein, dass man nur noch am Computer sitzt und<br />

solche Dinge verkümmern. Wir verkörpern daher auch den menschlichen Kontakt,<br />

das Kollektiv. Das gemeinsame Erleben. Auch Familie, Freunde oder meinetwegen<br />

auch Sportverein verkörpern solche Werte. Es geht darum, eine Basis zu finden, um<br />

gemeinsam etwas erleben zu können. Meine Freunde und ich machen das wirklich<br />

konsequent und werden es auch konsequent weitermachen.<br />

Wie schwierig ist es für dich, deinen Job als reisender DJ, sowie als jemand,<br />

der viel im Studio sitzt, mit deiner Rolle als Familienvater unter einen Hut<br />

zu bringen?<br />

18


Es ist schwierig, und man muss sich gut organisieren<br />

und die Aufgaben teilen. Meine Frau<br />

muss da mitziehen, und es ist natürlich wichtig,<br />

dass sie wertschätzt, was meine Arbeit ist.<br />

Wenn man den gemeinsamen Nenner gefunden<br />

hat, sagt man: Du kümmerst dich darum und<br />

ich mich hierum. Und dann geht das. Dann<br />

kann man Kinder haben, aber auch DJ sein.<br />

Heutztage gibt es ja auch viele andere<br />

DJs, die Väter sind ...<br />

Es ist ein extremer Aufwand und ein extremer<br />

Kampf. Aber man kommt durch, und ich bin<br />

das lebende Beispiel dafür, dass es geht. In den ersten<br />

Jahren ist es schwer zu organisieren und auch<br />

mit Missverständnissen verbunden, aber bei mir<br />

und meiner Familie hat es jetzt geklappt.<br />

Du wohnst schon viele Jahre in Berlin.<br />

Wie bewertest du denn die Veränderungen,<br />

die um dich herum passieren? Ist<br />

dir da viel Negatives aufgefallen in der<br />

letzten Zeit?<br />

Wir leben ja in einer Blase, die wirklich<br />

nicht relevant ist. Solange kein DJ-Terrorist<br />

von der CIA erschossen wird, ist unser Leben<br />

noch in Ordnung. Man muss ein paar Werte<br />

respektieren, aber dann kann das auch ewig<br />

so weitergehen. Ich sehe auch keinen Nachteil<br />

darin, etwa vor einem Publikum zu stehen,<br />

das keinen blassen Schimmer von rhythmischer<br />

Musik oder Tanzmusik hat. Man<br />

muss die Leute dann einfach mit den ersten<br />

drei, vier Platten überzeugen, dass man darauf<br />

tanzen kann auf der Party und zwar so<br />

lange wie möglich. Man sollte einfach glücklich<br />

sein, dass man diese Situation in den<br />

Clubs überhaupt noch haben darf. Das hat<br />

man sonst nur noch bei Rockkonzerten und<br />

Fußballspielen. Wir müssen einfach alle dazu<br />

beitragen, das Kollektiv, das Zusammensein zu<br />

kultivieren. Da muss jeder seinen Teil für leisten,<br />

egal ob alt oder jung.<br />

Du arbeitest regelmäßig mit vielen anderen Musikern und<br />

Produzenten zusammen. Gerade Berlin bietet auch dafür ja die<br />

ideale Umgebung ...<br />

Die ganzen Leute, die praktisch für diese Kultur kämpfen, die sind<br />

alle in Berlin. Wir treffen uns als Freunde in den Studios. Dann wird zusammen<br />

Musik aufgenommen und teilweise auch veröffentlicht. Wir versuchen,<br />

uns gegenseitig zu helfen. Es gibt genug Plattformen hier, und es ist auf<br />

jeden Fall ein Schlaraffenland. Die Mieten für Studios und Proberäume sind<br />

billig, und es ist die Stadt mit den meisten Clubs der Welt. Es geht hier aber nicht<br />

darum, große Massen zu befriedigen, sondern darum, spezialisierte Situationen<br />

gemeinsam zu erleben. Da ist Berlin ganz vorne. Mit den speziellen Regeln, die es<br />

gibt. Keine Sperrstunde, viele Möglichkeiten. Man merkt schon, das es allgemein in<br />

eine andere Richtung geht. Aber die Restriktion hat in Berlin bisher nicht gegriffen.<br />

Etwa das Rauchverbot, das vier Monate durchgesetzt wurde, dann war es schon wieder<br />

gegessen. Denn die Berliner lassen sich ihre Gewohnheiten, die zu dieser ganzen Kultur<br />

gehören, nicht nehmen. Doch man spürt schon den kalten Wind.<br />

Die Stadt Berlin begreift ja erst sehr langsam, wie viel die ganzen Clubkultur<br />

und die Partytouristen dem Image und den Kassen der Stadt bringen ...<br />

Ja, in Berlin gibt es das eben alles noch. Und die Leute haben immer noch<br />

die Moral, einander zu helfen. Da werden eben keine Wucherpreise gemacht.<br />

Und es gibt jenen Partyanarchismus, der entsteht, wenn man eine gute Party<br />

hat. Wo die Regeln außer Kraft gesetzt werden und wo unterbewusst<br />

einfach mitgemacht wird. Wo man aus dem Bauch heraus sagt: Hier<br />

19


Ricardo Villalobos / „Facebook und Twitter machen unsere Kultur kaputt“<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

will ich bleiben und mit den anderen Leuten tanzen,<br />

etwas Gemeinsames erleben. Das ist das, was wir<br />

kultivieren müssen. In Berlin existiert es noch, aber<br />

wir müssen anfangen, uns zu wehren. Und da gibt es<br />

ein paar schlaue Leute, die sich mit den Regeln auskennen.<br />

Da gibt es Türsteher, die nicht allzu brutal<br />

und elitär sind. Und es gibt Leute, die sagen: Okay<br />

wir müssen nicht so viel Geld verdienen, wir lieben<br />

die Musik und die Situation, wir machen das. So<br />

entstehen dann viele kleine Clubs, in die 150 bis 200 Leute passen, wo nicht zu<br />

viel riskiert wird. Man muss einfach einen Weg finden, sich mit den Behörden<br />

zu verständigen. Das ist wichtig. Obwohl natürlich der Tanz und das, was wir<br />

machen, politisch relevant ist, aber nicht als politisch-relevant definiert wird.<br />

Denn wenn wir damit anfangen, haben wir ein Problem. Wenn man dann von<br />

Anarchismus redet, wird man direkt in die linke Ecke gesteckt. Solange es aber<br />

keinen DJ Bin Laden gibt, werden wir unser Ding hier machen können. Aber<br />

man muss sich schlau verhalten und mit den richtigen Leuten zusammenarbeiten,<br />

die einen schützen. Und sei es der Türsteher, der einen davor schützt, dass<br />

komische Leute in den Club kommen.<br />

Inwieweit hat sich denn dein Leben in Berlin auf deine Arbeit als Musiker<br />

und deinen Sound ausgewirkt?<br />

Es ist wunderschön. Wir haben Kollektivstudios. Wir unterstützen uns<br />

gegenseitig. Und damit geht die Musik schon durch den ersten Qualitätsfilter.<br />

Da kann man schon bestimmte Sachen ausprobieren und sich vorspielen.<br />

Man gibt Stücke an Freunde und schaut, wie sich diese Stücke<br />

bewähren. Das gemeinsame Produzieren und Arbeiten ist etwas, das<br />

man probieren muss. Es ist wie im Sportverein. Aber statt nachmittags<br />

Fußball zu spielen, trifft man sich, um Musik zu machen.<br />

Würdest du auch sagen, dass du dadurch mehr zum Musiker<br />

wurdest, der Jam-Sessions macht?<br />

Ja. Wir setzen uns in den Studios zusammen und machen einfach<br />

drauf los. Und alle, die im Studio sind, machen mit. Da kann<br />

auch jemand kommen, der gar keine Ahnung vom Produzieren hat,<br />

der dabei sitzt. Der wird dann einfach auch beteiligt. So machen wir<br />

das. Wir werfen die Egos komplett über Bord und legen alles in eine<br />

gemeinsame Waagschale. Einfach aufnehmen und jammen. Ohne große<br />

Arrangements. Am Ende wird dann zusammenengeschnitten.<br />

Bei deinem Soloproduktionen bist du ja bekannt dafür, auf<br />

der einen Seite vertracktere Stücke zu machen, auf der<br />

anderen Seite die offensichtlicheren Tracks, wie<br />

„MDMA“, „Easy Lee“, „Enfants“, die dann zu Hits<br />

wurden. Verwirfst du oft Ideen, wenn dir etwas<br />

zu offensichtlich oder zu introvertiert erscheint?<br />

Ich denke, Musik sucht sich ihren Weg. Sie ist ein<br />

Teil von Kunst und Kunst muss notwendig sein. Wenn es<br />

nur für dich selbst notwendig ist, ist es keine Kunst. Daher<br />

kann es passieren, dass man sagt: Das ist zwar jetzt<br />

ein Superstück, aber es ist jetzt nicht so offensichtlich.<br />

Ab und zu entsteht auch ein danciges, offensichtliches<br />

Stück und man bringt es heraus, weil es einfach danach<br />

schreit, herausgebracht zu werden. Es gibt aber auch<br />

ein Level von Clubmusik, die nicht den Tanzzwang hat.<br />

Dazu kann man dann tanzen, muss es aber nicht, sondern<br />

man genießt einfach beim Hören die Party. Wichtig<br />

ist, nicht immer auf die offensichtlichste Art Musik zu<br />

machen, nur um dabei zu bleiben. Über die Jahre gelangt<br />

man dann in eine Position, wo man erkennt: Das sind total<br />

abgefahrene Frequenzen, die die Leute dazu zwingen,<br />

sich endlich mal eine bessere Anlage zu kaufen. Es geht<br />

bei Clubmusik nicht nur um die direkte Message, sondern<br />

auch um Sachen, die im Hintergrund laufen. Frequenzen,<br />

die einen stimulieren und einem ein gewisses Gefühl geben.<br />

Das ist auch Bestandteil unserer Clubkultur. Darum ist es<br />

bei meiner Musik mal so, mal so. Wie es eben gerade herauskommt.<br />

Die Musik auf Sei Es Drum zum Beispiel ist einfach<br />

Musik, die herauskommen muss. Deshalb auch der Titel Sei<br />

es drum. Man denkt nicht darüber nach, sondern die Releases<br />

haben sich von sich aus schon dazu qualifiziert, veröffentlicht zu<br />

werden. Das ist das Schöne daran. Aber man muss immer eine<br />

Notwendigkeit sehen. Als DJ muss man notwendig sein. In der Gesellschaft<br />

muss man einen Platz finden, an dem man sich nützlich<br />

machen kann. Ich höre Musik, was ein großer Teil meiner Arbeit<br />

ist. Andere gehen ins Kino. /<br />

Benedikt Schmidt<br />

Pictures by Daniel Wöller Photography /<br />

Taken from Cocoon Heroes Campaign 2011<br />

20


7<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012


DJ Hell / Electronic Music Megastar<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Keine Frage, Helmut Geier aka DJ Hell gehört zu den wohl wichtigsten<br />

Vertretern elektronischer Musik, die Deutschland zu bieten<br />

hat. Seit jeher hat er ein ganz besonderes Standing in der<br />

hiesigen aber auch der internationalen Szene. Er wirkt nicht nur<br />

in Verbindung mit seinem Label Gigolo Records stets wie der<br />

Gentleman des Nightlifes. Immer scheint es ein wenig so, als sei<br />

er durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Doch gibt es durchaus<br />

Dinge, die auch einen Hell nicht kalt lassen, und über diese,<br />

sowie sein Pläne für 2012 und seinen Lieblingsverein FC Bayern<br />

München haben wir mit ihm anlässlich der Erstellung der ersten<br />

FAZE-Download-Mixcompilation gesprochen.<br />

2011 sind die „Teufelswerk House Remixes“ erschienen. Was hat<br />

dich zu dieser Idee veranlasst – zwei Jahre nach der Veröffentlichung<br />

des ursprünglichen Albums?<br />

Hell: Als DJ spiele ich ja bereits seit 1985 House Music, als Produzent<br />

bearbeite ich dieses Feld nun seit 1992 mit meiner ersten Single auf R&S<br />

Records, „My Definiton Of House“, und mit dem House-Remixen findet<br />

das Thema nun seine Neubearbeitung. Es ist seit Jahren kein großes<br />

Geheimnis mehr, dass in diesem Bereich die höchste Innovationsdichte<br />

liegt, und meine aktuellen Sets bestehen zu 80 Prozent aus alter und<br />

neuer House Music. Auf dem Album sind die mir zur Zeit am wichtigsten<br />

erscheinenden Protagonisten vereint, und es wird auch noch ein zweites<br />

und drittes Teufelswerk-House-Remix-Album geben in diesem Jahr.<br />

DJ<br />

HELL<br />

Electronic<br />

Music<br />

Megastar<br />

Du bist inzwischen seit weit mehr als 20 Jahren dabei und hast<br />

zahlreiche Strömungen und Entwicklungen auf dem Musikmarkt<br />

miterlebt. Was waren für dich die Einschneidensten der letzten<br />

Jahre?<br />

Als Erfinder und Namensgeber des sogenannten Electroclash darf ich<br />

das Thema wohl ruhig nochmal nach vorne stellen. Viele der Gigolo-<br />

Künstler der ersten Jahre sind ja bekanntlich „Electronic Music Superstars“<br />

geworden. Leider hast du hier einfach mal zwölf Jahre meines Auflegens,<br />

also hinter den wheels of steel – unterschlagen. Angefangen hat<br />

alles bei mir mit Punk, New Wave und der Neuen Deutschen Welle 1980<br />

als DJ. Entscheidend für mich und Gigolo waren die Rückbesinnung und<br />

Neu- oder Weiterentwicklung des Sound of Detroit und natürlich der modernen<br />

Form aller Arten von House und Techno Music. Im Moment sind<br />

überraschenderweise wieder deutliche inhaltliche Anzeichen in Richtung<br />

früher Gigolo-Releases zu vernehmen. Ein paar Beispiele wären Johnny<br />

Dangerous oder Dopplereffekt, Mount Sims oder Vitalic, Scottt Ferguson<br />

oder Bobby Konders. Aber auch Numbers of Names oder die ersten Puff<br />

Daddy-Releases auf Gigolo Records sind soundtechnisch wieder hochaktuell.<br />

Wenn du auf das Jahr 2011 zurückblickst … hast du es in positiver<br />

Erinnerung? Und was sind die Dinge, Geschehnisse oder auch<br />

Künstler, Releases, die dir aus diesem Jahr in Erinnerung bleiben<br />

werden?<br />

Der Höhepunkt war sicher meine Aftershow-Party zum Kraftwerk-<br />

Konzert in München nach der Eröffnung ihrer 3D-Videoinstallation im<br />

Lehnbachhaus. Es gab außerdem eine Flut hochkarätiger Releases, und<br />

da ich ja noch Platten, also Vinyl, kaufe, bin ich schon jede Woche intensiv<br />

damit beschäftigt, hier auf dem neuesten Stand zu bleiben. Seth Troxler<br />

oder Jamie Jones sind in den DJ-Olymp aufgenommen worden, und<br />

Labels wie Crosstown Rebel, Innervision, Hot Creation, Get Physical<br />

oder Pampa hatten schon ein großes Hitpotential in allen Clubs weltweit.<br />

Lana del Ray hat mit „Video Games“ das Jahr wohl gebührend abgeschlossen.<br />

Und was auffällt ist, dass viele DJs versuchen, sich jetzt auch<br />

visuell mitzuteilen und immer mehr Wert auf ein visuelles Gesamtkunstwerk<br />

in Form von LED-Wänden oder eigens produzierte Videos legen. So<br />

mutiert das alles live immer mehr zu einem Gesamtereignis. Wir waren<br />

ja immer dafür, dass das Auflegen mit dem Laptop eine gesonderte Variante<br />

im DJ-Zirkus sein sollte, also auch eine andere Bezeichnung dafür<br />

verwendet werden müsste.<br />

Du hast schon in München, in Berlin und in New York gelebt. Welche<br />

Metropole gibt dir persönlich am meisten?<br />

22


DJ Hell / Electronic Music Megastar<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

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DJ Hell / Electronic Music Megastar<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Foto: Judith Triebel / RICO @ IZAIO models<br />

Berlin und München waren immer schon mein Lebenselexier.<br />

Beide Städte sind zu meiner Heimat geworden. Berlin<br />

bespiele ich als DJ seit 1991, das heißt mehr als 20 Jahre<br />

Nachtleben Berlin wurden musikalisch untermalt und weiter<br />

entwickelt. Die Anfänge waren im Tresor, im Planet und weiter<br />

im E-Werk und dem legendären WMF mit den Gigolo Nights<br />

zur Loveparade – bis hin zum Picknick Club oder aktuell dem<br />

Weekend. New York hat seine magische Anziehungskraft über<br />

die Jahre nie verloren. Ich durfte ja in den 90er-Jahren im<br />

legendären Limelight, einer umgebauten Kirche, als Resident<br />

DJ auflegen. Tunnel oder Palladium gab es in der Zeit ja auch<br />

noch. Oder das Save The Robot und das legendäre GBGBs. In<br />

all diesen Clubs war ich noch als DJ gebucht, habe dort meine<br />

Erfahrungen gesammelt und mich weiter entwickelt. Als Nummer<br />

drei und vier in der Liste der spektakulärsten Städte darf<br />

man Rio und Tokio nicht vergessen. Die magische Anziehungskraft<br />

ist auch hier ungebrochen.<br />

Du bist einer der wenigen Künstler, die elektronische Musik<br />

in all ihren Genres ausleben, ohne sich dabei zu verkaufen<br />

oder sich den Vorwurf gefallen lassen zu müssen,<br />

zu wechselhaft zu sein. Wie wichtig ist dir die diese Freiheit?<br />

Und wie forcierst du sie?<br />

Es ging nie um große Verkaufszahlen oder ähnliches. Im<br />

Vordergrund stand immer eine Weiterentwicklung der Tanzmusik<br />

– oder der deutsche Forschergedanke. Das war schon in<br />

den 60er/70er-Jahren bei den deutschen Electronic Music-Pionieren<br />

nicht anders. Hierzulande ging es immer mehr um das<br />

Experimentieren. Elektronische Musik-Avantgarde hat hier<br />

Tradition. Eine Wiederholung bestehender Formeln des aktuellen<br />

Musikgeschehens war immer verboten bzw. unerwünscht.<br />

Es war mal wieder Fashionweek. Welche Shows hast du<br />

dir angesehen? Was hat dir warum besonders gefallen?<br />

Worauf lohnt es sich, sein Augenmerk zu legen?<br />

Die letzten drei Jahre habe ich für Michalskys Stylenight<br />

die Musik und die Aftershow-Partys produziert. Jetzt bin ich<br />

bei Patrick Mohr gelandet, den ich persönlich sehr schätze und<br />

dessen Shirts von mir den ganzen Sommer über beim Auflegen in<br />

den Clubs getragen wurden. Ich war zum ersten Mal auf der Premium<br />

Messe und werde da auf jeden Fall im Sommer wieder dabei<br />

sein. Die Seek ist eine Messe für neue, frische, ungewöhnliche<br />

noch nicht etablierte Desinger, die man auf alle Fälle nicht verpassen<br />

darf. Die Aftershow-Party im Cookies von Patrick Mohr<br />

war wohl mein persönliches Highlight zur Fashionweek, da Rick<br />

Genest und Natalia Avelon meinem Ruf gefolgt sind und sich als<br />

DJs an die Plattenspieler … sorry … Laptops wagten.<br />

Was macht für dich als Musiker ein Event wie die Fashionweek<br />

aus? Werden dort auch Kontakte für spätere Kollaborationen<br />

im Rahmen der Untermalung von Shows etc.<br />

geknüpft?<br />

Kontakte werden sicherlich auf solchen Veranstaltungen gemacht.<br />

Ich werde zum Beispiel mit einem österreichischen Brillendesinger<br />

eine Brillenkollketion entwerfen. Es gibt sogar Konzepte<br />

aus dem Hause Gigolo, die deutschen Desinger, die sich<br />

24


DJ Hell / Electronic Music Megastar<br />

bisher nicht in Berlin gezeigt haben, zu<br />

motivieren und das Ganze mit der Clubkultur<br />

und der Kunst- und Theaterstadt<br />

Berlin zu verknüpfen.<br />

Immer mehr DJs machen sich ja auch<br />

als Designer eigener Kollektionen<br />

verdingt. Ellen Allien ist nur eine von<br />

ihnen, und auch Gigolo war schon<br />

früh dabei. Was gibt es aktuell von dir<br />

bzw. bei Gigolo auf dem Fashionsektor?<br />

Kollektionen von T-Shirts machen<br />

wir seit 15 Jahren im Hause Gigolo. Es<br />

gab sogar zum 100. Release eine Slip-<br />

Kooperation zwischen Agent Provocateur<br />

und Gigolo. Später gab es Herrenunterwäsche<br />

von Hell&Wendy&Jim.<br />

Aktuell haben wir T-Shirts von Patrick<br />

Mohr & Hell. Eine Sneakers Collection<br />

soll im Sommer kommen – limitiert, da<br />

jedes Paar einzeln bemalt und besprüht<br />

wird. Im Grunde hat jeder DJ auf Ibiza<br />

seine eigene T-Shirt- und Baseballkappen-<br />

oder Badehandtuchkollektion, so<br />

dass auch dieses Thema ein wenig inflationär<br />

und überflüssig erscheint.<br />

Du bist längst nicht mehr nur Thema<br />

in Musikzeitschriften, sondern immer<br />

wieder auch in Lifestyle- und Modemagazinen.<br />

Wo fühlst du dich am besten<br />

aufgehoben?<br />

Mitten im Leben. Kunst, Mode und<br />

Musik sind nach wie vor die Säulen, auf die<br />

sich alles in meiner Welt stützt. Das eine befruchtet<br />

das andere und gibt Antworten auf<br />

wichtige Fragen.<br />

Fußball ist für dich auch ein wichtiges<br />

Thema in deinem Leben. Nun geht<br />

Marco Reus zurück zum BVB statt zu<br />

den Bayern … Ist diese Entscheidung<br />

etwas, dass dich als eingefleischter<br />

FC Bayern-Fan tangiert hat?<br />

Wir haben das registriert, aber der<br />

FC Bayern ist gut augestellt auf allen<br />

Positionen. Was wir brauchen, ist Verstärkung<br />

im defensiven Bereich. Marco<br />

Reus ist ein Dortmunder Junge, und ich<br />

habe vollstes Verständnis für seine Wahl.<br />

Zu den Bayern kann er immer noch kommen<br />

– nach der WM 2014 in Brasilien.<br />

Wer wird deiner ehrlichen Einschätzung<br />

nach Deutscher Meister 2012?<br />

Hat der BVB noch mal eine reelle<br />

Chance oder haben die Bayern so zur<br />

alten Form zurückgefunden, dass es<br />

an denen kein Vorbeikommen gibt?<br />

Schalke darf man nicht vergessen,<br />

oder Gladbach könnte oben bei den<br />

Top 3 mitmischen. Klopp ist ein herausragender<br />

Motivator, und seine Umgansformen<br />

sprechen alle jungen Spieler an.<br />

Er hat immer Lösungen zu allen Themen,<br />

und ich denke, der BVB kann es<br />

wieder schaffen. Wir wollen ins Champions<br />

League-Endspiel in München am<br />

19. Mai. Das hat Priorität und wäre das<br />

absolute Highlight für den FC Bayern<br />

München 2012.<br />

Du erstellst den ersten Mix für die<br />

erste Ausgabe von Faze. Mit welchem<br />

Anpruch gehst du an die Produktion<br />

heran, was kann der Leser erwarten?<br />

Mein Anspruch ist immer, die beste<br />

Compilation aus dieser Serie zu erstellen.<br />

Im Großen und Ganzen wird es eine Mischung<br />

aus alten Klassikern, unreleastem<br />

Hell-Material und neuer House Music.<br />

Was können wir 2012 sonst noch von<br />

dir erwarten? Arbeitest du vielleicht<br />

schon an einem neuen Artistalbum?<br />

Die Arbeit am neuen Album ist fast<br />

abgeschlossen, und es wird noch diese<br />

Jahr als free Download zur Verfügung<br />

stehen. Eine große Tour durch Europa<br />

mit neuer visueller Umsetzung soll das<br />

Thema begleiten. “CD 13”-Compilation<br />

von Gigolo ist fertig und wird jetzt<br />

releast. Nadja Michael ist ein neues Projekt,<br />

an dem ich gerade arbeite. Nadja ist<br />

sehr erfolgreich in der klassischen Musik<br />

und tritt in allen renommierten Opernhäusern<br />

dieser Welt auf. Danach wird<br />

es eine Kooperation mit Natalia Avelon<br />

geben.<br />

Wie sehen deine Pläne hinsichtlich<br />

des DJings aus? Bist du derzeit und<br />

zukünftig mehr im Ausland unterwegs<br />

oder steht auch Deutschland im großen<br />

Rahmen auf deinem Tourplan?<br />

Deutschland ist nach wie vor der Motor<br />

elektronischer Musik weltweit. Hier<br />

werde ich über das Jahr verteilt über<br />

50 Shows spielen. Nächste Woche geht<br />

es nach Brasilien und für einen kleinen<br />

Abstecher nach San Fransisco und zu<br />

meiner großen Liebe New York City. /<br />

Nicole Ankelmann<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

IN THE MIX <strong>001</strong><br />

DJ HELL<br />

Um den Mix herunterladen<br />

zu können, besuche die<br />

FAZE-Webseite unter<br />

www.fazemag.de/mix<br />

Dein persönlicher<br />

Download-Code:<br />

205811482903<br />

Gültig vom 01.03. bis 31.03.2012<br />

Foto: Robert Grischeck<br />

25


M.in / Eine Frage des guten Geschmacks<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

M.IN<br />

Eine Frage des guten Geschmacks<br />

Der Frankfurter DJ und Produzent Markus Ferdinand<br />

ist schon lange kein Unbekannter mehr in der hiesigen<br />

House- und Technoszene. Seine Releases erscheinen auf<br />

Labels wie Desolat, Get Physical Music oder Trapez. Anfang<br />

März veröffentlicht Markus aka M.in gemeinsam mit<br />

Chriss Vogt das Debütalbum „A Matter Of Taste“ beim<br />

Kölner Label Yellow Tail Records.<br />

Dass Markus überhaupt zur elektronischen Musik gefunden<br />

hat, ist seinem Bruder geschuldet, der ihn seinerzeit<br />

zum DJing brachte. „Die Platten häuften sich zu Hause,<br />

und Artists, wie z. B. DJ Tonka, Ian Pooley, Armand van Helden<br />

oder DJ Sneak wurden zu meinen Helden.“ Da ließen<br />

auch die ersten eigenen Partys nicht lange auf sich warten.<br />

„Die organisierte ich mit 15 Jahren, und mit 19 spielte ich<br />

dann das erste Mal regelmäßig in Clubs. So machte ich das<br />

Basement in Wiesbaden zu meiner Homebase.“ Und wie das<br />

DJ-Leben bekanntermaßen so spielt, waren erste Produktionen<br />

die logische Schlussfolgerung. „Meinen ersten Track<br />

hatte ich 2004 auf einer Compilation des Labels Semi Automatic.<br />

2007 gründete ich mit einem guten Freund unser eigenes<br />

Imprint Kaufe Musik, und vor drei Jahren startete ich mein<br />

Soloprojekt M.in.“ So viel zu den Anfängen, doch warumkam<br />

es zur Kooperation mit Yellow Tail für das Debüt?<br />

„Weil ich mich da einfach wohlfühle, weil das Label sehr offen<br />

für verschiedene Styles ist. Es ist schwer, ein gutes Label zu<br />

finden, bei dem man mehr als nur einen Stil veröffentlichen<br />

kann. Da ich auch mit der Labelchefin sehr gut befreundet bin<br />

und wir uns gegenseitig die Bälle zuspielen, war es für mich<br />

die beste Wahl. Ich werde in Zukunft regelmäßig auf Yellow<br />

Tail releasen“, verspricht Markus schon jetzt. Und darauf<br />

lässt sich freuen, denn seine Herangehensweise macht das<br />

Hören seiner Produktionen im Ergebnis lohneswert. „Der<br />

Anspruch beim Produzieren des Albums war, meine eigenen<br />

Schwächen zu überwinden, eine Geschichte damit zu erzählen<br />

und über mich hinaus zu wachsen. Es gibt sicherlich drei bis<br />

vier Tracks, die nach dem typischen M.in-Style klingen. Aber<br />

ich bin ganz anders an das Album herangegangen, was auch<br />

an der Arbeit mit Chriss Vogt liegt. Man kann es super gut<br />

zuhause, im Auto oder auch als WarmUp für die bevorstehende<br />

Clubnacht hören.“ Apropos Chriss Vogt … „Chriss ist<br />

ein alter Bekannter, von dem ich schon lange weiß, dass er<br />

ein ‚Klavierwunderkind‘ ist, aber bisher haben wir nur zusammen<br />

aufgelegt. Da mein Studio nicht dazu geeignet war,<br />

andere Musiker einzuladen, kam es früher nie zu einer Zusammenarbeit.<br />

Aber mit Beginn der Albumproduktion kaufte<br />

ich mir auch das fehlende Equipment und lud Chriss für eine<br />

Session ein. Geplant war erst mal nur ein gemeinsamer Track,<br />

aber nach der Session fragte ich ihn, ob er mir nicht gleich<br />

beim ganzen Album helfen wolle. Mittlerweile ist unser Workflow<br />

schon so sehr aufeinander eingespielt, dass wir bald ein<br />

gemeinsames Projekt starten wollen.“ / Wollion Korfanty<br />

www.facebook.com/M.in.fanpage / www.blu-fin.com<br />

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Dapayk & Padberg / Ein eingespieltes Team par excellence<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

DAPAYK & PADBERG<br />

Ein eingespieltes Team par excellence<br />

Was lange währt, wird endlich gut. So abgedroschen dieser<br />

Spruch in manchen Situationen klingt, so treffsicher erweist<br />

er sich im Falle von Niklas Worgt und Eva Padberg – in der<br />

Szene besser bekannt als Dapayk & Padberg. Auf Niklas‘ Label<br />

Mo‘s Ferry Prod. veröffentlicht das Paar bereits seit 2003<br />

gemeinsamen Produktionen.<br />

Neben den beiden Alben „Close Up“ und „Black Beauty“<br />

sowie einigen EPs schaffte es das Duo 2006 auch vor den Traualtar.<br />

Zu diesem Zeitpunkt war das Model, das sich ebenfalls<br />

als Sängerin, Songschreiberin, Moderatorin und Schauspielerin<br />

einen Namen machte, bereits seit zehn Jahren mit Worgt zusammen.<br />

Am 17. Februar gesellten sich die beiden nun mit ihrem<br />

dritten Longplayer „Sweet Nothings“ zur großen Berliner Stil<br />

vor Talent-Familie. Die Arbeit an diesem Album dauerte ganze<br />

zwei Jahre an und fand dabei an Ortschaften wie Bali, Miami,<br />

Los Angeles, Berlin oder gar den Alpen statt. Was sich im Gegensatz<br />

zu den vorigen Veröffentlichungen verändert hat? „Zum<br />

einen wir. Denn wir sind vier Jahre älter und haben in dieser Zeit<br />

enorme Einflüsse aufgenommen. Ich denke, das hört man sehr. Die<br />

Tracks sind songlastiger und hörbarer geworden. Das letzte Album<br />

stand einfach noch stärker im Zeichen des Minimals. Wir haben immer,<br />

egal wo wir sind, ein kleines Studio-Set-Up dabei. Ich würde<br />

behaupten, dass man je nach Ort und Kultur eine gewisse Grundstimmung<br />

erzeugt, die sich dann sicherlich hörbar macht. Es herrscht eine<br />

andere Ruhe, die wir daheim nicht herstellen können. So ist von den<br />

auf dem Album enthaltenen zwölf Stücken nur eins im Berliner Studio<br />

entstanden. Unsere Inspiration dazu entnehmen wir vielen Dingen.<br />

Dies kann Liebe, Schönheit, Lust, Isolation, das Erwachsenwerden<br />

oder jegliche andere Emotion sein. Das paaren wir dann mit unserer<br />

persönlichen Sicht der Clubkultur, unserem musikalischen Zuhause.<br />

Unser Anspruch ist es dabei immer, sich fallen zu lassen und in eine<br />

andere Welt eintauchen zu können.“ erklärt Eva. Diesen Anspruch<br />

verfolgt Niklas auch bei seinen Solo-Produktionen, mit denen er<br />

ebenfalls äußerst erfolgreich unterwegs ist. „Der Unterschied zur<br />

Arbeit mit Eva ist gar nicht so groß wie viele denken. Solo geht vieles<br />

natürlich schneller, da man völlig auf sich gestellt ist und Eva durch<br />

ihre vielen Jobs sehr oft unterwegs ist. Ich übernehme traditionell den<br />

technischen Part, Eva den der Texterin und Sängerin.“ – „Wir haben<br />

mal versucht, das Ganze umzudrehen, aber recht schnell festgestellt,<br />

dass dies wenig Aussicht auf Erfolg hat,“ fügt Eva lachend hinzu.<br />

Generell ist die 32-Jährige auch abseits der Musik auf einen<br />

geregelten Arbeitsablauf und ein enormes Organisationstalent<br />

angewiesen. Denn neben ihrer eigenen Modelkarriere sucht sie<br />

seit geraumer Zeit mit Kollegin Karolina Kurkova beim Fernsehsender<br />

VOX jeden Dienstag „Das perfekte Model“. „Sicher<br />

ist es oft sehr stressig. Aber man kann das ganz gut timen. Wir wussten<br />

schon lange im Voraus, wann das Album fertig sein soll, und auch die<br />

Drehtage für die Sendung stehen schon lange fest. Ich muss mich nur<br />

ein bisschen organisieren, dann klappt das schon.“ Zum Zeitpunkt<br />

des Interviews befanden sich die beiden in Australien. Am 18.<br />

Februar fand ihre Album-Release-Party im Berliner Weekend<br />

statt. Seit dem läuft die bis in den Sommer andauernde Tour zu<br />

„Sweet Nothings“. /<br />

Rafael Da Cruz<br />

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Oliver Koletzki / Selbstverwirklichung<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

OLIVER KOLETZKI<br />

Selbstverwirklichung<br />

Berlin ist Dreh- und Angelpunkt der elektronischen Musikszene Deutschlands.<br />

Oliver Koletzki ist aus dieser Szene und auch aus Berlin nicht<br />

mehr wegzudenken. Am 9. März veröffentlicht er sein neues Album<br />

„Großstadtmärchen 2“ auf dem eigenen Label Stil vor Talent, und<br />

nachdem schon der Vorgänger ein riesiger Erfolg war, dürfen wir<br />

jetzt gespannt sein, was uns mit seinem neuen Werk erwartet.<br />

„Großstadtmärchen“, das Koletzki 2009 releaste, präsentierte<br />

bereits eine starke Veränderung in Olivers Musik. Er verabschiedete<br />

sich von dem sturen Techno und experimentierte mit Gesang<br />

und instrumentaler Musik. Auch das neue Album verfolgt diese<br />

Richtung weiter. Oliver selbst hat aus seiner Leidenschaft für<br />

Vocals nie einen Hehl gemacht, machen die Musik für ihn doch<br />

interessanter. Aus eben diesem Grund waren auch diesmal bei<br />

der Produktion wieder zahlreiche Gesangstalente zugegen. „Als<br />

kleiner Junge habe ich stundenlang die Platten meines Vaters gehört:<br />

Beatles, Abba und Elton John. Außerdem bin ich ein Kind der 80er.<br />

Danach habe ich viele Jahre in Bands gespielt, die immer einen<br />

Sänger hatten“, erklärt er selbst seine Liebe zu gesungenen musikalischen<br />

Inhalten. Die Förderung junger Talente wurde bei<br />

Stil vor Talent von Anfang an großgeschrieben. Und so kam es,<br />

dass auch Björn Störig ans Mikro gebeten wurde. Und siehe<br />

da: Er sollte dies wirklich öfter tun, kann sich das Ergebnis<br />

doch wahrlich hören lassen. Koletzki fordert nicht nur sich<br />

selbst, sondern auch andere Künstler, einen eigenen Weg<br />

zu gehen. „Selbstverwirklichung, egal ob finanziell erfolgreich<br />

oder nicht, ist der Weg zum persönlichen Glück“, weiß er. Persönliches<br />

Glück empfindet Oliver zum Beispiel bei seinem<br />

Lieblingsstück des neues Albums, „Boy Got Soul“: „Ich<br />

mag den soulig-discoiden Sound dieses Stücks. Der ganze Track<br />

ist sehr relaxt, und man kann ihn wunderbar im Frühling auf<br />

der Decke im Park hören.“ Erneut bereichert auch Olivers<br />

Frau Fran die Platte mit ihrem Gesang. „Fran ist eine große<br />

Inspiration für mich. Ihr Wesen und ihr Aussehen. Ich könnte tausende<br />

Lieder nur für und über sie schreiben. Bei diesem Album sind<br />

aber auch ganz alltägliche Dinge, Wochenenderlebnisse, Reisen oder<br />

die Stadt Berlin Inspirationsquellen gewesen.“<br />

Ebenso abwechslungsreich wie das neue Album gestaltet<br />

sich Olivers Leben insgesamt. Der eigentliche DJ gründete<br />

2009 die Band The Koletzkis und ist seitdem nicht mehr nur<br />

solo an den Decks, sondern mit kompletter Live-Band auf Tour<br />

anzutreffen. „Ich liebe es, beides machen zu können. Als DJs kann<br />

ich tolle Housetracks anderer Künstler auflegen, und mit der Band<br />

tragen wir meine eigenen Stücke live vor. Das ist ein Segen und die<br />

Abwechslung, die ich brauche.“ Doch so ein Leben als DJ birgt in<br />

sich auch Nachteile, von denen wiederum die neue CD erzählt.<br />

Geprägt von Einsamkeit, Sehnsucht und Wiedersehensfreunde ist<br />

es eine Widmung an Olivers engste Freunde. Trotz dieser Einsamkeit,<br />

die er immer wieder unterwegs erfährt, würde er sein Leben<br />

nicht anders leben wollen. „Ich bin mit meinem Leben sehr glücklich<br />

und zufrieden. Klar, beim Beruf des Vollzeit-DJs ist es der Preis,<br />

dass man oft alleine ist. In 2011 bin ich über 150 Mal aufgetreten.<br />

Ich war also jeden zweiten Tag allein auf Reisen oder allein im<br />

Hotel. Aber dieser Job gibt einem auch so viel zurück, dass es sich<br />

mehr als lohnt.“ /<br />

Kim Jungbluth<br />

www.stilvortalent.de<br />

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Mouse on Mars / Die Freude an der Variation<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

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Kaiserdisco / ...zünden die nächste Stufe<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

KAISERDISCO<br />

... zünden die<br />

nächste Stufe<br />

Herbst 2010. Patrick Buck und Frederic Berger<br />

präsentierten ihr Kaiserdisco-Debütalbum „In<br />

No One’s Shadow“. Der Titel war Programm,<br />

denn zu diesem Zeitpunkt lief die noch recht<br />

junge Karriere der beiden Hamburger schon<br />

prächtig. Gut zwei Jahre vorher hatten sie sich<br />

erst zufällig im hanseatischen Nachtleben getroffen<br />

und zu gemeinsamen Studio-Sessions<br />

verabredet. Der Start einer selbstbewusst agierenden<br />

und spannenden Kooperation, die nun<br />

zu einem weiteren Höhepunkt gekommen ist:<br />

das eigene Label namens KD Music.<br />

Was vor einigen Jahren noch recht umständlich zu<br />

stemmen war, ist heutzutage dank WorldWideWeb,<br />

mp3 und diverser Downloadportale recht einfach<br />

zu starten: das eigene Label. Aber trotz aller offensichtlichen<br />

Erleichterungen ist es wiederum eine<br />

ganz andere Geschichte, ob es überhaupt Sinn<br />

macht, ob es irgendjemanden da draußen interessiert,<br />

dass es Label XY nun gibt. Zu groß ist inzwischen<br />

das Angebot, so dass es nicht leicht fällt, den<br />

Überblick zu behalten. Patrick und Frederic tragen<br />

den Gedanken der Labelgründung schon seit<br />

ihrem Kaiserdisco-Start mit sich herum, haben es<br />

aber erst vor kurzem in die Tat umgesetzt. Dafür<br />

gibt es diverse Gründe, die schließlich nur einen<br />

Schluss zulassen: Bei aller Leichtigkeit, überstürztes<br />

Handeln führt selten zum Erfolg.<br />

Label Launch – Kaiserdiscos Variante<br />

Vorweg, es gibt natürlich viele Wege, die nach<br />

Rom führen und viele mögen auch dort ankommen.<br />

Und wo wir gerade dabei sind: Es gibt bestimmt<br />

auch keinen Königsweg, aber es gibt den Kaiserdisco-Weg, der<br />

durchaus plausibel klingt und schon zu diesem frühen Zeitpunkt zeigt<br />

(zum Redaktionsschluss war lediglich Katalognummer <strong>001</strong> veröffentlicht),<br />

dass die beiden eine gute Entscheidung gefällt haben.<br />

Wie lange gab es schon die Label-Pläne?<br />

Als wir Kaiserdisco gegründet haben, hatten wir schon von Anfang an die<br />

Idee auch ein Label zu machen. Aber uns war es wichtig, dass wir erstmal unseren<br />

Namen etablieren, dass wir dann nach und nach auf bekannten Labels veröffentlichen.<br />

Uns war es wichtig, dass wir beim Launch ein gewisses Standing haben.<br />

Wenn man dann die erste Platte auf seinem Label releast, ist es eine ganze Ecke<br />

einfacher, als wenn man als Nobody auf einem Nobody-Label erscheint. Und man<br />

hat natürlich die Möglichkeit, andere Acts entsprechend mit unserem Background<br />

zu promoten.<br />

Am Anfang steht doch wahrscheinlich erstmal ein großer Berg Bürokratie ...<br />

Wir sind direkt zu unserem Steuerberater gegangen, haben uns umfassend informiert<br />

und sind dann zum Amt gelaufen, um eine GbR zu gründen. Dann kam<br />

natürlich der Gang zur GEMA und zum VUT*. Alles Sachen, um die man nicht<br />

herumkommt. Bis zu diesem Schritt hat man noch keinen Gedanken an die erste<br />

Platte verschwendet, aber schon ein paar Euro investiert. Der bürokratische Aufwand<br />

im laufenden Geschäft hält sich auch bisher in Grenzen, noch haben wir ja<br />

nicht viel veröffentlicht. Wir heften immer schön alle Belege ab, und unser Steuerberater<br />

macht den Rest.<br />

Wie ging es dann weiter?<br />

Die Vertriebswege aktivieren. Wir haben ja vorher schon ein Account bei Beatport<br />

gehabt, das hat die Sache wesentlich erleichtert. Heutzutage ist nicht mehr<br />

so einfach, dort einen Zugang zu bekommen. Wir haben uns dann mit weiteren<br />

Händlern auseinandergesetzt, und da wir unbedingt auch Vinyl veröffentlichen<br />

wollen, haben wir uns mit decks.de zusammen getan. Die pressen das Vinyl für uns<br />

und kümmern sich um dessen Vertrieb. Wir rechnen mit ihnen Stück für Stück ab<br />

und müssen nicht wie früher z. B. 500 Vinyls in Vorleistung pressen, die man dann<br />

ja auch erstmal verkaufen muss. Mittlerweile bieten einige Vertriebe dieses Vinyl-<br />

Modell an.<br />

www.kaiserdisco.net<br />

30


Kaiserdisco / ...zünden die nächste Stufe<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Warum überhaupt wollt ihr noch Vinyl verkaufen, ihr selbst legt ja nicht<br />

mehr damit auf?<br />

Wir sind damit groß geworden und haben das Gefühl, dass ein Label dadurch<br />

noch mal eine andere Wertigkeit hat. Und noch ist der Markt dafür vorhanden,<br />

unser Katalognummer <strong>001</strong> hat sich ziemlich gut verkauft. Wir veröffentlichen<br />

grundsätzlich nur auf Labels, die noch Vinyl anbieten, wie eben auf MBF, Drumcode<br />

oder 100% Pure – Ausnahmen machen wir da nur für unsere Remixe.<br />

Und dann kann es endlich losgehen?<br />

Fast. Wenn man es nicht selbst machen kann, braucht man natürlich noch einen<br />

Grafiker, der in unserem Fall auch direkt unsere Homepage gemacht hat. Und<br />

dann kommt natürlich noch die Promo. Das machen wir selbst, schließlich haben<br />

wir ja in den letzten drei Jahren einen guten Verteiler aufgebaut, und Agenturen<br />

kosten auch ihr Geld, was man auch erstmal mit seinen Releases reinholen muss.<br />

Wie sieht es generell mit den Einnahmen aus?<br />

Wir würden das sicherlich nicht machen, wenn wir nicht auflegen würden. Es<br />

ist zwar ganz schön, dass du nicht mehr pauschal 50% abführen musst, wenn du<br />

auf deinem eigenen Label veröffentlichst, aber um davon leben zu können ist in<br />

unseren Sphären totaler Quatsch. Ein Release alle zwei Monate, da verdient man<br />

nicht wirklich viel.<br />

Gibt es ein Szenario, bei dem ihr das Label einstellen würdet?<br />

Wahrscheinlich, wenn wir uns so streiten würden, dass wir nicht mehr zusammenarbeiten<br />

könnten. Davon sind wir aber weit von entfernt. Oder wenn keiner<br />

mehr unsere Releases kaufen würde. Aber auch das ist nicht wahrscheinlich. Wir<br />

testen die Tracks regelmäßig auf unseren Gigs und würden nichts veröffentlichen,<br />

was uns nicht gefällt oder was beim Publikum ankommt.<br />

Wie sucht ihr die Tracks für KD Music aus?<br />

Wir bekommen immer und überall Promos. Sei es von befreundeten Künstlern<br />

– zum Labelstart haben wir natürlich auch einen Aufruf gestartet – oder eben<br />

per Mail von vielen Acts und Newcomern, die wir gar nicht kennen. Da gibt es<br />

dann die ganz Schlauen, die den ganzen Track in die Mail packen und so unsere<br />

Inbox sprengen. Viele schicken ein Snippet mit Link für den Download, aber am<br />

bequemsten finden wir doch einfach einen Soundcloud-Link für den ganzen Track.<br />

Da brauch man nichts laden und kann im Track immer hin und her springen.<br />

Werdet ihr auch Alben veröffentlichen?<br />

Sicherlich werden wir unseren nächsten Longplayer auf KD Music veröffentlichen,<br />

aber das wird erst im kommenden Jahr geschehen. Vorher wird keins veröffentlicht.<br />

Unser Album soll dann auch eine Art Probelauf sein, auch hinsichtlich der<br />

Promo, die dann natürlich etwas aufwändiger sein wird. / Tassilo Dicke<br />

„La Familia“ (KD Music <strong>001</strong>) von Kaiserdisco<br />

ist bereits im Dezember erschienen. Im<br />

Februar kam „She Said/Tonkatsu“ (KD Music<br />

002) von Arjun Vagale & Tim Richards<br />

auf den Markt.<br />

Veröffentlicht wird immer zuerst auf Vinyl,<br />

etwas später exklusiv auf beatport und<br />

dann bei weiteren Download-Portalen.<br />

So geht es weiter:<br />

KD Music 003 – Oliver Klein & Kolombo –<br />

Party Party (April)<br />

KD Music 004 – F.Sonik – Safari Park /<br />

Forest People (Mai)<br />

Kaiserdisco bei dir in der Nähe:<br />

03.03. Bingen, Palazzo (Frederic)<br />

03.03. Helsinki/Finland, Club Venue<br />

(Patrick)<br />

16.03. Schweiz/tba., Secret Location<br />

(Frederic)<br />

16.03. Ravensburg, Douala (Patrick)<br />

31.03. Neapel/Italien Shine Disco Club<br />

(Ex-Underbridge)<br />

07.04. München, Harry Klein<br />

08.04. Köln, Bootshaus<br />

13.04. Mumbai/Indien, Blue Frog (Frederic)<br />

14.04. Dehli/Indien, Blue Frog (Frederic)<br />

25.04. Berlin, Weekend (Frederic)<br />

VERLOSUNG<br />

Wir verlosen jeweils drei Exemplare von<br />

<strong>001</strong> und 002 auf Vinyl. Bitte E-Mail an<br />

win@fazemag.de mit dem Betreff „Der Kaiserweg“.<br />

Einsendeschluss ist der 20. März,<br />

der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

* GEMA: Gesellschaft für musikalische<br />

Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte<br />

/ www.gema.de<br />

VUT: Verband unabhängiger Musikunternehmen<br />

e.V. / www.vut-online.de<br />

31


VCMG / Treffen der Generation<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

VCMG<br />

Treffen der Generation<br />

Es gibt Alben, die erscheinen nicht einfach nur. Es sind Alben,<br />

da spielen vor allem die Begleitumstände und die<br />

Protagonisten eine höchst bemerkenswerte Rolle, dass die<br />

Musik fast schon in den Hintergrund gedrückt wird. Es sind<br />

in diesen Tagen Vince Clarke und Martin Gore, die mit ihrem<br />

neuen gemeinsamen Projekt VCMG höchste Aufmerksamkeit<br />

erregen und viele Musikfans elektrisiert haben. Eine spektakuläre<br />

Reunion mehr als 30 Jahre nach der Gründung von<br />

Depeche Mode, die sich kein Drehbuchautor hätte besser<br />

ausdenken können.<br />

Die beiden waren neben Andrew Fletcher und Dave Gahan<br />

Gründungsmitglieder von Depeche Mode. Sie feierten<br />

frühe Single-Erfolge, dennoch verließ Clarke nach dem Debütalbum<br />

die Band. Gore übernahm die Rolle des Songwriters<br />

und Komponisten, der Rest ist Geschichte. Vince Clarke gründete<br />

Yazoo, dann The Assembly und schließlich zusammen mit<br />

Andy Bell Erasure. Das Duo veröffentlichte im letzten Herbst<br />

erst sein 14. Studioalbum, während DM 2009 ihr letztes Album<br />

releasten.<br />

Treibende Kraft hinter VCMG ist VC. Dessen Interesse für<br />

Techno ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen –<br />

schließlich so weit, dass Clarke selbst ein Album produzieren<br />

wollte. Das wollte er aber nicht allein tun, und so fragte er<br />

eben MG. „Ich wusste ja, dass er auflegt und sich auch für Techno<br />

interessiert.“ So kam zusammen, was jahrzehntelang getrennt<br />

war. Und die Zusammenarbeit verlief erstaunlich reibungslos.<br />

Per E-Mail schickte man sich Skizzen und Soundskulpturen<br />

von der Ostküste (Clarke) zur Westküste (Gore) und<br />

wieder zurück. „Wir haben nie über eine Intention nachgedacht,<br />

es gab auch kein Konzept, wie das Album klingen sollte. Ich habe<br />

Martin gesagt, dass es keinen Druck gäbe, keine Deadlines. Er solle<br />

einfach machen, wie es ihm passt, wenn er Lust hat.“ So entstanden<br />

schließlich im Laufe des letzten Jahres die zehn Tracks,<br />

die nun unter dem Namen „Ssss“ veröffentlicht werden. Was<br />

nach dem Album folgen wird, das bleibt offen. Eine Tour und<br />

gemeinsames Auflegen sind möglich, aber nicht geplant. Und<br />

für Vince hat Erasure immer noch oberste Priorität, wenn auch<br />

VCMG bisher eine gelungene Abwechslung war: „Ich mag meinen<br />

Part bei Erasure sehr. Ich liebe es, Song zu schreiben, aber ich<br />

habe auch die Zeit mit Martin sehr genossen. Ich würde es begrüßen,<br />

wenn wir es wieder versuchen würden. Aber wer weiß, was passieren<br />

wird. Wir werden sehen. Es gibt keinen Masterplan.“<br />

Dass sich zwei solche Songwriter bei ihrer ersten Zusammenarbeit<br />

nach 30 Jahren ausgerechnet für ein Technoalbum<br />

begeistern, ist schon erstaunlich, ebenso wie die Reunion selbst.<br />

In der gesamten vergangen Zeitspanne haben sich die beiden<br />

immer wieder nur zufällig getroffen, und der Split von damals<br />

ist auch nie wirklich aufgeklärt worden. Man darf sicherlich<br />

annehmen, dass bei der letztjährigen Kollaboration mehr als<br />

zehn Tracks entstanden sind. Allerdings ist wohl nicht damit zu<br />

rechnen, dass es einfach nur ein zweites „Ssss“ geben wird. Es<br />

bleibt also spannend, wie es weitergehen wird. Vince Clarke ist<br />

mit seinen Antworten recht unverbindlich – fast schon zu sehr,<br />

so dass man auf die Idee kommen könnte, dass der nächste<br />

Schritt schon in Planung ist. Allerdings ist Gore jetzt erstmal<br />

mit dem nächsten Depeche Mode-Album schwer beschäftigt,<br />

das 2013 veröffentlicht werden soll. Grund zur Eile gibt es eh<br />

nicht, denn wer 30 Jahre gewartet hat, der braucht sich jetzt<br />

nicht wirklich beeilen. Und eine E-Mail mit Soundskulpturen,<br />

Skizzen oder anderen Audio-Files kann man ja immer wieder<br />

mal losssschicken. /<br />

TD<br />

www.facebook.com/VCMGofficial / www.mute.com<br />

32


Mouse on Mars / Die Freude an der Variation<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

3


WhoMadeWho / Lebenselexier Touring<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

WHOMADEWHO<br />

Lebenselexier Touring<br />

Seit ihrem Wechsel zum Kölner Label Kompakt hat sich bei<br />

den Dänen von WhoMadeWho einiges getan. Ihr eben dort im<br />

April 2011 erschienenes erstes Album „Knee Deep“, das vierte<br />

der Band insgesamt, verstand sich mit seinen acht Tracks als<br />

Vorbote auf das am 5. März folgende „Brighter“. „Wir sehen<br />

die beiden Alben als zwei getrennte, weil sehr unterschiedliche<br />

Werke an, und Teil 1 bedeutet eine Art Neuanfang“, erklärte Tomas<br />

Badford seinerzeit. „Knee Deep“ sei aus dem Drang zum<br />

Herumexperimentieren entstanden und habe die Tracks des<br />

zweiten Longplayers maßgeblich beeinflusst, hieß es weiter. Wir<br />

haben nun zum Release von „Brighter“ noch einmal nachgehakt.<br />

„All unsere Material ist irgendwie ein kleines Experiment. Und tatsächlich<br />

sind die Songs beider Alben in der selben Periode entstanden.<br />

Das gesamte Konzept bestand daraus, für ‚Kneep Deep‘ genau das zu<br />

tun, wonach wir uns fühlten und für ‚Brighter‘ die Regeln des Radios etc.<br />

zu beachten. Am Ende sind wir mit dem Ergebnis rundum zufrieden“,<br />

erklärt uns Jeppe Kjiellberg jetzt – auch im Namen von Tomas Høffdings<br />

und Tomas Barfod – rund ein Dreivierteljahr später. Erste<br />

Singleauskopplung ist „Inside World“, zudem bereits seit einiger<br />

Zeit ein recht surrealer Videoclip kursiert. Hier ziehen Menschen<br />

ihre Klamotten aus, tanzen in Unterwäsche vor Autos herum, während<br />

ältere Leute geifernd das Publikum mimen. „Wir wollten ein<br />

Video mit Girl-Appeal machen. Ich denke, dass Regisseur Lasse Martinussen<br />

das gut hinbekommen hat – als ein Kommentar auf die endlose<br />

Summe an Reality-Shows.“ Schon mit „Knee Deep“ haben sich die<br />

drei Dänen im vergangenen Jahr auf Tour begeben, und da sie nun<br />

mal eine der besten und engagiertesten Live-Bands sind, die das<br />

Genre zu bieten hat, lassen sie sich die Chance auf eine weitere<br />

musikalische Reise nicht nehmen. „Wir haben lediglich für zwei Monate<br />

pausiert. Nach einer solchen Pause kehrt das Verlangen, auf Tour zu<br />

gehen, ganz massiv zurück. Das Touren unterstützt das Produzieren wie<br />

das Ying das Yang.“ Und doch hat man sich für die neuen Gigs etwas<br />

Besonderes einfallen lassen. „Diesen Sommer haben wir eine gigantische,<br />

dreidimensionale romanische Statue gebaut. Sie wird uns bei den<br />

größeren Konzerten im Frühjahr begleiten – gemeinsam mit einer sehr<br />

kreativen Lichtshow.“ Zwei Alben in knapp zwölf Monaten, das bedeutet<br />

aber auch abseits des Tourens eine Menge Promotionstress.<br />

Diesen hätte man durch das Release einer Doppel-CD halbieren<br />

können. Schon 2011 meinte Tomas allerdings: „Wir mögen kurze,<br />

intensive Alben lieber als überlange Doppel-CDs.“ Und auch heute erklärt<br />

uns Jeppe: „Es war für uns sehr wichtig, zwei getrennte Alben zu<br />

releasen. Wir mussten dieses Statement machen. Um uns musikalisch weiter<br />

zu entwickeln und um Langeweile zu vermeiden. Wenn du ständig mit<br />

dem selben Material tourst, wirkt alles irgendwann wie eine Schleife. Und<br />

die Fotosessions und Interviews zu einem Release machen uns wirklich<br />

Spaß. Kein Problem für die Band also. Mehr harte Arbeit für das Label,<br />

aber Kompakt geht mit der Zwei-Alben-Version wirklich gut um.“ Der<br />

Schritt, hierfür zu den Kölnern zu wechseln, klingt also weiter nach<br />

einer guten Entscheidung. „Wir haben zehn Jahre aus der Ferne zu<br />

Kompakt rüber geschielt. Die Chance zu bekommen, mit ihnen zu arbeiten,<br />

war eine wirklich große Sache für uns. Der Enthusiasmus geht hier<br />

von beiden Seiten aus. Wir sind sehr glücklich mit der Zusammenarbeit.“<br />

Nach einer kleinen Ruhepause geht es für die Band ab Februar also<br />

wieder auf die Bühnen, und das führt sie März für acht Termine<br />

nach Deutschland. „In Studio gehen wir aktuell aber erst mal nicht.<br />

Konzerte zu spielen und die Welt zu bereisen ist das, was ansteht. Aber bei<br />

Soundchecks oder in Hotelzimmern werden definitiv auch neue Grooves<br />

und Songs entstehen.“ /<br />

Nicole Ankelmann<br />

WhoMadeWho Live 2012<br />

14.03.12 | Berlin, Lido<br />

15.03.12 | Erlangen, E-Werk<br />

16.03.12 | Stuttgart, Speak Easy<br />

17.03.12 | München, Atomic Cafe<br />

18.03.12 | Hamburg, Uebel & Gefährlich<br />

19.03.12 | Leipzig, Conne Island<br />

20.03.12 | Frankfurt am Main, Zoom<br />

21.03.12 | Köln, Club Bahnhof Ehrenfeld<br />

www.whomadewho.dk<br />

34


Mouse on Mars / Die Freude an der Variation<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

3


Musikgeschichte / Electro<br />

MUSIKGESCHICHTE<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

ELECTRO<br />

Electro, was ist das? Mittlerweile ist der Begriff Electro stark<br />

verwässert worden. Nachdem dieses Genre in den späten<br />

90ern einen neuen Hype erfuhr, fingen viele DJs, Musiker und<br />

Magazine an, alles Electro zu nennen, was nicht ganz in den<br />

Techno/House-Kontext einzuordnen war. Zeit einiges klar zu<br />

stellen. It’s time.<br />

Der Begriff Electro ist in aller Munde. Auf jedem zweiten Partyflyer<br />

steht dieses Wort, doch kaum jemand weiß heutzutage, dass<br />

es der Name einer Musikrichtung ist, die eine der ersten Arten<br />

von Dance Music überhaupt war. Die erste rein elektronisch<br />

produzierte Street Music. Der Begriff Electro ist die Kurzform<br />

von Electroboogie oder Electrofunk und nicht der Überbegriff<br />

für sämtliche Spielarten elektronisch produzierter Dance Music.<br />

In den 80ern, als in den Clubs meistens eine wilde Mischung<br />

elektronischer Musik gespielt wurde, spielte dieses Genre neben<br />

House und HipHop immer eine große Rolle. Electro hat im<br />

Gegensatz zu House und Techno in den meisten Fällen keine<br />

gerade laufende 4/4 Bassdrum, sondern zeichnet sich durch den<br />

so genannten „Boogie Beat“ aus, der in seinem Rhythmus eher<br />

mit Breakbeats aus dem Funk der späten 60er- und 70er-Jahre<br />

zu vergleichen ist, aber mit synthetischen Sounds der damals<br />

ersten auf dem Markt erhältlichen analogen Drumcomputern<br />

erzeugt wurde. Somit klingt Electro nicht wie Breakbeat oder<br />

Drum’n’Bass, sondern maschinell, synthetisch und mechanisch.<br />

Es erinnert vielmehr an Robotermusik, da nur künstlich<br />

erzeugte Sounds verwendet werden.<br />

Electro entstand bereits Anfang der 80er-Jahre in den USA noch<br />

vor House Music und Techno. Die Wurzeln dieses Genres sind<br />

P-Funk der 70er-Jahre, Disco- und Boogiemusik, Krautrock<br />

und experimenteller Synthesizersound. Die frühen Kraftwerk-Alben<br />

„Trans Europa Express“, „Radio Aktivität“ oder<br />

„Computerwelt“ sind unerschöpfliche Inspirationsquellen und<br />

beeinflussen dieses Genre noch bis heute. In den meisten Electrotracks<br />

findet man Klänge, Sequenzen und Arrangements,<br />

deren Anlehnung an Kraftwerk kaum zu leugnen ist. Kraftwerk<br />

gelten allgemein als Pioniere elektronischer Pop Musik, da sie<br />

als erste die Idee, Schlagzeugklänge und Percussions elektronisch<br />

zu erzeugen, mit selbstgebauten analogen Drumpads<br />

umsetzten und mit der Zeit immer elektronischer wurden. In<br />

den USA der späten 70er-Jahren war der Sound von Kraftwerk<br />

sehr beliebt und prägte nachhaltig den Stil vieler Musiker, die<br />

nicht abgeneigt waren elektronische Instrumente zu verwenden.<br />

Schwarze Musiker wie George Clinton oder Roger Troutman<br />

(Zapp) hatten ebenfalls großen Einfluss auf diese Art von Musik,<br />

aber auch New Wave-Stücke, in denen ebenfalls vermehrt<br />

analoge Synthesizer zum Einsatz kamen, wie bei vielen Bands<br />

aus England und Künstlern wie z. B. Gary Numan. Es galt, mit<br />

der neuen Technik Grenzen zu überschreiten und Neues zu<br />

schaffen, da mit synthetischen Sounds viel zu erforschen war.<br />

Einige Musiker experimentierten damals auch gerne Genreübergreifend<br />

wie Man Parrish, der New Wave produzierte und<br />

mit „Man Made“, „Boogie Down Bronx“ und „Hip Hop Be<br />

Bop“ mehrere Electrostücke schrieb, die heute Klassiker sind.<br />

Einer der ersten DJs, der pure elektronische Dancetracks im Electro-Style<br />

produzierte, war der aus New York stammende Arthur<br />

Baker. Das von ihm produzierte „Planet Rock“ von Afrika Bambaataa<br />

& The Soulsonic Force gilt als einer der Prototypen, die<br />

dieses Genre entscheidend prägten. Einige Pop- und New Wave-<br />

Bands ließen sich damals von DJs wie Arthur Baker remixen,<br />

„Confusion“ von New Order ist ein gelungenes Beispiel dafür.<br />

In Deutschland wurde Electro durch Jonzun Crews „Pac Jam“,<br />

die Titelmelodie der ersten Staffel der Musiksendung „Formel<br />

Eins“ bekannt, und das wurde der erste Electrotrack, der es in<br />

die internationalen Verkaufscharts schaffte. Weitere kommerziell<br />

erfolgreiche Titel waren z. B. „Rockit“ von Herbie Hancock, „Let<br />

the Music Play“ von Shannon oder „19“ von Paul Hardcastle.<br />

Den Durchbruch hatte Electro, als 1983 Breakdance aufkam, da<br />

diese Musik perfekt zu den roboterartigen Bewegungen der Tänzer<br />

passte. In dieser Zeit fanden einige Electro Songs den Weg<br />

in die internationalen Verkaufscharts. Viele Electrotracks sind<br />

Instrumentalstücke, aber ein oft verwendetes Element neben<br />

Raps und Gesang sind verfremdete, nach Computern oder Robotern<br />

klingende Vocals. Meistens wird dazu ein Voice Coder<br />

(kurz Vocoder) benutzt. Oft verwendete Vocoder in den 80er-<br />

Jahren waren der Roland SVC-350 oder der Korg VC-10. Frühe<br />

Hip Hop-Produktionen jener Zeit basieren auch auf Electro-<br />

Instrumentals und werden als Electro Rap oder Techno Hop<br />

bezeichnet. Im Miami Bass wurde ebenfalls meistens gerappt.<br />

Deswegen gilt Electro auch als eine frühe Variante des HipHop,<br />

zumal diese beiden Stilrichtungen auch dieselben Wurzeln haben.<br />

Anfang der 80er stürzten sich Musiker auf die neuen Möglichkeiten,<br />

die ihnen digitale und analoge Synthesizer boten. Die<br />

Geräte wurden immer kompakter und intuitiver in der Handhabung.<br />

Da elektronische Instrumente zunehmend auch in Serie<br />

produziert und somit erschwinglich wurden, waren sie nun nicht<br />

mehr nur der Avantgarde zugänglich. Also gab es nicht mehr nur<br />

experimentelle Musik, die sich Synthesizerklänge bediente.<br />

36


Musikgeschichte / Electro<br />

Funk-Musiker fingen an, die ersten Drummachines wie die Roland<br />

TR-808, Oberheim DMX oder die Linn 9000 zu benutzen,<br />

wobei die Roland TR-808, der erste programmierbare Drumcomputer<br />

überhaupt, am meisten verkauft wurde und deshalb<br />

in den damaligen Produktionen dominant war. Die sehr basslastigen<br />

synthetischen Beats stehen bei Electrotracks im Vordergrund<br />

und bilden die Basis dieser perkussiven Musik. Ein Electrobeat<br />

ist eine synthetisch klingende Variante des Funk oder<br />

Boogiebeats und von der Programmierung eher mit Breakbeats<br />

zu vergleichen. Analoge Basssequenzen im Funkriff Stil sind ein<br />

weiteres signifikantes Element. In späteren Varianten wie dem<br />

Miami Bass kamen auch Sub Bässe dazu. Ein weiterer Einfluss<br />

waren Science Fiction-Filme und Soundtracks mit abgespaceden<br />

Sounds. Man wollte einfach futuristisch klingen und Synthesizer<br />

boten die Möglichkeit, nie zuvor gehörte fremde Klangwelten zu<br />

erschaffen.<br />

Die Texte handeln oft von eben jenen futuristischen Themen<br />

wie sie in Science Fiction-Filmen vorkommen. Epochale Flächen,<br />

die oft orientalisch anmuten (wie in Kraftwerks „Trans<br />

Europa Express“) sind auch ein viel verwendetes Stilmittel. Da<br />

Electro eine von DJs bevorzugte Musikrichtung ist, sind auch<br />

Sampling und Scratches in vielen Tracks zu hören. Eine weitere<br />

in den USA sehr erfolgreiche Variante ist der Latin Freestyle<br />

(kurz Freestyle genannt), in dem Gesang im Stil von Soul und<br />

R’n’B mit Electro fusionierte.<br />

In Detroit hat Electro schon immer eine wichtige Rolle gespielt.<br />

Der legendäre Radio-DJ Electrifying Mojo, der viele Produzenten<br />

elektronischer Musik beeinflusste und u. a. von Jeff Mills<br />

als Idol bezeichnet wird, spielte in seiner Sendung einen Querschnitt<br />

aktueller Musik und somit auch viele frühe Electrotracks.<br />

Die Detroiter Techno-Legende Juan Atkins produzierte<br />

außer wichtigen Technostücken auch einige Meilensteine in Sachen<br />

Electro wie „Clear“ und „Cosmic Cars“ mit der Gruppe<br />

Cybotron oder andere Titel unter seinem Pseudonym Model<br />

500. Bis heute erscheinen viele Platten, die sehr von diesem<br />

Motor City-Sound und den Vorzeige-Acts wie Aux 88, Detroit<br />

in Effect (D.I.E.), Drexciya oder Dopplereffekt beeinflusst worden<br />

sind. Auf dem Detroiter Techno-Kultlabel Underground<br />

Resistance erscheinen hin wieder authentische Electro-EPs von<br />

Labelgründer Mad Mike und befreundeten Produzenten.<br />

In Miami und Florida ist Electro auch nicht tot zu kriegen und<br />

erlebt seit Ende der 1990er eine andauernde Renaissance. Die<br />

Gruppe Dynamix II, die mit „Just Give The DJ a Break“ sogar<br />

einen US Top Ten Hit im Jahre 1986 hatte, prägte mit ihren<br />

Veröffentlichungen in den 1990er Jahren entscheidend das, was<br />

wir heute als Nuskool Electro bezeichnen. In England war Electro<br />

in den 80er-Jahre auch sehr populär. Besonders erfolgreich<br />

war Paul Hardcastle, der mit „19“ sogar einen Nummer 1-Hit<br />

in Deutschland landete. Eine Compilationserie, die unter dem<br />

Namen Electro auf dem Label Streetsounds die erfolgreichsten<br />

Stücke dieser Musikrichtung präsentierte, hat besonders im<br />

UK bis heute Kultstatus. Vor ein paar Jahren wurde diese Compilation<br />

gerelauncht und featured heute Stücke von legendären<br />

Oldschool Acts der 80er-Jahre vermischt mit authentischen<br />

Produktionen der jüngeren Generation. / DJ Sonic 808<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

ESSENTIAL<br />

ELECTRO<br />

Kraftwerk – Computerwelt (EMI) 1981<br />

Afrika Bambaataa & the Soulsonic Force –<br />

Planet Rock (Tommy Boy) 1982<br />

Man Parrish - Hip Hop Be Bop (Don‘t Stop)<br />

(Importe) 1982<br />

The Packman – I´m a Packman (Eat<br />

Everything I Can) (Enjoy) 1982<br />

Spyder-D - Smerphies Dance 1982<br />

Planet Patrol – Play at your own Risk<br />

(Tommy Boy) 1982<br />

Quadrant Six – Body Mechanic (Atlantis) 1982<br />

Man Parrish – Hip Hop Be Bop (Sugar<br />

Scoop) 1982<br />

Afrika Bambaataa & the Soulsonic Force -<br />

Renegades of Funk (Tommy Boy) 1983<br />

Twilight 22 – Electric Kingdom (Vanguard)<br />

1983<br />

Chris „the Glove“ Taylor & Ice-T – Reckless/Tibetan<br />

Jam (Polydor) 1983<br />

G.L.O.B.E. & Whiz Kid - Play that Beat Mr<br />

DJ (Tommy Boy) 1983<br />

Project Future - Ray Gun Omics (Capitol)<br />

1983<br />

Formula 5 – Killer Groove (Write on)<br />

1983<br />

G-Force – Feel the Force (SMI)<br />

Kraftwerk – Tour de France (EMI) 1983<br />

Herbie Hancock - Rockit (CBS) 1983<br />

Hashim – Al Naafish (Cutting) 1983<br />

Egyptian Lover – Egypt Egypt (Egyptian<br />

Empire)<br />

I.M.S. - Non Line (Emergency) 1983<br />

Cybotron – Clear (Fantasy) 1983<br />

Captain Rapp - Bad Times (I Can‘t Stand<br />

It) 1983<br />

P-Crew – Nasty Rock (Prelude) 1983<br />

Captain Rock – Return of Captain Rock<br />

(NIA) 1983<br />

Newcleus – Jam on it (Sunnyview) 1983<br />

Imperial Bros. - We come to rock (Cutting)<br />

1984<br />

Jamie Jupiter – Computer Power (Egyptian<br />

Lover) 1984<br />

Cybotron – Techno City (Fantasy) 1984<br />

The Future - Nuclear Holocaust (Mirage)<br />

1984<br />

Twilight 22 - Siberian Nights (Vanguard)<br />

1984<br />

Pretty Tony – Fix it in the Mix (Music Specialists)<br />

1984<br />

Planet Detroit – Return to Planet Detroit<br />

(Pandisc) 1984<br />

Kid Frost - Terminator (Electrobeat) 1984<br />

Palmer Force II - Street Wars (Pandisc)<br />

1984<br />

Paul Hardcastle – Rainforest (Chrysalis)<br />

1984<br />

Dynamic Breakers - Dynamic (Sunnyview)<br />

1984<br />

Sugar Style – 909 the Beat is mine (On the<br />

Spot) 1985<br />

L.A. Dream – Rockberry Jam (Dream Team<br />

Records) 1985<br />

Worldclass Wrecking Crew – Juice (Kru<br />

Cut) 1985<br />

Kosmic Light Force – Mysterious Waves<br />

(Nightbeat) 1985<br />

Information Society – Running (Tommy<br />

Boy) 1985<br />

Arabian Prince – Innovator (Rapsur) 1985<br />

Unknown DJ – Let´s Jam (Techno Hop)<br />

1985<br />

Model 500 – The Future/No U.F.O´s (Metroplex)<br />

1985<br />

Mantronix - Bassline (Warlock) 1985<br />

Unknown DJ - 808 Beats (Technohop)<br />

1985<br />

37


Don’t Cry For Us Alemania<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

DON’T CRY FOR US ALEMANIA<br />

Sieben Jahre im Underground von Buenos Aires – Teil 1<br />

Barem. Dilo. Franco Cinelli. Nico Purman. Alejandro<br />

Mosso. Violett. Seph. Pablo Denegri.<br />

Jorge Savoretti. Gurtz. May Segui. Ana Helder.<br />

Santos Resiak. Guti. Andres Zacco. Brandub.<br />

Leonel Castillo. Mekas. Jorge Ciccioli. QiK.<br />

Matias Muten. Andrez Gonzalez. Lega. Jonas<br />

Kopp. Lexdinamo. Ezequiel Ezley. Ronan Portela.<br />

Sebastian Cohen. Dirty Room. Lucianno Villareal.<br />

Omar Salgado. Matthias Popoff. Franco Bianco.<br />

Fase Miusic Sender. Die Liste der Namen junger<br />

argentinischer Artists, die das internationale Musikgeschehen<br />

mitbestimmen, nimmt kein Ende.<br />

Schon lange sind ihre Sounds keine Geheimtipps<br />

mehr, ihre Tracks trendsetzend und ihre Labels<br />

und Partys in Europa beliebt und frequentiert;<br />

mittlerweile ist der Großteil dieser Artist zumindest<br />

in den Sommermonaten in Berlin ansässig.<br />

Dank neuer Technologien und Computersoftware<br />

wie Ableton Live, dem Internet und revolutionärer<br />

Denkansätze – viele der bahnbrechenden Netlabels,<br />

die unter der Creative-Commons-Lizenz releasen,<br />

wurden in Argentinien gegründet – schaffte<br />

es eine neue Generation von DJs und Produzenten,<br />

Standards zu setzen, eine neuartige Ästhetik zu<br />

pushen, die immer weiter laptopisierten Sets und<br />

Sounds auf Floortauglichkeit zu polen, die Clubs<br />

mit ihrer reduzierten Maximalität zu prägen und<br />

zu bewegen. Ein immer weiter fortschreitender<br />

Prozess. Kaum ein Völkchen ist dabei so versiert<br />

zu Gange wie die Argentinier. Und genau wie beim<br />

Fußball tauchen sie im internationalen Bewusstsein<br />

nur dann auf, wenn sie im großen Stile Leute<br />

bewegen. Dann wird gefeiert.<br />

Fernab von Klischees<br />

Völlig fernab von den Klischees der Verallgemeinerungen geht das Leben inner-<br />

und außerhalb von Buenos Aires weiter. Über diesen Alltag wissen nur<br />

diejenigen Bescheid, die ihn leben. Dort entsteht die Sehnsucht, die Champions<br />

hervorbringt. Dieses Bedürfnis, endlich wahrgenommen zu werden, dort<br />

Anschluss zu finden, wo man Verbindung spürt. Seit den frühen Tagen, in<br />

denen mit zwei Taperecordern aufgenommen wurde, was im Radio zu hören<br />

war. Oder die Orgel der Mutter gespielt wurde, wie bei Leonel Castillo der<br />

Fall und bei Jorge Ciccioli, der gerade aus Berlin zurückgekehrt ist, wo er mit<br />

Rrygular einige hochgelobte Gigs gefeiert hat. In einer abgelegenen Hochhaussiedlung<br />

Lugano, in der Castillo – dessen Netlabel Groovear bald als Vinyllabel<br />

ge(re)laucht wird – groß wurde, gab es keine Clubs und auch keine<br />

Connection zur elektronischen Szene, nur ein diffuses Gefühl der Sehnsucht,<br />

die sich in einer Suche manifestierte. Heute wachsen die Leute nicht mehr<br />

so auf; non-stop connected ist alles zugänglich, es sei denn, die FBI vermutet<br />

Piraterie. Das Legalitätsdilemma war in Argentinien eigentlich nie ein Thema,<br />

schon immer war alles Raubkopie oder eben direkt unter Creative Commons<br />

herausgebracht. Original Musiksoftware hat hier keiner. Und Vinyl kommt<br />

nur in klitzekleiner Quantität aus Europa und den Staaten, zu gesalzenen<br />

Preisen, die nur die Priviligierten zahlen können, wenn sie denn wollten. Das<br />

Verteilungsprinzip ist einfach: Zuerst die berühmten DJs, dann die Nobodys –<br />

der abgegriffene Rest in die Grabbelkiste.<br />

Fiestafiesta Latina<br />

So war DJen bis zur Einführung von Ableton Live auch eher ein Hobby<br />

der gehobenen Klasse, die „Musica Electronica“ oftmals trendige, aber geschmacklose<br />

Beschallung elitärer Bars und Nightclubs und die „Szene“ auf<br />

einen Abklatsch des internationalen Jetsets fixiert. Jahrelang dominierten so<br />

Sound und Attitüden der Progressive House- und Tranceszene. Und so lang<br />

der Blick eben auf die übergroßen Helden, die in Privatjets herumgeflogen<br />

wurden, gerichtet war, gedieh in ihrem überlangen Schatten auch nur dümmlicher<br />

Abklatsch. Es war ja zunächst auch nicht so, als ob der hochgelobte<br />

www.facebook.com/dilo8<br />

38


Don’t Cry For Us Alemania<br />

Zirkel in Europa etwas für die sogenannten Drittweltler<br />

übrig gehabt hätte. Lange Zeit dominierte in den europäischen<br />

Hauptstädten die gepflegte Sichtweise, dass „hinter<br />

dem Mond“ auch gar nichts Interessantes entstehen könne,<br />

schließlich konzentriere sich die lokale Szene ja nur auf<br />

die (schlechte) Kopie der Trends. Allenfalls „exotischen“<br />

Tribalsound von anderswo gestattete man sich im Kontext<br />

„Sommerhits“ und im praktischen Ibizaformat. Fiesta<br />

Latina eben! Mit der zunehmenden Globalisierung wurde<br />

vieles anderes. Internationaler. Gestreamt in Realtime.<br />

Und vor allem homogener, was die Produktionstechniken<br />

anging. Das mp3-Format, in downloadbaren Varianten<br />

gerippt, kopiert, gekauft und geshared, sorgte für den<br />

Durchbruch der Restwelt. Gleichere Chancen für alle.<br />

Mittlerweile ist Dilo in<br />

Berlin eingebürgert: „Ich<br />

bleibe, denn hier kann ich<br />

so vieles verwirklichen. In<br />

Argentinien ging es nicht<br />

mehr voran, ich war dort<br />

quasi Zweitliga, obwohl<br />

ich auch für die Championleague<br />

spielen kann. Hier<br />

jamme ich mit Nico Purman,<br />

Tolga Fidan, Simon<br />

Beeston, Justin Nabbs, Mikael<br />

Stavostrand und fühle<br />

mich einfach wohl. Beim<br />

Feiern habe ich Console<br />

von The Notwist, einer meiner<br />

Lieblingsbands, kennengelernt, der mir dann einen Remix gemacht hat<br />

für meine Band Monotax. Und nun bald erscheint mein neues Solo-Album,<br />

auf dem mein absoluter Lieblingsact einen Remix für mich angefertigt hat.<br />

Ein Traum geht für mich in Erfüllung. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“<br />

Muss er auch nicht. Der Fall Dilo ist klar. Seitdem er als Fünfzehnjähriger<br />

in einer Band sang und Gitarre spielte – seine Idole sind die<br />

Beatles – hatte er stets Europa im Blick. Berlin als Ziel. Dort ist er nun<br />

angelangt, und Argentinien hat ein Talent weniger. Musiker-Braindrain.<br />

Denn derweil wird die Lücke zwischen dem realen Argentinien<br />

und der gegenwärtigen Situation der dortigen Musikszene, und den<br />

Künstlern, die dieses Land derzeit hervorbringt, immer größer. Musiker<br />

wie Santos Resiak und Dirty Room, die ihre Familie besuchen<br />

kommen, spielen in Buenos Aires auf kleinen Labelpartys und mit<br />

Freunden.<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Die sogenannten Drittweltler<br />

Auch wenn Südamerika, ein riesiger Kontinent, immer<br />

noch verallgemeinernd im Bewusstsein der Menschen<br />

auftaucht, tut sich etwas: Es wird allmälig anerkannt,<br />

dass Mexico nicht Peru ist. Uruguay nicht Kolumbien.<br />

Brasilien eine mega Wirtschaftkraft. Argentinien gigantisch.<br />

Chile ja schon lang Exportschlagerland in Sachen<br />

Minimalien. Hinzu kommt auch das Bedürfnis etablierterer<br />

Artists aus europäischen und nordamerikanischen<br />

Kreisen, das Weite zu suchen. Und dort, in mystischen<br />

Locations mit die Fantasie anregenden Namen wie Rosario,<br />

Guayaquil oder Quito, neue Sounds zu finden. In die<br />

lokale Szene einzutauchen und dort Talente zu entdecken,<br />

mit denen man dann Compilations zusammenstellt und<br />

Remix-Projekte anleihert. Austausch. Neubelebung. Einer<br />

der Ersten, der in Argentinien fündig wurde, war Someone<br />

Else aus Philadelphia, Foundsound-Label und Unfoundsound-Netlabel-Gründer,<br />

der ein neues Talent nach dem<br />

nächsten zu seinem ersten Hotshot-Release bringt, zum<br />

Beispiel Barem, Omar Salgado, Santos Resiak und Pablo<br />

Denegri. Dann die berüchtigte „Postoffice Special Argentina<br />

Madness“-Telegraph-Records-Compilation. Und das<br />

in Argentinien gegründete und dann nach Berlin verlagerte<br />

Label Airdrop, das nach wie vor am fleißigsten diggt und<br />

neben Andres Zaccos Greener Records nun auch Groovear<br />

unter den Fittichen hat. Und natürlich der argentinische<br />

Produzent, Live-DJ und Labelchef Dilo, dessen gemütliches<br />

Igloo-Label seit der Gründung für ein wohliges<br />

Klima in der Eiswüste Argentinien<br />

sorgt, in dessen<br />

Infrastruktur sonst kaum<br />

ein Independent-Label<br />

gedeihen kann.<br />

Maradonagold<br />

„In den Clubs verkennt man die Situation total“, sagt Dilo: „Da wird<br />

wahres Talent nicht anerkannt, der Künstler nicht gefördert. Eben auf<br />

zweite Klasse gesetzt, obwohl man es auch besser machen könnte.“ Eine<br />

Ausnahme machen die Provinz Santa Fe und die Stadt Rosario, wo<br />

auch schon Bruno Pronsato Inspiration fand und mit Cassius-Remixer<br />

Franco Cinelli kollaborierend Minimalmusikgeschichte schrieb;<br />

die Szene blüht, und qualitativ anspruchsvolle Partys werden in tollen<br />

Locations direkt am Fluss Parana gefeiert. Es geht also doch;<br />

eine Alternative zu überfüllten Mainstreamsponsor-Strandpartys,<br />

auf denen Menschen halbtot getrampelt werden, wie neulich bei<br />

David Guetta der Fall. Mit dabei neben Franco Cinelli und Jorge<br />

Savoretti auch Andres Zacco, dessen Greener-Sound unter anderem<br />

von Swayzak geremixt wurden, die ja auch schon „Snowboarding in<br />

Argentina“ waren. Hier findet man mehr Freiheit, als den Portenios,<br />

den Bewohnern von Buenos Aires, vergönnt ist. Dank einer rigiden<br />

Politik gibt es in der Hauptstadt nur sleazige Mainstreamclubs (und<br />

illegale Undergroundpartys). Und Cocoliche. Seit sieben Jahren hält<br />

der berüchtigte Keller im Zentrum von Buenos Aires die Alternativ-<br />

Standarte hoch; zwischen Chaos und Katastrophe feiern und spielen<br />

hier die interessantesten Musiker, in diesen Tagen zum Beispiel<br />

Marc Houle, Per Grindvik, Pacou und Alex Bau. Und schwärmen<br />

von den berüchtigten Exzessen, der blinkenden Decke, den wilden<br />

Argentiniern. Manch einer fällt hier in die klassische Falle, genau wie<br />

Maradona. Doch die Party geht weiter. Und die anfängliche Euphorie<br />

weicht einem bedrängenden Gefühl der Unausweichlichkeit ...<br />

aber eben immer noch einer Akzeptanz der Dinge, die immer noch<br />

unverständlich sind. /<br />

Katrin Richter @ Planetkat<br />

Neubürgerträume


Eternal Rules Of Nightlife / Der Paradiesvogel<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

JÜRGEN LAARMANNS<br />

ETERNAL<br />

RULES<br />

OF<br />

NIGHTLIFE<br />

Der Paradiesvogel<br />

Abb.1:<br />

Paradiesvogelblume<br />

[Strelitzia reginae]<br />

Das optische Hightlight jedes Night-Events.<br />

Diese Nightflies verwandeln sich nachts zu<br />

Paradiesvögeln und nutzen den Tag allenfalls<br />

dazu, sich das Geld fürs Nightlife zu besorgen<br />

und ihre Outfits zusammen zu stellen.<br />

Die Konsequentesten lehnen es ab, im Nachtleben<br />

zu arbeiten (obschon sie ständig Angebote als<br />

Gogo, auffälliges Barpersonal etc. bekommen),<br />

denn die Nacht ist für sie zum Feiern und nicht<br />

zum Arbeiten da.<br />

Begegnet man den Paradiesvögeln dennoch mal<br />

bei Tageslicht, gibt es zwei Unterscheidungen.<br />

Die immer Glamourösen, die dann im Glücksfall<br />

auch in einer Branche tätig sind, die ihnen<br />

auch wenn die Sonne scheint ihr glitzerndes Gala-Auftreten<br />

ermöglicht. Und die, die einem ein<br />

Jekyll-Hyde-Erlebnis bescheren. Bei ihnen trifft<br />

man auf einen müffligen, schlecht angezogenen<br />

Menschen, dem es selbst nicht angenehm ist, dass<br />

man ihn in diesem Zustand erwischt. Womöglich<br />

erkennt man ihn auch gar nicht. Dann ist der Unterschied<br />

von Tag und Nacht so groß, dass der<br />

Paradiesvogel unerkannt in den Tag hineinleben kann und dafür auch in<br />

Kauf nimmt, dass er nur kostümiert gegrüßt wird.<br />

Egal wie sie tagsüber aussehen oder was sie treiben, nachts gelten sie als<br />

unverzichtbares optisches Element und verhelfen den Veranstaltungen zu ihrem<br />

guten Ruf oder ebnen ihnen den Weg zur Legende. Dies passiert häufig<br />

in Form eines später veröffentlichten Fotos in der lokalen Klatschspalte, das<br />

allen, die nicht dabei waren, ein Dokument darüber ablegen soll, was für<br />

einen schillernden Event sie verpasst haben.<br />

Auch wenn sich auf der Veranstaltung nur ein sogenannter Paradiesvogel<br />

rumgetrieben hat, so ist der für den Nightlifefotografen doch das geeignetere<br />

Objekt als all die legeren Jeans- und Grauträger, deren Beitrag am<br />

Partygeschehen auf einem Foto einfach nicht so gut rüberkommt wie eine<br />

Boa, Gloss, Glitter und ein auffälliges Dekoltee. Der Paradiesvogel schätzt<br />

diese Form der Anerkennung, schließlich investiert er in der Regel sehr viel<br />

Zeit, Mühe und Geld in sein fantasievolles Erscheinungsbild. Auch einigen<br />

Veranstaltern ist der Paradiesvogel als Gast so wichtig, dass es eine Discotraditionsregel<br />

gibt, extrem gut gestylte Leute kostenlos rein zu lassen bzw.<br />

wenigstens an der Schlange vorbei nach vorn zu rufen. Da sie ihr buntes<br />

Outfit auch meist freundlich und gut gelaunt durch die Gegend tragen, sind<br />

prädeszeniert für Küsschenorgien, Umarmungen und Lobpreisungen, denn<br />

die Paradiesvögel ernten nicht nur gern Komplimente, sondern geben häufig<br />

auch Schmink- und Stylingtips an ihre etwas unauffälligeren Bekannten<br />

40


Eternal Rules Of Nightlife / Der Paradiesvogel<br />

weiter. Oft wünschen sie sich sogar, dass mehr Leute so viel<br />

Wert auf das Setzen optischer Akzente legen würden wie sie.<br />

Das wäre bunter und lustiger, und sie hätten mehr Partner<br />

zum Austauschen der vielen kleinen Tips und Tricks.<br />

Optische Exaltiertheit garantiert nicht unbedingt abstraktes<br />

Gedankengut. Während die Creatures of the Night unnahbar<br />

und wie von einer fernen Welt wirken, ist manch supergestylter<br />

Typ außerhalb der Disco eher bieder. Das gilt auch für<br />

Hobbyfetischisten, die mit ihrem exaltierten Auftritten sexuelle<br />

Wunschträume schüren. Ein Lack-Leder-Gummi-Metall-<br />

Dress ist keine Garantie dafür, dass die versprochene Orgie<br />

später in einem Lack-Leder-Gummi-Metall-Raum stattfindet<br />

und nicht vor einer Eiche-Hell-Schrankwand.<br />

Ernüchterung macht sich breit, wenn die Paradiesvögel mit<br />

anstrengenden politischen, sozialen oder ernsthaften privaten<br />

Themen konfrontiert werden, schließlich wähnen sie sich in einer<br />

Welt des Glanzes und Glitters und empfinden alles Alltägliche<br />

als Störung, zur Feierstunde allzumal. Ihr Desinteresse an<br />

dergleichen mag mitunter auch an mangelnden Kenntnissen<br />

des Profanen bestehen. Lieber die Offerten von Gucci kennen<br />

und wissen, wo man sich in Brasilien oder Polen schicke Titten<br />

basteln lassen kann, als auch noch einen Meinungsbeitrag zur<br />

Wahl des neuen Bundespräsidenten zu liefern!<br />

Wer sich seit Jahren vergeblich um die Rolle des Paradiesvogels bemüht<br />

und trotzdem nie bevorzugt behandelt wird, oder im schlechtesten<br />

Falle auch noch aufgefordert wird, aus dem Bild zu gehen,<br />

wenn mal wieder ein Partyfoto geknipst wird, sollte sich schleunigst<br />

nach einer anderen Rolle im Nachtleben umschauen. Vielleicht<br />

nach der des unauffälligen, aber stets geschmackvoll Gekleideten.<br />

Der zufriedene Paradiesvogel kann nach einer Weile feststellen,<br />

dass seine Kosten-Nutzen-Rechnung voll aufgeht. Bewegt<br />

er sich in einem Revier, das ziemlich arm an glamourös<br />

aussehenden Menschen ist, stellt er nach einiger Zeit sogar<br />

fest, dass stets er auf allen Fotos zu sehen ist. Alle anderen<br />

müssen sich dann fragen, wie weit es mit den legendären Partys<br />

in ihrer Gegend her ist, wenn man später immer wieder<br />

auf Bilder mit den gleichen Gesichtern stößt. In manchen<br />

Landkreisen oder Mittelstädten ensteht fast der Anschein, die<br />

örtliche Partyszene würde sich eigens für ihre anschließenden<br />

Dokumentationen einen Transvestiten, eine Brasilianerin im<br />

Bikini oder einen Elvis leisten.<br />

Junge, unerfahrene Paradiesvögel stehen oft unter dem<br />

Druck, dass ihr Aussehen mehr verspricht als es hält. Wer<br />

mit 15 schon als umwerfendes Vamp verkleidet auftritt, muss<br />

damit rechnen, von Männern angesprochen zu werden, die<br />

hohe Anforderungen stellen und denen Kichern und Fantatrinken<br />

nicht wirklich zusagen. Auch die Zahnspange hinter<br />

dem Jeanne Moreau-Mund kommt höchstens bei Pädophilen<br />

gut an.<br />

Die Angst vorm Älterwerden und irgendwann nicht mehr so<br />

Tollaussehen ist bei den Paradiesvögeln recht groß, da sie<br />

schließlich ihre Jahre im Nightlife zu einem großen Teil damit<br />

verbracht haben, über genau jene zu lästern, die nicht<br />

toll aussehen bzw. abbauen. Manche müssen dann auch<br />

feststellen, dass ihre Verkleiderei lustige Begleiterscheinung<br />

einer Lebensphase war, aber nicht wirklich ein Lebenswerk.<br />

Obwohl ein paar schöne Fotos übrigbleiben, die sie aber zuweilen<br />

verstecken, damit niemand sieht, wie viel besser sie<br />

dereinst aussahen. /<br />

Jürgen Laarmann<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

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workaholic fashion / Von Mode und mtz.mtz.mtz<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

WORKAHOLIC<br />

FASHION<br />

Von Mode und mtz.mtz.mtz<br />

Das 2009 gegründete Label workaholic steht für eine rundum<br />

authentische Verbindung von elektronischer Musik und<br />

Mode. Im Ladengeschäft in der Berliner Karl-Marx-Allee –<br />

zwischen Platten befreundeter Labels und natürlich einer<br />

großen Auswahl modischer Artikel und Accessoires – treffen<br />

wir Carolin Kamenz und Fabian Russmeyer, die beiden Inhaber.<br />

Sie sind „workaholics aus Überzeugung“. Zusammen<br />

mit Mode- und Grafikdesignern, Künstlern, DJs, Labels und<br />

anderen kreativen Köpfen bringen sie abwechslungsreiche<br />

Streetwear-Kreationen auf den Markt, die längst eine große<br />

Fanbase gefunden haben. „Bei uns steht der Begriff Workaholic<br />

nicht für die Sucht nach Arbeit im traditionellen Sinn,<br />

sondern für die Leidenschaft, in einem inspirierenden Umfeld<br />

tätig zu sein und selbst etwas aufzubauen. Arbeit bedeutet<br />

für uns nicht Arbeit, sondern Selbstverwirklichung. Unser<br />

Ziel ist die Schaffung eines Mikrokosmos, der unabhängig<br />

bleibt und sich vom zunehmend von Geld gesteuerten Massenkonsum<br />

distanziert.“<br />

workaholic fashion umfasst dabei drei Bereiche bzw. Linien.<br />

Unter dem Banner „DJ’s are workaholics“ werden in Zusammenarbeit<br />

mit DJs und Produzenten thematisch in sich<br />

geschlossene Kollektionen herausgebracht. In einem anderen<br />

kreativen Bereich persönliche Erfahrungen und Eindrücke<br />

zu verarbeiten, das hat bereits Acts wie Gregor Tresher, Snuff<br />

Crew, oder Emerson & Dualton begeistert. Der Launch der<br />

nächsten Kollektion ist für Ende März geplant. Geistiger Vater<br />

wird Marco Resmann sein. „Die Auswahl der Künstler ist eine<br />

subjektive Entscheidung“, betonen Carolin und Fabian lachend.<br />

„Wir haben schon einen hohen Anspruch und würden keinen Act<br />

fragen, der sich ausverkauft oder offensichtlich des breiten Erfolg willens<br />

in eine kommerzielle Richtung entwickelt hat. Wir bevorzugen<br />

generell Leute, die zu 100% hinter dem stehen, was sie machen. Und<br />

die Musik sollte uns natürlich auch privat gefallen.“<br />

Als „Heart Made Fashion“ präsentiert workaholic demgegenüber<br />

die Kooperation mit jungen Modedesignern wie aktuell<br />

Julia Constabel. Ziel ist es, tragbare und finanziell erschwingliche<br />

Kleidung zu produzieren, die alltags- wie clubtauglich ist.<br />

„Diese Kollektionen sind vor allem an Frauen adressiert, die nach<br />

besonderen aber gleichzeitig unkomplizierten Modellen suchen und<br />

kein Interesse an Mainstream-Marken haben, sondern für die mehr<br />

der individuelle Style im Vordergrund steht.“<br />

Neue Maßstäbe hat das workaholic-Team auch im Bereich<br />

Label-Merch setzen können. „Mit dem Begriff Merchandise werden<br />

ja sonst oft billig produzierte Produkte verbunden, bei denen<br />

die Prints schon nach mehrmaligem Waschen kaum noch erkennbar<br />

sind.“ Die Berliner setzen jedoch mit grafisch ausgefeilten<br />

Drucken, angesagten Schnitten und hochwertigen Materialien<br />

dagegen: Labelmode statt Label-Merch. Im Auftrag ihrer Partner<br />

kümmern sich die workaholics um den Vertrieb und teils<br />

auch um die Produktion der Artikel. Diese besondere Qualität<br />

kombiniert mit professionellem Service und persönlicher<br />

Beratung wissen immer mehr Labels und Künstler, wie auch<br />

Clubs und Veranstalter zu schätzen. Namhafte Vertreter wie<br />

Dirty Doering, Killekill, Kling Klong, Mobilee, Stil vor Talent,<br />

Upon You, Vakant oder auch das Fly BerMuDa Festival<br />

arbeiten beim Merchandise mit workaholic zusammen. Für die<br />

nächsten Monate hat das Fashionlabel große Pläne, wie Carolin<br />

und Fabian erzählen: „Momentan suchen wir nach einem<br />

Produzenten, mit dem wir individualisierte Schnitte einfacher umsetzen<br />

können. Gerne würden wir mit einem Anbieter aus Deutschland<br />

oder dem europäischen Ausland arbeiten. Wir legen sehr viel<br />

Wert darauf, dass unsere Produkte unter menschenwürdigen Bedingungen<br />

gefertigt wurden. Soziale Werte zu schätzen ist bei uns eben<br />

nicht aufgesetztes Corporate Social Responsibility-Gehabe. Es muss<br />

doch machbar sein, Partnern und Mitarbeitern gegenüber fair zu<br />

bleiben und trotzdem Erfolg zu haben. Unsere langfristige Vision ist<br />

es, ein Produkt komplett selbst herzustellen, vom Entwurf des Shirts<br />

oder Hoodies bis zum Paper Label, das belegt, von wem die Designs<br />

stammen und mit welchen Materialien gearbeitet wurde.“<br />

Die workaholics werden auch 2012 wieder auf einigen Festivals<br />

mit einem ihrer Stände vertreten sein. Mit dem „Bumtschick<br />

Fashion Bazaar“ (erstmals erfolgreich während der<br />

Berlin Music Days 2011 im Watergate durchgeführt) wurde<br />

zudem ein eigenes Event ins Leben gerufen, das Mode und<br />

Sound im Club verbindet. /<br />

Benedikt Schmidt<br />

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workaholic fashion / Von Mode und mtz.mtz.mtz<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012


workaholic fashion / Von Mode und mtz.mtz.mtz<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

DJs are workaholics<br />

Unter dem Namen „DJs are workaholics“ entstehen in enger<br />

Zusammenarbeit mit DJs und Produzenten erfrischende<br />

Kollektionen mit Bezug zur Musik und Clubszene. Bisher<br />

arbeitete workaholic dafür mit Acts wie Gregor Tresher,<br />

Snuff Crew, oder dem Killekill Label zusammen. Das<br />

wohl bekannteste Motiv ist das von Bara Broest designte<br />

„Bumtschick (mtz.mtz.mtz)“. Im März erscheint eine neue<br />

Kollektion von Marco Resmann.<br />

44


Heart Made Fashion<br />

Für die „Heart Made Fashion“-Reihe holt sich workaholic junge<br />

Modedesigner ins Haus. Ziel ist es, tragbare und clubtaugliche<br />

Mode zu erschaffen, die zu erschwinglichen Preisen erhältlich<br />

ist. Die Kollektionen richten sich vor allem an Frauen, die abseits<br />

des Mainstreams nach unkomplizierten Kleidungsstücken<br />

in individuellem Style und mit dem gewissen Extra suchen.<br />

Brandneu ist die „Maschenmeer“-Kollektion von Julia Constabel:<br />

Ein Meer aus Maschen, das in knallbunten wie gedeckten Farben<br />

daherkommt, mal verführerisch, mal trendy relaxed.


Label Merch<br />

Im Bereich Label Merch konnte workaholic neue Maßstäbe<br />

setzen. Denn statt billig produzierten Fanprodukten setzen<br />

die Berliner auf hochwertige Drucke und umfassende<br />

Beratung. So wird aus T-Shirts und Jutebeuteln tolle<br />

Labelmode. Zum stetig wachsenden Stamm der beteiligten<br />

Labels, Clubs und Veranstalter, für die workaholic die<br />

Produktion und/oder den Vertrieb übernimmt, gehören<br />

namhafte Instanzen wie Vakant, Killekill, Dirty Doering, das<br />

Fly BerMuDa Festival, Upon You, Mobilee und Kling Klong.<br />

workaholic fashion homebase & store<br />

Karl-Marx-Allee 85<br />

10243 Berlin<br />

Tel.: +49 (0) 30. 84118358<br />

mail@workaholicfashion.net<br />

www.workaholicfashion.net<br />

Öffnungszeiten:<br />

Mo bis Fr: 11 bis 20 Uhr<br />

Sa: 12 bis 20 Uhr<br />

46


7<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012


Mode / Streetstyle<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Freunde der Nacht – ist euch auch so kalt? Egal, wie warm die<br />

bunten Lichter der Party auch leuchten, auf dem Heimweg<br />

schlägt einem die nackte Celsius-Realität ins Gesicht. Und<br />

zwar mit einem High Five. Da wir Gestalten uns aber nicht so<br />

leicht unterkriegen lassen, wird der Hohn des Wettergottes<br />

ordnungsgemäß mit einem warmen Lagen-Look bekämpft.<br />

Immerhin wollen wir die berüchtigte Weltuntergangsparty<br />

am 21.12. nicht verpassen.<br />

GOOD LOOKING<br />

AT COLD NIGHTS<br />

Text / Konzept / Fotografie: Bela Tess Wind<br />

DOMINIK, 27 JAHRE<br />

Dominiks Meinung nach sollte jeder Mensch mit seiner<br />

Kleidung harmonieren. Als Hobbyfotograph geht das Thema<br />

Ästhetik natürlich nicht spurlos an ihm vorbei – und doch<br />

steht er seinem Kleiderschrank ohne eine allgemeingültige<br />

Stilregel gegenüber. Für seinen unkomplizierten Look<br />

bedient er sich verschiedenster Genres – so auch in der<br />

Musik. Von Hardcore und Punk bis hin zu Reggae, HipHop<br />

und Drum’n’Bass hört Dominik fast alles. Dinge oder eben<br />

Kleidung in Schubladen zu stecken, das gehört halt nicht zu<br />

seiner Natur – warum auch?<br />

SARAH, 24 JAHRE<br />

Die angehende Make-Up-Artistin kauft häufig auf Flohmärkten<br />

ein, da sich dort immer ein Schmuckstück finden lässt.<br />

Stilistisch lässt sie sich dabei nie großartig beeinflussen und<br />

trägt rotzfrech immer nur das, worauf sie gerade Lust hat –<br />

selbst wenn es farblich nicht zusammenpassen mag oder<br />

viel zu groß ist. Übergrößen mag das Großstadtgör sowieso<br />

am liebsten. Die sind besonders gemütlich – und das sollte<br />

Kleidung doch letztendlich immer sein.<br />

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Mode / Streetstyle<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Schwarzer Parka mit von Supreme Being ca. 130 EUR über<br />

www.zalando.de / Dunkelgraue Jeans von MTWTFSS<br />

Weekday 50 EUR, www.weekday.se / „Don’t Believe The<br />

Hype“-Glücksbärchis-Shirt ca. 70 EUR, www.iloveloud.<br />

com / Hoodie-Zipper von American Apparel 48 EUR, www.<br />

americanapparel.net / Marinefarbener Feinstrickschal<br />

von H&M ca. 10 EUR, www.hm.com / Air Max: Farben<br />

online selbst zusammengestellt 165 EUR, www.nike.<br />

com / Retro-Digitaluhr von Casio ca. 50 EUR über<br />

www.zeitgeist-cologne.com<br />

Graumelierte Slim Leg-Hose von<br />

MTWTFSS Weekday ca. 40 EUR,<br />

www.weekday.se / Schwarzes T-Shirt<br />

mit Abbildung von „Macho Man“ alias<br />

Randy Savage, einer verstorbenen US-<br />

Wrestling-Legende ca. 20 EUR über<br />

www.eBay.de / Gelbe Strickjacke<br />

von Tom Taylor ca. 40 EUR über<br />

www.zalando.de / Grüner Unisex-<br />

Kapuzenpulli von American Apparel<br />

46 EUR, www.americanapparel.net /<br />

Dunkelgrüne Retro-Strickveste von<br />

C&A ca. 10 EUR über www.humanasecond-hand.de<br />

/ Second Hand<br />

Umhängetasche von Promod ca.<br />

30 EUR, www.promod.de / Schwarze<br />

Pudelmütze von American Apparel<br />

22 EUR, www.americanapparel.net<br />

49


Gadget Inspektor<br />

Indien Racer<br />

Retro Fast Forward<br />

Stillvolles Dahingleiten – das hat uns im vorletzten<br />

Jahr das Indienrad gelehrt. Seit mehr als 50 Jahren<br />

gehört es zum alltäglichen Straßenbild des Subkontinents.<br />

Seit Ende 2010 ist es auch in Deutschland erhältlich<br />

und erfreut sich hier mittlerweile großer<br />

Beliebtheit. Und nun bekommt das gemütliche<br />

Rad einen flotten Bruder – den Indien<br />

Racer: dezenter Retro-Charme,<br />

klassisches Erscheinungsbild und<br />

moderne Technik. Ein absoluter<br />

Eyecatcher, der vor allem durch<br />

liebevolle Details (Lenker, Sattel,<br />

Reifen) besticht und den es<br />

sowohl für Damen als auch für<br />

Herren gibt.<br />

Seit Januar 2012 erhältlich<br />

Preis: 399 EUR<br />

www.indienrad.de<br />

germanmade.<br />

Ein gutes Buch<br />

Schon wieder ein iPad-Case? Ja, aber ... die kleine innovative<br />

Schmiede „germanmade.“ aus Düsseldorf bietet handgemachte<br />

Schutzhüllen in Buchoptik an und sticht damit sehr eindrucksvoll<br />

aus dem Meer der Cases heraus. Wahlweise in Leinen, Kunstleder<br />

oder Leder in diversen Farben gehüllt und mit einem gefrästen Holzrahmen,<br />

der das gute Stück passgenau festhält. Die hier abgebildete<br />

Variante g.2 für das iPad 2 hat darüber hinaus noch weitere Fächer<br />

für Stifte und andere Utensilien, die Platz unter dem Tablet finden.<br />

Sehr elegant, durchdacht und wirklich außergewöhnlich.<br />

Preis: ab 69,95 EUR<br />

www.germanmadepunkt.de<br />

Verlosung<br />

Wir verlosen ein Case g.2 mit Buchleinen-Einband. Postkarte<br />

(Stichwort „Made in Germany“) an die Redaktion oder E-Mail an<br />

win@fazemag.de. Einsendeschluss ist der 20. März, der Rechtsweg<br />

ist ausgeschlossen.<br />

TIVoli Audio Pal +<br />

Ich sehe was, was du nicht siehst<br />

Ein feiner Audiobegleiter für unterwegs. Egal ob Picknick, Bergwanderung<br />

oder Dschungelcamp, der Tivoli Audio PAL + ist leicht,<br />

wetterbeständig und besticht durch lange Akkulaufzeit. Es verfügt<br />

über einen 3,5 mm AUX-Eingang, einen Stereo-Kopfhörer-Ausgang,<br />

einen Breitbandlautsprecher und ist ab sofort neben den Farbkombinationen<br />

Weiß/Blau, Weiß/Rot, Weiß/Schwarz, Weiß/Weiß<br />

auch in Weiß/Pink erhältlich. Macht sich sehr gut auf der grünen<br />

Picknick-Wiese.<br />

Preis (UVP): 299 EUR<br />

www.tad-audiovertrieb.de<br />

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Gadget Inspektor<br />

MOLESKINE MEETS LEGO<br />

Legondär!<br />

Moleskine, die Marke mit den unheimlich schönen Notizbüchern<br />

und Kalendern, verzückt immer wieder mal mit ausgewählten Kooperationen<br />

wie z.B. mit Pac Man oder Star Wars. Ganz neu gibt es<br />

nun die feinen Bücher in limitierter Auflage mit LEGO als Partner.<br />

In den geprägten Bucheinband ist eine LEGO-Platte eingelassen,<br />

und dazu gibt es jede Menge Sticker, ein bedrucktes Vorsatzblatt<br />

und ein farblich abgestimmtes Lesezeichenbändchen. Für alle, die<br />

ihr Herz für LEGO immer noch nicht verloren haben. Erhältlich in<br />

zwei Größen und jeweils zwei Varianten.<br />

Preis: ab 16 EUR<br />

www.moleskine.com<br />

PNY HOOK ATTACHÉ USB-STICK<br />

Klein, robust und hübsch<br />

Wichtig dabei sind natürlich gute Qualität und eine hohe Speicherkapazität.<br />

Wer dabei auch noch Wert auf Qualität, Robustheit und<br />

Design legt, der ist mit dem „Hook Attaché“ von PNY bestens bedient.<br />

Darüber hinaus hat der Metall-Stick eine praktische<br />

Vorrichtung, um am Schlüsselbund befestigt zu<br />

werden.<br />

Preis (UVP): 19,99 EUR (8 GB),<br />

29,99 EUR (16 GB) &<br />

59,99 EUR (32 GB)<br />

www.pny.com<br />

VERLOSUNG<br />

Wir verlosen einen<br />

USB-Stick. Postkarte<br />

(Stichwort „Captain<br />

Hook“) an die Redaktion oder<br />

E-Mail an win@fazemag.de. Einsendeschluss ist der 20. März, der<br />

Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

WESC BASS WHITE<br />

Schöner hören<br />

Das zur Jahrtausendwende gegründete schwedische Label<br />

We are the Superlative Conspiracy – kurz WeSC – ist durch<br />

seine lässige Streetwear und Skateboard-Kleidung bekannt<br />

geworden. Seit ein paar Jahren gehören auch Kopfhörer zum<br />

Programm, die in diversen Farben und Modellen angeboten werden.<br />

Besonders heiß ist natürlich die Variante Bass White, mit der<br />

man seinem Auftreten einen äußerst smarten, legeren und souveränen<br />

Touch verleihen kann.<br />

Preis (UVP): 99 EUR<br />

www.wesc.com<br />

VERLOSUNG<br />

Wir verlosen einen Bass White. Postkarte (Stichwort „Weiß wie die<br />

Unschuld“) an die Redaktion oder E-Mail an win@fazemag.de.<br />

Einsendeschluss ist der 20. März, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

53


Spielplatz<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Neues Jahr, neues Heft, neue Games,<br />

neues Glück. Mehr neu geht nicht. Quasi<br />

neu im Quadrat. Doch bevor die Muttersprache<br />

hier noch weiter ad absurdum<br />

geführt wird, geht ein kuschelig<br />

warmes Hallo an all die Zocker, Konsoleros,<br />

Träumer, Pixelkrieger, Individualisten,<br />

Tastenprügler, Nerds, Geeks,<br />

Raver und Herzmenschen da draußen,<br />

die uns auch weiterhin die Treue halten.<br />

Hier sind ein paar Spiele für euch.<br />

Den Anfang macht Asura. Ein Halbgott,<br />

dem die Sonne so gar nicht aus dem<br />

Arsch scheint. Im Gegenteil. Erst wurde<br />

er von seinen göttlichen Kameraden aufs<br />

Kreuz gelegt, dann wurde seine Frau ermordet<br />

und schließlich hat man ihn ohne<br />

Kräfte für 12.000 Jahre auf der Erde in<br />

einen Stein eingeschlossen. Doch als<br />

ihn das Gebet eines Kindes befreit, darf<br />

Asura endlich das machen, wozu er geschaffen<br />

wurde: wüten. Gegen alles, was<br />

kommt. Egal wie groß es ist. Und allein<br />

dies macht Capcoms „Asura’s Wrath“<br />

schon zur Ausnahmeerscheinung. Denn<br />

die Endgegner sind einfach nur verdammt<br />

groß. Und die Kämpfe gegen<br />

sie ein grandios überzeichneter Mix aus<br />

Cel-Shading-Optik, Quicktime-Events,<br />

„Dragonball“-Feeling, Buddhismus- oder<br />

Hinduismus-Verweisen und klassischen<br />

Anime-Cliffhangern. Das mag für manche<br />

etwas zu japanisch sein, hat aber auch<br />

spätestens dann ein paar echte starke Argumente<br />

auf der Gegenseite, wenn Asura<br />

zur Schlacht gegen eine Buddha-Statue<br />

von planetarem Ausmaß antritt und mit<br />

sechs Armen auf einen Zeigefinger der<br />

Marke Empire State Building einhämmert.<br />

Der Titel „größter Bosskampf der<br />

Geschichte“ ist jetzt schon mal verdient.<br />

Der Trick dabei: man muss keine gegnerischen<br />

Energiebalken runter, sondern<br />

den eigenen Zornbalken hoch prügeln.<br />

Ist dieser voll, gibt’s die finale Kelle. Das<br />

ist zwar nicht wirklich fordernd, aber ungemein<br />

befriedigend. Genauso wie der<br />

Rest, der sich aus Gruppenkeilereien<br />

und Rail-Sequenzen zusammensetzt. Die<br />

überdrehte Götter-Action erscheint für<br />

Xbox 360 und PS3.<br />

Noch mehr Hiebe wird es wohl nur in<br />

„SoulCalibur V“ von Namco Bandai<br />

setzen. Darin geht es mal wieder um<br />

die Vorherrschaft von Gut und Böse. 17<br />

Jahre nach ihrem letzten Kampf bitten<br />

die beiden Schwerter SoulCalibur (gut)<br />

und SoulEdge (böse) zum alles entscheidenden<br />

Turnier. Mit dabei: alte Recken<br />

wie Siegfried oder Mitsurugi, neue Helden<br />

wie die Glaskugel-Kämpferin Viola<br />

und Stargast Ezio Auditore da Firenze,<br />

der wie in Assassin’s Creed mit Armbrust,<br />

versteckten Messern und italienischen<br />

Flüchen zum Kampf antritt. Wer will,<br />

darf sich auch per prallem Charakteredi-<br />

Asura’s Wrath<br />

Metal Gear Solid HD Collection<br />

tor einen eigenen Krieger erstellen. Geprügelt wird online oder lokal gegeneinander,<br />

sowie im Storymodus, bei dem die Geschwister Patroklos und Pyrrha im Mittelpunkt<br />

stehen. Das sieht Dank neuer Animationen und einer verbesserten Grafik schöner aus<br />

als je zuvor. Es ist Dank neuer Kampfmechaniken wie dem Ausweichschritt oder dem<br />

„Critical Meter“, der zwei weitere Spezialattacken ermöglicht, nicht nur für Tastenhämmerer,<br />

sondern auch für Taktiker reizvoll. So macht die opulente Prügel-Orgie<br />

zwar nicht viel neu, aber das Wesentliche richtig und erscheint für Xbox 360 und PS3.<br />

Echte Videospiel-Geschichte erreicht uns in Form der „Metal Gear Solid HD<br />

Collection“ von Konami. Drei Titel, chronologisch angeordnet, erstmals hoch aufgelöst<br />

und diesmal nicht nur für PS3-, sondern auch für Xbox 360-Spieler gedacht.<br />

Den Anfang bildet „Metal Gear Solid 3: Snake Eater“, in dem Naked Snaked, alias<br />

Papa von Solid Snake, während des Kalten Krieges gegen seine Mentorin und<br />

den irren GRU-Oberst Volgin zu Felde zieht. In der Fortsetzung „Peace Walker“,<br />

die bisher nur auf der PSP erhältlich war, darf Naked Snake, inzwischen Big Boss<br />

genannt, gegen fiese CIA-Agenten im Dschungel von Costa Rica vorgehen. Zu guter<br />

Letzt darf dann der Sohnemann ran. In „Sons of Liberty“, dem zweiten Metal Gear-<br />

Abenteuer für die PlayStation, muss Solid Snake den US-Präsidenten aus den Klauen<br />

seiner Brüder Liquid und Solidus befreien. Was alle drei Hightech-Thriller eint:<br />

riesige Weltvernichtungsmaschinen, epische Cutscenes, etliche Verweise auf Krieg,<br />

Kino und Philosophie und wegweisende Stealth-Action. Ein Fest für alle Veteranen<br />

der Original-Spiele und hoffentlich auch ein verlockendes Angebot für all die Zocker,<br />

die bisher noch nicht glauben wollten, dass Liebe auch auf dem Schlachtfeld blühen<br />

kann.<br />

Und wer jetzt noch ein paar Untote braucht, darf sich auf „Resident Evil: Operation<br />

Raccoon City“ freuen. Capcoms neuester Ableger der Serie beschreitet neue<br />

Wege, wählt dafür aber einen alten Pfad. So spielt man hier noch einmal die Story<br />

des zweiten Teils, übernimmt dabei aber die Rolle der Gegenseite und muss als<br />

Anführer eines Umbrella-Einsatz-Truppe in der T-Virus-verseuchten Raccoon City<br />

aufräumen. Die Folge: ein Team-basierter 3rd-Person-Deckungs-Shooter, bei dem<br />

es vor allem darauf ankommt, dass man seine Mannschaft geschickt zusammenstellt.<br />

Der eine kann die Gestalt seiner Opfer annehmen, ein anderer missbraucht eben jene<br />

54


NEU IM MÄRZ<br />

SPIELPLATZ<br />

als Schutzschild, während ein Dritter sie zur Kamikaze-Waffe<br />

umfunktioniert. Ach so, die Opfer sind natürlich Zombies. Neben<br />

Leon Kennedy & Co die dritte und permanente Bedrohung<br />

im Spiel. Und geheilt wird wie immer mit grünem Kraut.<br />

Daraus ergibt sich eine launige Ballerei aus der Schulterpespektive,<br />

die mit vertrautem Setting und netten „Left 4 Dead“-<br />

Feeling punktet, nicht ganz so perfekt funktioniert wie „Gears<br />

of War 3“ und für PC, Xbox 360, sowie PS3 erscheint.<br />

In diesem Sinne: Auf ein Neues ...<br />

Resident Evil: Operation Racoon City<br />

Soul Calibur V<br />

FAZE und Capcom verlosen jeweils zwei Exemplare von<br />

„Asura’s Wrath“ für Xbox 360 und PS 3. Und als wäre<br />

das noch nicht genug, packen wir jeweils noch eine extrageile<br />

Asura-Perücke oben drauf. Schickt eine E-Mail<br />

an win@fazemag.de mit dem Betreff „Asura’s Wrath“<br />

und der Angabe eurer Konsole. Einsendeschluss ist der<br />

20. März, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

PC<br />

Jurassic Park – The<br />

Game – Action-Adventure, ab<br />

12 Jahren, VÖ-Datum: 23. Februar<br />

2012<br />

Alan Wake – Action-Adventure,<br />

ab 16 Jahren, VÖ-Datum:<br />

2. März 2012<br />

Ridge Racer Unbounded<br />

– Rennspiel, o. Altersfreigabe,<br />

VÖ-Datum:<br />

2. März 2012<br />

Theatre Of War 3 –<br />

Korea – Strategie, ab 16 Jahren,<br />

VÖ-Datum: 2. März 2012<br />

DiRT 3 – Rennspiel, ab 6 Jahre,<br />

VÖ-Datum: 8. März 2012<br />

Mass Effect 3 – Rollenspiel,<br />

ab 12 Jahren, VÖ-Datum: 8.<br />

März 2012<br />

Captain Morgane And<br />

The Golden Turtle – Adventure,<br />

ab 12 Jahren, VÖ-Datum:<br />

23. März 2012<br />

Martial Empires – Rollenspiel,<br />

ab 12 Jahren, VÖ-Datum:<br />

23. März 2012<br />

Rayman Origins –<br />

Jump’n’Run, ab 6 Jahren, VÖ-<br />

Datum: 29. März 2012<br />

PLAYSTATION 3<br />

Asura’s Wrath – Action, ab<br />

16 Jahren, VÖ-Datum: 24. Februar<br />

2012<br />

Binary Domain – Action, ab<br />

16 Jahren, VÖ-Datum: 24. Februar<br />

2012<br />

Snipers - Action, ab 16 Jahren,<br />

VÖ-Datum: 24. Februar 2012<br />

Ridge Racer Unbounded<br />

– Rennspiel, o. Altersfreigabe,<br />

VÖ-Datum: 2. März 2012<br />

SSX – Sport-Action, ab 6 Jahre,<br />

VÖ-Datum: 2. März 2012<br />

DiRT 3 – Rennspiel, ab 6 Jahre,<br />

VÖ-Datum: 8. März 2012<br />

Mass Effect 3 – Rollenspiel,<br />

ab 12 Jahren, VÖ-Datum: 8.<br />

März 2012<br />

Street Fighter X Tekken –<br />

Action, ab 12 Jahren, VÖ-<br />

Datum: 9. März 2012<br />

FIFA Street – Sport, o. Altersfreigabe,<br />

VÖ-Datum: 15. März<br />

2012<br />

Resident Evil: Operation<br />

Raccoon City – Action, ab 18<br />

Jahren, VÖ-Datum: 23. März<br />

2012<br />

Ninja Gaiden 3 – Action,<br />

ab 18 Jahren, VÖ-Datum:<br />

23. März 2012<br />

XBOX 360<br />

Jurassic Park – The Game –<br />

Action-Adventure, ab 12 Jahren,<br />

VÖ-Datum: 23. Februar 2012<br />

Asura‘s Wrath – Action, ab<br />

16 Jahren, VÖ-Datum: 24. Februar<br />

2012<br />

Binary Domain – Action, ab<br />

16 Jahren, VÖ-Datum: 24. Februar<br />

2012<br />

Snipers – Action, ab 16 Jahren,<br />

VÖ-Datum: 24. Februar<br />

2012<br />

Ridge Racer Unbounded<br />

– Rennspiel, o. Altersfreigabe,<br />

VÖ-Datum: 2. März 2012<br />

SSX – Sport-Action, ab 6 Jahre,<br />

VÖ-Datum: 2. März 2012<br />

DiRT 3 – Rennspiel, ab 6 Jahre,<br />

VÖ-Datum: 8. März 2012<br />

Mass Effect 3 – Rollenspiel,<br />

ab 12 Jahren, VÖ-Datum:<br />

8. März 2012<br />

Street Fighter X Tekken –<br />

Action, ab 12 Jahren, VÖ-<br />

Datum: 9. März 2012<br />

FIFA Street – Sport, o. Altersfreigabe,<br />

VÖ-Datum: 15. März<br />

2012<br />

Resident Evil: Operation<br />

Raccoon City – Action, ab 18<br />

Jahren, VÖ-Datum: 23. März<br />

2012<br />

Ninja Gaiden 3 – Action,<br />

ab 18 Jahren, VÖ-Datum:<br />

23. März 2012<br />

NINTENDO WII<br />

The Last Story – Rollenspiel,<br />

ab 16 Jahren, VÖ-Datum: 24.<br />

Februar 2012<br />

Mario Party 9 – Geschicklichkeit/Kinderspiel,<br />

ab 12 Jahren,<br />

VÖ-Datum: 2. März 2012<br />

Captain Morgane And<br />

The Golden Turtle – Adventure,<br />

ab 12 Jahren, VÖ-Datum:<br />

23. März 2012<br />

NINTENDO 3/DS<br />

Metal Gear Solid: Snake<br />

Eater 3D – Action-Adventure,<br />

ab 16 Jahren, VÖ-Datum:<br />

8. März 2012<br />

Captain Morgane And<br />

The Golden Turtle – Adventure,<br />

ab 12 Jahren, VÖ-Datum:<br />

23. März 2012<br />

Kid Icarus: Uprising –<br />

Action, Alter: t.b.a., VÖ-Datum:<br />

23. März 2012<br />

Rayman Origins –<br />

Jump’n’Run, ab 6 Jahren, VÖ-<br />

Datum: 29. März 2012<br />

PLAYSTATION VITA<br />

Uncharted: Golden<br />

Abyss – Action-Adventure, ab<br />

16 Jahren, VÖ-Datum: 22. Februar<br />

2012<br />

Unit 13 – Action, Alter: t.b.a,<br />

VÖ-Datum: 9. März 2012<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

55


Spielplatz / Cari Lekebusch<br />

CARI LEKEBUSCH<br />

Von „Computer World“ zu „Mass Effect“<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Meine ersten Erinnerungen und Erfahrungen<br />

mit Computern und Videospielen hatte ich im<br />

Jahr 1982. Der Soundtrack dieser Zeit war für<br />

mich „Computer World“ von Kraftwerk, und ich<br />

erinnere mich, dass sich das alles neu und innovativ<br />

anfühlte. In meiner Jugendzeit spielte<br />

ich Videospiele mit meinen Freunden auf Konsolen<br />

wie Atari, Vectrex, Spectrum 48k und<br />

dem Commodore C-64. Die Kombination des<br />

erhöhten Zugangs zur Technik bei sich zu Hause<br />

und dem forschenden Drang eines Teenagers<br />

inspirierte mich dazu, über die Spiele hinaus zu<br />

schauen und ein Interesse an dem Versuch, Musik<br />

zu kreieren, zu entwickeln.<br />

und Aufrechterhaltung meiner Insel im „Second Life“. Mit dem Grafikund<br />

Sounderlebnis, das generell besser ist auf Plattformen wie der PS3 oder<br />

der Xbox 360, genieße ich es, diese für das pure Entertainment zu nutzen,<br />

wie z.B. bei „Mass Effect“. „Mass Effect“ ist ein Science Fiction-Videospiel,<br />

das von dem kanadischen Softwareentwickler BioWare entwickelt wurde.<br />

Es gibt durchaus ein paar coole existenzielle Aspekte in der Handlung des<br />

Spiels – eingeschlossen künstlicher Intelligenz, Computer-Automation und<br />

die Evolution der Menschheit – synchronisiert mit Computern. Ich glaube,<br />

dies ist eines der großen Themen, die in den nächsten 30 Jahren mehr und<br />

mehr in unsere Gesellschaft eindringen – wenn das mooresche Gesetz*<br />

Während wir auf unseren „Kopier-Partys“ in den<br />

80ern Spiele austauschten, fantasierten meine<br />

Freunde und ich über virtuelle Onlinewelten,<br />

in denen man in realer Zeit spielen oder Musik<br />

machen konnte. Ich habe immer neue virtuelle<br />

Entwicklungen des Computers benutzt,<br />

die heutzutage alltägliche Nutzungen<br />

der Computertechnologie<br />

sind, um mein Label H-<br />

Productions zu unterstützen.<br />

Aber worüber ihr euch vielleicht<br />

nicht so bewusst seid, ist die<br />

Einführung und die Entwicklung<br />

des einzigartigen „Second<br />

Life“. „Second Life“<br />

ist eine von Linden Lab<br />

entwickelte virtuelle Onlinewelt,<br />

die 2003 ins<br />

Leben gerufen wurde.<br />

Die „Second Life“-<br />

Benutzer, genannt<br />

Bewohner, interagieren<br />

miteinander durch<br />

Avatare. Die Bewohner<br />

können die Welt<br />

(bekannt als Grid/Gitter)<br />

entdecken, andere Bewohner<br />

treffen, sich vergesellschaften etc. Diese Arten<br />

von virtuellen Orten werden in der morgigen Welt<br />

eine große Rolle spielen, da sie eine Grundlage für<br />

alles – vom Einkaufen bis zum Entertainment – im<br />

alltäglichen Leben bieten. Damit umzugehen ist<br />

einfach, nicht viel anders als mit einem regulärem<br />

Internetbrowser mit Drag & Drop-<br />

Funktionen. Inhalte zu kreieren ist natürlich<br />

nicht ganz so einfach, aber jeder mit<br />

Interesse kann dies mit Leichtigkeit lernen.<br />

Ansonsten sind deiner Fantasie keine<br />

Grenzen gesetzt.<br />

Ich benutze eine Xbox für Spiele<br />

und einen bestimmten Spiel-/Grafikcomputer<br />

für die Erschaffung<br />

56


Spielplatz / Cari Lekebusch<br />

aussetzt und der kleinste Mikrochip erfunden wurde und der einzige Weg<br />

der elektronischen Datenverarbeitung mit einem Quantencomputer funktioniert<br />

oder noch komplexere Verschlüsselungsysteme entwickelt werden,<br />

um schnellere und intelligentere Maschinen zu entwerfen.<br />

Die virtuelle Erfahrung in „Mass Effect“ formt sich in Echtzeit nach der<br />

Person, die es spielt, was ich als Konzept sehr fantastisch finde. Allerdings,<br />

der in Kürze kommende dritte Part der Trilogie wird – wie ich es verstanden<br />

habe – das Ende des Echtzeit-Erlebnisses in der Onlinewelt sein. Ich<br />

freue mich schon darauf, dass es bald möglich ist, die zwei besten virtuellen<br />

Welten – mit der Interaktion von „Second Life“ und dem endlosen Spielen<br />

und den erhöhten Grafiken von „Mass Effect“ – zu kombinieren.<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

„Mass Effect 3“ erscheint am 8. März via Electronic Arts. Mehr dazu erfahrt<br />

ihr in der April-Ausgabe von FAZE.<br />

*Das mooresche Gesetz (Gordon Moore, englisch Moore‘s Law; dt. „Gesetz“<br />

im Sinne von „Gesetzmäßigkeit“) sagt aus, dass sich die Komplexität<br />

integrierter Schaltkreise mit minimalen Komponentenkosten regelmäßig<br />

verdoppelt; je nach Quelle werden 18 oder 24 Monate als Zeitraum<br />

genannt. (Quelle: Wikipedia)<br />

57


Leinwand<br />

KURZ UND KNACKIG<br />

HAYWIRE<br />

Start: 08.03.12<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

CONTRABAND<br />

Start: 15.03.12<br />

Genre: Thriller<br />

Regie: Baltasar Kormakur<br />

Darsteller: Mark Wahlberg, Kate Beckinsale,<br />

Ben Foster<br />

Verleih: Universal<br />

Es ist Remake-Time in Hollywood. Zum wiederholten<br />

Male wurde ein europäischer Film für das<br />

US-amerikanische Publikum aufbereitet. Das<br />

war bei „Nightwatch“ so, bei „Vanilla Sky“, bei<br />

„Codename Nina“ und gerade zuletzt erst bei<br />

„Verblendung“ von David Fincher. Eine neue<br />

Richtung konnte keiner der genannten Filme im<br />

Vergleich zum Original einschlagen. Auch das<br />

Remake von „Reykjavik-Rotterdam“, das hier<br />

und jetzt „Contraband“ heißt, ist unterhaltsam,<br />

aber keinesfalls besser als das Original. Baltasar<br />

Kormakur, der im norwegischen Film noch<br />

die Hauptrolle bekleidete, hat hier auf dem Regiestuhl<br />

Platz genommen und Mark Wahlberg<br />

die Hauptrolle überlassen. Für alle, die die Story<br />

nicht kennen, hier eine Kurzfassung: Mark<br />

Wahlberg verkörpert den Ex-Schmuggler Chris<br />

Farraday, der seine Verbrecherkarriere an den<br />

Nagel gehängt hat, um als Familienvater seinen<br />

Lebensunterhalt legal zu verdienen. Wie so oft,<br />

geht etwas schief mit dem neuen Lebensentwurf,<br />

und Farraday muss einen letzten Coup drehen,<br />

um dem Bruder seiner Frau (Kate Beckinsale)<br />

aus der Patsche zu helfen. Was dann folgt, ist<br />

ein typischer Heist-Entwurf im Stil der Oceans-<br />

Filme mit Giovanni Ribisi als Bösewicht, vorhersehbarem<br />

Ausgang und viel Tempo. Schon okay.<br />

DIE TRIBUTE VON PANEM –<br />

TÖDLICHE SPIELE<br />

Start: 22.03.12<br />

Genre: Action, Drama, Sci-Fi<br />

Regie: Gary Ross<br />

Darsteller: Jennifer Lawrence,<br />

Josh Hutcherson, Liam Hemsworth<br />

Verleih: StudioCanal<br />

„Running Man“ und „Logans Run“ standen Pate<br />

für den neuen Film von Gary ‚Pleasantville‘ Ross,<br />

der auf den Romanen von Suzanne Collins basiert<br />

und in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft<br />

in den ehemaligen USA angesiedelt ist. Nachdem<br />

Nordamerika durch Kriege und Naturkatastrophen<br />

größtenteils zerstört wurde, entstand das<br />

Land Panem, dessen Name sich von dem lateinischen<br />

Sprichwort „Panem et Circenses“ (übersetzt:<br />

Brot und Spiele) ableitet. Panem wird von<br />

einer unerbittlichen Regierung geführt, die jedes<br />

Jahr grausame Gladiatorenspiele veranstaltet, bei<br />

der nur eine einzige Person überlebt. 24 Jugendliche<br />

aus zwölf verschiedenen Bezirken – hier sind<br />

es Distrikte – nehmen an den Spielen teil. Als die<br />

kleine Schwester der 16-jährigen Katniss (Jennifer<br />

Lawrence) antreten soll, nimmt Katniss ihren<br />

Platz ein. Ebenfalls ausgewählt wurde Peeta (Josh<br />

Hutcherson), den sie seit ihrer frühesten Jugend<br />

kennt. Obwohl sie befreundet sind und Peeta ihr<br />

vor Turnierbeginn sogar seine Liebe gesteht, verlangen<br />

die Regeln des Spiels, dass sie von nun an<br />

Feinde auf Leben und Tod sein müssen. Zusammen<br />

versuchen sie, die Regeln zu umgehen und<br />

gemeinsam lebend dem Land zu entkommen. Science<br />

Fiction mit sozialkritischem Inhalt, der aber<br />

eher unterhalten denn erziehen will. Gelungen.<br />

Der neue Film von Steven<br />

Soderbergh mit großartigem<br />

Cast (Michael Douglas,<br />

Ewan McGregor, Antonio<br />

Banderas) und spannender<br />

Action-Geheimagenten-Verschwörungs-Thematik.<br />

HEADHUNTERS<br />

Start: 15.03.12<br />

Die Norweger können es.<br />

Auch Morten Tydlum beweist<br />

mit seinem atemberaubenden<br />

Thriller, dass er<br />

sich vor keinem US-amerikanischen<br />

Regisseur zu verstecken<br />

braucht. Packend.<br />

RUHM<br />

Start: 22.03.12<br />

Deutsche Filme sind entweder<br />

zu albern oder zu kopflastig.<br />

Ein Vorurteil, das mit<br />

„Ruhm“ widerlegt wird.<br />

Sechs Geschichten verbinden<br />

sich zu einem Gesamtbild<br />

und bieten großartige<br />

Darsteller.<br />

58


Leinwand<br />

DVDS IM MÄRZ<br />

Alles neu macht der Mai, heißt es in einer<br />

Bauernregel, aber das ist Bullshit.<br />

Alles neu macht der März, und das ist<br />

kein Scherz. Meine lustige Kolumne voller<br />

cineastischer Abseitigkeiten findet ihr<br />

nun jeden Monat im FAZE-Magazin, und<br />

natürlich werde ich auch jeden Monat ein<br />

paar feine Verlosungen für euch bereit<br />

halten. Und los geht’s.<br />

John Carpenter ist einer meiner Alltime-Lieblingsregisseure,<br />

auch wenn mich seine letzten<br />

Werke nicht mehr so gefesselt haben wie „Assault<br />

On Preinct 13“, „The Fog“ oder natürlich „The<br />

Thing“. Zu Letzterem gibt es jetzt ein Prequel,<br />

das von den Machern des „Dawn Of The Dead“-<br />

Remakes produziert wurde. Das Prequel heißt<br />

ebenfalls „The Thing“ (Universal), was ein wenig<br />

verwirrend ist, unterhält aber gelungen: Bei<br />

einer Expedition am Südpol stoßen norwegische<br />

Forscher auf ein Alien-Raumschiff. Im vereisten<br />

Wrack entdecken sie ein außerirdisches Wesen,<br />

das vermutlich beim Absturz ums Leben gekommen<br />

ist. Die Paläontologin Kate Lloyd und ihr<br />

Team beginnen sofort mit der Untersuchung.<br />

Dabei erwacht die Kreatur aus ihrem Schlaf<br />

und eine gnadenlose Hetzjagd beginnt. Kann<br />

man sich auch dann gut anschauen, wenn man<br />

das Original kennt. „Mimic“ (Studiocanal)<br />

wird der geneigte Horror-Sci-Fi-Fan ebenfalls<br />

kennen, denn der 1997er Film von Guillermo<br />

‚Pans Labyrinth‘ Del Toro bietet nicht nur viele<br />

Schleimeffekte und Gore, sondern auch Mira<br />

Sorvino – was macht die Ex von Mr. Tarantino<br />

eigentlich? Jedenfalls gibt es „Mimic“ hier im<br />

zwei Minuten längeren Director’s Cut, und das<br />

ist auch gut so. Gar nicht so gut läuft Til Schweigers<br />

Hollywood-Karriere. Immerhin darf er ab<br />

und zu in Action-Filmen mitspielen und den<br />

Bösen mimen. In „The Courier“ (Constantin)<br />

spielt er einen FBI-Agenten, was er genauso<br />

stoisch abarbeitet. Ansonsten bietet der Film einen<br />

guten Cast mit Jeffrey Dean Morgan oder<br />

Mickey Rourke, aber die Story um den Kurierfahrer,<br />

der unvermittelt in das Fadenkreuz von<br />

FBI und Mafia gerät, ist jetzt nicht so brandneu.<br />

Dafür ist die Inszenierung packend und bietet<br />

viel Popcorn fürs Auge. Noch um einiges grandioser<br />

ist natürlich immer noch „From Dusk<br />

Till Dawn“ (StudioCanal), der jetzt in einer<br />

Special Edition erstmalig auf Blu-Ray erscheint.<br />

Okay, die Fassung ist nicht uncut, zwei Minuten<br />

fehlen, aber dafür gibt es gut vier Stunden Bonusmaterial,<br />

das teilweise sehr unterhaltsam ist<br />

und einen der wegweisendsten Horror-Action-<br />

Splatter-Filme aller Zeiten in herausragender<br />

Bild- und Tonqualität. Also Daumen nach<br />

oben! Ebenfalls nicht gänzlich uninteressant ist<br />

der britische Torture-Porn-Sozialdrama-Klon<br />

„Spiderhole“ (WVG Medien) um vier heruntergekommene<br />

Studenten, die versuchen, die<br />

teuren Londoner Wohnungsmieten zu sparen.<br />

So brechen sie in einen abgefuckten Altbau in<br />

der Innenstadt ein – so etwas soll es auch geben<br />

– um sich dort unauffällig einzunisten und<br />

Drogenpartys zu feiern. Das Ganze wäre kein<br />

Horrorfilm, wenn man alleine bliebe im Gebäude.<br />

Aber als die Kids mit Kater erwachen,<br />

sind die Eingänge verschlossen und die Fenster<br />

verrammelt. Dann verschwindet plötzlich einer<br />

nach dem anderen, und aus der Ferne hört man<br />

seine Schreie. Not bad! Absolut nicht schlecht,<br />

sondern sehr gut ist das schwedische Gangsterdrama<br />

„Easy Money“ (Universum), das wir<br />

zweimal für euch als Blu-Ray plus Buchvorlage<br />

zur Verlosung ergattern konnten. Hauptfigur<br />

des schmucken Films, der auch teilweise in<br />

Hamburg gedreht wurde, ist der adrette Student<br />

Jo, dem es nicht gefällt, im reichen Stockholm<br />

arm zu sein, zumal er sich in ein wohlhabendes<br />

Mädchen aus gutem Hause verliebt, das beeindruckt<br />

werden will. Da kommt das Angebot,<br />

schnelles Geld zu verdienen, ganz gelegen. Und<br />

nun beginnt ein gefährliches Doppelleben, denn<br />

Jos Wege kreuzen sich mit der serbischen Mafia.<br />

Spannend inszeniert und mit mächtigem Tempo<br />

geht der Film von Daniel Espinosa ins Rennen<br />

und lässt niemanden unbeeindruckt zurück.<br />

Wann kommt hiervon wohl das Hollywood-Remake?<br />

Wir lassen uns überraschen und freuen<br />

uns auf kommende Highlights.<br />

Verlosung: Wer eine der beiden Blu-Rays von<br />

„Easy Money“ gewinnen möchte, schickt bitte bis<br />

zum 20.03. eine E-Mail an win@fazemag.de und<br />

vergisst weder den Betreff noch die eigene Adresse.<br />

Bis nächsten Monat<br />

Euer Charles Buchinsky Jr.<br />

3


FAZE FORTY<br />

FAZEFORTY<br />

Zusammengestellt aus den Monatscharts von über 100 DJs, Plattenläden und Downloadstores<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

2 1<br />

3<br />

1. Sebbo & da Ragnio – Fourteen<br />

Years (Soulfooled)<br />

2. Sable Sheep – Painting My Fur (Be As One)<br />

3. Terranova – Question Mark / KiNK Remix<br />

(Kompakt)<br />

4. tINI – Shmooh‘s Raisin Theory / Re–Up Remix (Dissonant)<br />

5. Gregor Tresher & Karotte – Wave Goodbye (Break New Soil)<br />

6. Gui Boratto – Paralelo / Solee Remix (Parquet Recordings)<br />

7. Kaiserdisco – Aymara (Drumcode)<br />

8. Kölsch – Opa (Kompakt)<br />

9. Lana Del Rey – Video Games / Rainer Weichhold & Nick<br />

Olivetti Remix (White)<br />

10. Luca Bacchetti – On The Moon (Ovum)<br />

11. Nicole Moudaber – Hair (Leena)<br />

12. Pele & Shawnecy – We Discuss (Cecille Numbers)<br />

13. Bart Skils – All About The Music (Break New Soil)<br />

14. Butch – Rawhide (Sei Es Drum)<br />

15. Chez Damier – Can You Feel It / Steve Bug Re–Mix (Defected)<br />

16. Martin Eyerer – Bells A Go / Bushwacka Remix (Kling Klong)<br />

17. Rodriguez Jr – Bagpipe Woman / Christian Smith Remix<br />

(Mobilee)<br />

18. Azari & III – Reckless With Your Love / Tiga Remix (Turbo)<br />

19. Anonym – I‘m a Dancer (Vakant)<br />

20. AudioJack feat. Kevin Knapp – Stay Glued / Gorge<br />

Remix (Gruuv)<br />

21. Chicane – Don’t Give Up / Norman Doray & Albin Myers<br />

Private Bootleg (White)<br />

22. Daddys Groove & Little Nancy – It´s not right but it´s ok<br />

(Strictly Rhythm)<br />

23. Daniel Maher & Casa – Malgra / Kaiserdisco Remix (Circus<br />

Recordings)<br />

24. DJ Le Roi & Roland Clarke – I Get Deep / 2011 Edit (GPM)<br />

25. Dosem – Tales Of Tomorrow (Tronic)<br />

26. Eats Everything – The Size (Dirtybird)<br />

27. Lawrence & Seth Troxler – Miles In Aphrika / youANDme<br />

Edit (murmur)<br />

28. M.A.N.D.Y. & Booka Shade – Home / Steve Rachmad<br />

Remix (GPM)<br />

29. Shifted – Junk (Mote Evolver)<br />

30. Skudge – Onic / Rolando Understands Remix (Skudge)<br />

31. Slam – Collecting Data / Sasha Carassi Remix (Paragraph)<br />

32. Tensnake – Around the House / DJ T‘s 2011 Edit (GPM)<br />

33. Todd Terje – Inspector Norse (Smalltown Supersound)<br />

34. Uner – Cocoua (Cadenza)<br />

35. WK7 – The Avalanche (PowerHouse)<br />

36. Wollion – I Prefer To Avoid Drama (Yellow Tail)<br />

37. The Disco Boys – Around The World / DJ Tonka Remix<br />

(WePLAY)<br />

38. Phil Weeks – Do That Dance (Robsoul)<br />

39. Samuli Kemppi – Detatched Object (Mote Evolver)<br />

40. Maya Jane Coles – Cutting It Fine (Hypercolour)<br />

4 5 6 7 8 9 10<br />

60


Charts<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

PHIL FULDNER (Stereo Prod)<br />

MARK FANCIULLI (Saved)<br />

GREGOR TRESHER (Break New Soil)<br />

OLIVER KLEIN (Kling Klong)<br />

01 J Boogie´s Dubtronic Science - Go to<br />

Work feat. The Pimps of Joytime /Hot<br />

Toddy Remix (OM Records)<br />

02 Fuldner vs. Pooley – Zoana / Ian Pooley<br />

Remix (Stereo Prod)<br />

03 Eli Escobar - Work It (Dither Down)<br />

04 Samuel Dan - Let Me See You (Material)<br />

05 Klelight & Koolfunk - Fuckin Hands / Mike<br />

Vale Remix (Natura Viva)<br />

06 Phil Weeks - Jack To My Groove (Robosoul)<br />

07 DJ Lion & Luigi Rocca - Repeat Repeat<br />

(303<br />

Lovers)<br />

08 H2O - Livin´ For The Future (Liquid Groove)<br />

09 Phil Fuldner - Take Me Back (Rising Music)<br />

10 Rico C - 9 Bazz (South American)<br />

01 Mark Fanciulli – Sacrifice (Saved)<br />

02 Sable Sheep - Painting My Fur (Be As One)<br />

03 Par Grindvik & Billie - Hold, Doubt, Back<br />

(Drumcode)<br />

04 Clio - Into The Disco (Saved)<br />

05 Cajmere & Russoul - Let‘s Dance (Cajual)<br />

06 Sante - Ce Una / Carlo Lio Remix (Bouq.)<br />

07 DifferentME - Back To Tomorrow (Deleted)<br />

08 Hermanez – Stomp (Circle)<br />

09 Lone - Coreshine Voodoo (R & S)<br />

10 Mendo, Andre Butano – Gringo (8Bit)<br />

01 Petar Dundov – Ideas From The Pond<br />

(Music Man)<br />

02 Bart Skils – All About The Music (Break<br />

New Soil)<br />

03 Luca Bacchetti – On The Moon With You<br />

(Ovum)<br />

04 Macromism – Ronan Point (Sci+Tec)<br />

05 Nick Curly – A Certain Someone (Cecille)<br />

06 Caytas & Patz - Are You Afraid / Joel Mull<br />

Dub Edit (Truesoul)<br />

07 Harvey McKay – Body To Body (Soma)<br />

08 Ivan Picaso – Past (Soundfate)<br />

09 Marc Miroir & Andreas Henneberg –<br />

Faces (Paso)<br />

10 Andrea Oliva – Low Profile (Saved)<br />

01 Oliver Klein & Kolombo – Espionnage<br />

(This Is)<br />

02 Sam Ball – Gone Today (Form)<br />

03 Maetrick – Revenge of Jack (Truesoul)<br />

04 Mario Da Ragnio – Suicide Snake (Break<br />

New Soil)<br />

05 Alex Tepper Cashmere – Into The Blue<br />

(Takt)<br />

06 The Dockers - El Cavalito Blanco – Fabian<br />

Argomedo Remix (Back)<br />

07 Michael Knoch - Fiesta Gigolo (Overdrive)<br />

08 Clio - Do It / Carlo Lio Remix (Metroline<br />

Ldt)<br />

09 Das Glow, Strip Steve – Calcium (Trax)<br />

10 Bart Skils – Burnin (100% Pure)<br />

DAVID KENO (Kindisch)<br />

VEITENGRUBER (8bit)<br />

COSMIC COWBOYS (Back and Forth)<br />

MARIO DA RAGNIO (Break New Soil)<br />

01 David Keno – Beautiful (Kindisch)<br />

02 Mama Grizzlies - Graphics / David Keno<br />

Remix (Made to Play)<br />

03 Will Saul - Mbira / Dixon Remix (Simple)<br />

04 Someone Else - Pillowface / David Keno<br />

Remix (Get Physical)<br />

05 Pele & Shawnecy - We Discuss (Cecille<br />

Numbers)<br />

06 Virustage & Adriano Filippucci - Once<br />

Upon A Time (Monique Speciale)<br />

07 DJ Le Roi - I Get Deep / 2011 Edit (Get<br />

Physical)<br />

08 Tim Deluxe – Transformation (Get Human)<br />

09 Maya Jane Coles - Cutting It Fine<br />

(Hypercolour)<br />

10 Sacha Robotti - The Major (Dirtybird)<br />

01 Pele & Shawnecy - This Is Peaking (Cecille<br />

Numbers)<br />

02 Mather Daniel & Michael Gracioppo - You<br />

Know Who (8bit)<br />

03 Supermen Lover – Let me Show You /<br />

Veitengruber Remix (CDR)<br />

04 Zoo Brasil – Slob / Nick Curly Remix (Sci-<br />

Tech)<br />

05 Maceo Plex - Under the Sheets (No.19)<br />

06 John Waynes – Brotha (White)<br />

07 Guti – Speachless (Crosstown Rebels)<br />

08 Rills - Icarus Drugs (8bit)<br />

09 Timmnah Sommerfeldt - Fill Me Up<br />

(Enterbt)<br />

10 Luna City Express - Deep Underground<br />

(CDR)<br />

01 Salvatore Freda - Luv Can‘t Hurt<br />

(Freerange)<br />

02 Highland Brothers Inc. - All This Time /<br />

Aeromaschine Revision (Back And Forth)<br />

03 Anonym - I‘m a Dancer (Vakant)<br />

04 Joris Voorn & Moby - After The After<br />

(Rejected)<br />

05 Roots Panorama - Threee / Ripperton<br />

Remix (Versatile)<br />

06 Lawrence & Seth Troxler - Miles In<br />

Aphrika / youANDme Edit (murmur)<br />

07 Francesco Zani - In July / Francesco<br />

Bonora Remix (High Strings)<br />

08 Spencer Pooley - Feel The Same (Tsuba)<br />

09 Jimpster - Infinity Dub (Freerange)<br />

10 Hamid - If I feat. Valentina (murmur)<br />

01 Sebbo & da Ragnio - Fourteen Years<br />

(Soulfooled)<br />

02 Mario da Ragnio - Suicide Snake (Break<br />

New Soil)<br />

03 Fabier - imagine (Expectancy)<br />

04 The Black Ghosts - Water Will Find A Way<br />

/ Panton & Cyron B Dub (Southern Fried)<br />

05 Ross Evana - Go Home Baby (Break New<br />

Soil)<br />

06 Kolombo & Oliver Klein - Espionage (This Is)<br />

07 Wollion – I Prefer To Avoid Drama (Yellow<br />

Tail)<br />

08 Yonathan Dahan - Soulvation / Fabian<br />

Argomendo (Avangardia)<br />

09 Alex Flatner - Break The House (Circle<br />

Music)<br />

10 Nicole Moudabar - Watcha Playing (Intec<br />

Digital)<br />

AMIR (bouq.)<br />

STU PATRICS (Moodmusic)<br />

AHMET SISMAN (Cocoon)<br />

GORGE (8bit)<br />

01 Sante - Ce Una / Carlo Lio Rmx (bouq.)<br />

02 Butch – Rawhide (Sei Es Drum)<br />

03 Christopher Groove - Animales De La<br />

Manana / Stella Edit (Moon Harbour)<br />

04 Mousse T. - Horny / Radio Slave Remix<br />

(Peppermint Jam)<br />

05 Eats Everything - The Size (Dirtybird)<br />

06 Smoke Sykes - Fucking Dirty Funky<br />

(bouq.)<br />

07 Mendo & Andre Butano – Cuate (8bit)<br />

08 White Brothers - Listen And Repeat<br />

(bouq.)<br />

09 WK7 - The Avalanche (PowerHouse)<br />

10 Sante - Machu Pichu (bouq.)<br />

01 Stu Patrics - Town Talker (White Rabbit<br />

Music)<br />

02 Elef - Tales Of 88 (Huxley Remix) (murmur)<br />

03 Stu Patrics - City Shuffle (White Rabbit<br />

Music)<br />

04 Kruse & Nuernberg – Reminiscence<br />

(Moodmusic)<br />

05 Marc O Tool & Stu Patrics - No Need To<br />

Worry (Circle Music)<br />

06 Desos - Unknown Groove (Deep Edition)<br />

07 Ante Perry - Feel The Heat (CD-R)<br />

08 Maurice Aymard - Italo Slot (MBF Ltd)<br />

09 Wollion - I Prefer To Avoid Drama (Yellow<br />

Tail)<br />

10 Sebbo & da Ragnio - Fourteen Years<br />

(Soulfooled)<br />

01 Dj T. - Leaving Me feat. Khan / Clockwork<br />

Remix (Get Physical)<br />

02 Jeremy P. Caulfield & Cesare vs Disorder -<br />

Young Pretenders (Dumb Unit)<br />

03 Nico Lahs - Never Ending Space (Rue de<br />

Plaisance)<br />

04 Christopher Rau – Swearing (Thema)<br />

05 Gavin Herlihy - Endless Feeling (Culprit)<br />

06 Laura Jones – Love in Me / Eats<br />

Everything Loving you Re-Work (Leftroom)<br />

07 Arnaud Le Texier – Blunt Edge / Sticky<br />

Fingers Mr. G Remix (Safari Electronique)<br />

08 The Oliver who Factory - Together /<br />

Altered States Remix (Bosconi)<br />

09 Maya Jane Coles - Parallel Words<br />

(Hypercolour)<br />

10 Ahmet Sisman - Dance With The White<br />

Rabbit (Culprit)<br />

01 Rills - Icaro‘s Drug (8bit)<br />

02 Todd Terje - Inspector Norse (Smalltown<br />

Supersound)<br />

03 Phil Weeks - Mind Game / D‘Julz Dub)<br />

(Robsoul)<br />

04 Amine Edge - I Love You (Katchuli)<br />

05 Nick Curly - Between The Lines (Album)<br />

(Cécille)<br />

06 H.O.S.H. - What Do You Want Me To Say<br />

(Diynamic)<br />

07 Matthew Burton - Coconut Groove /<br />

Ekkohaus Remix (Back to You)<br />

08 James Blake - Wilhelms Scream / SamuL<br />

Remix (unreleased)<br />

09 Audiojack feat. Kevin Knapp - Stay Glued<br />

/ Gorge Remix (Gruuv)<br />

10 Toucan & Gabriel Boni - Twenty 2 (Loco<br />

Records)<br />

SABLE SHEEP (Be As One)<br />

RAINER TRÜBY (Compost)<br />

MARTIN LANDSKY (Poker Flat)<br />

ALEX NIGGEMANN (Poker Flat)<br />

01 Shlomi Aber - In Dancetrippin (Be As One)<br />

02 Sable Sheep - Painting My Fur (Be As One)<br />

03 Inner City, Kevin Saunderson - Future /<br />

Kenny Larkin Remix (Defected)<br />

04 Sable Sheep – Whool (CDR)<br />

05 Gel Abril & Andrea Oliva – Scene (Be As<br />

One)<br />

06 Guti, Fosky – Step (Crosstown Rebels)<br />

07 Itamar Sagi - Warp<br />

08 Andrea Feel – Konnichiwa (Chapeau Music)<br />

09 Outstrip – Kompot (Inmotion)<br />

10 Bubba - Dance With Me (Hot Creations)<br />

01 Enzo Elia - September Scary (Hell Yeah)<br />

02 Tuccillo & Kiko Navarro feat. Amor –<br />

Lovery / Dima Studitsky Remix (King<br />

Street)<br />

03 Basic Soul Unit - Come On (Other Heights)<br />

04 Jayson Brothers - Remember Music (Test)<br />

05 Maiki – Evidence / Marcin Czubala Remix<br />

(Stranjjur)<br />

06 Paskal & Urban Absolutes - Still In Love /<br />

Burow & Stang Remix (Foul & Sunk)<br />

07 Skwerl - You Need To Dance (Gigolo)<br />

08 LeMi - All I See Is You (Pronto Musique)<br />

09 Eva Be feat. Lady 6 - Confusion Of A<br />

Lady / Rampa Remix (Derwin)<br />

10 The Soul Session - A Horse With No<br />

Name (AGoGo Records)<br />

01 Audiojack ft. Kevin Knapp - Stay Glued /<br />

FCL Weemix (Gruuv)<br />

02 Heiko Laux & Theo Schulte – Polyrhythm<br />

(Rejected)<br />

03 Rene Schwendler feat. Rayo - Ashes On<br />

The Dancefloor (Waap)<br />

04 Steff Vee - Move Me (Trakside Audio)<br />

05 The Wizard Brian Coxx & Roland Clark -<br />

The Deeper I Go / Mr. V Remix (Soulgasm)<br />

06 Douglas Greed - Less Resist (Int. Gigolo)<br />

07 Fritz Kalkbrenner - Right In The Dark<br />

/ Henrik Schwarz Remix, Chopstick &<br />

Johnjon Edit (Suol)<br />

08 Daso - All My People (Pocorn)<br />

09 Stefan Gubatz – Transistor (Telrae)<br />

10 Martin Landsky - The Composer (Poker<br />

Flat)<br />

01 Roy Davis Jr - All about love / Pezzner<br />

Remix (Classic Music Company)<br />

02 Alex Niggemann - Don‘t wait (Poker Flat)<br />

03 Balcazar & Sordo - Don‘ ask (ft. Dana)<br />

(Soulfooled)<br />

04 Tornado Walace - Insect Overlords<br />

(Delusions Of Grandeur)<br />

05 Shall Ocin - Moving On (Left’d)<br />

06 Sebbo & da Ragnio / Smash TV /<br />

Superlounge - Soulfooled 006 (Soulfooled)<br />

07 Atmosfear - Dancing In Outer Space / The<br />

Revenge Rework 2 (Wolf Music)<br />

08 Sasse - The Solaris Conspiracy / Francis<br />

Inferno Orchestra Remix (The Exquisite Pain)<br />

09 Alex Niggemann – Curious (Poker Flat)<br />

10 Daso – Daybreak (My Best Friend)<br />

61


Charts<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

OLIVER SCHORIES (Parquet)<br />

RAINER WEICHHOLD (BluFin)<br />

MATTHIAS TANZMANN (Moon Harbour)<br />

GREGOR WAGNER (Caballero)<br />

01 Gui Boratto - Paralelo (Oliver Schories<br />

Remix)<br />

02 Datastix - Penumbra<br />

03 Arash - Heroes & Demons<br />

04 Jan Blomquist - Big Jet Plane (Animal<br />

Trainer Remix)<br />

05 Limo & Niconote - Party Girl<br />

06 Tensnake - Around the House (DJ T‘s 2011<br />

Edit)<br />

07 Zombie Disco Squad - We should Bang<br />

(Monkey Sfari Hells Bells Mix)<br />

08 Rihanna - We found love (Einsauszwei<br />

Edit)<br />

09 David Jach & Sonntagskind - Basar<br />

(Sascha Braemer‘s after hour edit)<br />

10 Pole Folder vs Amine Edge - Minor<br />

Theory (Oliver Schories Remix)<br />

01 Solo - Cringe / Tripmastaz Remix (Kling<br />

Klong)<br />

02 Pizeta – Klezmer / Aka Aka & Thalstroem<br />

Remix (Gold)<br />

03 Untold – U-29 (R & S)<br />

04 Bryan Ferry – Alphaville / Todd Terje<br />

Remix (CDR)<br />

05 Martin Eyerer – Bells A Go / Bushwacka<br />

Remix (Kling Klong)<br />

06 Rainer Weichhold – The Bridge / Jon<br />

Rundell Remix (BluFin)<br />

07 Nick Olivetti – Hectic Guitar (Trapez)<br />

08 Sable Sheep – Painting My Fur (BeAsOne)<br />

09 The Wizard Brian Cox & Roland Clark –<br />

The Deeper I Go / Mr. V Remix (CDR)<br />

10 Lana Del Rey – Video Games / Rainer<br />

Weichhold & Nick Olivetti Remix (Vertigo)<br />

01 Nicole Moudaber – Hair (Leena)<br />

02 Luna City Express - The Next Level (Moon<br />

Harbour)<br />

03 Marc Schneider & Aera – Sumback (Circus<br />

Company)<br />

04 Various Artists - Warehouse Vol.2 (Cargo<br />

Edition)<br />

05 Detroit Swindle - The Wrap Around /<br />

Rozzo Remix (CDR)<br />

06 Ramon Tapia - Day One (Remote Area)<br />

07 Michael Melchner – Sumu (Loveletters From<br />

Oslo)<br />

08 Arado & Marco Faraone - Goodfellas EP<br />

(Moon Harbour)<br />

09 Savile & Olin - Horizon (Marlow‘s Raw<br />

Perspective (Wazi Wazi)<br />

10 Pele & Findling - Soul Kitchen / Nico<br />

Stojan Remix (Kindisch)<br />

01 Chez Damier - Can You Feel It / Steve<br />

Bug Re-Mix (Defected)<br />

01 Migosy - Skyline / Simon Mattson Remix<br />

(Hi Rise)<br />

03 James Mile - Ease The Pain (Kaluki Musik)<br />

04 Blaze ft. Ultra Nate - A Wonderful Place /<br />

Sean McCabe Classic Mix (King Street)<br />

05 DJ Le Roi ft. Roland Clark - I Get Deep /<br />

2011 Edit (Get Physical Music)<br />

06 Guti - Keep It / Satoshi Tomiie Remix<br />

(SAW)<br />

07 Mister T - Everything Is Wah (Cold Busted)<br />

08 Cubiq ft. De Souza - Say (Hidden Label)<br />

09 Gregory Porter - 1960 What? / Opolopo<br />

Kick & Bass Rerub (Tokyo Dawn)<br />

10 Dominic Dawson - Flashback / Kruse &<br />

Nuernberg Remix (Street King)<br />

UMEK (1605)<br />

SOLEE (Parquet)<br />

FELIX KRÖCHER (Dancefield)<br />

FLORIAN MEINDL (Flash)<br />

01 UMEK - Sunday at El Row (1605)<br />

02 Olivier Giacomotto – Tiradito (Definitive)<br />

03 UMEK & Stefano Noferini - Goes On<br />

(Deeperfect)<br />

04 Alberto Pascual – Vertigo (Plus 8)<br />

05 Siwell – Esperanza (Sphera)<br />

06 Mladen Tomic - Springer / Sinisa<br />

Tamamovic Carnival Remix (Agile Encodings)<br />

07 Spektre & Miniminds - Guillotine /<br />

Christian Smith Remix (Global Underground)<br />

08 Kolsch – Opa (Kompakt)<br />

09 Marco Bailey – Kiev (1605)<br />

10 Locomatica - Oh My / Kernel Key Remix<br />

(Silicon)<br />

01 Highgrade Disharmonic Orchestra –<br />

Rebels (Highgrade)<br />

02 Minilogue - Let Life Dance Thru You<br />

(Traum)<br />

03 Gui Boratto - Paralelo / Solee Remix<br />

(Parquet)<br />

04 Spektre – Guillotine / Christian Smith<br />

Remix (Global Underground)<br />

05 Gabriel Ananda – Pharao (Basmati)<br />

06 Thomas Grey & Leo – Souvenir (Parquet)<br />

07 Lee Jones – Duvel (Aus Music)<br />

08 Nils Koenig – Tonight (Kittball)<br />

09 Boss Axis - Cologne / Rodriguez Jr. Remix<br />

(Parquet)<br />

10 Maceo Plex - Ain´t That Love (Ellum Audi)<br />

01 Sian & Mladen Tomic – Front Pocket<br />

(Octopus)<br />

02 Sam Paganini – Prisma (Drumcode)<br />

03 Bart Skills – Burnin / Nicole Moudaber<br />

Remix (100% Pure)<br />

04 Heiko Laux – Polyrythm (Rejected)<br />

05 A. Mochi – Black Reigns (Figure)<br />

06 D-Nox & Beckers – Follow Me / Santos<br />

Remix (Tronic)<br />

07 Sable Sheep – Painting My Fur (Be As One)<br />

08 Kölsch – Opa (Kompakt)<br />

09 Exercise One – Top Score (Stop Thinking)<br />

(Cocoon)<br />

10 Par Grindvik & Billie – Hold, Doubt, Back<br />

(Drumcode)<br />

01 Margot - Liuff Settanta / Florian Meindl<br />

(Hell Yeah)<br />

02 Martin Eyerer - Bells A Go / Sascha<br />

Sonido Remix (Kling Klong)<br />

03 Christian Smith & Florian Meindl - Desire<br />

(Flash)<br />

04 Alberto Pascual - Continuous Lerning<br />

(Plus8)<br />

05 Bart Skils - Burnin (100% Pure)<br />

06 Florian Meindl - The Positive Thinker<br />

(Flash)<br />

07 Slam & Dot Allison - Visions / Cosmin<br />

TRG Remix (CDR)<br />

08 Dosem - Spiral Attraction (Tronic)<br />

09 Locked Groove - Drowning (HotFlush)<br />

10 M.A.N.D.Y. & Booka Shade - HOME / Steve<br />

Rachmad Remix (CDR)<br />

KLAUDIA GAWLAS (Abstract)<br />

BELTEK (MFM Booking)<br />

KRUSE & NUERNBERG (Moodmusic)<br />

GARY BECK (Saved)<br />

01 Eric Tarlouf – Higienopolis / Rodriguez Jr<br />

RMX (Harthouse)<br />

02 Shane Silver – Design&Process (Harthouse)<br />

03 Mendo – Inocencia (Cadenza)<br />

04 Alberto Pasqual – Bailando / Psyc Remix<br />

(Analytic Trail)<br />

05 Klaudia Gawlas – Szcz / Marco Bailey<br />

RMX (Abstract)<br />

06 Jan Hejra – Trinity Ave (TK Records)<br />

07 Matador – Mambo (Minus)<br />

08 Maetrik – The Entinity (Truesoul)<br />

09 Tim Xavier – Speeding Around The<br />

Universe / Tony Rohr RMX (LTD-400)<br />

10 Alejandro Trebor & Plankton – Sinkins<br />

(TK Records)<br />

01 Beltek - Himmel (White)<br />

02 Dj Lion & Luigi Rocca - Krakra Hurricane<br />

(Hotfingers)<br />

03 Mark Mendes & Paris & Simo - Aura<br />

(Starter)<br />

04 Lish - Blink (Iboga Records)<br />

05 Matisse & Sldko - Amulet (Pilot 6)<br />

06 Anil Chawla - Pondi (Global Underground)<br />

07 Jay Lumen - Tabu (100% Pure)<br />

08 Koen Groeneveld - Airbuzz / Da Fresh<br />

Remix (Spinnin)<br />

09 Pele - Nothing Else (Cocoon)<br />

10 Crazibiza - Beatbox (PornoStar)<br />

01 Guido Schneider – Stop Beating Around<br />

The Bush (Highgrade)<br />

02 Kruse & Nuernberg – Reminiscence<br />

(Moodmusic)<br />

03 Subb-An – Paris Bebe (Silver Network)<br />

04 Dan Drastic – Noodle Stories / Martin<br />

Buttrich Remix (Moon Harbour)<br />

05 Joel Alter – Closer 2 Me (Bass Culture)<br />

06 Charlie Banks – Saying What (Dirt Crew)<br />

07 T.W.I.C.E – Time To Freak / Santos Resiak<br />

Remix (Flumo)<br />

08 Uner – Nuribo / Vincenzo Remix (GRUUV)<br />

09 Locked Groove (Rooted)<br />

10 Huxley – Dollsit (Leftroom)<br />

01 Nic Fanciulli, Gary Beck - Hear Me Out<br />

(Saved)<br />

02 Mark Broom - Eye Of The Tiger (Bek Audio)<br />

03 Kink - Dame Mas feat. Milenita (Argumento<br />

Music Group)<br />

04 Jay Tripwire - Sad & Beautiful World (Save<br />

You)<br />

05 Alan Fitzpatrick - Gridlock / Gary Becks<br />

Locked Up Drums (Drumcode)<br />

06 Norman Nodge – Convergence (Marcel<br />

Dettmann Records)<br />

07 Rio Padice - Dirty Belvedere (Hudd Traxx)<br />

08 Shifted – Junk (Mote Evolver)<br />

09 Daniel Kasprowicz - Silence! / Gary Beck<br />

Remix (Mutekki)<br />

10 Jerome Sydenham - Weather System<br />

(Apotek)<br />

FRANK SONIC (Sinister)<br />

MARTINEZ (Moon Harbour)<br />

MATTHIAS VOGT (Polytone)<br />

KAROTTE (Break New Soil)<br />

01 Sian & Mladen Tomic - Front Pocket<br />

(Original Mix) (Octopus)<br />

02 Füzzy & RenÖ - Lovely World (Frank<br />

Sonic Remix) (Diva Rec.)<br />

03 Steve Parker - Innerstate (Original Mix)<br />

Ovum<br />

04 Bart Skils - Burnin‘ (Nicole Moudaber<br />

Remix) (100% Pure)<br />

05 Frank Sonic vs. Dema & Paride Saraceni<br />

Turbine Hall (Original Mix) (Trapez)<br />

06 Taster Peter - The Clipping Track (Trapez)<br />

07 Harvey McKay - Want You (Original Mix)<br />

(Soma)<br />

08 Omid 16B - Electronics (Original Mix)<br />

(Bedrock)<br />

09 Phil Kieran - Strobelight (Original Mix)<br />

(PK Recordings)<br />

10 The Fear Ratio - Mas (Original Mix)<br />

Blueprint Records<br />

01 Raymundo Mendoza - Submosphere /<br />

Martinez & Ddalmh Remix (Lomidhigh)<br />

02 Re-UP - Back in a day / Marco Faraone<br />

Darkness Remix (Safari Numerique)<br />

03 Michael Melchner – Sumu (Love Letters from<br />

Oslo)<br />

04 Pele & Shawnecy - We Discuss (Cécille<br />

Numbers)<br />

05 Little Fritter - Raw Fix / Egal 3 Remix<br />

(Affin)<br />

06 IO & Goshva - Salamander / Alex Celler<br />

Dub (Mulen)<br />

07 Jorge Savoretti - Sul Meno (Love Letters<br />

from Olso)<br />

08 tINI - Shmooh‘s Raisin Theory (Dissonant)<br />

09 Giuseppe Cennamo – Marimba (Desolat)<br />

10 Dan Drastic - Los Pollos Hermanos (Moon<br />

Harbour)<br />

01 A Blind Date - Carajillo (Matthias Vogt<br />

Remix (Thal Communications)<br />

02 MAM - Crushed Ice (Fina)<br />

03 M.V.I.P. - Barrique / Vincenzo Remix (Lazy<br />

Days)<br />

04 Dale Howard - Merrt / Ian Pooley Remix<br />

(Lost My Dog)<br />

05 Greenville Massive – Tone (Initials)<br />

06 Samaan - Circles (Fullbarr)<br />

07 Iron Curtis - Spirals (Polytone)<br />

08 Tom Ellis - Bounce Point (A Certain Ratio)<br />

09 Joash - The Simple Things / Matthias<br />

Vogt Remix (Compost)<br />

10 The Mekanism - Can‘t Believe / Mario<br />

Basanov Remix (Needwant)<br />

01 Gregor Tresher & Karotte - Wave<br />

Goodbye (Break New Soil)<br />

02 Bart Skils - All About The Music (Break<br />

New Soil)<br />

03 Rodriguez Jr. - Bagpipe Woman /<br />

Christian Smith Remix (Mobilee)<br />

04 Reset Robot - The Plan (Truesoul)<br />

05 Dosem – Replicants (Suara)<br />

06 Chube.Ka - Press The Bass (Remote Area)<br />

07 Andhim - Alter Egon (Terminal M)<br />

08 Maher Daniel - Malgra / Kaiserdisco<br />

Remix (Circus)<br />

09 Peter Dundov – Stairway (Music Man)<br />

10 Horatio - Mansion 3 / London Fm Remix<br />

(Toofunk)<br />

62


Charts<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

MATTHIAS MEYER (Liebe*Detail)<br />

TILL VON SEIN (Suol)<br />

DOOMWORK (Retouch)<br />

DARIO ZENKER (Harry Klein)<br />

01 YR – Rave (Purple Maze)<br />

02 Terranova - So Strong feat. Khan<br />

(Kompakt)<br />

03 Tom Ellis - That Beep (Leap)<br />

04 John Talabot - Yourneys feat. Ekhi<br />

(Running Back)<br />

05 Solomun - Somebodys Story (Compost)<br />

06 Mario & Vidis - Changed feat. Ernesto<br />

(Silence)<br />

07 Anonym - if every day was a sunny day<br />

(Bass Culture)<br />

08 Matthias Meyer – Levant (Liebe*Detail)<br />

09 Love Unlimited Vibes – 005<br />

(Love Unlimited Vibes)<br />

10 Matthias Meyer - Free Your Mind (Hive<br />

Audio)<br />

01 Adam Port – Sally (CDR)<br />

02 Ifuma - Jam At Haystack (Komplex De Deep)<br />

03 Luca Bacchetti - On The Moon With You<br />

(Ovum)<br />

04 Phil Weeks - Do That Dance (Robsoul)<br />

05 Audiojack - Stay Glued / FCL Remix<br />

(Gruuv)<br />

06 David Hasert - Repat Offender (CDR)<br />

07 Till von Sein - Tilly´s 61 Rhodes Jam /<br />

Erdbeerschnitzel (Suol)<br />

08 Flashmob - Ninety Five (CDR)<br />

09 Tom Flynn - Jerry´s Liquor Store (Dirty<br />

Bird)<br />

10 Coat Of Arms - What You Need (Pets)<br />

01 Doomwork - This! / SOLO Remix (Streets<br />

King)<br />

02 Dosem - Tales Of Tomorrow (Tronic)<br />

03 Adam Port - Someone To Love<br />

(Keinemusik)<br />

04 Simon Wish - You Wanna Party / Alessio<br />

Mereu & Matteo Spedicati Remix (Retouch)<br />

05 Uner – Cocoua (Cadenza)<br />

06 Noir and Richard Davis - Found Out (Noir)<br />

07 Danny Serrano & Hector Couto - Jet Lag<br />

(Brise)<br />

08 Pele & Shawnecy - This is C Speaking<br />

(Cecille Numbers)<br />

09 Chez Damier - Can You Feel It /<br />

Supernova Remix (Defected)<br />

10) Eats Everything - The Size (Dirtybird)<br />

01 Marco Zenker - Black Box Ep (Ilian Tape)<br />

02 Moveclean – 01 (Moveclean)<br />

03 Zhou - I Remain (Punch Drunk)<br />

04 Imugem Orihasam – Deposits (New Kanada<br />

Limited)<br />

05 Eduardo De La Calle – Kaliyuga (Opilec<br />

Music)<br />

06 S Crosbie - Dark Arts 01 (Dark Arts)<br />

07 Mickey Pearce - Don‘t Ask, Don‘t Get<br />

(Swamp 81)<br />

08 Peter Van Hoesen - Transitional State 2<br />

(Time To Express)<br />

09 Samuli Kemppi - Detatched Object (Mote<br />

Evolver)<br />

10 John Swing - Clint‘s Theme (Relative)<br />

EUROKAI (Liebe*Detail)<br />

PLASTIK FUNK (Tiger)<br />

MAXIMILJAN (Monique Musique)<br />

JULIET SIKORA (Kittball)<br />

01 Soukie & Windish - Whats The Cure?<br />

(Liebe*Detail)<br />

02 Unknown - Luv 05 (Love Unlimited Vibes)<br />

03 Arttu - Soul Streams (4lux)<br />

04 John Swing - Slightly Jackin (Relative)<br />

05 Julius Steinhoff - Up Above (White)<br />

06 Grimes Adhesif - Pa‘am Shlishit Glida<br />

(Naif)<br />

07 Neotnas - Frozen Scenes (Poem)<br />

08 Detroit Swindle - The Wrap Around /<br />

Rozzo Remix (Saints & Sonnets)<br />

09 Terranova – Questionmark / KiNK Remix<br />

(Kompakt)<br />

10 Darkness Falls – Timeline / Pional Remix<br />

(Hfn)<br />

01 Belocca & Jorgensen - in MY / Filthy Rich<br />

not in MY house Remix (Adapt)<br />

02 Adoo – Ambush (Gramma Records)<br />

03 Tiko‘s Groove - I Can‘t Get Nothing /<br />

Plastik Funk & Tujamo Remix (Building)<br />

04 Oliver Twizt - Love Trip / Olav Basoski<br />

Remix (Spinnin)<br />

05 Rita Campbell & Chris Tall - Caught Up In<br />

A One Night Love Affair / L.A.X. (Soda)<br />

06 Plastik Funk & Dave Kurtis – Shake (Tiger)<br />

07 Federico Scavo - Walking on a dream /<br />

Josh Feedblack Remix (Tiger)<br />

08 Gotye - Somebody that I used to know /<br />

JoeySuki Bootleg (CDR)<br />

09 Fragma - Toca‘s Miracle / Plastik Funk<br />

Remix (CDR)<br />

10 Plastik Funk – Filterfunk / Original Back<br />

To House Mix (CDR)<br />

01 Cabin Fever – Elements Of Life (Rekids)<br />

02 Sidney Charles – I Don’t Care (Variante<br />

Music)<br />

03 Nicole Moudaber – Let Go (Leena Music)<br />

04 Tini – Smoosh’s Raisin Theory / Re-UP<br />

Remix (Dissonant)<br />

05 Scan Mode – This Is House / Tapesh<br />

Remix (Anhura Records)<br />

06 Wollion - Like That (Break New Soil<br />

Recordings)<br />

07 Macromism – Roll Tabor / Santé Remix<br />

(Kiara Records)<br />

08 Antiparallel – Antiparallel 02<br />

A-Side (Antiparallel)<br />

09 AudioJack feat. Kevin Knapp – Stay<br />

Glued / Gorge Remix (Gruuv)<br />

10 Maximiljan – Got To Be (Monique Speziale)<br />

01 Lorenzo Bartoletti - Solid Cluster<br />

(Mindshake)<br />

02 Dubphone - Your Story / Hardy Heller &<br />

Alex Connors Remix (Ametist)<br />

03 Lars Wickinger - Easy Rider (So What<br />

Music)<br />

04 Andy Catana - Blue Collar (Moon Harbour)<br />

05 Uner – Pallene (Cadenza Records)<br />

06 Ante Perry - No Changes / Dirty Doering<br />

Remix (Kittball)<br />

07 Alex Piccini - My Little Chinese Cat / Alex<br />

Tepper Remix (Tenampa)<br />

08 Darius Syrossian - Favela Kids (Viva Music)<br />

09 N.euss - Rollin Stone (Sophisticated Retreats)<br />

10 Hector Couto & Cuartero - Juke Box / Flo<br />

Mrzdk & Juliet Sikora Remix (Kittball)<br />

KAISERDISCO (KD Music)<br />

PIERRE DEUTSCHMANN (k:lender)<br />

BEBETTA (Peppermint Booking)<br />

PEAVEY (Peppermint Booking)<br />

01 Arjun Vagale & Tim Richards – Tonkatsu<br />

(KD Music)<br />

02 Kaiserdisco – Aymara (Drumcode)<br />

03 Anil Chawla – Bells (Takt Records)<br />

04 Reset Robot – Count Clown (Truesoul)<br />

05 Iidotproof & Eats Everything – Zulu<br />

(Jackmode)<br />

06 Maher Daniel & Casa – Malgra /<br />

Kaiserdisco Remix (Circus Recordings)<br />

07 Alex Costa – Free Loop (Intacto)<br />

08 Kaiserdisco – La Boca (Drumcode)<br />

09 Filthy Rich – Perico / Massimo Girardi<br />

Remix (Takt Records)<br />

10 Marco Bailey – Smasher (Intec)<br />

01 Tom Hades – Hardback (Rhythm Converted)<br />

02 Pierre Deutschmann - Warp08<br />

(k:lender)<br />

03 Kosheen Dj´s - Beautiful Day (Skeleton)<br />

04 Kiko - Slopper Boat / Nicole Moudaber<br />

Remix (BluFin)<br />

05 Torsten Kanzler - Bumm / Pierre<br />

Deutschmann Remix (Kanzleramt)<br />

06 Tony Casper - Pushing Forward (Black<br />

Nation)<br />

07 Justin Berkovi - Zero Zero / Geigers Dub<br />

(Slapjaxx)<br />

08 Axel Karakis - Beyond Doubt (Remain)<br />

09 Meda - Curtain Call (Neverending)<br />

10 Pierre Deutschmann - Unbalanced<br />

Individual (k:lender)<br />

01 Rich vom Dorf – El Chicacabria (Acker<br />

Records)<br />

02 Betamines – In Motion (DAMM)<br />

03 Harry Axt – Flanke (Supdub)<br />

04 Tube & Berger – Envy (Area Remote)<br />

05 Martin Eyerer – Bells A Go (Kling Klong)<br />

06 Serwo Schamutzki & Kosta Aldente –<br />

Beat 8 (Ccanistrlove)<br />

07 Glanz & Ledw – Morgens kurz nach halb 8<br />

(Patro de Musica)<br />

08 Breach, DJ Cra$y – Just E BrEaCh Mix<br />

(Dirtybird)<br />

09 Pele & Shawnecy – This is C Speaking<br />

(Cecille Numbers)<br />

10 Rocco Caine – Orphan (Drumcode)<br />

01 NY Stomp - The NY House Trak (Illusion)<br />

02 Miguel Migs - Close Your Eyes / Deetron<br />

Dub (Om)<br />

03 Juniper - Jovian Planet (Ominira)<br />

04 Deep Course - Deep Course EP (Peppermint<br />

Jam)<br />

05 Fabian Dikof - Around The World (Best<br />

Works Records)<br />

06 Björn Torske - Nitten Nitti / Harvey Remix<br />

(Smalltown Supersound)<br />

07 Henrik Schwarz, Ame, Dixon - D.P.O.M.B /<br />

Ame Live Version (Innervisions)<br />

08 Christophe - The Force / Lukas Remix<br />

(FutureBoogie)<br />

09 MK – Burning (Area 10)<br />

10 Aardvarck – Kutparra (Rush Hour)<br />

DJ TONKA (WePlay)<br />

SAMUEL L SESSION (Drumcode)<br />

AKI BERGEN (Neurotraxx)<br />

KID MASSIVE (Get Down)<br />

01 Red City - Save The Robot (Avanti)<br />

02 The Disco Boys - Around The World / DJ<br />

Tonka Remix (WePLAY)<br />

03 Umek & Beltek - Out Of Play (Toolroom)<br />

04 Zedd - Slam The Door (OWSLA)<br />

05 Dabruck & Klein - I Found Love / DJ<br />

Tonka Remix (WePLAY)<br />

06 Mord Fustang - We Are Now Connected<br />

(Plasmapool)<br />

07 Lazy Ants & Rob Threezy - Chi To Rome<br />

(BMKLTSCH RCRDS)<br />

08 Azari & III - Reckless (With Your Love) /<br />

Paul Epworth Remix<br />

09 Volta Bureau - Alley Cat (Nurvous)<br />

10 Vato Gonzalez - The Moombahstard<br />

(Muzikology)<br />

01 Brooks Mosher - Inter Metro (Dolly)<br />

02 Anthony Shakir - The Floorfiller / Skudge<br />

Remix (Rush Hour)<br />

03 Kalden Bess - Nine Souls / Samuel L<br />

Session (Ground Factory)<br />

04 Secret Cinema - Timeless Altitude /<br />

Secret Cinemas 2011 (Gem)<br />

05 Marcel Dettmann - Factory Report 2<br />

(Kontra Music)<br />

06 Octave One - I believe / Sandwell District<br />

Remix (430 West)<br />

07 Metalogic & Perc - M Cargo (Sleaze)<br />

08 Slam - Collecting Data / Sasha Carassi<br />

Remix (Paragraph)<br />

09 Shifted – Junk (Mote Evolver)<br />

10 Vozmediano - There´s A Light / Rolando<br />

Remix (Be As One)<br />

01 Gui Boratto – Paralelo / Solee Remix<br />

(Parquet)<br />

02 The Realm & V – One Chance / Aki<br />

Bergen Remix (Papa Records)<br />

03 Djuma Soundsystem – Kamiloso / Kruse &<br />

Nuernberg Remix (Neurotraxx Deluxe)<br />

04 Nicc Johnson & Beatmaster G – Tell Me<br />

Something / Aki Bergen (Seamless Deep)<br />

05 Karol XVII & MB Valence – Lost (Loco<br />

Records)<br />

06 The Timewriter – Smooth Controller /<br />

Carlo Remix (Beef)<br />

07 David Keno – Traveler (Get Physical)<br />

08 Jacob Horn – It / Langenberg Remix (Mild<br />

Pitch)<br />

09 Aki Bergen & Pezzner – Tarareando / Aki<br />

Bergen Edit (Neurotraxx Deluxe)<br />

10 Hertz – In My Mind (Praxxiz)<br />

01 Kid Massive, Sam Obernik & Jay Colin –<br />

Yawn / David Tort Remix (Transmission)<br />

02 Erick Decks - Daft Disco / Ralph Good<br />

Remix (Get Down)<br />

03 Thomas Gold vs. Mitch Crown -<br />

Solarianism / Mel Tierra Bootleg (CDR)<br />

04 Roger Sanchez & Sidney Samson -<br />

Flashing Lights / Kid Massive Remix<br />

(Stealth)<br />

05 Maison & Dragen - Rio De Janeiro (Zouk)<br />

06 Tim Mason - Anima / ST ELM8 & Avallo<br />

Bootleg (CD-R)<br />

07 Kaskade - Turn It Down / Deniz Koyu<br />

Remix (Ultra)<br />

08 David Puentez feat. Max C - Things We<br />

Do 4 Love / Dani Veiga Mix (Get Down)<br />

09 Helena - Girl From Outta Space (One Love)<br />

10 John Cartner - Freaking You (Get Down)<br />

63


Ja Nein / Deichkind<br />

DEICHKIND<br />

BEFEHL VON GANZ UNTEN (UNIVERSAL)<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

JA<br />

Deichkind – Leider geil<br />

NEIN<br />

Früher war alles besser<br />

Sechs Jahre ist es her, da<br />

probten Deichkind den Aufstand<br />

im Schlaraffenland. Die<br />

Band stand kurz vor der Auflösung<br />

und wagte mit ihrem dritten<br />

Album einen unglaublichen<br />

Befreiungsschlag – im vollen<br />

Bewusstsein, dass es der erste<br />

und letzte Schlag sein könnte.<br />

Als ich also damals ganz unvermittelt dieser Show gegenüberstand,<br />

war ich – um es mal ganz hanseatisch-kühl auszudrücken<br />

– äußerst angenehm überrascht. Müllsäcke, Pyramidenhüte,<br />

Schweiß, Sofas, Euphorie, Energie – kurz: Anarchie. Für<br />

alle. Der Rest ist Geschichte: Die Auflösungsgedanken verschwammen<br />

mit jedem Konzert mehr, der Virus zog immer<br />

größere Kreise und hatte vor allem eine sehr integrative Wirkung.<br />

Deichkind-Fans rekrutierten sich quer durch die musikalischen<br />

Lager, das Gesamtkunstwerk sprengte jede Grenze<br />

und verspottete sie. Heute, eben sechs Jahre später und<br />

zwei Jahre nach dem tragischen Tod des Mitglieds Sebastian<br />

Hackert, der das ganze Projekt natürlich wieder ins Wanken<br />

brachte, kehren Deichkind mit neuem Mut und neuer Energie<br />

zurück. Nicht nur mit ihrem fünften Album, sondern parallel<br />

dazu auch mit einer ganz neuen, schon einstudierten Show<br />

(mit genügend Platz für nicht einstudierte Teile). Keine langweilige<br />

Konzerttour, keine bis ins letzte Detail perfekt abgestimmte<br />

Platte, die im Lichte strahlt und für sich selbst steht,<br />

sondern ein kompromisslos verflochtenes Meisterwerk, mit<br />

Leidenschaft entworfen und wieder ein ganz großer Rundumschlag,<br />

um die Langeweile im Pop-Biz zu verlachen und<br />

mehr Emotionen aller Art zu produzieren, wie es kaum ein<br />

anderer Act schafft. Tut mir leid, ihr Ignoranten und ach so genervten<br />

Kritiker, Deichkind sind einfach leider geil. Übt euch<br />

in Selbstkasteiung, ihr seid unwürdig! Noch. / Tassilo Dicke<br />

Tickets unter www.deichkind.de<br />

Ach Deichkind. Darf man euch<br />

eigentlich nicht mögen? Ihr habt<br />

mich jahrelang begleitet, ich habe<br />

damals den Text von „Bon Voyage“<br />

auswendig gelernt, zu „Limit“<br />

habe ich im Club geschrien und<br />

geschwitzt und konnte bei „Remmi<br />

Demmi“ sogar meine alten<br />

Flensburger Punkerfreunde die<br />

Möbel aus dem Fenster schmeißen sehen. Und jetzt das. Natürlich<br />

muss ich automatisch jubeln, wenn ich eure immer noch vor<br />

Wortwitz strotzdenden Texte höre, die sicherlich mit zu den besten<br />

Deutschlands gehören – das muss man selbst in der „Nein“-Kolumne<br />

neidlos anerkennen. Natürlich geht es jetzt thematisch mehr<br />

denn je um Saufen, prollige Sachen machen und Deutschland und<br />

das Establishment auch irgendwie doof finden. Punk’s ja schließlich<br />

immer noch not dead – und dass das gerade durch eine Band bewiesen<br />

wird, die sich mittlerweile voll und ganz der elektronischen<br />

Musik verschrieben hat, finde ich regelrecht toll, denn ich weiß, dass<br />

sich meine alten Flensburger Punkerfreunde unheimlich darüber<br />

ärgern. Nur: Was mein Ja zum neuen Album leider zum Nein werden<br />

lässt, ist die musikalische Produktion an sich. Wenn man einen<br />

Produzenten früher mal beleidigen (heute: dissen) wollte, musste<br />

man nur behaupten, seine Tracks klängen irgendwie nach Magix<br />

Music Maker – oder noch schlimmer: Data Becker Techno Maker.<br />

Und wenn man mal ehrlich ist, muss man leider sagen: Der heutige<br />

Sound von Deichkind ist echt dünn für eine Band, die sonst mit<br />

dicken Reimen und Bäuchen nicht geizt. Auf „Befehl von ganz unten“<br />

sieht man leider in aller Deutlichkeit, wie viel von Deichkinds<br />

Brillianz mit dem Tod von Sebi Hackert verloren gegangen ist. Dass<br />

Deichkind mittlerweile ihr selbstgeschaffenes, eigenes Klischee bedienen<br />

– geschenkt. Aber ein Album an sich ist leider nur so gut<br />

wie das schwächste seiner Elemente, und da kann die Musik leider<br />

nicht dort anknüpfen, wo „Arbeit nervt“ aufgehört hat. „Befehl von<br />

ganz unten“ ist wie ein wirklich gut erzählter Witz – beim ersten Mal<br />

grandios, danach kennt man die Pointe schon. / Stefan Gubatz<br />

64


Mouse on Mars / Die Freude an der Variation<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

3


Neues fürs Ohr / Longplayer<br />

Air<br />

Le Voyage Dans La Lune (EMI)<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Stolze 14 Jahre ist es her, dass Nicolas Godin und JB Dunckel mit „Moon<br />

Safari“ ein Album produzierten, das in keinem Plattenschrank fehlen sollte.<br />

Nun gibt es mit „Le Voyage Dans La Lune“ das FollowUp zum 2009<br />

erschienen „Love 2“. Und spielt auch hier der Mond wieder eine nicht<br />

unwesentliche Rolle, geht es doch weitaus düsterer und weniger süßlich verklärt<br />

zu als 1998. Dieses Album ist der Soundtrack zu dem 1902 gedrehten,<br />

gleichnamigen Science Fiction-Kurzfilm von Georges Méliès, was die<br />

Düsternis und die eher Air-untypische Progressivität erklärt. Immerhin<br />

befinden sich die Astronauten im Kampf mit den Seleniten, den Bewohnern<br />

des Mondes, und so bestimmen Rhythmus und Drums das akustische<br />

Bild dazu. „Man fühlt den Schmerz des Mondes“, sagen Nicolas und JB<br />

selbst, gönnen uns neben aller Düsternis aber dennoch die nötige Portion<br />

Romantik, für die wir Air so mögen. 8 NicolA<br />

Anchorsong<br />

Chapters (Tru Thoughts)<br />

London ist und bleibt ein<br />

führendes Zentrum kreativer<br />

Ideen und musikalischer<br />

Ausdrucksformen. Obgleich es<br />

sich bei Masaaki Yoshida um<br />

einen Japaner aus Tokyo handelt,<br />

der erst via Zwischenstopp<br />

in New York vor fünf Jahren in<br />

der britischen Hauptstadt landete.<br />

Dabei machte er sich in<br />

den letzten Jahren als Liveartist<br />

einen Ruf, der als One Man<br />

Show seine Musik live mit wenigen<br />

Instrumenten zum Klingen<br />

bringt. Das drückt sich im vollständigen<br />

Überarbeiten seiner<br />

Werke aus, die kein bloßes<br />

Abspielen von vorproduziertem<br />

Material sind. Die Welt von<br />

Anchorsong ist breitbandig und<br />

beinhaltet Hip Hop, Electronica<br />

und Rock. Distorsions und<br />

Klaviermelodien schließen<br />

sich in keinem Fall aus. Das<br />

wissen DJ Krush, Jazzist oder<br />

Prefuse 73 zu schätzen, die er<br />

auf Tour supportete. Yoshida<br />

entdeckt neue Welten, ohne sie<br />

komplett zu offenbaren. Weitere<br />

Geheimnisse wird er mit den<br />

nächsten Expertisen, die man<br />

gemäß seines Multi Album<br />

Deals bei Tru Thoughts erwarten<br />

kann, offenbaren. 8<br />

Carsten Becker<br />

Birdy Nam Nam<br />

Defiant Order (Savoir<br />

Faire / Sony)<br />

Das Turntable Quartet aus<br />

Frankreich entwickelt sich weiter.<br />

Mir ist die tolle Doppel CD<br />

mit DVD und Musikmaterial<br />

aus 2006 auf Discograph noch<br />

bestens in Erinnerung. In den<br />

letzen fünf Jahren haben Birdy<br />

Nam Nam viele Einflüsse<br />

aufgegriffen und sind von<br />

Hip Hop affinen Wheels Of<br />

Steel-Akrobaten zu Musikern<br />

mit Gespür für Trends geworden.<br />

“Defiant Order“ erinnert<br />

an vielen Stellen von<br />

der Gesinnung her an das<br />

Überwerk “Homework“ von<br />

Daft Punk, als House auf Funk,<br />

Rock, Elektro und Techno traf<br />

(Referenz “Da Funk“). Stripped<br />

man diesen Ansatz auf Elektro<br />

mit Hip Hop-Anleihen herunter,<br />

erhält man als Resultat<br />

und Antwort 11 knackige neue<br />

Stücke von BNN. Da ergeben<br />

sich beim Titelstück tatsächlich<br />

Analogien zum Kracher “Da<br />

Funk“, knallen die Beats und<br />

Synthieorgien bei “Goin‘ In“<br />

nur so um sich und man kann<br />

sich bei “Melancholy At The<br />

Sports Bar“ entspannt zurücklehnen.<br />

Zwischen Ed Banger<br />

und DJ Vadim ist das die<br />

Ursuppe moderner Aktualität,<br />

in der wir uns bald alle suhlen<br />

werden. 8 Carsten<br />

Becker<br />

Carl Taylor<br />

True Faith (EPM)<br />

Nach seinem bravourösen<br />

Auftritt im Sommer und Herbst<br />

2011, der mit remixtechnischer<br />

Unterstützung von Orlando<br />

Voorn und Mark Broom stattfand<br />

und für gute Resonanz<br />

sorgte, startet Carl mit seinem<br />

zweiten Album auf EPM<br />

durch. Er zeigt, wie vielgestaltig<br />

Techno sein kann, wenn dunkle<br />

und dreckige Tracks auf melodische<br />

und soulige Variationen<br />

treffen. Mit diesen zehn<br />

Stücken, die auch die Singles<br />

des letzten Jahres beinhalten,<br />

transportiert er sich mit der<br />

Herangehensweise an Musik<br />

zurück seine Teenagerzeit, die<br />

sich in naiver und explorativer<br />

Form ausdrückt und wenig nach<br />

Schema F funktioniert. Mensch<br />

vor Maschine könnte man ebenfalls<br />

konstatieren. Und das tut<br />

dem Album und seiner Musik<br />

gut. 7 Carsten Becker<br />

Chinese Man<br />

Racing With The Sun<br />

(Chinese Man Records)<br />

Passend zur Tour, die auch<br />

durch Deutschland führt,<br />

erscheint dieser Tage das Album<br />

der Turntableakrobaten aus<br />

Frankreich.Mit der Mixtape<br />

Reihe “Groove Sessions“<br />

machte man sich in der jüngsten<br />

Vergangenheit schnell einen<br />

Namen und legt nun zeitnah<br />

das Debutalbum nach. Der<br />

Enthusiasmus ist DJ High Ku,<br />

SLY und Ze MNateo anzumerken,<br />

wenn sie rasant die<br />

Schluchten zwischen Elektro,<br />

Dub, Hip Hop und Baile<br />

Funk erkunden. Dabei muss<br />

man sich das Album als einen<br />

Soundtrack für einen imaginären<br />

Westernfilm vorstellen.<br />

Das geht sogar soweit, dass man<br />

in diesen Reggae und traditionelle<br />

chinesische Musik beigemengt<br />

zu Hip Hop oder Gospel-<br />

Dub Crossover integriert.<br />

Dabei kommen auch klassische<br />

Instrumente wie Kontrabass,<br />

Gamelan oder Orgel zu Einsatz.<br />

Das Ganze wird von Fela- und<br />

Femi Kuti-Produzent Sodi<br />

abgemischt und erhält damit<br />

den letzten und markanten<br />

Schliff. Ein Erlebnis der besonderen<br />

Art vermittelt diese<br />

Reise an andere Orte, andere<br />

Zeiten und andere Dancefloors.<br />

“Racing With The Sun“ sorgt<br />

für unkonventionelles Mind<br />

Mapping und bewußtseins, und<br />

körperbefreiende Zustände.<br />

7 Carsten Becker<br />

Crookers<br />

Dr. Gonzo (Southern Fried)<br />

Gut zwei Jahre nach ihrem kometenhaften<br />

Aufstieg und dem<br />

ersten Album „Tons of Friends“<br />

veröffentlichen die Crookers<br />

ihren zweiten Longplayer „Dr.<br />

Gonzo“. 13 Tracks, laut eigenen<br />

Angaben wahllos zusammengefügte<br />

Ideen, eine neue Art<br />

von Dancemusik zu kreieren.<br />

Die musikalische (Welt)offenheit,<br />

die von Anfang an zum<br />

unverwechselbaren Klang ihrer<br />

Produktionen beigetragen hat<br />

und sich früher zum Beispiel<br />

durch Ausflüge in den brasilianischen<br />

Baile Funk äußerte,<br />

wird diesmal noch ausgeweitet.<br />

Einflüsse aus dem Mittleren<br />

Osten, Dance Hall-Elemente,<br />

karibische Steel Drums<br />

oder aber auch Oldschool<br />

Eurodance-Verweise werden mit<br />

Hip Hop, House und Techno<br />

in einen Topf geworfen. Der<br />

Stilmix liefert ein wahres Sound-<br />

Feuerwerk. Alles wieder relativ<br />

intensiv und zum Crowdsurfen<br />

geeignet, das versteht sich ja von<br />

selbst. Einzig die erste Single<br />

„Hummus“ kommt ein bisschen<br />

softer und harmonischer daher.<br />

Ansonsten wird es teilweise auch<br />

ganz schön „sick“, wie etwa<br />

bei „That Laughing Track“.<br />

Der Name ist hier Programm<br />

und spiegelt sehr schön die<br />

Grundmentalität der Crookers<br />

wider: “Ein guter Dance-<br />

Track sollte beim Zuhören<br />

genau so viel Spaß machen<br />

wie beim Produzieren!“- und<br />

den Spaß hört man auch! In<br />

Sachen Gastmusiker werfen die<br />

Mailänder diesmal nicht ganz<br />

so üppig um sich wie noch<br />

beim Debut. Man konzentriert<br />

sich auf Leute aus dem näheren<br />

Umfeld wie etwa Carli oder<br />

Savage Skulls, ebenfalls aus<br />

Italien. Das tut der Qualität<br />

aber keinen Abbruch. Dass die<br />

Jungs mittlerweile jede Menge<br />

Freunde haben, wissen wir ja<br />

schon. Und ich bin definitiv<br />

einer davon! 9 TB<br />

Doctor L<br />

The Great Depression<br />

(Comet)<br />

Ein schillerndes Album, was<br />

uns der gebürtige Ire Liam<br />

Farrell aka Doctor L präsentiert.<br />

Getragen von einer<br />

Afro-Beat-Spur zieht er viele<br />

Register, experimentiert mit<br />

psychedelischen Elementen,<br />

lässt den Funk los, spielt mit<br />

HipHop und macht das mit<br />

einer sehr lässigen Art und<br />

Weise. Unterstützung bekommt<br />

er von vielen Gastmusikernund<br />

Vokalisten wie Tony Allen,<br />

Voodoo John, The Nairobi<br />

Descendants oder Martin<br />

Perna. Ein sehr abwechslungsreiches<br />

Werk mit vielen Details,<br />

die es sich aufmerksam zu erhören<br />

gilt. 8 dr.nacht<br />

El_Txef_A<br />

Slow Dancing In A Burning<br />

Room (Fiakun CD01 /<br />

WAS)<br />

Ihr kennt sicher das Gefühl,<br />

das man hat, wenn man sich<br />

gerade auf der Couch eingemuckelt<br />

hat, an einer Tasse<br />

Tee schlürft und in einem<br />

Buch blättert. Alles ist entspannt,<br />

alles passt irgendwie<br />

zusammen und alles<br />

erscheint, weniger schwer<br />

und anstrengend zu sein.<br />

Genau dasselbe Gefühl werdet<br />

ihr haben, wenn ihr das<br />

Debütalbum von El_Txef_A<br />

im CD-Player rotieren lasst.<br />

Zehn wunderbar entspannte<br />

Tracks hat er auf sein Album<br />

gepackt, die lediglich mit der<br />

Überschrift „House“ mitnichten<br />

in Gänze beschrieben<br />

wären. Klar sind auch<br />

durchweg housige Tracks wie<br />

„Broken Bridges“, „Breath“<br />

oder „Lovely Minds“ darauf<br />

vertreten, welche äußerst<br />

groovig vor sich hin fluffen<br />

und gemächlichen Drive versprühen.<br />

Doch es beherbergt<br />

darüber hinaus auch Tracks<br />

wie „Save the World“, der<br />

mit einem Electro-Beatgerüst<br />

überrascht, das direkt aus den<br />

Achtzigern ins Heute gekommen<br />

zu sein scheint, zu dem<br />

sich noch ein Pianosynhtie<br />

66


Neues fürs Ohr / Longplayer<br />

und jazzige Saxophone gesellen.<br />

Das Ganze klingt dann<br />

insgesamt irgendwie wie jazzysmoothy-fluffy-kuschel<br />

House.<br />

Das muss man natürlich<br />

nicht mögen, aber man muss<br />

dem `Perfekt-Produzierten´<br />

Achtung zollen und es mit<br />

einem kurzen Reinhören vergüten.<br />

7 Rusty<br />

Emeli Sandé<br />

Our Version of Events<br />

(EMI)<br />

Ein wenig irritierend ist es ja<br />

schon, kennt man von Emeli<br />

Sandé nur ihren UK-Hit<br />

„Heaven“ und nimmt sich<br />

dann die Zeit, ein Ohr auf<br />

das Debütalbum zu werfen.<br />

Während „Heaven“ an<br />

Massive Attacks „Unfinished<br />

Sympathy“ erinnert, wird<br />

im Rahmen des Longplayers<br />

schnell klar, dass sich die musikalische<br />

Qualitäten der Britin<br />

in ganz anderen Bereichen<br />

bewegen. Als Soul- und R’n’B-<br />

Künstlerin in ihrer Heimat<br />

bekannt und als Songwriterin<br />

für diverse Kollegen tätig, ist<br />

„Our Version Of Events“ ein<br />

sehr bereitgefächertes Werk,<br />

das auch mal mit epischen<br />

Songs inklusive Streichern<br />

oder melancholischen, akustischen<br />

Nummern und vor allem<br />

mit viel Soul aufwartet. Wer<br />

auch gern mal über den elektronischen<br />

Tellerrand hinaus<br />

blickt und für tollen Sound<br />

mit großer Popattitüde und<br />

überbordender Musikalität<br />

etwas übrig hat, dem sei dieser<br />

Longplayer empfohlen. Wer<br />

mehr im Stile von „Heaven“<br />

wünscht, lässt besser die<br />

Finger davon, denn dies als<br />

erste Single zu releasen, ist<br />

schlicht irreführend. 7<br />

NicolA<br />

Felix Kubin<br />

TXRF (It´s 08 / WAS)<br />

Der Altmeister des Avantgarde<br />

Pop und Mitbegründer der<br />

legendären Band Klangkrieg<br />

ist zurück mit einem weiteren<br />

Tiefschlag gegen die verstaubt,<br />

Klischee behafteten<br />

Hörerwartungen der Welt da<br />

draußen. „TXRF“ bedeutet<br />

Totalreflection X-Ray<br />

Fluorescence (auf Deutsch<br />

Röntgenfluoreszenzanalyse),<br />

was eine Art des Röntgen bei<br />

Materialanalysen beschreibt,<br />

bei dem die Röntgenstrahlen<br />

besonders flach einfallen.<br />

(Ja das musste ich googeln!)<br />

Felix Kubin erschafft sich<br />

damit seine eigene Klangwelt<br />

voller gepeinigter und unterdrückter<br />

Geräusche, die sich<br />

bisher vor den herrschenden<br />

Maschinenmenschen<br />

versteckt hielten. Doch die<br />

Geräusche begehren nun auf,<br />

setzen zum Angriff an und<br />

begegnen dem Gegner aufrecht<br />

und in voller Lautstärke.<br />

Im Kampf steigen sie wild,<br />

ungeordnet und scheinbar<br />

ohne Plan gegen die<br />

Maschinenmenschen ins Feld,<br />

doch sie tun es voller Hingabe<br />

und in Gedenken an die vielen<br />

anderen Geräusche, die in der<br />

Peinigung der Vergangenheit<br />

verschwunden sind. Ob sie<br />

gewinnen werden? Wer weiß<br />

das schon? Doch der Kampf<br />

ist in vollem Gange und Felix<br />

Kubin kommt den vergessenen<br />

und nie in Kombination<br />

gehörten Tönen und Klängen<br />

zu Hilfe. 0 Rusty<br />

Giana Factory<br />

Save The Youth (Fake<br />

Diamonds / WAS)<br />

Oh Gott. Nachdem<br />

ich den Pressetext mit<br />

Verlautbarungen wie<br />

”Dänemarks Antwort Auf<br />

Ladytron” studiert hatte,<br />

wollte ich die Platte wegen<br />

zu viel negativer Vorfeldvibes<br />

und Befangenheit wieder<br />

bei Seite legen. Doch das<br />

Probehören konnte zumindest<br />

einige Zweifel aus dem<br />

Weg räumen. Zumindest was<br />

das Thema Pop angeht. Denn<br />

Giana Factory sind mit ihrer<br />

kühlen Ausstrahlung und mit<br />

dem falsettähnlichen Gesang<br />

eher im alternativen Bereich<br />

dieses Genres anzusiedeln.<br />

Die Melodien wirken weniger<br />

aufgesetzt und klingen vor<br />

den atmosphärischen Synthies<br />

recht hörbar. Gitarrenläufe<br />

mit Elektronikaverflechtung<br />

erhöhen den Spannungsfaktor.<br />

Insgesamt ordentlich produziert,<br />

meine Musik ist es nicht<br />

und wird es auch nicht werden.<br />

6 CplusB<br />

Gonjasufi<br />

Mu.zz.le (Warp / RTD)<br />

Gonjasufi erzählt die<br />

Geschichte der Straße,<br />

erzählt von seinem Ärger,<br />

seinen politischen und<br />

sozialen Eindrücken und<br />

Empfindungen. Adrenalin<br />

und Aggression sind maßgebliche<br />

Triebfedern seines<br />

Handelns, das Hip Hop, Soul<br />

und Downtempo Beats mit<br />

gesprochenen Worten garniert.<br />

Welche Gedanken ihn genau<br />

bei den darken, düsteren<br />

Bildern inspiriert haben, ist<br />

nur schwerlich zu ergründen,<br />

die Wuchtigkeit seiner<br />

Aussagen jedoch ist beeindruckend.<br />

Auf 500 Stück limitiert,<br />

werden sich Sammler in<br />

einigen Jahren darum reißen<br />

und miteinander wetteifern.<br />

6 Carsten Becker<br />

Here Is Why<br />

HRSY (Riotvan/Groove<br />

Attack)<br />

Wo ist mein Kalender? Welches<br />

Jahr haben wir? 2012? Sicher?<br />

Nicht 1984? Ich dachte kurz<br />

… Na ja, das liegt dann wohl<br />

am Debütalbum von Here Is<br />

Why aus Leipzig, klingen diese<br />

doch wie eine Mischung aus<br />

Heaven 17, Human League, ein<br />

bisschen Depeche Mode und<br />

ein klein wenig nach Spandau<br />

Ballett. Das ist nicht unbedingt<br />

schlecht, wie gerade ich als<br />

Kind der 80er-Jahre finde. Es<br />

ist vor allem konsequent, verzichtet<br />

man doch darauf, das<br />

Beste von einst irgendwie stupide<br />

ins Hier und Jetzt zu übersetzen,<br />

sondern macht schlicht<br />

und einfach 100 Prozent Retro-<br />

Electronica-Synthie-Pop. Ob<br />

ihre Musik auch Unter-40-<br />

Jährige verstehen, ist dabei fraglich.<br />

Und ob alle über 40 nicht<br />

doch lieber auf die Originale<br />

zurückgreifen, wohl auch. Egal,<br />

ich mag‘s. 7 NicolA<br />

Hobo<br />

Iron Triangle (Minus)<br />

Das, für mich, erste Album-<br />

Highlight kommt in diesem<br />

Jahr aus dem Hause Minus,<br />

besser gesagt von Joel Boychuk<br />

aka Hobo. Er versetzt uns mit<br />

„Iron Triangle“ in träumerische<br />

Klangwelten die zum Abheben<br />

einladen. Minimalistische<br />

Klangkunst vom Feinsten. Sehr<br />

melodiös und mit viel Liebe<br />

zum Detail. Man kann sich zum<br />

Beispiel zuhause in den Sessel<br />

werfen, nach dem Genuss einer<br />

Selbstgedrehten und sich den<br />

Tracks wie „Blackwell“, „Get<br />

F“, „Here Comes Everybody“<br />

oder „South Endlan“ einfach<br />

willenlos hingeben und dahingleiten<br />

in ferne Galaxien. Zum<br />

anderen kann man aber auch<br />

zu den clubkompatibleren<br />

Tracks wie „Iron Triangle“,<br />

„Camlachie“, Junebug“ oder<br />

„Omega Point“ schön im Club<br />

abtanzen. Sein Konzept scheint<br />

hier aufgegangen und wird so<br />

manchen Freund elektronischer<br />

Tanzmusik in seinen Bann ziehen.<br />

8 C.Clay<br />

It‘s A Musical<br />

For Years and Years (Morr<br />

Music)<br />

Für alle, die gerade unter<br />

Winterdepressionen leiden, ist<br />

die neue LP von It‘s A Musical<br />

genau das richtige Heilmittel.<br />

Denn ab der ersten Sekunde<br />

versprüht „For Years and Years“<br />

Freude, Fun und Leichtigkeit.<br />

Bereits mit dem Titeltrack wird<br />

klar, was es auf diesem Album<br />

geschlagen hat: Eingängige<br />

Melodien, catchy Vocals und<br />

jede Menge Retro-Effekte. Da<br />

könnte man inhaltlich beinahe<br />

seichten Singsang erwarten.<br />

Weit gefehlt, denn gerade<br />

im Verweben realer und prägnanter<br />

Texte – zum Beispiel<br />

über das Erwachsenwerden<br />

– mit unbeschwerten und<br />

schwungvollen Sound liegt das<br />

große Talent des Indietronic-<br />

Duos. It‘s A Musical – das sind<br />

die Schwedin Ella Blixt (aka<br />

Bobby Baby) und der Berliner<br />

Robert Kretzschmar, beides<br />

Multi-Instrumentalisten und<br />

engagierte Vollblutmusiker.<br />

Kein Wunder, dass bereits das<br />

2008er Debüt überzeugte.<br />

Schon damals sorgten die<br />

euphorischen Refrains und hintersinnigen<br />

Texte für Furore.<br />

„For Years and Years“ knüpft<br />

nahtlos an den Vorgänger an.<br />

Wie bereits vor vier Jahren<br />

schreiben Ella und Roberts<br />

auch 2012 Gleichberechtigung<br />

groß. Da rutscht keine Stimme,<br />

kein Ton in den Hintergrund.<br />

Dadurch ist es den beiden<br />

gelungen, ein homogenes<br />

Klangkunstwerk zu schaffen.<br />

Auch wenn es an der einen<br />

oder anderen Stelle ruhig ein<br />

bisschen knarzen oder quietschen<br />

könnte, so erhält „For<br />

Years and Years“ alles im allem<br />

das Prädikat empfehlenswert.<br />

8 eva<br />

James Levy & The Blood<br />

Red Rose<br />

Pray To Be Free (Heavenly<br />

Recordings/Cooperative)<br />

Mit Alison Pierce von The<br />

Pierces scheint James Levy nun<br />

endlich die ideale Partnerin<br />

gefunden zu haben. Während<br />

der Musiker aus Vermont in den<br />

vergangenen Jahren mit seiner<br />

Band Levy mehr oder weniger<br />

erfolgreiche Veröffentlichungen<br />

auf den Markt brachte, könnte<br />

er nun zusammen mit der<br />

blutroten Rose einen richtigen<br />

Knaller landen. Levys<br />

sonore, markige Stimme bildet<br />

eine fantastische Symbiose<br />

mit Pierces zartem, filigranem<br />

Gesang. Da haben sich tatsächlich<br />

zwei gesucht und gefunden:<br />

Ihr erstes gemeinsames<br />

Werk gleicht musikalisch einer<br />

Liebesgeschichte – so romantisch,<br />

selbstverständlich und<br />

homogen kommt der Sound<br />

daher. Das Ganze erinnert ein<br />

wenig an die 60er Jahre, an<br />

Serge Gainsbourg, Brigitte<br />

Bardot oder Jane Birkin – wie<br />

zum Beispiel die Nummer<br />

„Give Me Happiness“. „Hung<br />

To Dry“ hingegen driftet ein<br />

wenig in Richtung Country<br />

ab, versprüht aber nicht minder<br />

Flair und Atmosphäre.<br />

Grandios auch der Titelsong,<br />

er erinnert ein wenig an Nick<br />

Caves und Kylie Minogues<br />

„Were The Wild Roses Gros“.<br />

Ein platter Abklatsch bereits<br />

Dagewesenem ist „Pray to<br />

be free“ aber keinesfalls.<br />

Der Longplayer endet mit<br />

„Precious Age Of 13“. Hier<br />

lässt Levy seine jüdischen<br />

Wurzeln einfließen und singt<br />

stellenweise auf Hebräisch.<br />

Produziert wurde das Album<br />

übrigens von Coldplay-Bassist<br />

Guy Berryman – ein weiterer<br />

Erfolgsgarant. 9 eva<br />

Jazzanova<br />

Upside Down (Sonar<br />

Kollektiv / Alive)<br />

Nach 2003 erscheint dieser<br />

Tage das zweite Remixpaket<br />

der Berliner Jungs, die in den<br />

90ern mit frischen Wind im<br />

Jazz Beat Business für Furore<br />

sorgten und die die clubbige<br />

Broken Beat Variante und<br />

Weiterentwicklung der österreichischen<br />

Stilikonen Kruder<br />

& Dorfmeister darstellten. Und<br />

folgerichtig finden sich einige<br />

internationale wie hauseigene<br />

Wegbegleiter des Kollektivs:<br />

Henrik Schwarz, Âme, Atjazz,<br />

Motorcity Drum Ensembe, Mr.<br />

Scruff oder Ye:Solar drücken<br />

mit Bearbeitungen von Perlen<br />

wie “Let Me Show Ya“ oder<br />

“I Can See“ iIhren eigenen<br />

Stempel auf und kitzeln nochmals<br />

andere Höreindrücke des<br />

Originals heraus. Als Zugabe<br />

gibt es noch zwei neue Mixe<br />

von Soldiers Of House und<br />

Midnight Marauders (klingt<br />

namenstechnisch nach 80er<br />

Metal) und im digitalen Format<br />

werden vier weitere Mixe (u.a.<br />

DJ Naughty) dazugepimpt.<br />

Wer vor acht Jahren vom ersten<br />

Remixausflug begeistert war,<br />

wird auch an Nummer zwei<br />

viel Freude entwickeln. Als<br />

Neueinsteiger erschließen sich<br />

einem freundlich-spannende,<br />

komplexe Welten. 8<br />

Carsten Becker<br />

Jim Rivers<br />

Airport Vultures (ID020)<br />

Intec Digital, der digitale<br />

Ableger von Carl Coxs Intec<br />

Label, mit einem weiteren<br />

Meisterwerk zeitgenössischer<br />

Musik. Jim Rivers, dem 2006<br />

mit seiner „Restore EP“ ein<br />

perfekter Einstand gelang, legt<br />

ein 13 Tracks umfassendes<br />

Album vor, welches seinesgleichen<br />

sucht. Die Tracks sind in<br />

einem Kontext von hypnotischen<br />

Grooves, detroitischen<br />

Rhythmen und kraftvollen<br />

Basslines miteinander verbunden.<br />

Schon der Opener „Miles<br />

Away“ lässt erahnen, dass es<br />

sich hierbei nicht um eine<br />

Standardproduktion handelt<br />

und erinnert durch seine bassless-<br />

und stringbehaftete<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

67


Neues fürs Ohr / Longplayer<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Struktur an die Huldigung von<br />

Meisterwerken eines frühen<br />

Carl Craigs. So zieht sich die<br />

Harmonie und der deepe<br />

Charakter durch die restlichen<br />

zwölf Tracks, ohne auch nur<br />

eine Spur von Langeweile aufkommen<br />

zu lassen.<br />

Zwischenzeitlich zieht das<br />

Tempo an, wird durch Vocals<br />

„We can do this all night“<br />

gepuscht, um wieder in seichtere<br />

Gefilden abzudriften. Ein<br />

Album, nicht nur für den Club<br />

gemacht. 9 PatrickS<br />

John Talabot<br />

Fin (Permanent Vacation)<br />

In bester SloMo-House-<br />

Manier eröffnet John Talbot<br />

seinen neuen Longplayer.<br />

Und das bleibt auch so im<br />

weiteren Verlauf, wenn poppige<br />

Vocals (“Destiny“), oder breakige<br />

Beats (“El Oeste“, “Last<br />

Land“) Eingang in seine Musik<br />

finden. Nur selten ist er schneller<br />

unterwegs (“Journeys“,<br />

“When The Past Was Present“).<br />

Alles läuft locker, bleibt aber<br />

beim ersten Hören etwas<br />

belanglos und entwickelt sich<br />

nach einigen Hördurchgängen.<br />

Insgesamt passable 6<br />

Carsten Becker<br />

J.R. Plankton<br />

Neon (Karaoke Kalk)<br />

Es ist das erste gemeinsame<br />

Projekt von Multi-<br />

Instrumentalist Robert Ohm<br />

und M=minimal-Labelboss<br />

Jens Strüver. Letzterer<br />

machte zuletzt durch seine<br />

Kollaboration mit Krautrock<br />

Urgestein Conrad Schnitzler<br />

(„Con-Struct“) von sich<br />

reden. Für „Neon“ hat sich<br />

der passionierte Produzent<br />

Studionerd Robert Ohm mit<br />

ins Boot geholt. In fünf Tracks<br />

zeigen die beiden, wo elektronische<br />

Musik anfangen und<br />

aufhören kann. Der Opener<br />

„Musique Electronique“ zum<br />

Beispiel erinnert stellenweise<br />

an die Anfänge der elektronischen<br />

Musik. Der Track<br />

könnte getrost auch einem<br />

Werk von Kraftwerk oder Yello<br />

entsprungen sein, so kraftvoll<br />

und komplex kommt die<br />

Nummer daher. „City Jungle“<br />

hingegen entführt einen mit<br />

pulsierendem Druck und jeder<br />

Menge Gewabere förmlich<br />

in den Großstadt-Dschungel.<br />

Ganz im Gegensatz dazu steht<br />

„Sundance“ - ein Dancefloor-<br />

Track mit funkiger Gitarre und<br />

rappeligem Bass. „Nakamura“<br />

und „Regen“ sind weniger laut<br />

und leben dafür mehr von den<br />

Zwischentönen. „Regen“ versetzt<br />

einen durch seinen gleichmäßig<br />

treibenden Beat regelrecht<br />

in Hypnose. Damit ist den<br />

beiden Künstlern ein absolut<br />

gelungener Ausstieg aus ihrem<br />

ersten Gemeinschaftswerk<br />

gelungen. 7 eva<br />

LAL<br />

LAL (Public Transit<br />

Recordings / GAP)<br />

Der Kampf von Anarchisten<br />

für Gerechtigkeit ist das Motto<br />

von Rosina Kazi und Nicholas<br />

Murray. Damit stehen die beiden<br />

ganz im Zeichen aktueller,<br />

sich weltweit gegen vielerlei<br />

Institutionen und Systeme<br />

auflehnender Strömungen.<br />

Lal versuchen mit Worten<br />

und Sounds zu definieren und<br />

zwischen musikalische Welten<br />

zu platzieren, die doch eine<br />

Einheit erstrahlen lassen. So<br />

sind Folk und Elektro, Hip<br />

Hop und Jazz keine Gegensätze<br />

sondern verbindende Elemente.<br />

Mit Tablas, Gitarren, Streichern<br />

und herzklopfenden Trip Hop-<br />

Beats legt man den Grundstein<br />

für Non-Konformistisches<br />

Schubladendenken. 5<br />

Carsten Becker<br />

Leschet & Wilde<br />

Switch Your Phaser To Kill<br />

(Silberschwein Musik)<br />

Frischer Housesound für<br />

daheim, unterwegs und den<br />

Club gibt es von den Kölnern<br />

Irwin Leschet und Sirius<br />

Lee Wilde und ihrem ersten<br />

gemeinsamen Album. Groove<br />

und Deepness, Harmonien<br />

und Melodien vereinen sich zu<br />

einem breit aufgestellten Debüt,<br />

das auf der Tanzfläche funktioniert,<br />

aber durchaus auch<br />

im heimischen Wohnzimmer<br />

Spaß bereitet. Durch seine<br />

Zeitlosigkeit ist „Switch Your<br />

Phaser To Kill“ in all seinen<br />

zehn vorhandenen Tracks ein<br />

echtes Glanzstück, das viel<br />

Wert auf Club-Credibility legt<br />

und stattdessen auf überflüssige<br />

Hipness verzichtet. Und damit<br />

sind alle Tracks keine winterliche<br />

Eintagsfliege, sondern<br />

dürften auch auf den OpenAirs<br />

des kommenden Sommers<br />

noch für Stimmung sorgen.<br />

8 NicolA<br />

Loops Of Your Heart<br />

And Never Ending Nights<br />

(Magazine / Kompakt)<br />

Axel Willner aus Stockholm<br />

verarbeitet seine Eindrücke,<br />

die er bei den Aufenthalten<br />

in Köln gewinnen konnte.<br />

Heraus kommt dabei ein<br />

Elektronikalbum, das spannend<br />

umgesetzt ist. Bereits mit dem<br />

zehnminütigen “Broken Bow“<br />

gelingt ihm der Höhepunkt<br />

des Longplayers. Zwischen<br />

Kraftwerk, Pink Floyd und<br />

Czukay eifert er den großen<br />

Pionieren des experimentellen<br />

Elektronikbusiness nach. Töne<br />

und Beats stahlen eine große<br />

Dynamik aus und reißen den<br />

Rezipienten adhoc in den Bann.<br />

So auch beim an DAF erinnernden<br />

Rhythmus von “Lost<br />

In The Mirror“. Feinfühlige<br />

Tonagen (“End“) wechseln sich<br />

mit nachdenklichen Arbeiten<br />

(“Cries“) ab. Rhythmisch hätte<br />

es für mich etwas mehr sein<br />

dürfen, dennoch offeriert Axel<br />

Willner ein in sich geschlossenes<br />

Produkt, das auf eine<br />

Menge Zuspruch treffen sollte.<br />

6 Carsten Becker<br />

Luca C & Brigante<br />

Invisible Cities (Southern<br />

Friend)<br />

Balearische Leichtigkeit ist das<br />

Motto dieses, aus sechs Stücken<br />

bestehenden Minialbums. Doch<br />

anders als bei anderen mittelmeeraffinen<br />

Produktionen ist<br />

es hier nicht das ethnohafte,<br />

das das südländische Flair entfacht,<br />

sondern vielmehr, die auf<br />

Laidbackgrooves aufsetzenden,<br />

synthetischen elektronischen<br />

Klänge mit sanftem, discoiden<br />

Einschlag (“Time“). Die<br />

Stimme von Ali G. fügt sich<br />

gekonnt in die Kulisse ein. Hat<br />

alles etwas von “We Are The<br />

People“, nur mit weniger Drive<br />

und Mitgröhlcharakter. Nette<br />

Geschichte. 5 Carsten<br />

Becker<br />

Mario und Vidis<br />

Changed (Silence Music)<br />

Marijus „Mario“ Adomaitis und<br />

Vidmantas „Vidis“ Cepkauskas<br />

kommen aus Litauen und haben<br />

sich nicht nur dort seit dem<br />

Beginn ihrer Zusammenarbeit<br />

2007 einen Namen gemacht.<br />

Sie sind im Moment wohl das<br />

Aushängeschild für den sogenannten<br />

Slow House und zeigen<br />

dies bei ihrem Debüt-Album<br />

eindrucksvoll auf zwei CDs mit<br />

20 Songs. Während CD2 sich<br />

ausschließlich Instrumental-<br />

Nummern widmet, bekommt<br />

man auf der ersten eine wunderbare<br />

Bandbreite an litauischen<br />

aber auch internationalen<br />

Vocalisten geboten. So zum<br />

Beispiel beim Song „In My<br />

System“, für den man Englands<br />

Disco-Queen Kathy Diamond<br />

gewinnen konnte. Der Album-<br />

Titel „Changed“ resultiert aus<br />

der gleichnamigen Single, die<br />

letzten Sommer erschien und<br />

dem Duo zum endgültigen<br />

Durchbruch verhalf. Aber<br />

auch sonst wird schnell klar,<br />

warum namhafte Künstler wie<br />

Jazzanova oder Laurent Garnier<br />

zu ihren Fans zählen. Die<br />

Kombination von getragenem<br />

Deephouse mit mystischen aber<br />

sehr warmen souligen Stimmen<br />

geht sofort ins Ohr und packt<br />

einen schon beim ersten Hören.<br />

Wirklich toll, was die beiden<br />

Herren da abliefern. Selbst<br />

dann noch, wenn wie auf CD2<br />

ganz auf Vocals verzichtet wird.<br />

9 TB<br />

MIA.<br />

Tacheles (Universal)<br />

Eine ganze Weile war es ruhig<br />

um Mieze und ihre Jungs. Jetzt<br />

melden sich die mittlerweile<br />

vom Quintett auf ein Quartett<br />

reduzierten Berliner mit einem<br />

neuen Album zurück und versprechen,<br />

„Tacheles“ zu reden.<br />

1997 als Schülerband gegründet<br />

und inzwischen mit vier Alben<br />

im Electropop-Olymp angekommen,<br />

präsentieren MIA. auch<br />

diesmal wieder das, was sie am<br />

besten können: Herzzerreißende<br />

bis aufmüpfige Mädchentexte –<br />

stets überzeugend vorgetragen<br />

von Frontfrau Mieze – gepaart<br />

mit mitreißenden Rhythmen<br />

und Melodien. Doch man ist<br />

wieder elektronischer geworden,<br />

was nicht allein dem Wegfall<br />

eines Gitarristen geschuldet<br />

ist, sondern eine ganz bewusste<br />

Entscheidung war. So kann<br />

man davon ausgehen, dass es<br />

das eine oder andere Stück in<br />

der Tradition von „Tanz der<br />

Moleküle“ auch wieder für den<br />

Club aufbereitet geben wird.<br />

Zum Beispiel wäre das im<br />

Original schon super tanzbare<br />

„Am Tag danach“ prädestiniert<br />

hierfür. 8 NicolA<br />

Nedry<br />

In A Dim Light<br />

(Monotreme Records)<br />

Nedry – nicht zu verwechseln<br />

mit nerdy – stehen für speziellen<br />

Sound, eine Mischung<br />

aus Ambient, Dupstep und<br />

Electronica. Das Trio klingt<br />

durch die fragile Stimme von<br />

Sängerin Ayu Okakita ein wenig<br />

nach Björk, Chris Amblin und<br />

Matt Parker verleihen dem<br />

Ganzen mit ihren experimentellen,<br />

genre-übergreifenden<br />

Sounds die nötige Würze. Mit<br />

„In A Dim Light“ bringt die<br />

Kombo – nach ihrem Debüt<br />

„Condors“ - nun ihr zweites<br />

Werk. Und das hat es in sich:<br />

Während beim Opener „I<br />

Would Rather Explode“<br />

sphärische Klänge und mystisches<br />

Geknarze dominieren,<br />

stehen bei „Post Six“<br />

Breakbeats und verschrobene<br />

Vocals im Mittelpunkt. Den<br />

ersten Höhepunkt erreicht der<br />

Longplayer mit der Nummer<br />

„Violaceae“. Dabei wird<br />

der Zuhörer von einem fließend<br />

dahin plätscherndem<br />

Gitarrenlauf durch die einzelnen<br />

Sequenzen geführt. Jede<br />

Menge Clicks und Cuts sowie<br />

Ayos beschwörende Stimme<br />

lassen dabei eine hypnotische<br />

Atmosphäre entstehen, die<br />

einen ab der ersten Sekunde<br />

fesselt. „Havanna Nights“<br />

hingegen rasselt und rattert,<br />

was das Zeug hält. Und der<br />

siebenminütige Track „Float“<br />

lässt die Sonne auf- und gleichzeitig<br />

untergehen, den Mond<br />

erstrahlen und gleichzeitig den<br />

Himmel verdunkeln. Alles in<br />

allem klingt „In A Dim Light“<br />

wie der Name schon vermuten<br />

lässt: Dunkel, matt und schummerig,<br />

aber gleichzeitig auch<br />

hell, locker und luftig. 6<br />

eva<br />

Nina Kraviz<br />

(Rekids / WAS)<br />

Nach Maja Jane Coles und<br />

Lana Del Ray der nächste<br />

Personenkult und Hype, der<br />

durchs musikalische Dorf<br />

getrieben wird? So zumindest<br />

kolportieren es diverse mediale<br />

Berichterstattungen dieser<br />

Tage. Zugegebenermaßen, die<br />

Voraussetzungen sind wahrlich<br />

nicht schlecht: Das Rekids<br />

Label steht mit seinen coolen<br />

SloMo-House-Tunes immer<br />

für Qualität und scheint fast<br />

unangreifbar. Der Name Kraviz<br />

legt Analogien zum amerikanischen<br />

Soulstar nahe und<br />

optisch kann man über die<br />

Künstlerin nun auch wahrlich<br />

nicht meckern. So weit, so gut.<br />

Musikalisch findet man minimale<br />

Houserhythmen (“The<br />

Needle“, “4 Ben“), die teilweise<br />

sehr elektronisch, vertrackt klingen<br />

(“Best Friend“, “Turn On<br />

The Radio“). Die Stimme von<br />

Nina passt zu den meist deepen<br />

Ausgestaltungen und fügt<br />

sich kantenlos, geschmeidig bis<br />

hin zur Melancholie (“Fire“)<br />

ein. An der einen oder anderen<br />

Ecke findet man Detroit’sche<br />

Einflüsse (“Aus“) und<br />

Experimentelles (“Taxi Talk“)<br />

oder nur Athmo (“Walking In<br />

the Night“, “Working“). Das<br />

hört sich alles ganz interessant<br />

an, aber wirklich starke Titel,<br />

die wie “Ghetto Kraviz“ oder<br />

“False Attraction “auch hängenbleiben,<br />

sind nur vereinzelt<br />

wahrnehmbar. Man erkennt<br />

gute Ansätze, allerdings muss<br />

man einem Künstler auch Zeit<br />

geben, diese und sich zu entwickeln.<br />

7 CplusB<br />

Oliver Koletzki<br />

Großstadtmärchen 2<br />

(Universal)<br />

68


Neues fürs Ohr / Longplayer<br />

Oliver Koletzki bittet zur nächsten<br />

Märchenstunde. Nachdem<br />

Teil Eins im Herbst 2009 für<br />

viel Furore sorgte und auch die<br />

Geburtsstunde der Koletzkis<br />

war, kommen nun weitere musikalische<br />

Erzählungen aus seiner<br />

Wahlheimat Berlin. Er scheint<br />

großen Gefallen zu haben am<br />

Pop-Format und zaubert auch<br />

hier wieder ein paar ganze feine<br />

Songs aus dem Hut, die er<br />

mit diversen Kollaborateuren<br />

umsetzt. „The Devil In Me“<br />

mit Jan Blomqvist ist eine charmante<br />

Hymne mit viel Schmäh,<br />

„Still“ mit Ehefrau Fran pusht<br />

schön nach vorne, wo hingegen<br />

„Reisezeit“ mit Juli Holz sehr<br />

schön das Tempo reduziert, um<br />

seine Beine ganz entspannt am<br />

Bootssteg in den See baumeln<br />

zu lassen. Herrlich! 8<br />

Pauline Westerwald<br />

Pablo Decoder<br />

When We Fall Down<br />

(Snowhite)<br />

Treffen sich zwei Menschen<br />

unterschiedlichen Geschlechts<br />

in Berlin. Wenn es gut läuft,<br />

endet das im Bett. Wenn es<br />

besser läuft, auch gleich noch<br />

im Studio. Und so hat sich<br />

die gegenseitige Zuneigung<br />

von Pablo Decoder und Lotta<br />

nun in einem ganzen Album<br />

entladen. Hier kommen<br />

mit Spanien und Schweden<br />

zwei recht unterschiedliche<br />

Nationalitäten zusammen, und<br />

ebenso bunt gestaltet sich das<br />

Ergebnis dann auch musikalisch.<br />

Indieelectrorockpop trifft<br />

es wohl in seiner Gänze am<br />

ehesten. Facettenreich mit<br />

Hitqualitäten. In erster Linie<br />

zum Tanzen, aber zwischendurch<br />

auch mal zum entspannten<br />

Zurücklehnen geeignet.<br />

Mal poppig, mal clubbig, mal<br />

trashig, mal aber auch ein bisschen<br />

zu viel gewollt. 7<br />

NicolA<br />

Party Catani<br />

Lowfistication (Cock Rock<br />

Disco / Edition Stora)<br />

Eine Platte wie „Lowfistication“<br />

nimmt unter Garantie jede<br />

brave Feier auseinander und<br />

lässt die Gäste hilflos zuckend,<br />

mit verdrehten Gliedern und<br />

irren Grimassen am Boden<br />

zurück. Urheber dieser heiterbrutalen<br />

Anarchie der Klänge<br />

ist Party Catani, den man als<br />

E De Cologne und von unzähligen<br />

weiteren Releases und<br />

Projekten kennt. Das erwähnte<br />

„Lowfistication“ Album ist<br />

nun ein neuer Geniestreich.<br />

Oder besser: Ein wüstes<br />

Sampleschlachtfest, serviert<br />

mit kunterbuntem Wahnsinn<br />

und oftmals getrieben von<br />

einer herrlich stumpfen distorted<br />

drum. Ausflippen und<br />

den Exzess der Mittel auf die<br />

Spitze zu treiben, das hat hier<br />

Methode. Einen derart gnadenlosen<br />

Plünderfeldzug durch die<br />

Ravegemeinde muss man einfach<br />

lieben. 8 (BS)<br />

Pentatones<br />

The Devil‘s Hand<br />

(Lebensfreude Records)<br />

Die Pentatones stehen – egal ob<br />

live oder im Studio produziert<br />

– für Elektro-Sound, der unterschiedliche<br />

Facetten in sich<br />

vereint - von organischem Jazz<br />

über dezente HipHop-Beats bis<br />

hin zu absolut clubtauglichen<br />

Rhythmen. Das verbindende<br />

Element zwischen all diesen<br />

Elementen ist die fesselnde<br />

Stimme von Sängerin Delhia<br />

de France. Während die beiden<br />

Cousins Hannes Waldschütz<br />

und Julian Hetzel (aka Le<br />

Schnigg) bereits seit Anfang<br />

diese Jahrtausends an ihren<br />

Klangkonstrukten basteln, stieß<br />

Delhia, die einige wahrscheinlich<br />

durch ihre Koops mit<br />

Marlow oder Douglas Greed<br />

kennen, erst einige Jahre später<br />

zu den beiden - genauso<br />

wie Tastenkünstler Albrecht<br />

Ziepert. Zu viert bilden sie<br />

eine besondere und vor allem<br />

andersartige Kombo. Auf<br />

ihrem Debüt-Album „The<br />

Devil‘s Hand“ zeigen sie<br />

sämtliche Seiten ihres musikalischen<br />

Könnens. Während<br />

der Titeltrack und Opener<br />

zum Beispiel deep und düster<br />

daherkommt – er klingt wie<br />

eine Mischung aus Tori Amos<br />

und Portishead – erinnert die<br />

zweite Nummer „Determiner“<br />

mehr an Sound à la Seeed oder<br />

Blueskywell. Bei „Bonfire“ hingegen<br />

haben sich die Vier klassischer<br />

Musikelemente bedient,<br />

die sie gekonnt verfremdet und<br />

damit ins Hier und Jetzt transportiert<br />

haben. Und wem das<br />

an Styles noch nicht genug ist,<br />

den erwarten bei „Supervisor“<br />

zackige Vocals und gebrochene<br />

Beats. Was für ein vielfältiges<br />

Debüt! 8 eva<br />

Phantogram<br />

Nightlife (Barsuk)<br />

Mit „Nightlife“ knüpft das<br />

New Yorker Duo Phantogram<br />

nahtlos an das 2010er Debüt<br />

„Eyelid Movies“ an. Und das<br />

obwohl sich im Leben von<br />

Josh Carter und Sarah Barthel<br />

einiges geändert hat. Die beiden<br />

gaben ihre Jobs auf und<br />

tourten nonstop durch die<br />

Gegend. Sie verbrachten ihr<br />

Leben mehr oder weniger auf<br />

der Straße. Trotzdem nahmen<br />

sie sich die Zeit, an neuem<br />

Sound zu arbeiten. Und so<br />

entstanden die Ideen zu den<br />

sieben Songs der aktuellen<br />

Mini-LP in Hotelzimmern<br />

und Clubs. Obwohl unter ganz<br />

anderen Umständen kreiert,<br />

erinnern Klang und Inhalt<br />

von „Nightlife“ extrem an den<br />

Vorgänger, als wäre das Album<br />

eine Art Erweiterung. Der<br />

Opener „16 Years“ überzeugt<br />

mit zarten Vocals, verträumten<br />

Melodien und feinsten Synthie-<br />

Klängen. Hört man sich das<br />

Ganze alleine auf der Couch<br />

an, möchte man am liebsten<br />

gemeinsam mit dem harmonischen<br />

Duo abheben. „Don‘t<br />

Move“ hingegen ist durch seinen<br />

HipHop-ähnlichen Beat<br />

grooviger und treibender. Aber<br />

auch hier kommen die markanten,<br />

beinahe feen- oder zauberhaft<br />

anmutenden Sequenzen<br />

nicht zu kurz. So richtig zum<br />

Tragen kommen die aber erst<br />

im Titeltrack „Nightlife“.<br />

Einfach klasse, welch<br />

Kunstwerk man aus derart<br />

feingliedrigen Klängen machen<br />

kann. Zackiger geht es hingegen<br />

bei „A Dark Tunnel“ zu.<br />

Da wird ordentlich geschrabbelt<br />

und geschrammelt bevor<br />

Sarah den dunklen Tunnel mit<br />

ihren klaren Vocals erleuchtet.<br />

7 eva<br />

Public Lover<br />

A broken shape of you<br />

(Telegraph)<br />

Bruno Pronsato und Ninca<br />

Leece legen endlich das<br />

Debütalbum ihres Public Lover<br />

Projekts vor. Und diese Platte<br />

könnte auf Anhieb jeden verzaubern,<br />

der hineinhört. Denn<br />

die Musik auf „A broken shape<br />

of you“ kommt so wunderbar<br />

zart und warmherzig daher<br />

und ist feinfühlig wie intelligent<br />

produziert. Dem Gesang<br />

von Ninca gelingt es, auf<br />

angenehme Weise zu betören.<br />

Überhaupt kann man sich dieser<br />

Stimme und dem Talent<br />

der Dame, vielschichtige Lyrics<br />

zu schreiben, kaum entziehen.<br />

Die dazu komponierten<br />

Klänge und Rhythmen schwingen<br />

und tänzeln wunderbaren<br />

Emotionen gleich. In manchen<br />

Momenten wähnt man sich gar<br />

in einer endlos traumwandlerischen<br />

Phase. Wer also auf<br />

derart klugen Elektronik-Pop<br />

fürs Herz steht, wird „A broken<br />

shape of you“ innigst verehren.<br />

8 (BS)<br />

Reliq<br />

Minority Report (Noble)<br />

Beinahe zeitgleich mit Serphs<br />

EP“ Winter Alchemy“ erscheint<br />

die LP „Minority Report“, die<br />

der japanische Künstler unter<br />

seinem neuen Pseudonym<br />

Reliq veröffentlicht. Zwar ist<br />

Reliqs Sound minimaler und<br />

abstrakter als die fantasievollschillernden<br />

Klänge seines Alter<br />

Egos, Serph’sche Spuren sind<br />

aber eindeutig zu erkennen.<br />

Zum einen wird Reliqs Sound –<br />

ähnlich wie der Künstler Serph<br />

selbst – von einem geheimnisvollen<br />

Schleier umgeben. Zum<br />

anderen lassen aber auch die<br />

nahtlos ineinander gewobenen<br />

und gnadenlos übereinander<br />

gelegten Beats und Klänge<br />

eindeutig Serphs Handschrift<br />

erkennen. Mit „tea“ hat Reliq<br />

einen melodisch-treibenden<br />

Auftakt gewählt. Die Nummer<br />

geht – wenn auch ein wenig<br />

eigenwillig – sofort in den<br />

Gehörgang und löst sogleich<br />

den Kopfwackel- und Mitwipp-<br />

Reflex aus. „vale“ hingegen<br />

plätschert und rollt angenehm<br />

vor sich hin, kraftvoll-deepe<br />

Breaks und Bässe bringen<br />

Dynamik in den gleichmäßig<br />

fließenden Strom. Exotischer<br />

hingegen geht es bei „mini“<br />

zu: Jede Menge Geklicker und<br />

Geklapper gepaart mit schnarrenden<br />

Effekten, beschwörenden<br />

Vocals und homogenen<br />

Melodien – zusammen gehalten<br />

durch einen schiebenden Beat -<br />

sorgen für ordentlich Wumms<br />

und lassen die Nummer zum<br />

Highlight des Albums werden.<br />

Danach wird es experimenteller<br />

und verworrener. Schade<br />

eigentlich. 4 eva<br />

Scope<br />

Seven Reasons (Large)<br />

Ric McClelland debütiert auf<br />

dem Traditionslabel Large<br />

mit 10 Stücken, die ganz<br />

im Kontext von klassischem<br />

House stehen. Nach den<br />

Produktionen auf NRK und<br />

Urban Torque erweitert er nun<br />

sein Spektrum auf deepen Vocal<br />

House, das sein Album mit<br />

“Follow“ eröffnet. Feinfühlig<br />

schafft er eine moderne,<br />

fast soulige Interpretation<br />

dieser Musikgattung. Aus<br />

Belfast stammend, erinnert<br />

sein Output an englische<br />

Produktionen, in denen<br />

Einflüsse von Massive Attack<br />

(“Myles Groove“) oder<br />

Incognito Eingang fanden.<br />

Außerdem experimentiert er<br />

mit modernen Discoansätzen<br />

(“I Don’t Know“ oder “The<br />

Drop“) und verweist mit<br />

Stücken wie “Won’t Be Long“<br />

oder dem Titelstück (acidlastig)<br />

auf Old School-Tradition<br />

aus den 80ern. Nicht ganz<br />

neu, aber schön umgesetzt.<br />

7 Carsten Becker<br />

Sendai<br />

Geotope (Time To Express)<br />

Hinter Sendai stecken Peter<br />

Van Hoesen und Yves De Mey.<br />

Ersteren kennt man natürlich<br />

als Macher von Time To<br />

Express und Lieferanten für<br />

superbe Floormusik. Dabei hat<br />

er aber weder in seinen Sets<br />

noch Produktionen je verleugnet,<br />

dass es ihn auch gerne<br />

mal abseits der Umzäunung<br />

in experimentellere Gefilde<br />

zieht. Yves De Mey hingegen<br />

komponierte schon für<br />

Dance Performances und<br />

Theaterprojekte. Auch diverse<br />

Installationen und Releases auf<br />

Labels wie Sandwell District<br />

gehen auf sein Konto. Ins<br />

Sendai Projekt bringt er ein<br />

modulares Soundsystem mit<br />

ein, was in Verbindung mit Van<br />

Hoesens Talent beim digitalen<br />

Komponieren eine ganz besondere<br />

Melange ergibt. Das so<br />

erschaffene „Geotope“ Album<br />

erweist sich als eine besonders<br />

konzentrierte Form von<br />

Klangforschung. Sorgsam lässt<br />

man allen überflüssigen Ballast<br />

beiseite. Die Stücke sind wohldosierte<br />

Trips und knusprige<br />

Rhythmusmalereien aus<br />

einer entrückten, seltsamen<br />

Zwischenwelt, in der man es<br />

aber ziemlich gut aushalten<br />

kann. 7 (BS)<br />

Seventeen Evergreen<br />

Steady On, Scientist!<br />

(Lucky Numbers/<br />

Cooperative Music)<br />

Fünf Jahre hat es nun gedauert,<br />

bis Seventeen Evergreen<br />

nach ihrem Debüt „Life<br />

Embarasses Me On Planet<br />

Earth“ ihren nächsten<br />

Longplayer an den Start bringen.<br />

Sicherlich hat das aus San<br />

Francisco stammende Duo<br />

um Caleb Pate und Nephi<br />

Evans geahnt, dass es nicht<br />

ganz leicht werden würde, an<br />

den grandiosen Erfolg aus<br />

dem Jahre 2007 anzuknüpfen.<br />

Doch auch nach fünf Jahren<br />

sind die Erwartungen groß.<br />

Leider werden sie jedoch<br />

auf „Steady On, Scientist!“<br />

nicht ganz erfüllt. Zwar überzeugt<br />

der Opener „Polarity<br />

Song“ - die Nummer erschien<br />

bereits als EP – mit funkigem<br />

Groove und witzigen<br />

Electro-Effecten (sie sind<br />

übrigens so bunt wie das<br />

äußerst sehenswerte Video),<br />

damit können die darauf<br />

folgenden Tracks nur leider<br />

nicht mithalten. Schade, denn<br />

eigentlich hätten es die beiden<br />

Multi-Instrumentalisten<br />

wirklich drauf. Das ist in einigen<br />

„Steady On, Scientist!“-<br />

Sequenzen auch deutlich zu<br />

erkennen. Soundtechnisch<br />

bewegt sich das Duo irgendwo<br />

zwischen MGMT und My<br />

Bloody Valentine. Nur leider<br />

nimmt das Album einen nicht<br />

- wie der Vorgänger - mit auf<br />

einen kurzweiligen Trip, sondern<br />

eher auf eine beschwerliche<br />

Reise. Der Funke will<br />

eben einfach nicht so recht<br />

überspringen, zu verworren<br />

und holprig kommen die einzelnen<br />

Klänge stellenweise<br />

daher. 5 eva<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

69


Neues fürs Ohr / Longplayer<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

SHRUBBN!!<br />

Echos (Shitkatapult)<br />

Ulli Bormans (Schieres) und<br />

Marco Haas (T.Raumschmiere)<br />

machen schon seit 15 Jahren<br />

gemeinsame Sache als<br />

SHRUBBN!! Mit „Echos“<br />

bringen die äußerst sessionerprobten<br />

Herren jetzt ihr<br />

Debütalbum heraus. Dieses<br />

veranschaulicht nicht nur eine<br />

eigenwillige Nummerierung<br />

der Tracks, es kommt auch<br />

als liebevolle Vinyl-Edition<br />

auf den Markt. Ein klares<br />

Statement. Zum musikalischen<br />

Inhalt von „Echos“ ist dieses<br />

Format natürlich äußerst kongruent.<br />

Denn ein solch deeper,<br />

dubbiger, ambientener<br />

Sound klingt doch einfach am<br />

besten, wenn eine Nadel durch<br />

Rillen fährt... Genussvoll werden<br />

pulsierende Klänge auf<br />

ausgedehnte Ausflüge durch<br />

den Raum geschickt. Der<br />

Ideenreichtum des Duos ist verwoben<br />

zu einem atmosphärisch<br />

dichten Netz. Auch live ein<br />

Erlebnis, dann im Verbund mit<br />

den Berliner Videokünstlern<br />

Transforma. 8 (BS)<br />

Strings Of Consciousness<br />

From Beyond Love<br />

(Staubgold)<br />

Das Musikerkollektiv mit<br />

dem schönen Namen Strings<br />

of Consciousness hat mittels<br />

beeindruckenden, digitalen<br />

Kunstfertigkeiten und unter<br />

Einbeziehung akustischer<br />

Klangerzeuger und verschiedener<br />

Vokalisten und Gäste ein<br />

ziemlich intensives Werk entstehen<br />

lassen, dessen fünf Stücke<br />

von psychedelischen Sessions<br />

bis zu Lauscherfahrungen am<br />

Rande des Wahnsinns und<br />

Wehklagens alles bereithalten,<br />

was der abenteuerlustige<br />

Freund obskurer, verspielter<br />

Musik begehren könnte.<br />

Definitiv ein Album, das dazu<br />

verpflichtet, es mehrfach hintereinander<br />

zu hören, um seine<br />

Besonderheit vernünftig wertschätzen<br />

zu können. 7<br />

(BS)<br />

Stylus Rex<br />

Amplify (Ground Level)<br />

Mit „Amplify“ erscheint endlich<br />

das Debüt des Breakbeat-<br />

Tüfflers Stylus Rex, gleichzeitig<br />

ist der Longplayer aber auch<br />

das erste full-lenght Klangwerk<br />

auf Ground Level. Schon vor<br />

vier Jahren stammte die erste<br />

EP des britischen Labels von<br />

Stylus Rex. Da erscheint es<br />

das erste Album aus der Feder<br />

von Stylus Rex nur mehr als<br />

konsequent. Für „Amplifiy“<br />

hat er acht Bass-geladene<br />

Tracks geklöppelt – technoide<br />

Elektronika vom Feinsten,<br />

dancefloortauglich und energiegeladen.<br />

Tracknamen wie<br />

„Twisted Spiral“, „Broken<br />

Power“ oder „Rocks on Hope“<br />

sind dabei absolut Programm.<br />

Oder eben auch „Rhythm<br />

Roller“: Die Nummer ist super<br />

funky und funny! Respekt für<br />

derart gekonnt gesetzte Breaks<br />

und Effekte. Gegen Ende sorgen<br />

geloopte Synths sogar für<br />

ein bisschen Rave-Feeling.<br />

Getoppt wird die Nummer<br />

dann aber schon zwei Tracks<br />

weiter von „Blatant Elephant“<br />

– einer genialen Komposition<br />

aus fetten Bässen, knallharten<br />

Brüchen und weichen Tönen.<br />

Wohoo! Und für den Abschluss<br />

seines Debüts hat sich Stylus<br />

Rex Chris K mit ins Boot<br />

geholt. Mit „Halo Ember“ entlassen<br />

einen die beiden – nach<br />

all den druckvollen Nummern<br />

– auf sanfte Art und Weise aus<br />

dem Logplayer. 6 eva<br />

Terranova<br />

Hotel Amour (Kompakt)<br />

Lust auf warme Grooves und<br />

nicht minder warme Füße<br />

an kalten Tagen wie diesen?<br />

Dann sei euch das gut beheizte<br />

Liebeshotel von Terranova<br />

empfohlen. Acht Jahre hat<br />

man sich Zeit gelassen, um<br />

sich zu sammeln, anderen<br />

Projekten zu widmen und<br />

dann den Grundschein für<br />

die Hotelerbauung zu legen.<br />

Fetisch und sein Kollege &ME<br />

präsentieren uns deepen und<br />

bisweilen recht reduzierten<br />

House. Dafür hat man zahlreiche<br />

Gäste zum Mitmachen<br />

animieren können. Es ist also<br />

eine Art Swinger-Hotel geworden,<br />

und trägt somit seinen<br />

Namen ganz zu Recht. Thomas<br />

Høffding von WhoMadeWho,<br />

Billie Ray Martin und die<br />

Schauspieler Udo Kier &<br />

Nicolette Krebitz sind nur einige<br />

der zu hörenden Gäste, die<br />

die Musik Terranovas erst richtig<br />

spannend machen. 8<br />

NicolA<br />

The Micronaut<br />

Friedfisch (Acker Records)<br />

Hinter Micronaut verbirgt<br />

sich der Deutsche Stefan<br />

Streck. Er ist seit Mitte der<br />

90er musikalisch aktiv. Anfangs<br />

als Gitarrist in Emo- und<br />

Grindcor-Bands, später wendet<br />

er sich dann elektronischeren<br />

Klängen und Ambient zu. Sein<br />

Debüt „Friedfisch“ erscheint<br />

auf dem ostdeutschen Label<br />

Acker Records und beschert<br />

uns 11 sehr ausgefeilte Songs<br />

mit Fischnamen plus 2<br />

Remixe. Die Originale sind<br />

zwar nicht wirklich getragen,<br />

zielen aber auch nicht unbedingt<br />

auf den Dancefloor ab.<br />

Vielmehr zeichnen sie sich<br />

durch eine sehr variantenreiche<br />

Instrumentierung aus, wobei<br />

auch immer wieder die alten<br />

Fähigkeiten an der Gitarre aufblitzen.<br />

Diese eher organischen<br />

Riffs verfangen sich dann<br />

schon mal in elektronischen<br />

Loops, wie etwas beim Song<br />

„Gründling“. Bei „Schleie“<br />

bilden Weltmusikeinflüsse und<br />

Halfstep-Arrangements einen<br />

interessanten Gegensatz. Und<br />

so wird man bei fast jedem<br />

Track auf die eine oder andere<br />

Weise überrascht und in<br />

einen anderen Kontext bzw.<br />

eine andere Stimmungslage<br />

verfrachtet. Sehr abwechslungsreich<br />

und bestimmt auch live<br />

ein tolles Erlebnis. 8 TB<br />

The Soul Session<br />

One (Agogo / Indigo)<br />

Multiinstrumentalist und<br />

Tasendsassa Ralph Kiefer ist<br />

The Soul Session. Als Ideen,-<br />

und Taktgeber hält er als<br />

Macher das Zepter bei diesem<br />

Projekt in der Hand, locker<br />

und vielseitig mit 15 Titeln<br />

aufwartet. Beseelt von einem<br />

soulig-jazzigem und elektronischen<br />

Hintergund bei den<br />

Poets Of Rhythm und Hipnosis,<br />

findet sich diese musikalische<br />

Färbung auch auf “One“ wieder.<br />

Neben Soul und Rare<br />

Grooves (man achte auf die<br />

wahnsinnig Hymne “S.O.S.<br />

Suite“ oder das Doors Cover<br />

“Light My Fire“), streift er die<br />

Bereiche Funk, Drum’n’Bass<br />

oder Jazz (hier den virtuosen<br />

Klassiker “Horse With No<br />

Name“ in elfminütiger Swing-<br />

Neufassung) mit Eleganz und<br />

Leichtigkeit. Kurzum, Ralph<br />

Kiefer beweist auf diesem<br />

Longplayer sein tiefgründiges<br />

und gelebtes Verständnis von<br />

elektronischem Soul und ringt<br />

dem Hörer damit jede Menge<br />

Respekt ab. 8 Carsten<br />

Becker<br />

VCMG<br />

Ssss (Mute)<br />

Welch eine Zusammenkunft.<br />

Vince Clarke und Martin<br />

Gore, Gründungsmitglieder<br />

von Depeche Mode, machen<br />

wieder gemeinsam Musik und<br />

dürften den einen oder anderen<br />

Zeitgenossen bei der Wahl<br />

der Genres etwas überrascht<br />

haben. Die beiden liefern mit<br />

„Ssss“ ein Technoalbum ab,<br />

ganz schnörkellos und straight.<br />

Deadmau5<br />

Meowingtons Hax 2k11<br />

Toronto (mau5trap)<br />

Unmaskiert sieht er aus<br />

wie ein Schluck Wasser in<br />

der Kurve, musikalisch ist<br />

er dafür einer der gefragtesten<br />

Electrokünstler<br />

der Jetztzeit: Joel<br />

Zimmerman aus Toronto<br />

aka Deadmau5. Er füllte<br />

mit seiner letztjährigen<br />

Live-Show weltweit die<br />

größten Hallen und war<br />

sogar auf den Bühnen von<br />

Rockfestivals wie Rock am<br />

Ring und Lollapalooza zu Gast. Wer das nicht glaubt oder<br />

versuchen möchte, dem Hype um den Kanadier auf die<br />

Spur zu kommen, der kann sich mit dieser Live-DVD einen<br />

ersten Eindruck verschaffen. Knicklichtmausohren tragende<br />

Menschenmassen bilden die Kulisse für eine in Sachen Lichtund<br />

Visualtechnik wegweisende Show. Bei mir hinterlassen<br />

Live-DVDs ja immer eher einen etwas faden Beigeschmack,<br />

da mit ihnen die Enttäuschung einher geht, nicht selbst dabei<br />

gewesen zu sein. Aber heute ist nicht alle Tage, die Maus<br />

kommt wieder. Keine Frage. 8 NicolA<br />

Natürlich können beide<br />

ihre gewohnte musikalische<br />

Ausrichtung nicht verleugnen<br />

und so präsentieren sich<br />

die Tracks hier in Glanz und<br />

Gloria, mit Kraft und Licht.<br />

8 dr.nacht<br />

WhoMadeWho<br />

Brighter (Kompakt)<br />

Keine zwölf Monate sind vergangen,<br />

seit die drei Dänen<br />

ihren ersten Longplayer auf<br />

Kompakt und damit ihr viertes<br />

Album insgesamt veröffentlichten.<br />

Ganz bewusst entschied<br />

man sich seinerzeit, aus den<br />

fertigen Tracks zwei CDs zu<br />

machen, anstatt sie als Doppel-<br />

CD auf den Markt zu werfen.<br />

Grund hierfür war laut Band<br />

zum einen die persönliche<br />

Vorliebe für kürzere Werke,<br />

zum anderen aber auch der<br />

doch unterschiedliche musikalische<br />

Ansatz. Während das<br />

düstere „Knee Deep“ eher der<br />

damaligen Gefühlswelt der<br />

Herren entsprach, galt es, sich<br />

für „Brighter“ radiotauglicher<br />

darzustellen. Das ist ihnen<br />

gelungen, wie gleich die erste<br />

Single „Inside World“ belegte.<br />

Fluffige Tanzbeats treffen auf<br />

popaffine Melodien und Vocals<br />

und ergeben so ein gutes energetisches<br />

Ganzes, das glauben<br />

macht, dass WhoMadeWho zu<br />

Höherem berufen sind. Clubhit<br />

garantiert. Charthit nicht ausgeschlossen.<br />

7 NicolA<br />

X-Press 2<br />

The House Of X-Press 2<br />

(Skint)<br />

Das englische Duo – gestartet<br />

als Trio, aber inzwischen<br />

ohne Ashley Beedle am Start<br />

– ist seit 20 Jahren aktiv und<br />

hat einen festen Platz in<br />

der UK-House-Bewegung.<br />

Darren House aka DJ Diesel<br />

und Darren Rock aka DJ<br />

Rocky haben nun ihr drittes<br />

Studioalbum veröffentlicht.<br />

„The House Of X-Press 2“<br />

versammelt 12 Dancefloor-<br />

Tracks – ohne lästigen Füllstoff<br />

oder Bremspuffer-Tracks<br />

und mit Gast-Vokalisten wie<br />

Roland Clark, James Yiull oder<br />

Amber Jolene. Das klingt in<br />

guten Momenten sehr fresh,<br />

hedonistisch und lebhaft mit<br />

feinem Old School-Vibe,<br />

führt aber zwischendurch hin<br />

und wieder zu Langweile,<br />

Wiederholung und Schmarrn.<br />

Die guten Momente überwiegen<br />

aber eindeutig, daher verdiente<br />

7 dr.nacht<br />

Ziggy Kinder<br />

Barboom<br />

(Ware / Alive)<br />

Eine Mischung aus Tradition<br />

und Moderne erwartet den<br />

Hörer des neuen Longplayers<br />

von Ziggy Kinder. Auf der<br />

einen Seite steht der SloMo-<br />

House des Kölners, der minimal<br />

in der Houseecke funkt<br />

(“Rauchgeflüster“), andererseits<br />

erkennt man immer noch<br />

den Hang zum Experimentieren<br />

(„Monsterdarling“, “Barboom“).<br />

In diesem Spannungsfeld<br />

entfachen deepe<br />

Chords Tiefe (“Flaschengeist“,<br />

“Meteroid“) und druckvolle<br />

Discoeinheiten (“Teenybopper“)<br />

einen gesunden<br />

Groove, der im Club<br />

bestens funktioniert (“Bad<br />

Brunhilde“). Minimale<br />

Ent spannung inklusive<br />

(“Himmelmeister“, “Kinderwahrheit“).<br />

Party, Club, zu<br />

Hause – “Barboom“ ist alles<br />

in einem und dazu sehr schön<br />

angeordnet und intoniert.<br />

8 Carsten Becker<br />

70


Neues fürs Ohr / Alternative Style<br />

ALTERNATIVE STYLE<br />

Selektiert und analysiert von Martin Lange<br />

Maßanzüge tragen viele Bands, aber nur wenige<br />

danken ihrem Schneider in den Credits. Die<br />

Tindersticks wollten sich in ihren Maßanzügen<br />

auf der Bühne und im Studio einfach wohlfühlen.<br />

Mit dem neuen Album „The Something Rain“<br />

(Cityslang) geht nun diese Rechnung zum wiederholten<br />

Mal auf - handgemachte Musik, die maßgerecht<br />

sitzt. Ein wahrhafter Sound, der mehr Lounge und<br />

Ambientmomente bietet, als elektronisches Gefrickel<br />

am Computer je zulassen könnte. Im Mittelpunkt<br />

jedes Tindersticks-Songs stehen grandios erzählte<br />

Geschichten. Der Gesang von Tindersticks Sänger<br />

und Songwriter Stuart A. Stapes ist geschaffen für<br />

eine Ewigkeit im Pop, direkt aufzubewahren neben<br />

den Stimmbändern von Nick Cave oder Tom Waits.<br />

Für das zehnte Album von The Magnetic Fields<br />

gibt es diesmal keinen großen Aufhänger. Was ja schon<br />

Einiges bedeutet, wenn man mal das 1999 erschienene<br />

auf drei CDs ausgeweitete Werk mit stolzen „69<br />

Lovesongs“ als ein Mega-Mega-Konzept versteht. Auf<br />

„Love At The Bottom of The Sea“ (Domino) geht es<br />

wenigstens musikalisch um eine Rückkehr. Nachdem<br />

auf den letzten Platten alles Synthetische verdammt<br />

wurde, heißt es nun mal wieder zurück zu den elektronischen<br />

Anfangstagen der Fields in den 90ern. Dabei<br />

hat Mastermind Stephin Merritt in seinem Keller<br />

nach alten, verdammt fiesen, piepsenden, beschwipsenden<br />

Keyboards gekramt. Und das bringt dann<br />

auch eine Menge Spaß, wenn es in den zuckersüßen<br />

Songarrangements ungemütlich im Hintergrund krächzt<br />

und der aufkeimende Magnetic-Kitsch mit Antimaterie<br />

neutralisiert wird. Keiner der 15 neuen Songs ist länger<br />

als 2 Minuten 39; nichts ist länger als nötig.<br />

Im Einzelnen:<br />

• Tindersticks – The Something Rain (Cityslang)<br />

VÖ 24.2.<br />

• Grimes – Visions (4AD) VÖ. 9.3.<br />

• The Magnetic Fields – Love At The Bottom of The<br />

Sea (Domino) VÖ 2.3.<br />

• NIAS – s/t (Snowhite) VÖ. 23.03.<br />

• Talking Pets – Cities (Redwinetunes) VÖ: 24.2.<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Jedes Jahr die gleiche Spannung. Welches tolle Album<br />

zaubert das Label 4AD als Erstes aus dem Hut. 2011<br />

gab es wunderbare Platten von Bon Iver, den Tune-<br />

Yards oder St.Vincent. Das erste Highlight 2012<br />

stammt von der Kanadierin Claire Boucher. Unter<br />

dem Namen Grimes veröffentlicht die in Montreal<br />

lebende Künstlerin mit „Visions“ ihr 4AD-Debüt.<br />

Die New York Times vergleicht Grimes mit Björk,<br />

Enya, Daft Punk, Donna Summer, Mariah Carey,<br />

Eurythmics, Nicki Minaj, Toni Basil, Zola Jesus und<br />

The Smiths. Ihr Album bietet wirklich diesen unglaublich<br />

sensationellen Mix aus musikalischen Einflüssen,<br />

den die 23jährige Grimes selbst als „Post-Internet“<br />

bezeichnet. Das Werk strahlt voller verrückter Ideen<br />

und Zitate. Als Sängerin überzeugt Grimes mit einer<br />

Bandbreite zwischen tiefer Geisterstimme bis hin zu<br />

überdrehtem Gequietsche. Musikalisch verbindet das<br />

Album eine Menge cooler Spielarten: Punk-Attitüde,<br />

die sich rotzig mit Popästhetik vermischt. Claire<br />

Boucher ist die Hipster-Antithese zu Lana del Ray.<br />

Musik, einfach aus dem Bauch heraus: ungeplanter,<br />

lebendiger, schneller und wahrhaftiger.<br />

Zwei nationale Indieversuche: NIAS aus Berlin wären<br />

gerne wie Berlin: impulsiv und unvorhersehbar. Ihr<br />

Album „s/t“ ist leider genau das Gegenteil. Es wirkt<br />

alles längst bekannt und berechnend. Man hört Deus<br />

und The Clash auf den Dancefloor heruntergebrochen.<br />

Alles ist zwar im Fluss, schön produziert, aber<br />

die Songs und Sounds bleiben gesichts- und geruchslos,<br />

sind wenig mitreißend. Man wünscht sich, dass<br />

ein Berliner Straßenköter den Jungs mal kräftig bei<br />

der Arbeit ins Mischpult gepisst hätte, damit das Werk<br />

nicht so glatt und blutleer um die Ecke kommt.<br />

Die Talking Pets aus München baden wenigstens<br />

in Zucker. Lange hat keine deutsche Indieband so<br />

unverschämt süße Popsongs aus den Kochbüchern<br />

der 60er gebacken. Auf ihrem zweiten Album „Cities“<br />

ist alles bunt und sonnendurchflutet. Hier duftet<br />

alles nach Blumen, Kinder in Latzhosen spielen,<br />

und die Bauern bringen ihre goldenen Heuwagen<br />

in die Scheunen. Harmonien als Wald und Wiesen,<br />

Melodien als kleine Bächlein aus Milch und Honig.<br />

Ein Indieschlaraffenland jenseits der Kitschgrenze!<br />

7


Neues fürs Ohr / Compilations<br />

Gunslingers And Greenhorns<br />

Poker Flat Volume 9 (Poker Flat)<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Steve Bug eröffnet die neunte Runde seiner Labelschau und auch dieses<br />

Mal ist ihm damit ein sehr guter Wurf gelungen: Alle Neune eben ... und<br />

eine sehr feine Mischung zwischen alten Hasen und Grünschnäbeln. So gibt<br />

es exklusiven Stoff von Alland Byallo mit „One Of The Ones“ - ein sehr<br />

eleganter House-Track zwischen Pumpe und deep – oder einen meiner liebsten<br />

Dancefloor-Tracks des letzten Jahres: Roland Appels „Fleurs Du Mal“.<br />

Und da alle guten Dinge drei sind, gibt es noch einen Favoriten: Daniel<br />

Dexter mit „Who Knows Motor City“ mit dufter Synthie- und Percussions-<br />

Attacke. Zur eigentlichen Compilation mit ihren zehn Tracks (vier davon<br />

exklusiv) gesellt sich darüber hinaus noch ein DJ-Mix von Mister Bug.<br />

Feine Sache, das. 9 dr.nacht<br />

An-ten-nae Presents<br />

Acid Crunk Vol.4 (Muti<br />

Music)<br />

Das geladene Gewehr in der<br />

Hand, den Grabstein mit der<br />

Aufschrift „R.I.P. Dubstep“ zu<br />

Füßen... Schon das Cover der<br />

„Acid Crunk Vol. 4“ scheut<br />

nicht vor Kampfansagen zurück.<br />

Was den musikalischen Inhalt<br />

betrifft, kann man sich todsicher<br />

darauf verlassen, nicht schon<br />

wieder mit dem Dogmatismus<br />

immer gleicher Wobblebässe<br />

konfrontiert zu werden.<br />

Vielmehr stehen die Tore erquickend<br />

weit offen. Call it Glitch-<br />

Hop, Crunk, Post-Dubstep, oder<br />

welche Schubladen man auch<br />

immer dafür aufziehen möchte.<br />

Die 16 Tracks von Griz, Oah,<br />

Lynx, Dubvirus, David Starfire.<br />

An-ten-nae und Konsorten<br />

überzeugen in mehrfacher<br />

Hinsicht und belegen, dass der<br />

Umgang mit dem futuristischen<br />

Bass eben doch weitaus kreativer<br />

sein kann, als es manch andere<br />

Zusammenstellung vorgaukelt.<br />

7 BS<br />

Back On Track<br />

Nicholas: Nu Groove<br />

(Needwant)<br />

Gut 20 Jahre nachdem Nu<br />

Groove aus New York 1992 seine<br />

Labeltätigkeit einstellte, greift<br />

der Italiener Nicholas Lammateo<br />

die Geschichte wieder auf. Aus<br />

über hundert Releases wählte<br />

er die für ein Set geeignetsten<br />

aus und überarbeitete sowie<br />

remasterte diese. Elf Interpreten<br />

und Stücke schafften es auf die<br />

Playlist für diese Werkschau.<br />

House amerikanischer Machart<br />

mit und ohne Vocals (Lisa Lee<br />

„When Can I Call You?”), mal<br />

clubbig (Bäs Noir „I’m Glad<br />

You Came To Me“, K.A.T.O.<br />

„The Booty Dance”), mal<br />

deep (N.Y. House Authority<br />

„APT1A“) oder auch mit<br />

einem Schuss Chicago versehen<br />

(Tech Trax Inc., Rodqui). Diese<br />

Zusammenstellung gewährt<br />

einen Blick in die Vergangenheit,<br />

der nostalgisch schön verklärt,<br />

für den Ausblick von House<br />

jedoch wenig beizutragen hat.<br />

Für Sammler, Historiker und<br />

erfahrene Tanzsemester jedoch<br />

sicher eine wertige Platte. Tip:<br />

Basil Hardhaus 2 Ft. Burrell<br />

„Black Man“. 6 CplusB<br />

Brodinski<br />

FabricLive 60 (Fabric /<br />

RTD)<br />

Nummer 60 auf FabricLive<br />

kommt vom Franzosen<br />

Brodinski. Und der hat den<br />

Flow auf 23 Stücken gepachtet.<br />

In ersten Teil startet der<br />

Mann aus Reims bedächtig und<br />

mit SloMo-House: Bicep, Low<br />

Jack und Thomas Barfod sind<br />

die Protagonisten, mit denen er<br />

sich in die Welt des Hörers einschleicht.<br />

Bereits hier besticht<br />

ein funky Groove. Der kippt mit<br />

TWR72 und Sian ins Elektroide<br />

und leicht Experimentelle,<br />

um dann in der Verquickung<br />

von Techno und Elektro mit<br />

Samuel L Session, Gesaffelstein,<br />

Rejected, Riton und Switch<br />

ausdrucksstark in den Vollen zu<br />

gehen. Einige der Mixe kommen<br />

von Reboot, Paul Woolford oder<br />

Sam Paganini). Insbesondere<br />

die Hochlaufphase überzeugt<br />

auf ganzer Breite und sichert<br />

Fabric letztendlich: 9<br />

Carsten Becker<br />

DJ-Kicks<br />

The Exclusives (!K7)<br />

Neben der eigentlich<br />

immer famosen Auswahl an<br />

Fremdmaterial ist ein weiteres<br />

Markenzeichen der unvergleichlichen<br />

DJ-Kicks-Reihe,<br />

dass der jeweilige Künstler,<br />

der mit der Zusammenstellung<br />

beauftragt wurde, auch immer<br />

einen eigenen, exklusiven Track<br />

beisteuert. Die zweite „The<br />

Exclusives“ Folge versammelt<br />

nun wieder eine Auswahl dieser.<br />

Nicht mehr, aber auch<br />

nicht weniger. Mit dabei<br />

Four Tet, Henrik Schwarz,<br />

Kode9, Holden, Motor<br />

City Drum Ensemble, Gold<br />

Panda, Apparat, Hot Chip,<br />

Scuba, Soul Clap und weitere<br />

Protagonisten. Exquisite Ware,<br />

die tatsächlich auch super als<br />

gesamter Hörvorgang funktioniert<br />

9 BS<br />

DJ Sneak<br />

Fabric 62 (Fabric / RTD)<br />

DJ Sneak ist mit seinen regelmäßigen<br />

Gastspielen im The End<br />

und den Bugged Out Partys an<br />

der Seite von Norman Cook<br />

einer der bekanntesten amerikanischen<br />

DJs im englischen<br />

Königreich. Daher wird ihm<br />

auch jetzt die Ehre zu teil, die<br />

62. Ausgabe der Fabric Reihe<br />

zu hosten. Er verzichtet auf<br />

einen Aufbau und legt gleich<br />

forciert mit (progressivem)<br />

House los. Markus Homm auf<br />

Highgrade und Basti Grub auf<br />

Desolat sind hier stellvertretend<br />

zu nennen. Im Verlauf wird das<br />

Bild verwaschener, die musikalischen<br />

Aussagen sind nicht<br />

mehr so klar (Arturo Garces,<br />

Tripmastaz). Doch Cadenza-<br />

Mann Mendo, Christian<br />

Burkhardt und Luca M<br />

(“Funky My Sax”) können gelegentliche<br />

Schwarten auswetzen<br />

und vermitteln letztendlich<br />

einen guten Gesamteindruck.<br />

Tip: Die schön schwingende<br />

Jazz-Housenummer von Cause<br />

& Affect “Beware Of The<br />

Swingers“. 7 Carsten<br />

Becker<br />

Fritz Kalkbrenner In The<br />

Mix<br />

Suol Mates (Suol / RTD)<br />

„Here Today Gone Tomorrow“,<br />

trifft nicht auf Fritz Kalkbrenner<br />

zu. Nach seinem gleichnamigen,<br />

begeisternden Album<br />

aus dem Herbst 2010 und<br />

diversen Single-Auskopplungen<br />

mit großartigen Remixen<br />

von Produzenten wie Henrik<br />

Schwarz erscheint Mitte des<br />

Monats endlich etwas Neues<br />

vom Berliner mit der sanften<br />

Stimme. Dieses Mal handelt es<br />

sich aber um eine Mix-CD, die<br />

auch prompt den Start einer<br />

ganz neuen Mix-Serie auf Suol<br />

darstellt. Fußend auf Soul,<br />

Funk- und HipHop-Tunes<br />

von Acts wie Soul Phiction,<br />

Roy Ayers, J Dilla oder Pete<br />

Rock geht die Reise nach<br />

Kalkbrenners Track „Ruby<br />

Lee“, der das Bergfest der<br />

CD versinnbildlicht, in groovigen<br />

Housesound über und<br />

featured u.a. Boo Williams,<br />

Missing Linkx oder Tom Trago.<br />

Harmonisch und hypnotisch<br />

wird der Hörer auf eine Reise<br />

mitgenommen, die anfänglich<br />

einige Geduld erfordert, dann<br />

aber mit einer wunderschönen<br />

Deepness-Exkursion belohnt.<br />

Nichts für die Peaktime im<br />

hauseigenen Club-Warm-Up-<br />

Set, aber der Besuch der Suol<br />

Mates lohnt sich dennoch.<br />

8 tseb<br />

Future Disco Vol. 5<br />

Downtown Express<br />

(Needwant)<br />

Inzwischen zu einer festen<br />

Größe im Bereich moderner<br />

Discomusik gereift, erscheint<br />

dieser Tage die fünfte Ausgabe<br />

der ”Future Disco“-Reihe.<br />

Und wie gewohnt wechseln sich<br />

bekannte mit neuen aufstrebenden<br />

Acts ab, wenn es darum<br />

geht, das historische Tanzgut<br />

der 70er/80er modern zu interpretieren.<br />

Moon Boots schaffen<br />

es mit ihrem Opener „Off<br />

My Mind“, 80er mit 70ern zu<br />

verquicken und mit aktuellen<br />

Beats zu unterfüttern. In diesem<br />

Stil agiert Tensnake genauso<br />

wie Crazy P, TJ Kong oder<br />

DJ T. Mal überwiegen gitarrenlastige<br />

Passagen (Metronomy),<br />

dann clubbige Aspekte (Cosmic<br />

Kids – großartig ihr „There’s<br />

No Love“) oder Vocals (Mario<br />

Basanov). Zusammenfassend<br />

kann man konstatieren, dass die<br />

aktuelle Ausgabe den Nimbus<br />

von Disco weiterhin aufrecht<br />

erhalten wird und wieder einmal<br />

massiv zu begeistern weiß.<br />

9 Carsten Becker<br />

Hed Kandi Classics<br />

(Hed Kandi 115 / RTD)<br />

Man könnte meinen, den<br />

Briten fällt nichts mehr ein. Wie<br />

bei Ministry Of Sound recycelt<br />

man sich zu Tode mit ollen<br />

Kamellen. Doch die Auswahl<br />

ist in sich stimmig, auch wenn<br />

der sammelnde Hausfreund<br />

das meiste Material bereits<br />

sein eigen nennen dürfte.<br />

Ein paar Kostproben gefällig:<br />

Shakedown „At Night“,<br />

Wink „Higher State Of<br />

Consciousness“, Mandy Vs<br />

Booky Shade „Body Language”<br />

oder Basemet Jaxx „Flylife<br />

Extra”. Dazu die obligatorischen<br />

Kommercialheros:<br />

Roger Sanchez, Calvin Harris,<br />

Armand Van Helden, Bob<br />

Sinclair und Martin Solveig.<br />

Insgesamt ein stimmiges<br />

Gesamttanzkonzept - ‚For<br />

Those Who Do Not Know‘.<br />

5 Carsten Becker<br />

I-Robots Presents<br />

We Are Opilec …! (Opilec)<br />

Disco so präsent wie selten<br />

zuvor und dann auch<br />

noch aus dem Mutterland<br />

72


Neues fürs Ohr / Compilations<br />

der zweiten Discobewegung<br />

(der 80er), aus Italien. Opilec<br />

ist ein Schmelztiegel vieler<br />

Spielarten, der von House<br />

über Elektro und Krautrock<br />

bis hin zu Techno und auch<br />

Disco reicht. Letzteres ist das<br />

zentrale Thema dieser Doppel-<br />

CD. Dabei beschränkt sich<br />

die Künstlerauswahl keinesfalls<br />

nur auf den heimischen<br />

südländischen Bereich, sondern<br />

zeichnet sich auch durch<br />

Verpflichtungen von Todd Terje,<br />

Giorgio Moroder oder Orlando<br />

Voom auf internationalem<br />

Parkett aus. Dementsprechend<br />

wird ein facettenreiches<br />

Discobild gezeichnet. Von elektrogeprägten<br />

Stücken (The<br />

Units „High Pressure Days“),<br />

über Jean Michelle Jarre-liken<br />

Gebilden (Beppe Loda „Da<br />

Malmo A Stoccolma“) bis hin<br />

zu Tech Boogie Bouncern (Billy<br />

Bogus „Glamouflage“) oder<br />

full flavour Detroit Techno<br />

(Federico Gandin). Die zweite<br />

CD schneidet dabei deutlich<br />

besser ab, weil sie lebendiger<br />

und frischer klingt, das<br />

Clubleben besser abbildet. Tip:<br />

Patrick Di Stefano „Socci“.<br />

Interessante Labelstudie.<br />

7 Carsten Becker<br />

Johnny D presents<br />

Disco Jamms Vol1 (BBE)<br />

Hip Hop entstand aus Disco.<br />

Bei Johnny D handelt es sich um<br />

Johnny Demario, den Gründer<br />

des Kult-Labels Henry Street<br />

Music. Seinerzeit bekannt für<br />

extrem soulige House-Music,<br />

durch die Johnny D im New<br />

York der 80iger Jahre geprägt<br />

wurde. Angeblich hat er schon<br />

mit 12 Jahren angefangen aufzulegen<br />

und mit 15 schmuggelte<br />

er sich heimlich in Clubs<br />

wie das Studio 54 oder das<br />

Lovelight. Der Mann ist also<br />

schon ein Weilchen unterwegs<br />

und reich an musikalischer<br />

Erfahrung. Er betont immer<br />

wieder gerne, dass Hip Hop<br />

überhaupt erst entstehen konnte,<br />

weil es Disco-Musik gab.<br />

All das sollte man wissen, um<br />

zu verstehen, warum BBE sich<br />

ausgerechnet ihn als Kurator<br />

für diese Compilation ausgesucht<br />

hat und um einordnen<br />

zu können, warum „Disco<br />

Jamms“ so klingt wie es klingt.<br />

Oldschool ist das Stichwort.<br />

Allerdings auf eine schöne<br />

Art. Nicht diese abgenudelten<br />

80er Hymnen, sondern echte<br />

Perlen. Die einzig bekannteren<br />

Acts sind wohl Cerrone<br />

und die O’Jays, allerdings dann<br />

auch mit eher unbekannten<br />

Nummern. “This Time Baby“<br />

von den letztgenannten O’Jays<br />

ist auch sicherlich eines der<br />

Highlights der CD. Eine sehr<br />

runde Sache mit raren B-Seiten<br />

und Dubversionen. Wenn man<br />

sich für diese undergroundigere<br />

Seite der Disco-Ära interessiert,<br />

kann man also sehr viel entdecken.<br />

Für alle anderen klingt<br />

das aber wohl etwas dated.<br />

7 TB<br />

Kevin Saunderson In The<br />

House<br />

(DITH / RTD)<br />

Kevin Saunderson ist kein<br />

x-beliebiger Produzent und DJ<br />

aus Amerika. Er ist eine Ikone,<br />

auch wenn das nicht immer<br />

jedem bewusst ist, wenn es um<br />

Detroit Techno geht. Dabei<br />

schaffte er in seiner inzwischen<br />

25 Jahre andauernden Karriere<br />

den bemerkenswerten und bei<br />

vielen anderen Künstlern oftmals<br />

verrissenen Schritt zwischen<br />

Kommerzialität und<br />

Underground. Inner City und<br />

E-Dancer skizzieren diesen<br />

Unterschied des KMS Record<br />

Gründers in wohl deutlichster<br />

Weise. Und so kommt es auf<br />

dieser Compilation zum Battle<br />

zwischen House und Techno,<br />

live gemixt angesiedelt zwischen<br />

progressiven Beats und rauem<br />

Technosound. Kenny Larkin ist<br />

mit einem neuen Track ebenso<br />

vertreten wie Shlomi Aber und<br />

Jay Haze. Remixe steuern Robert<br />

Hood, Carl Craig, Joris Voorn,<br />

Samuel L Session oder Osunlade<br />

bei. Mix- und auswahltechnisch<br />

eine Augenweide, spielt diese<br />

Zusammenstellung bereits früh<br />

in 2012 in der ersten Liga und<br />

stellt ein absolutes Highlight in<br />

der “In The House“-Reihe dar.<br />

9 Carsten Becker<br />

Luciano In The Mix<br />

Vagabundos (Cadenza Lab)<br />

Drei Jahre hat es gedauert, bis<br />

Cadenza-Boss Luciano mal wieder<br />

eine Mix-Cd veröffentlicht.<br />

Nach seiner viel umjubelten<br />

Fabric-Compilation 2008 war er<br />

wahrscheinlich einfach zu busy.<br />

Er reiste mit seinen Vagabundos<br />

rund um den Globus und<br />

machte in den Sommer-<br />

Monaten mit der gleichnamigen<br />

Partyreihe auf Ibiza Station. Die<br />

24Tracks, die er hier in- und vor<br />

allem übereinander gemixt hat,<br />

spiegeln ziemlich gut den Sound<br />

dieser Partys und vor allem seine<br />

Art des Mixings wider. Digital<br />

gesteuert laufen oft mehrere<br />

Tracks zur selben Zeit, es entstehen<br />

sozusagen Live-Remixe. Die<br />

meist etwas düster und mysteriös<br />

anmutende Grundstimmung<br />

hellt er geschickt mit kurz<br />

angedeuteten Vocal-Passagen<br />

oder subtil untergebrachten<br />

Querverweisen zu Klassikern<br />

auf. So entsteht ein sehr homogener<br />

Mix aus organischen<br />

Deep-House und poppigen<br />

Elementen, in dem James Bakes<br />

„The Wilhelm Scream“ oder der<br />

Whirlpool Productons-Klassiker<br />

„From Disco To Disco“ genauso<br />

ihre Daseinsberechtigung<br />

haben wie Produzenten namens<br />

Nicolas Jaar, Matthew Dear<br />

oder Agry. Nicht fehlen darf<br />

natürlich auch Jamie Woons Hit<br />

„Lady Luck“. Geschickt untergebracht<br />

auf treibenden Beats,<br />

womit Luciano ja auch schon<br />

im Sommer auf Ibiza regelmäßig<br />

für Begeisterungs-Stürme<br />

gesorgt hat. Unter dem Strich<br />

ein sehr gelungenes Statement<br />

in Sachen Sound und modernem<br />

Deejaying. Hier wird auch<br />

mal über den eigenen Tellerrand<br />

geblickt. An eine Tracklist mit bis<br />

zu vier Titeln gleichzeitig sollte<br />

man sich wohl auch gewöhnen!<br />

9 TB<br />

Pacha 2012<br />

(Embassy Of Music)<br />

Diese beiden Kirchen gehören<br />

zweifelsohne zu den bekanntesten<br />

Ihrer Gattung. Gelten sie<br />

doch seit eh und je als Logo des<br />

legendären Pacha. Nicht nur der<br />

Club auf Ibiza sondern auch die<br />

regelmäßigen Events auf dem<br />

gesamten Globus – gepaart mit<br />

der alljährlichen Compilation.<br />

Wenige Wochen vor dem Start<br />

der Saison ertönen auch in<br />

diesem Jahr auf drei CD‘s die<br />

ultimativen House Hymnen,<br />

Klassiker und aktuelle Club-<br />

Tunes. Gemixt wurden die Werke<br />

von drei bekannten Duos unserer<br />

Szene. Zum einen hätten wir da<br />

Jean Elan vs. John Jacobsen, zum<br />

anderen Hanna Hasen vs. Peter<br />

Brown und Matt Myer vs. Josef<br />

Bamba. Auf allen drei CD‘s geht<br />

es sowohl pumpend als auch treibend<br />

zur Sache. Von den Disco<br />

Boys bis zu Wolfgang Gartner.<br />

Wer in Sachen Club-Sounds auf<br />

dem neuesten Standsein möchte,<br />

kommt an dieser Kopplung nicht<br />

vorbei. 8 Triple P<br />

Pop Ambient 2012<br />

(KOMPAKT)<br />

Seit 2<strong>001</strong> veröffentlicht<br />

Kompakt nun schon alljährlich<br />

seine „Pop Ambient“-Reihe<br />

als Gegenpool zu seinen sonst<br />

eher cluborientierten Sounds.<br />

Künstler wie Labelmitbegründer<br />

Wolfgang Voigt, The Field (diesmal<br />

unter dem Pseudonym<br />

Loops Of Your Heat) oder zum<br />

ersten Mal auch Superpitcher<br />

präsentieren entschleunigte<br />

Sounds, die meist komplett auf<br />

Beat oder Rhythmuselemente<br />

verzichten. Klassische Ambient-<br />

Flächen gepaart mit jazzigen<br />

und experimentellen Momenten.<br />

Grundsätzlich sehr schön und<br />

verzaubernd; manchmal, auf<br />

sechs oder sieben Minuten gesehen,<br />

aber auch etwas monoton<br />

und einfältig. So könnte der<br />

Track „PAN“ von Morek auch<br />

dem künstlichen Wasserfall einer<br />

Sauna entsprungen sein. Dieser<br />

wartet anstelle von Streichern<br />

halt mit Vogelgezwitscher auf,<br />

das Wasserrauschen bleibt aber<br />

dasselbe. Das eine oder andere<br />

Stück werde ich bestimmt<br />

auch mal meiner Yoga-Lehrerin<br />

ans Herz legen, vor allem die<br />

Nummern gegen Ende, wenn<br />

der Sampler etwas abwechslungsreicher<br />

und weniger seicht<br />

wird. Innere Ausgeglichenheit in<br />

allen Ehren, mir hat das Ganze<br />

alles in allem ein bisschen zu<br />

wenig instrumentale Substanz.<br />

Das ist wie gesagt aber nur meine<br />

Meinung. Nach elf Jahren auf<br />

dem Markt ist die Compilation<br />

dieser Kritik aber sicherlich<br />

gewachsen! 5 TB<br />

RMX 2<br />

Curated By Blank & Jones<br />

(EMI)<br />

Zu den Vorlieben von<br />

Blank & Jones gehören eine<br />

gewisse Kontinuität und<br />

das Zusammenstellen von<br />

Compilations. Neben schon<br />

bestehenden Reihen wie<br />

„so8os“ bzw. „so9os“ oder<br />

„Milchbar“ kommt nun auch<br />

von der Anfang letzten Jahres<br />

erstmals erschienenen Ausgabe<br />

von „RMX“ der zweite Teil. Der<br />

Untertitel lautet „Superstars<br />

remixed by Superstars“ und<br />

was im ersten Moment etwas<br />

willkürlich wirkt, passt doch<br />

schließlich ziemlich gut zusammen.<br />

Die gemeinsame Basis findet<br />

sich auf dem Tanzflur und<br />

hier gehen dann natürlich die<br />

Versionen ganz andere Wege,<br />

wie man es eben von Acts wie<br />

Jus†ice, DJ Hell, Vince Clarke,<br />

Thin White Duke oder Chicane<br />

erwartet. Aber gut sind sie,<br />

ziemlich gut und daher ist diese<br />

CD schon eine runde Sache.<br />

7 dr.nacht<br />

Southport Weekender 9<br />

Mixed By Mr. Scruff & DJ<br />

Spinna (Miroma Music /<br />

SuSu)<br />

Zum 25. Bestehen erscheint in<br />

diesem Jahr zum 9. Southport<br />

Weekender Festival die obligatorische<br />

Compilation. Bekannt<br />

für die wilde Festivalmixtur aus<br />

House, Broken Beats, Soul, Jazz,<br />

D’n’B und Hip Hop, hat man<br />

dieses Mal Mr. Scruff und DJ<br />

Spinna gesignt, um inhaltlichen<br />

Teilaspekten der Veranstaltung<br />

Ausdruck zu verleihen. Scruff<br />

betont im beatigen Kontext den<br />

souligen Aspekt und Background<br />

seines Musikverständnisses.<br />

Jaymz Nylon, Likwid Biskit,<br />

Midas Touch, Theo Parrish<br />

und Aleem (mit dem großartigen<br />

“Get Loose“) machen den<br />

Auftakt, während sich Kerri<br />

Chandler, Paul Johnson, Lou2<br />

und Sascha Dive im Mittelfeld<br />

verdingen. Ohne wesentliche<br />

Ups & Downs gleitet der Mix<br />

locker dahin. DJ Spinna gibt da<br />

etwas mehr Gas, kann bei mir<br />

mit seinem amerikanischen Vocal<br />

House Sound aber nicht vollständig<br />

punkten. Emmanuel Jai<br />

im Henrick Schwarz Mix oder<br />

Peven Everett mit “Sweetness“<br />

sind neben Cajmere und<br />

Rhythm Of Elements noch die<br />

herausstechenden Künstler. Im<br />

Vergleich zu den letzten beiden<br />

Zusammenstellungen hat<br />

man sich leicht verschlechtert,<br />

weil der Sound weniger ansprechend<br />

und weniger vielseitig ist.<br />

Dennoch reicht es zu soliden<br />

6 Carsten Becker<br />

Stellate 01<br />

(Stroboscopic Artefacts)<br />

Stellate ist eine neue Projektreihe<br />

auf Stroboscopic Artefacts. Für<br />

jedes Release liefern jeweils vier<br />

Producer je zwei Stücke ab.<br />

Thematisch dreht sich die Serie<br />

um elektronische Musik der<br />

experimentellen Art. Ein Areal,<br />

das bekanntlich noch längst<br />

nicht ausgeforscht ist. Gerade,<br />

wenn sich Künstler wie Lucy,<br />

Borful Tang, Perc und Kevin<br />

Gorman an die Geräte setzen,<br />

wie hier geschehen, darf man<br />

ein spannendes wie schier grenzenloses<br />

Hörerlebnis erwarten.<br />

Das reicht von düsteren Drones<br />

bis zu strahlenden Melodien.<br />

Das demonstrierte Spiel mit<br />

Klangfragmenten, Atmosphären<br />

und Geräuschen lässt tief eintauchen<br />

und löst folgerichtig eine<br />

eindringliche Faszination aus.<br />

8 BS<br />

Trevor Jackson presents<br />

METAL DANCE<br />

Industrial*Post Punk* EBM:<br />

Classics & Rarities `80 - `88<br />

(Strut)<br />

Das Strut Label hat ein Herz<br />

für alle, die gerne nach musikalischen<br />

Schätzen graben und sich<br />

dabei nicht von allzu offensichtlichen<br />

Hits blenden lassen. Mit<br />

Trevor Jackson, prominent als<br />

Macher des Output Imprints und<br />

Leader der famosen Playgroup,<br />

wurde nun erneut einem echten<br />

Connaisseur das Feld dafür<br />

überlassen, einen Tonträger<br />

voller Raritäten und Klassiker<br />

zusammenzustellen. Der Mann<br />

ist immerhin schon über 20 Jahre<br />

im Geschäft und bekanntermaßen<br />

ein Intensivtäter in Sachen<br />

DJing und musikalischem<br />

Hintergrundwissen. Die von<br />

ihm kompilierte „Metal Dance“<br />

bringt eine spannende, muskelstrotzende<br />

wie äußerst tanzbare<br />

Auswahl von Post Punk,<br />

Industrial und EBM aus dem<br />

Zeitraum 1980 bis 1988 zusammen.<br />

Da gehören Prunkstücke<br />

von The Bubblemen, Cabaret<br />

Voltaire, Nitzer Ebb, DAF, Jah<br />

Wobble oder 400 Blow ebenso<br />

dazu, wie Yello, Alien Sex Fiend,<br />

John Carpenter & Alan Howarth<br />

oder Ledernacken. Pflichtkauf!<br />

0 BS<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

73


Neues fürs Ohr / Trance<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

TRANCE IM MÄRZ<br />

Angehört von Damian Duda<br />

Auf die vergangenen Jahre zurückblickend,<br />

war Trance für mich persönlich eine<br />

der wichtigsten Richtungen der elektronischen<br />

Musik, die mich weitläufig geprägt<br />

und unabhängig von verschiedenen<br />

Trends, ständig begleitet hat. Zu meinen<br />

Lieblingslabels aus der Vergangenheit<br />

gehört unter anderem Perfecto, das 1989<br />

in England von Altmeister Paul Oakenfold<br />

gegründet wurde. Nostalgisch denke ich<br />

an Oakis Compilations wie „Travelling“<br />

und „Great Wall“ aus den Jahren 2000<br />

und 2003 als Sinnbild des „perfekten“ und<br />

individuellen Trance-Sounds zurück.<br />

Diese wurden durch einen melodischundergroundigen<br />

Touch geprägt, verloren<br />

aber dabei nie ihren poppigen Charakter,<br />

wie auch Paul selbst in seinen Releases und<br />

zahlreichen Remixen für Madonna, U2,<br />

Justin Timberlake oder sogar Elvis Presley.<br />

Die Philosophie des Labels ist gewesen,<br />

neue Talente zu Produktionen ermutigen,<br />

jedoch diese nicht zu kommerziellen<br />

Sounds oder Kompositionen zu zwingen.<br />

Dass sie dabei Unterstützung von einem<br />

Labelboss erhielten, der in der gesamten<br />

Musikindustrie als Produzent, Remixer<br />

und sogar Filmmusik-Komponist diverse<br />

Auszeichnungen erhielt und einen über<br />

jeden Zweifel erhabenen Ruf genoss, stellte<br />

sich nicht als Hindernis heraus. Leider<br />

muss ich jedoch feststellen, dass nachdem<br />

Perfecto vor einigen Jahren als Sublabel<br />

von Armada Music übernommen wurde,<br />

der Funke der Vergangenheit nicht auf die<br />

Gegenwart übergesprungen ist. Die aktuelle<br />

Single „Pop Star“ ist grundsätzlich eine<br />

gute Nummer, die auch mit einem gewissen<br />

Popcharakter und Robert Vadneys Stimme<br />

rockt, jedoch klingt das alles im Vergleich<br />

zu vorherigen Releases nicht besonders<br />

herausragend oder neu. Sicherlich zeichnet<br />

sich Perfecto immer noch durch einen recht<br />

eigenständigen Sound aus, im Hinblick auf<br />

frühere Eigenschaften des Labels ist jedoch<br />

eine zunehmende Kommerzialisierung und<br />

ein Mitschwimmen nach aktuellen Trends<br />

erkennbar. Vielfältig ist die internationale<br />

Auswahl der Remixer, die von DJ Feel<br />

und Eximinds jeweils aus Russland, Yahel<br />

aus Israel, allesamt in Ordnung ist, wobei<br />

mich persönlich aber nur die Interpretation<br />

des Holländers Phynn wirklich anspricht.<br />

Für die Zukunft würde ich mir wünschen,<br />

dass Perfecto versucht, auch wieder an<br />

Traditionen anzuknüpfen und das mit<br />

einem bestimmten Überraschungsfaktor.<br />

Das Potential ist definitiv vorhanden.<br />

Ungewöhnlich positiv überrascht hingegen<br />

hat mich in diesem Monat „Ordinary<br />

World“ der Finnen Tom Fall & Heikki<br />

L auf Zouk Recordings. Es handelt sich<br />

um einen tollen prog-housigen Ohrwurm<br />

mit brillanten Vocals von Ben Andreas,<br />

in Begleitung eines eingängigen Pianos,<br />

untermalt mit himmlischen Streichern.<br />

Zugegebenermaßen ist es nicht einfach,<br />

in der heutigen Zeit einen Tune zu finden,<br />

der sich inmitten Hunderter stilistisch<br />

ähnelnder Releases nach dem ersten Hören<br />

einprägt, und dies, obwohl man vom Radio,<br />

oder irgendwelchen Großraumdiscoketten-<br />

Resident DJs penetrant nach zehn Repeats<br />

am gleichen Tag dazu gezwungen wurde.<br />

„Ordinary World“ ist ein gutes Beispiel<br />

dafür wie auch eine Bestätigung, dass<br />

nicht ausschlaggebend ist, welche Tools<br />

oder Plug-Ins bei der Produktion verwendet<br />

wurden, sondern schlicht und einfach,<br />

ob der Track emotional das gewisse<br />

Etwas auslöst oder nicht. Beide Versionen<br />

bieten 100% Feel-Good-Faktor, und sind<br />

auch super geeignet als Motivator für die<br />

Morgenmuffel, die Schwierigkeiten haben,<br />

früh aus dem Bett zu kommen.<br />

Richtig poetisch mit einem orchestralen<br />

Touch lehnt sich an ein antikes Klagelied<br />

aus dem fernen Russland Alexander Popovs<br />

„Elegia“ an. Konstant mit einer progressiven<br />

Tiefe zeichnet sich das instrumentale<br />

„Carmen“ mit einer steigernd erhellenden<br />

Melodie und langen Flächen als ein Beispiel<br />

für Dramatik aus. Nicht verwunderlich,<br />

dass Armin van Buuren diesen Track einige<br />

Zeit exklusiv für seine Sets vorbehalten<br />

hat, letztendlich jedoch auf Armind nun<br />

dieser auch an die Öffentlichkeit freigegeben<br />

wurde. Rein intuitiv beim Hören<br />

ohne Vorkenntnisse könnte man zwar meinen,<br />

dass die Produktion vielleicht von<br />

Armin selbst ist, da sie sehr stark seinen<br />

eigenen symphonischen Releases<br />

ähnelt. Letztendlich wird aber eine eigene<br />

Geschichte mit Schwebefaktor erzählt und<br />

ist einfach mal als echtes Armind Release<br />

zu betrachten.<br />

Echt schön ist auch die Album Version von<br />

„The Real You“ des Dark Matters Projekts<br />

mit Vocals von Jess Morgan anzuhören, die<br />

eine Auskopplung des „Fallen Feathers“<br />

Albums auf S107 ist. Eine entspannende<br />

Down-Tempo-Ballade für zwischendrin<br />

und die ganz ruhigen Momente des Tages.<br />

Sollte man von der palmigen Chill-Out<br />

Atmosphäre genug haben, bietet das Paket<br />

mit zwei kontrastreichen Remixen viel<br />

Abwechslung. Mit knapp 137 BPM steuert<br />

Jorn Van Deynhoven eine charakteristisch<br />

upliftige Version bei, die aber das<br />

Gesicht des Original-Themas nicht verliert.<br />

Progressiver und mit 10 BPM weniger<br />

geht es im Remix des holländischen Duos<br />

DubVision zu, das dem kompletten Paket<br />

das Tüpfelchen auf dem I verleiht und<br />

hier keine geschmacksspezifischen Wünsche<br />

offen lässt.<br />

Offene Wünsche bleiben auch keine bei der<br />

aktuellen Auswahl von Markus Schulz auf<br />

seinem eigenen Coldharbour Imprint, und<br />

der 28. Ausgabe seiner Mini-Compilation-<br />

Reihe „Coldharbour Selections“. Die<br />

Auswahl der Tracks hierfür beruht auf einer<br />

besonders positiven Resonanz in bestimmten<br />

Zeitabständen der Hörer von Markus‘<br />

wöchentlicher Global DJ Broadcast Radio<br />

Show. Ich bekenne mich, selbst ein ganz<br />

großer Fan des Labels und auch von Markus<br />

Schulz zu sein, weil die Sachen schlicht<br />

und einfach gut sind - sehr gut sogar. Es<br />

gibt kein Release, das mir bisher wenig<br />

zusagte, der Sound ist zeitgemäß und geht<br />

gut nach vorne, und besonders zu betonen<br />

ist dabei, dass das alles komplett von<br />

Markus selbst entwickelt worden ist. Wenn<br />

man Schulz-Sound hören möchte, weiß<br />

man dass man Schulz-Sound bekommt,<br />

was zu einer sehr großen Individualität<br />

dieses Künstlers beiträgt. „Mosni“ des<br />

Rumänen Adrian Ivan, oder besser bekannt<br />

als Mr. Pit, wurde Ende Oktober letzten<br />

Jahres auf dem Escape To Wonderland<br />

Festival in Kalifornien zum ersten Mal<br />

von Markus präsentiert und fand nach<br />

weiteren Einbindungen in der wöchentlichen<br />

Radioshow und Touren rund um den<br />

Globus, wahrscheinlich nicht nur wegen der<br />

hypnotisch-prägenden Melodie, einen sehr<br />

großen Anklang bei den Fans. Ähnliche<br />

Anerkennung bekam das irische Duo<br />

Tucandeo für „Nibiru“. Eine tiefe Bassline<br />

und die verträumte Melodie könnten dem<br />

Namen der babylonischen Gottheit gerecht<br />

werden, auf welche der Titel anspielt.<br />

Jüngste Entdeckung: „Starfall“ des 20-jährigen<br />

Russen Sensetive5 führt mit einer<br />

dunklen Bassline und verschiedenen progressiven<br />

Schichten einen entwickelnden<br />

Aufbau bis zum wunderschönen Piano-<br />

Break hin, das von einem stampfenden Beat<br />

abgerundet wird.<br />

In Anbetracht der vielfältigen Bandbreite<br />

und ständig neuen ans Licht tretenden<br />

Künstlern wie auch stark melodischen<br />

Einflüssen in anderen Richtungen der elektronischen<br />

Musik, ist es unschwer erkennbar,<br />

dass Trance keine unterentwickelte<br />

Modeerscheinung ist, wie einige behaupten,<br />

sondern ein langjähriger Techno-<br />

Wegbereiter, was sich an der zunehmenden<br />

globalen Popularität und auch Bildung<br />

neuer Szenen widerspiegeln lässt.<br />

Bis nächsten Monat<br />

Damian Duda<br />

76


Neues fürs Ohr / Techno<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

85


Neues fürs Ohr / House<br />

Chez Damier<br />

Can You Feel It (New York<br />

Dub / Steve Bug Remixes<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Vor 20 Jahren wirbelte „Can You Feel It“ schon einmal über die Floors<br />

der Nation. Steve Bug hat sich der Sache angenommen und den „New<br />

York Dub“ in das Jahr 2012 befördert. Die Bässe sind kräftiger, der Sound<br />

klarer, der Groove griffiger. Im „Steve Bug Re-Mix“ haben wir einen flotten<br />

Housetrack, der zugleich nach 1992 und nach 2012 klingt. Mit den<br />

Oldschool-Synthies und den kultigen Vocals macht das Abfeiern im Club<br />

umso mehr Spaß. Der „Steve Bug Re-Dub“ ist eine Spur lebendiger und<br />

passt in die Morgenstunden, um die Crowd nochmal richtig anzuheizen.<br />

Soundliebhaber können schließlich noch über den 92er-„New York Dub“<br />

im Remaster-Design herfallen und ihn in voller Lautstärke genießen. Eine<br />

runde Sache. 8 TobiQ<br />

DJ Kaos<br />

Keep On Moving<br />

(Remixes) (Liebe*Detail<br />

Spezial)<br />

Kurz vor Redaktionsschluss<br />

ist uns noch eine Scheibe<br />

ins House geflattert, die wir<br />

unmöglich ignorieren können,<br />

denn „Keep On Movin“ von<br />

DJ Kaos geht sofort unter die<br />

Haut - die Vocals sind einfach<br />

nur großartig. Mein persönlicher<br />

Favorit ist der Arttu<br />

Raw-Remix, der mit Oldschool<br />

Vibes vom Feinsten verwöhnt.<br />

Ich habe auch nichts anderes<br />

erwartet von Liebe*Detail.<br />

9 curlysue<br />

Cubenx<br />

These Days Remixes<br />

(InFiné)<br />

Die zweite Auskopplung aus<br />

dem aktuellen Album „Own<br />

Your Own Again“ des mexikanischen<br />

Producers und<br />

DJs. „These Days“ als Single<br />

Edit ist ein sehr feiner hymnischer<br />

Pop-Track, der die<br />

Arme um dich schließt und<br />

viel Wärme spendet. Die<br />

mysteriöse Downliners Sekt-<br />

Crew aus Barcelona verbreitet<br />

mit ihrer Version schleichende<br />

Nebelatmosphäre, die sich im<br />

angedeuteten Dub-Step-Beat-<br />

Modus in die Knochen zieht.<br />

T. Williams hingegen bevorzugt,<br />

Sonne, 4/4-Takt, Synthie-<br />

Loops und Euphorie. Sehr<br />

catchy. 8 dr.nacht<br />

Mark Fanciulli<br />

Sacrifice (Saved)<br />

Der jüngere Bruder des<br />

Globalplayers Nic Fanciulli<br />

startet dieses Jahr richtig durch.<br />

Mit seiner Single auf dem hauseigenen<br />

Label Saved Records<br />

sorgt er bereits vor dem offiziellen<br />

Release für Furore.<br />

„Sacrifice“ rollt mit 123 BPM,<br />

einer knackigen Bassline und<br />

hypnotischen „Sacrifice“-<br />

Vocals durch die Clubs dieser<br />

Welt. Gespielt und für gut<br />

befunden. 8 curlysue<br />

Rahmi Cihan & DJ Credes<br />

Osman Strauss EP<br />

(Beatsport)<br />

Tiefenentspannt zeigen uns<br />

Rahmi Cihan und Markus<br />

Sittig Deep House in<br />

Vollendung. Chillige Chords<br />

bei gemäßigtem Tempo führen<br />

ganz entspannt in den Abend.<br />

“Abgedreht“ ist das sicherlich<br />

nicht, vielleicht die Phase<br />

danach oder davor. Klasse<br />

Titel für die Aufwärmphase.<br />

DJ Credes kommt von vornherein<br />

mit dickem Schlagwerk<br />

und Bass im Wechselspiel um<br />

die Ecke. Ebenfalls ein schöner<br />

Schuber zum langsamen<br />

Eingrooven. Empfehlenswert.<br />

7 Carsten Becker<br />

Humandrone<br />

My Racoon/Paranoia<br />

(Snuff Trax)<br />

Der Japaner Humandrone<br />

präsentiert uns vier Tracks<br />

auf seiner neuen EP. „My<br />

Racoon“ klickt sich zwischen<br />

Jack, Detroit und Bleeps<br />

durch die Gegend, während<br />

der Remix von Nick Anthony<br />

nur noch ein dezentes Jack-<br />

Gerüst behält, aber dafür viel<br />

Melodie und Fläche einbaut.<br />

Sonnenuntergang. Auf der<br />

B-Seite gibt es „Paranoia“, das<br />

mit Wumms und Old School-<br />

Pump zur Sache geht, während<br />

The Minister mit seiner Version<br />

ganz ungeniert in klassischen<br />

alten Sound-Gefilden herumstöbert.<br />

8 dr.nacht<br />

Harry Axt<br />

Basement Bar EP<br />

(Supdub / Straight)<br />

Tausendsassa und Arms &<br />

Legs Berlin-Labelchef Daniel<br />

Sternberg firmiert auf Supdub<br />

unter seinem aka Harry<br />

Axt. Doch er entkommt uns<br />

nicht, zu aussagekräftig ist<br />

seine Handschrift, auch wenn<br />

er zuletzt auf Arms & Legs<br />

mit rockigen Anleihen einen<br />

Schleier der Vertuschung darüber<br />

legen wollte. Typische<br />

satte und kräftige Bassläufe<br />

auf “Flanke“ lassen den Club<br />

bouncen und überbersten.<br />

Killertrack. “Especially“<br />

fügt ein paar deep-jazzige,<br />

fast dubbig anmutende<br />

Komponenten hinzu – immer<br />

noch fett groovend. Diese jazzigen<br />

Aspekte greift Daniel auf<br />

der Flip bei „Breakdown“ auf,<br />

wenn Male- und Femalevocals<br />

verklärt wahrnehmbar, die<br />

Athmo steuern. Weist gewisse<br />

Parallelen zu Rene Bourgeois‘<br />

“Tico“ auf (Supdub 22).<br />

“Streamer“ verändert die<br />

Stimmung leicht in Richtung<br />

Deepness mit Effekten, ohne<br />

den Flow zu unterbrechen.<br />

Auch nach diesem Release<br />

bleibt es bei meinem knapp<br />

ein Jahr altem Postulat: Nichts<br />

kann diesen Mann stoppen.<br />

9 CplusB<br />

Cirillo Vs. Athletic Duo<br />

feat. Carla Cruz<br />

Por Obalue (LED)<br />

Perkussives Feuerwerk, das<br />

aber ansonsten nicht so viel<br />

zu bieten hat. Geklöppel auf<br />

druckvollem Beat und dazu<br />

ein paar schemenhafte weibliche<br />

Gurr/Summlaute und<br />

fertig ist eine eher mittelmäßig<br />

Produktion, die vor sich hin<br />

wabert. Als ausschnittsweiser<br />

Mixtrack zwischendurch, um<br />

die Stimmung weiter zu halten,<br />

ganz empfehlenswert, ansonsten<br />

vom Aufbau her langweilig.<br />

Andrew Grant und Lomez<br />

auf der B-Seite orientieren sich<br />

an den dicken Chicago Beats<br />

von Boo Williams oder frühen<br />

Relief-Platten. Tief brummt<br />

der Bass, zischeln die HiHats<br />

und Live-Freudentaumel im<br />

Hintergrund drücken dick<br />

auf die Stimmung. Aber auch<br />

hier nur Trackcharakter und<br />

Geknüppel. Das reicht heute<br />

nicht mehr zu hohen Meriten,<br />

sondern zur noch zu einer<br />

durchschnittlichen Leistung.<br />

5 Carsten Becker<br />

Nick Curly<br />

A Certain Someone<br />

(Cecille)<br />

Es ist kein großes Geheimnis,<br />

dass ich Nicos Sachen immer<br />

klasse finde. Kurz vor der<br />

Veröffentlichung seines<br />

Debütalbums beschenkt er uns<br />

noch mal mit dieser EP auf<br />

seinem eigenen Label Cecille.<br />

„A Certain Someone“ setze ich<br />

gerne zur frühen Stunde ein.<br />

Die satte Bassline und der coole<br />

Beat verbinden sich mit einem<br />

Vocal, das sich fast durch den<br />

gesamten Track zieht. Einfach<br />

ein gutes Release! 8<br />

curlysue<br />

Gomma Allstars feat.<br />

Peaches<br />

The Casablanca Reworks<br />

Projects (Gomma / GAP)<br />

Casablanca is Back! Das<br />

Plattenlabel aus Los Angeles<br />

verkörperte wie kein zweites<br />

den Gedanken von Discomusik.<br />

Donna Summer, Village People,<br />

Kiss, vieles unter der Regie von<br />

Giorgio Moroder, ebnete den<br />

Weg für Eurothrash und mehr.<br />

Jetzt nimmt sich Gomma mit<br />

den Vocals von Peaches einiger<br />

der Hits des Labels vor, um<br />

sie modern neu zu interpretieren.<br />

So machen Moullinex aus<br />

Michael Sembellos “Maniac“<br />

eine perkussive Club Disco<br />

Nummer. “Our Love“ von<br />

Donna Summer wird mit<br />

Hilfe von Harold Faltermeyer!<br />

durch Telonius & Peaches mit<br />

808 Sounds in Szene gesetzt.<br />

Das könnte auch gesangstechnisch<br />

zu einem Hit reichen.<br />

Sehr fett klingt der Stephanie<br />

Mills-Klassiker “You Can’t Run<br />

From My Love“, der frisch,<br />

frech und modern klingt. Das<br />

vielleicht catchigste Teil veredelt<br />

die Phenominal Handclap<br />

Band. “Walk The Night“ ist<br />

eine Gay-Hymne, die boogiemäßig<br />

abgeht, rockende<br />

Gitarren und Bässe vereint<br />

und durch die Stimme von<br />

Peaches zur einer sensationellen<br />

Nummer heranreift. Tolle EP,<br />

die mehr Aufmerksamkeit<br />

verdient und hoffentlich bald<br />

als Compilationprojekt ausgebaut<br />

wird. 8 Carsten<br />

Becker<br />

Washerman<br />

Kuts From The Basement<br />

EP (Drumpoet / Compost)<br />

Washerman ist das neue Projekt<br />

des Zürcher Produzenten<br />

Gianni Siravo, der auch schon<br />

als eine Hälfte von Azuni auf<br />

Drumpoet veröffentlicht hat.<br />

Nun schleudert er uns zwei<br />

fette Dancefloor-Granaten<br />

entgegen: „Basement Chord“<br />

pumpt ordentlich und euphorisch<br />

nach vorne mit Claps<br />

und Vocal-Fragmenten. Gute<br />

Housemannskost im Dauer-<br />

Loop. „Basement Dub“ mit<br />

einem Hauch mehr Tech<br />

und Schlacke, aber ähnlicher<br />

Pumpe. Volle Kanne. 8<br />

dr.nacht<br />

Tiger Stripes<br />

Glorified (Audiomatique<br />

/ WAS)<br />

Here We Go! weitere Adrenalin<br />

verströmende Kostprobe des<br />

ungebremsten Tatendrangs von<br />

Schwedenhouseikone Tiger<br />

Stripes. Ein cool groovender<br />

Basslauf und perkussive Linien<br />

bilden das Fundament dieses<br />

Deep House-Club-Slammers.<br />

Hinzu gesellen sich die markante<br />

Stimme und allzu vertraute<br />

Chords eines Kerri<br />

Chandler. Großartig. Auf der<br />

B-Seite steigt Rodriguez Junior<br />

reduzierter und spaciger ein. Er<br />

wird dem jackenden Gedanken<br />

dieses Stücks vielleicht<br />

mehr gerecht, der Effekt des<br />

Originals ist aber bei weitem<br />

größer. Superbe 12“. 9<br />

Carsten Becker<br />

tINI<br />

Smoohs & Raisin Theory<br />

(Dissonant)<br />

Nach ihrem Debütalbum<br />

„Tessa“ veröffentlicht die deutsche<br />

Deephouse-Ikone tINI<br />

dieser Tage ihre erste Platte<br />

auf dem französischen Label<br />

Dissonant. Dieser Groover mit<br />

dem Namen „Smoohs & Raisin<br />

Theory“ ist ein Muss in jedem<br />

WarmUp-Set, wie ich finde.<br />

Pumpender Subbass und darke<br />

Chords lassen mein Herz höher<br />

Schlagen. Auch der Remix von<br />

Labelowner Marc Antona ist<br />

sehr gut spielbar. Ein deeper<br />

Spaß für In- und Outdoor.<br />

8 curlysue<br />

Human Woman<br />

Delusional (HFN Music /<br />

WAS)<br />

Das neue Signing bei HFN<br />

sorgt für alternativen Wind in<br />

der Danceszene. Denn die beiden<br />

Isländer Gisli Galdur und<br />

Jon Atil Helgason führen als<br />

Human Woman Indie Dance<br />

mit modernen 80er Disco-<br />

House Retro Sounds zusammen.<br />

Und das macht mächtig<br />

78


Neues fürs Ohr / House<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

3


Neues fürs Ohr / House<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Eindruck. Bereits das Original<br />

überzeugt mit einem klasse<br />

Basslauf und dem einprägsamen<br />

Gesang. Kaspar Bjorke<br />

setzt noch eins drauf, in dem er<br />

in der Dub Version strukturell<br />

reduziert, aber clubbiger gestaltet.<br />

In dieser Bresche springt<br />

auch Vincenzo, in dem er das<br />

discoide Element betont und<br />

noch rhythmischer zu Werke<br />

geht. Die Mixe von Zev von<br />

Wolf & Lamb und Gus Gus<br />

führen zu keinen weiteren<br />

erhellenden Erkenntnissen.<br />

Tolles Debut, das auf mehr<br />

beim anstehenden Longplayer<br />

in diesem Frühjahr hoffen lässt.<br />

9 Carsten Becker<br />

Robot Needs Oil<br />

Fly Away Ep (Lust und<br />

Freude Musik 012 /<br />

Straight)<br />

Lust und Freude überkommt<br />

einen, wenn man „Marimba<br />

Split“ auf der „Fly Away EP“<br />

von Robot Needs Oil hört.<br />

Beschwingt flufft, über einem<br />

groovig housigen Beatgerüst,<br />

ein neckischer Tom Percussion<br />

durch den Track, und der schiebende<br />

Subbass tut sein übriges.<br />

So einfach kann guter treibender<br />

House sein. Der Titeltrack setzt<br />

dagegen auf etwas holprige<br />

Beats und kitschig anmutende<br />

Synthiegeschichten und ein<br />

rührseliges Piano, was mich<br />

leider schnell anfängt zu nerven.<br />

„Requiem for a King“ geht<br />

ein Stockwerk deeper, überzeugt<br />

aber mit einem gleichfalls<br />

groovig fluffigen Arrangement.<br />

Hinzu kommen nett gesungene<br />

Malevocals, die den Track nochmals<br />

bereichern. Insgesamt also<br />

einzig für „Marimba Split“<br />

8 Rusty<br />

Shlomi Aber<br />

Dancetrippin (Be As One)<br />

Shlomi Abers erstes Release im<br />

neuen Jahr auf seinem eigenen<br />

Label Be As One, wie man<br />

es von ihm gewohnt ist. Die<br />

Vocal-Snippets und treibenden<br />

Backings machen Freu(n)de<br />

auf dem Floor. Der Beat setzt<br />

ein, und die Hände erheben<br />

sich in die Höhe. 7 curlysue<br />

Martin Landsky<br />

The Composer (Poker Flat<br />

/ WAS)<br />

Sehr atmosphärisch geht<br />

Martin auf Poker Flat 125 im<br />

Tech-House-Kontext zu Werke.<br />

Das schafft er mit dem Einsatz<br />

von Synthiestabs, Bass und<br />

dem Vocalhook. Der Rest ist<br />

solide Houseproducerarbeit,<br />

mit der er sich selbst inhaltlich<br />

widerlegt. Die mittigen<br />

Elektrosequenzen sorgen für<br />

einen guten Spannungsbogen.<br />

Besser gefällt mir der Mix von<br />

Sasse. Hier dubbt es allenthalben<br />

und die Acidsequenzen<br />

werden stärker ausgeschöpft.<br />

Die Drums schließlich verleihen<br />

diesem Mix das<br />

I-Tüpfelchen an Dynamik.<br />

Darker Clubhouse mit Drift<br />

in die Technoecke. Starker<br />

Auftritt. 8 Carsten<br />

Becker<br />

Pawn Shop People<br />

Hometown (Style Rockets<br />

/ Straight)<br />

Schlechte oder mittelmäßige<br />

Platten auf Style Rockets<br />

sucht man vergebens. Und so<br />

setzt das Produkt von Patrick<br />

Keuthen und DJ Emerson diese<br />

Tradition auf Nummer 7 des<br />

noch jungen Labels fort. Das<br />

Titelstück “Hometown“ geht<br />

mit dem ersten Beat famos<br />

los und flasht mit Perkussions<br />

und Deep Chord Loop bis<br />

zum Maximum und erinnert<br />

dabei an alte Wild Pitch-<br />

Produktionen auf Sexmania<br />

oder Power Music (wie von<br />

Mark The 909 King). Dabei<br />

ist es die Struktur, weniger<br />

Melodien oder Effekte,<br />

die für Begeisterung sorgen.<br />

Ein Megaclubmover, der zur<br />

Peaktime für die optimale<br />

Stimmung sorgt. “Streetsmart“<br />

weist stark ausgeprägte HiHats<br />

auf, wirkt dadurch technischer<br />

und härter. Rollt basstechnisch<br />

aber fast genau so gut wie sein<br />

Vorgänger. Als Schmankerl gibt<br />

es obendrauf noch den Mix<br />

von youANDme. Hier lebt<br />

das Projekt mit knarzenden<br />

Sounds seinen Hang zu technoiden<br />

Alternativen aus. OK,<br />

reicht aber nicht an das exzellente<br />

Original heran. 9<br />

CplusB<br />

Viudez & Rudolf<br />

Running For Hawks<br />

(Cadenza / WAS)<br />

Cadenza erweitert seinen<br />

Künstlerpool um zwei weitere<br />

Mitstreiter. Rudolf aus<br />

Argentinien und Neuling<br />

Viudez. Perkussions sind das<br />

Herzstück von “Unamoto“,<br />

untermauert von einer soliden<br />

Bassdrum, Tambourine<br />

Crashes und Vocalsamples.<br />

Daraus entwickelt sich ein toller<br />

Groove, der mittig mit einer<br />

Bläserfanfare begrüßt wird. Der<br />

Flow setzt sich auf der ebenfalls<br />

schlagwerkaffinen B-Seite,<br />

die noch vielseitiger mit metallischen<br />

Einflüssen gestaltet<br />

wurde, fort. “Inumano“ wirtk<br />

sogar noch eine Spur clubbiger<br />

als der vorhergehende Track.<br />

Klasse. 8 CplusB<br />

V.A.<br />

The Anniversary - Ten<br />

Years Eintakt (Eintakt)<br />

Anlässlich des Firmenjubiläums<br />

präsentiert Eintakt vier ausgesuchte<br />

Housegebilde. Dub<br />

Taylor startet mit dem Rmx von<br />

“Tegeltransit“. Hierbei fällt vor<br />

allem der verhallte Clapeffekt<br />

auf, der den dubbigen Subbass<br />

(erinnert an Makt The 909<br />

Kings „Can U Dig It“) und<br />

die Strings in Schach hält. Das<br />

Teil groovt enorm und geht<br />

gut ab. Dann wird es beschaulicher,<br />

wenn Oliver Giradot<br />

seinen “Mood“ offenbart.<br />

Dubflavour in Einklang mit<br />

intimer Emotionalität. Lohouse<br />

würzen mit sattem Clubfeel<br />

nach und treiben leicht minimal<br />

den Tänzer vor sich her.<br />

Tolle Mischung aus Druck und<br />

Moodyness. Zum Abschluss<br />

nochmals schöne dubbige Vibes<br />

von Fingers In The Noise, die<br />

sich an frühere Maurizio Zeiten<br />

anlehnen. 8 CplusB<br />

Renton/DJ Puk<br />

Namoo EP (Detuned)<br />

Eine beschwingte Housenummer<br />

kommt von Renton<br />

auf dem neuen Detuned Label.<br />

Klare Sounds und Strukturen<br />

beschallen des Hörers Ohr.<br />

Helle Töne und fiepige Sounds<br />

verbinden sich mit einem<br />

druckvollen Beat zu einem<br />

knackigen Monster, das die<br />

Masse im Verlauf hochschaukelt<br />

und ausflippen lässt. DJ Puks<br />

“Namoo“ ist deeper angelegt,<br />

weist aber ähnliche Strukturen<br />

auf und könnte glatt als Part 2<br />

Fortsetzung der A-Seite durchgehen.<br />

6 CplusB<br />

Norken & Deer<br />

Shoot The Sun (Laut &<br />

Luise / Straight)<br />

Kinderphotos aus 60er und<br />

70ern bebildern das Cover<br />

der zweiten Laut & Luise.<br />

Diese kommt von Norken und<br />

Deer. Das Original arbeitet<br />

im SloMo-House-Umfeld mit<br />

kickenden Elementen. Durch<br />

die Flächen stellt sich schnell<br />

eine Laid Back-Atmosphäre<br />

ein. Ruhig und locker läuft das<br />

Stück, ohne das viel passieren<br />

muss. Eine Prise Dub, so scheint<br />

es, legt Dwig in seinem Mix<br />

drauf und lässt einen U-Boot<br />

Ton im Untergrund mitlaufen.<br />

Sehr relaxt. “Remember That“<br />

schmiegt sich deep und moody<br />

an seine Vorgänger an. Das bislang<br />

clubtauglichste Resultat<br />

zum Aufwärmen. Deutlich catchiger,<br />

jedoch tonal vertrackter<br />

und dubbig-echohafter nimmt<br />

sich der “Dürerstuben Remix“<br />

der Sache an. Warme 6<br />

CplusB<br />

Quantec<br />

Dimensions Beyond the<br />

Known (Toffler Vinyl 05 /<br />

Straight)<br />

Vier durchweg gute<br />

Housetracks beschert uns<br />

Quantec hier auf Toffler. Die<br />

Tracks sind dabei mal extrem<br />

verkopft, langsam und deeplastig<br />

wie „Cosmogonic“ und<br />

„K-Hole“, welche vor allem<br />

durch ein abwechslungsarmes<br />

Arrangement kaum Fahrt aufbauen<br />

können. Oder oldschoolig<br />

mit nicht so ganz perfekt<br />

sitzenden, hintergründigen,<br />

Synthbässen und Femalevocals<br />

wie „Permasmile“, der dennoch<br />

ganz charmant daher<br />

kommt. Mein Favorit aber ist<br />

„Mia´s Tea“ dessen entspannt<br />

grooviger Minimalhouse mit<br />

netten FX-Spielereien und fordernden<br />

Synthiegeschichten für<br />

Kurzweil sorgt. Insgesamt also<br />

eine ganz gut gelungene EP, die<br />

für jede Spielzeit eine Antwort<br />

parat hält. 6 Rusty<br />

Sean Miller<br />

Canibal Royal (Mobilee /<br />

WAS)<br />

Nach zehn Jahren realisiert<br />

Sean Miller sein erstes Projekt<br />

auf Mobilee. Und das ist rassig<br />

vorgetragen mit lateinamerikanischer<br />

Perkussionarbeit auf<br />

dem Titelstück. Von vorn bis<br />

hinten drücken die Beats, gespickt<br />

mit ein paar Vocalfetzen,<br />

wobei sich der Bass locker deep<br />

unter dem feurigen Fundament<br />

bewegt. “Soleil“ schaltet einen<br />

Gang runter, bleibt aber im<br />

gleichen Segment. Schöner,<br />

entspannter Mittelmeer After<br />

Hour-Sound. Insgesamt<br />

6 CplusB<br />

Chaim<br />

Robots On Meth (Bpitch<br />

Control)<br />

Die „Robots On Meth Ep“<br />

bildet die dritte Single-<br />

Auskopplung des bereits im<br />

letzten Jahr erschienen Albums<br />

„Alive“ und umfasst vier<br />

Tracks. Den Auftakt macht<br />

das bisher unveröffentlichte<br />

„Lavantina“ Die etwas<br />

mystische Anfangsatmosphäre<br />

aus rollenden Jack-Beats und<br />

dumpfen Vocals der Israelin<br />

Adi Shabats löst sich schon<br />

nach knapp einer Minute<br />

in einer extrem packenden<br />

Synthie-Line. Spätestens da<br />

packt einen der Song, und<br />

man kann nicht mehr stillstehen.<br />

Ebenso wenig wie bei<br />

„Robots On Meth“, der mit<br />

zwei Remixen vom Franzosen<br />

David K die restlichen drei<br />

Titel der EP liefert. Die zentralen<br />

Elemente sind hier ein<br />

catchy Gitarrenloop und die<br />

raue Stimme von Gastvocalist<br />

JAW von dOP. Mit dem<br />

Original könnte man auch ohne<br />

Probleme Indie-Dancefloors<br />

zum Kochen bringen. Ein<br />

bisschen elektronischer wird’s<br />

dann bei den Remixen. Der<br />

BenZona-Remix schiebt mit<br />

straighten Techouse-Beats,<br />

der Bubble Mix liefert, wie<br />

der Name schon sagt, perlige<br />

Oldschool-Synths. Chaim<br />

beweist mit dieser EP einmal<br />

mehr, dass er wie kein anderer<br />

eingängige und fast schon<br />

poppige Melodien mit energetischen<br />

House-Beats paaren<br />

kann. Für mich ein ganz klares<br />

Daumen hoch und 0<br />

TB<br />

Vincenzo<br />

Wherever I Lay My Head<br />

Remixes (Dessous)<br />

Das im letzten Mai erschienene<br />

Vincenzo Album „Wherever<br />

I Lay My Head“ ist zwar<br />

noch alles andere als dated,<br />

aber ein paar neue Remixe<br />

können ja wohl nicht schaden.<br />

Den Anfang macht Tom<br />

Middelton indem er Hand an<br />

Sometimes Saturday legt. Das<br />

im Original eher getragene<br />

Stück erscheint in neuem treibenden<br />

und deepen Techno-<br />

Gewand und fesselt auch bei<br />

höherer BPM-Zahl durch seine<br />

eingängige Melodie. Auch die<br />

verspielten Echos und Flächen<br />

finden sich im Remix wieder.<br />

Bei „106 Downtown“ zeigen<br />

die Schweden Genius Of<br />

Time, warum Slow House ihr<br />

Steckenpferd ist. Gefühlvoll<br />

fügen sie Downtempo-Beats<br />

hinzu und reduzieren den<br />

Song auf seinen warmen, wohligen<br />

Kern. Mic Newman hebt<br />

den Album-Opener Hello!<br />

aus seiner ursprünglichen<br />

Ambient-Anmutung, verzichtet<br />

fast komplett auf die Vocals<br />

von Lisa Shaw und packt ein<br />

paar knackige und vor allem<br />

groovige Techhouse-Beats<br />

darunter. Dazu noch ein paar<br />

Synths und Acid-Elemente,<br />

fertig ist ein komplett anders<br />

anmutender aber nicht weniger<br />

guter Song. Alles in allem eine<br />

prima Remix-Ep, bei der die<br />

Protagonisten wirklich wussten<br />

wie man Songs transformiert<br />

ohne den ursprünglichen Spirit<br />

zu verlieren. 8 TB<br />

Uner<br />

Palua (Cadenza / WAS)<br />

Einer der einflussreichsten<br />

spanischen Produzenten findet<br />

Unterschlupf unter dem<br />

Cadenza Dach. Uner legt einen<br />

knochentrockenen Flow mit<br />

Funk Feel bei “Pallene“ vor und<br />

setzt Bongos und Echos darauf<br />

auf. Das rollt mächtig und wirkt<br />

klassisch erhaben. Tief in der<br />

Nacht bewegt sich die B-Seite<br />

“Cocoua“. Kicks, Cymbals<br />

und HiHats bestimmen die<br />

Dynamik, der Bass bewegt<br />

sich subatomar begleitet von<br />

einer narrativen Malestimme.<br />

Das kickt und hat sexy Drive.<br />

Exzellente Housescheibe.<br />

9 CplusB<br />

Katzbatz<br />

Chateau Brisanz<br />

(Sanomat)<br />

Sanomat ist das neue Label<br />

des Kölner Produzenten<br />

Stefan Gubatz, der in letzter<br />

Zeit vor allem durch seine<br />

Releases auf Traum, MBF<br />

oder Telrae Aufsehen erregte.<br />

Mit Katalognummer <strong>001</strong><br />

präsentiert er uns Katzbatz<br />

und sein „Chateau Brisanz“.<br />

Fresher Rave-Alarm mit<br />

subtilen Disco-Zitaten. Die<br />

1983-Version ist deutlich oldschooliger,<br />

hier regiert Synthieund<br />

Handclaps-Alarm. Arme<br />

hoch und Hallelujah! 9<br />

dr.nacht<br />

Sascha Müller<br />

Sommernachtsträume<br />

(Shhhh 005)<br />

Das Mettmanner Lieb haber<br />

label „Shhhh“ ist bei<br />

Katalognummer 005 angekommen<br />

und lässt den außergewöhnlich<br />

umtriebigen<br />

Producer Sascha Müller (der<br />

lt. Discogs seit 2002 mal eben<br />

gut 29 Alben und *hust* 168<br />

EPs veröffentlicht hat) seinen<br />

Entwurf von Gipsy-TechHouse<br />

ins Vinyl drücken. Das Original<br />

besteht aus gar nicht mal viel<br />

mehr als einem freundlichen<br />

Bossa-Loop, der mit der zufällig<br />

des Weges kommenden 909<br />

in die nächstbeste Teestube<br />

einkehrt um sich schon mal<br />

musikalisch auf den Sommer<br />

vorzufreuen. Kurz darauf geht<br />

die Tür auf, Labelact Bluff<br />

kommt rein und sagt – tach<br />

Jungs, ich hab noch ein paar<br />

Harmonien mitgebracht– und<br />

rundet so sehr geschmeidig<br />

die erste Seite ab. Auf Seite<br />

80


Neues fürs Ohr / House<br />

B stehen die Zeichen dann<br />

auf 808-Elektro, der mal orientalisch<br />

anmutet und bei<br />

„Future Punk Pt. II“ sehr subtil<br />

und charmant Kraftwerks<br />

Computerwelt reminisziert, so<br />

dass sich Leute, denen heutige<br />

Clubmusik irgendwie zu<br />

doof ist, auch endlich mal<br />

wieder musikalisch in den<br />

Arm genommen fühlen können.<br />

Sehr erfreuliche Platte.<br />

8 Gubi<br />

Dans Mon Salon<br />

The Call (Amplify 01 /<br />

Straight)<br />

Ich denke, `kranker oldschool<br />

House Scheiß´ beschreibt das<br />

Original ganz gut. Hier rotzen<br />

die Beats und Hi-Hats sich<br />

einen zurecht, während darunter,<br />

darüber, daneben und<br />

dazwischen, merkwürdig verschrobene<br />

Flächensynthies und<br />

nervige Vocals den Geleitschutz<br />

bilden. Ganz so wie früher.<br />

Dennoch würde ich im Club<br />

das Instrumental vorziehen,<br />

denn hier groovt es einfach<br />

straighter, die Beats sitzen präziser<br />

und es klingt nicht so mies<br />

(im positiven Sinne). Genau<br />

genommen ist das eigentlich<br />

auch kein Instrumental sondern<br />

eher ein Dub-Edit oder so.<br />

Danalogue ordnet die Beats für<br />

seinen Remix gebrochen, dass<br />

es fast nach Breakbeat klingt,<br />

an und verziert alles mit etwas<br />

too much Flächen. Insgesamt<br />

eine etwas andere Scheibe, von<br />

der ausgerechnet der unauffälligste<br />

Track am meisten überzeugt.<br />

7 Rusty<br />

CLK Divider<br />

Deep Rift (Phil E / WAS)<br />

Acidlastiger House von<br />

CLK Driver auf Phil E. Das<br />

Titelstück nervt nach einiger<br />

Zeit schon gehörig von<br />

dem ultrageloopten Key-<br />

Acidsample. Analogien zu den<br />

80ern sind nicht zu verkennen,<br />

aber wirklich schön ist anders.<br />

Etwas entspannter, wenn auch<br />

acidlastig intoniert, aber nicht<br />

ganz so monoton angelegt (man<br />

achte auf die superbe zischelnde<br />

HiHat) gerät man leicht in<br />

Trance und verfällt dem Kult<br />

ritueller Tanzeslust. Die B-Seite<br />

verhilft dieser 12“ zu 5<br />

CplusB<br />

Ziggy Kinder<br />

Barboom (Ware Records /<br />

Straight)<br />

Als erstes fällt bei Siegfried<br />

„Ziggy“ Kinders neuer EP<br />

das Cover ins Auge. Passend<br />

zum Titel „Barboom“ tummelt<br />

er sich als allgegenwärtiger<br />

Klon in einer bekannten<br />

Bar seiner Wahlheimat Köln.<br />

Gast, Barkeeper und DJ ist<br />

er da gleichzeitig. Ist das vielleicht<br />

Ausdruck seiner Multi-<br />

Instrumentalität? Wie dem<br />

auch sei, in den vier Tracks<br />

der EP zeigt er jedenfalls,<br />

dass er sein Handwerk gelernt<br />

hat und nicht umsonst schon<br />

seit Jahren in den Playlisten<br />

diverser hochkarätiger DJs<br />

zu finden ist. Übrigens nicht<br />

nur unter diesem Namen,<br />

sondern auch als Que Pasa<br />

Maria, einem Pseudonym unter<br />

dem er auf dem Tiefschwarz-<br />

Label Souvenir released. Als<br />

Ziggy Kinder bewegt er sich<br />

meist im Minmal Funk bzw.<br />

im deepen Techhouse-Bereich.<br />

So auch hier. Der Titeltrack<br />

„Barboom“ besticht durch<br />

eine verspielte Bassline, einen<br />

hypnotischen Vocal-Loop und<br />

immer wieder unvermittelt auftauchende<br />

Klavier-Töne. Bei<br />

„Teenybopper“ wird’s dann<br />

noch ein bisschen düsterer.<br />

Das Prinzip mit gelungener<br />

Bass-Linie und eingestreuten<br />

Melodie-Akkorden bleibt aber<br />

das gleiche. „Bad Brunhilde“<br />

macht durch spacige Klänge<br />

und ein sehr freakiges Break<br />

auf sich aufmerksam. Bei<br />

„Flaschengeist“ findet man eine<br />

etwas getragenere Stimmung.<br />

Warme Harmonien schaffen<br />

hier eine wohlige Atmosphäre.<br />

Wer davon nicht genug bekommen<br />

kann, findet sechs weitere<br />

Songs und ebenfalls das geniale<br />

Cover-Artwork auf dem gleichnamigen<br />

Album. 9 TB<br />

Dani Casarano, Felipe<br />

Valenzuela, Demian Muller<br />

Hole In The Middle<br />

(Cadenza / WAS)<br />

Der Trend scheint in Richtung<br />

Gemeinschaftsproduktionen<br />

zu gehen. Dabei sind der<br />

Schweizer Dani C. und<br />

der Chilene Felipe V. keine<br />

Unbekannten, realisierten sie<br />

mit der “Tulipe EP“ bereits vor<br />

zwei Jahren ihre erste Cadenza-<br />

Produktion. Bei “Hole In<br />

The Middle“ erhalten sie nun<br />

Unterstützung von Demian<br />

Muller. Und das Ergebnis<br />

ist ein fulminant bouncender<br />

Housemover, dessen Bassline<br />

nach vorn stampft. Ein paar<br />

Perkussions und insbesondere<br />

das E-Piano vervollkommnen<br />

den Track. “Dreamer“ evoziert<br />

eine moody Athmo mit<br />

Flächen und einem schönen<br />

Piano. Hypnotischer After<br />

Hour-Sound. Experimentell<br />

geht es auf “Jazzy Feel“ zu.<br />

Electronica Meets Sax – eine<br />

Abhandlung in acht Minuten,<br />

die viele Ecken und Kanten<br />

freilegt und begeistert. 8<br />

CplusB<br />

Holgi Star & Falko<br />

Niestolik<br />

Waiting (Microphon /<br />

Straight)<br />

Solider Club House auf<br />

Microphon Nummer 30. Die<br />

beiden Protagonisten versehen<br />

das Stück mit vielerlei<br />

Effekten (Vocalfetzen, Echos)<br />

und machen daraus einen<br />

interessanten Housemover.<br />

Dazu gibt es ein Mittelbreak,<br />

um dann zu resetten und die<br />

Karre nochmals voll durchzustarten.<br />

Insbesondere die<br />

atmosphärische Dichte des<br />

Stücks fasziniert. Im Mix von<br />

Tim Xavier zischeln die HiHats<br />

deutlicher und ein paar fiepige<br />

Flächen ergänzen das Gebilde.<br />

Nennenswerte Neuerung<br />

vollbringt er aber nicht. Gute<br />

Produktion, die man nicht als<br />

Hit ausweisen kann. Aber solche<br />

Platten braucht es in einem Set<br />

und an einem Abend, um einen<br />

Gesamteindruck zu kreieren.<br />

6 Carsten Becker<br />

Geoffrey Vince<br />

Mr. Stuffy (Lust & Freude<br />

Musik)<br />

“Overdose” kommt von Geoffrey<br />

Vince und präsentiert sich im<br />

minimalen House-Gewand.<br />

Das setzt von Anfang an auf<br />

Synthiearbeit, die in Richtung<br />

Space geht, dabei aber recht<br />

catchy und groovy wirkt. Der<br />

“Konvex Mix“ startet mit mehr<br />

perkussivem Drive und erinnert<br />

mich an Tech House aus<br />

dem mitteldeutschen Raum zu<br />

Mitte der 90er (hier mit leichtem<br />

und popigem glockenlike<br />

Geläut). Das Titelstück sagt<br />

mir mit seiner überbärdenden<br />

und repetitiven Popaussage gar<br />

nicht zu. “Big Mac“ weist gute<br />

Ansätze hinsichtlich Bass und<br />

Perkussions auf, wirkt aber zu<br />

trackig und ist stimmungsmäßig<br />

zu wenig auf den Punkt gebracht.<br />

Die Scheibe könnte ich im Club<br />

nur eingeschränkt einsetzen.<br />

4 Carsten Becker<br />

Oxia<br />

Harmonie EP (InFiné)<br />

Der Frühlingsbote. Die<br />

„Harmonie EP“ kündigt das<br />

neue Album von Oxid an, das<br />

Ende April auf InFiné erscheinen<br />

wird. Und so legt sich der<br />

Franzose auch ordentlich ins<br />

Zeug, denn „Harmonie“ ist<br />

sehr virtuos, fragil, charmant<br />

und hat dennoch ordentlich<br />

Power. Der Dancefloor bebt.<br />

Auf der B-Seite mit „Flying<br />

Ober Time“ geht es dann verklickter,<br />

reduzierter und loopiger<br />

zur Sache. Rein in die Nacht<br />

9 dr.nacht<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

5


Neues fürs Ohr / Techno<br />

Motor feat. Martin L. Gore<br />

Man Made Machine (CLR)<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Bevor Depeche Mode-Head Martin Gore in diesem Jahr mit seinen<br />

Bandkollegen ins Studio geht, hat er mit Motor die EP „Man Made<br />

Machine“ für CLR aufgenommen - zum Glück kann man da nur sagen. Die<br />

Stimme von Gore hat mich schon immer gefesselt, so auch hier, dazu dieser<br />

drückende Rhythmus, das passt einfach. Dass da natürlich der Remix von<br />

Labelboss Chris Liebing nicht fehlen darf, ist selbstredend. Er setzt dem<br />

Ganzen noch die technoide Krone auf wie ich finde, sein Remix strotzt nur<br />

so vor dunkler Energie und absoluter Floortauglichkeit. Radio Slave hat<br />

sich es auch nicht nehmen lassen, der Remix Einladung nach zu kommen<br />

und bettet die unnachahmlichen Vocals in ein luftig lockeres Tech-House<br />

Gewand, auch nett. Alles in allem fängt das Jahr 2012 wieder gut an, danke<br />

CLR. 0 C.Clay<br />

Gary Beck<br />

Feel It (Bek 009)<br />

Die letzten beiden Bek Audio-<br />

Releases mit Mark Broom und<br />

Mr. G wurden in den Clubs<br />

ja schon sehr frenetisch aufgenommen,<br />

so sollte es auch bei<br />

Katalognummer 009 aussehen.<br />

Hier zaubert uns Gary Beck mit<br />

„Feel It“ ein mit blechernden<br />

Snares versetztes Clubmonster<br />

auf die Teller. Verhallende<br />

Chords begleiten den monotonen<br />

Beat und lassen das<br />

Sounddesign freundlicher wirken.<br />

„Paid Out“ ist smooth<br />

und housy, genau das Richtige<br />

zum Ausklingen einer langen<br />

Nacht. Wohingegen „Hillview“<br />

etwas mehr in die technoidere<br />

Richtung zielt und mit seinen<br />

verhallenden Sounds ein ziemlich<br />

spaciges Feeling aufruft.<br />

Good Artist und Good Label =<br />

Great Music. 8 C.Clay<br />

RaucherEcke<br />

Papierfabrik Ep (Treibstoff<br />

097 / Kompakt)<br />

Hier ist sie also, die „Papierfabrik<br />

EP“ von RaucherEcke, der<br />

wohl auf dem Weg zu den<br />

heimischen Plattentellern der<br />

Treibstoff ausgegangen ist.<br />

Man möge mir den Kalauer<br />

verzeihen. Treibend–technoide<br />

Grundkonzepte geben den<br />

Ton beim Titeltrack, „Drei<br />

Töpfe“ und auch „Der tropfende<br />

Kessel“ an, jedoch<br />

werden darüber deeplastige<br />

Chordsynthieelemente gepackt,<br />

die eine Menge Drive wieder<br />

herausnehmen. Versteht mich<br />

nicht falsch, die Scheibe ist<br />

klasse. Sie ist gut produziert<br />

und klingt in sich stimmig,<br />

jedoch ist sie ´nur´ für den<br />

ebenfalls sehr wichtigen Job<br />

des Lückenfüllers zu gebrauchen.<br />

Man kann ja schließlich<br />

nicht nur Hits spielen. 7<br />

Rusty<br />

Sam Paganini<br />

Prisma (Drumcode 089)<br />

Die „Cobra EP“ hat mir ja<br />

schon sehr gut gefallen:<br />

Funktional und clubtauglich,<br />

was Sam Paganini da abgeliefert<br />

hat, und nun kommt mit<br />

„Prisma“ der nächste Stomper,<br />

diesmal auf Drumcode. Auch<br />

hier wird nicht gekleckert, sondern<br />

geklotzt. „Back to Zero“<br />

trippelt mit geballter Offensive<br />

in Richtung Dancefloor, kurze<br />

Strings verhallen im Raum,<br />

die fetzigen Percussions heizen<br />

ein, so wird Techno gemacht.<br />

Im Titeltrack „Prisma“ wird<br />

es eine Spur dramatischer und<br />

zunehmend böser. Eine brummende<br />

Bassline, gepaart mit<br />

dumpfer Bassdrum und dazu<br />

gesellen sich shakin‘ Hats und<br />

eine flirrende Hook, da kocht<br />

der Club. „Self Control“ stapft<br />

in ähnlicher Manier wie „Back<br />

to Zero“ zum Floor, nur wurde<br />

hier noch ein Schuss Finsternis<br />

in Form von verzerrten Vocals<br />

beigemischt, sowie eine Tool-<br />

Version angefertigt. Ab in den<br />

Club damit. 9 C.Clay<br />

Ben Sims<br />

Slow Motion (Theory<br />

Records)<br />

Um es direkt vorwegzunehmen:<br />

dieses Release hat sich<br />

die Höchstwertung zu Recht<br />

verdient! Ben Sims „Slow<br />

Motion“-EP ist roher Techno<br />

und ein Irrgarten aus flirrendem<br />

Schall und donnernden<br />

Bässen. Drei Originale, drei<br />

Remixe. Den Einstand macht<br />

das dunkel schiebende „Slow<br />

Motion“. Langsam, aber<br />

unbarmherzig drückt es seine<br />

Synthies aus den Boxen. „New<br />

Blood“ im „Rolando Remix“<br />

kommt mit weniger kraftvollen<br />

Bässen, aber mit umso mehr<br />

Drive daher. Im Original hat<br />

„New Blood“ einen monströsen<br />

Dampfhammer dabei.<br />

Mit ordentlichem Druck im<br />

Kessel peitscht er die Hook<br />

vor sich her. Skudge holt mit<br />

seinem Remix das Maximum<br />

aus „Slow Motion“ raus, da<br />

hier die Bässe im Vordergrund<br />

stehen. Bei „Straight From<br />

Bolivia“ wurde der Fokus auf<br />

Sound-Fx und Synthies gelegt,<br />

so dass man kurz durchschnaufen<br />

kann. Den Abschluss macht<br />

Robert Hoods trockene und<br />

monotone Bearbeitung von<br />

„New Blood“, ein hypnotischer<br />

Sound-Trip. 0 TobiQ<br />

Felix Bernhardt<br />

Rombola (Der Hut 20 /<br />

Straight)<br />

Kleines Jubiläum bei Der Hut.<br />

Mit der 20ten Veröffentlichung<br />

ist das im Sommer 2008 gestartete<br />

Hamburger Label noch ein<br />

Jüngling in der technoiden Welt.<br />

Aber der jüngste E-Minor-<br />

Sprössling hat sich zu einer<br />

guten Institution für deepe und<br />

reduzierte Grooves gemausert.<br />

So erscheint nach der<br />

2010er Veröffentlichung „Black<br />

Donkey“ das zweite Werk auf<br />

dem Hamburger Vorzeigelabel.<br />

Mit an Bord sind neben dem<br />

Original noch drei Remixe.<br />

Den Start macht jedoch Felix<br />

himself mit „Rombola“. Der<br />

Track ist eine Mischung aus<br />

minimalem Techouse, gefiltert<br />

und mit Breaks versehen. Noch<br />

eine Spur mehr in die Tiefe geht<br />

der Kamika-Remix. Er weckt<br />

die dunkle Seite des Tracks und<br />

strippt ihn auf ein Minimum<br />

herunter. Nicht anders die beiden<br />

Versionen auf der B Seite.<br />

Brojanowski und Felix Lorusso<br />

leisten hier ihren Beitrag.<br />

7 PatrickS<br />

Pig & Dan, Mark Reeve<br />

Pollerwiesen (Herzblut<br />

Recordings)<br />

Die drei Tracks „Pollerwiesen“,<br />

„Saturn Storm“ und<br />

„Hallucination“ sind detailverliebte<br />

Soundtüfteleien, die<br />

nicht mit Beats, sondern mit<br />

Melodien und vielschichtigen<br />

Synthielines versuchen zu überzeugen.<br />

Die Dub-Version von<br />

„Hallucination“ hat immerhin<br />

etwas mehr Druck dabei. Wenn<br />

man mal die ausgelutschten<br />

Beatfundamente außer Acht<br />

lässt, kann man einiges entdecken.<br />

„Pollerwiesen“ als Opener<br />

eines Sets, „Saturn Storm“ zum<br />

Chillen und „Hallucination“<br />

(die Kollabo mit Mark Reeve)<br />

im Original oder Dub-Mix für<br />

die Abfahrt. Gerade die verspielten<br />

Sound-Fx hinterlassen<br />

einen guten Eindruck. Alles in<br />

allem: 8 TobiQ<br />

A.Mochi<br />

Phantom EP (Figure 038)<br />

Unzählige Labels hat der<br />

Japaner A.Mochi schon mit<br />

seinem Sound beglückt, nun<br />

ist er mit “Phantom” ein weiteres<br />

Mal auf Len Fakis Figure<br />

Label zu hören. Sein Sound<br />

ist roh und kantig, so auch<br />

im Titeltrack „Phantom“.<br />

Knatternde Percussions stehen<br />

im Vordergrund und begleiten<br />

eine dumpfe Bassdrum und<br />

zeitweise peitschende Hats.<br />

„Black Reigns“ stampft ähnlich<br />

grob durch den dunklen<br />

Club. Hier scheppern ab und<br />

an die Snares zum düsteren<br />

Beat. „Stray“ passt da sehr gut<br />

ins Konzept, auch hier regiert<br />

eine schauderhafte Mystik,<br />

nur in gedrosselter Haltung,<br />

perfekt für den baldigen<br />

Sonnenaufgang. Hier kann<br />

jeder Techno-Head getrost<br />

zugreifen, er wird nicht enttäuscht.<br />

9 C.Clay<br />

E. Alter and Eitan Reiter<br />

E0E (PRAXXIZ)<br />

Schon wieder ein neues Release<br />

auf Dr. Mottes PRAXXIZ-<br />

Label. Diesmal geht es<br />

303-lastig nach vorne, direkt<br />

in Richtung Dancefloor. „E0E“<br />

ist ein absolut ausgefuchster<br />

Techno-Track. Er schafft es,<br />

dem manchmal etwas angestaubt<br />

wirkenden Acidsound<br />

eine Frischzellenkur zu verpassen.<br />

Perkussions und Bässe sind<br />

absolut gleichberechtigt und<br />

treiben ein wildes Spiel mit den<br />

irren Soundverwirbelungen.<br />

Mehr davon, bitte! Der „Da<br />

Fresh Remix“ haut mit seinen<br />

schwungvollen Bässen nochmal<br />

eine Extraportion Groove raus<br />

und wird so manchen Club<br />

auseinandernehmen. Wie beim<br />

Original passt hier einfach alles<br />

zusammen. Geil, geil, geil…<br />

9 TobiQ<br />

J Alexander<br />

Phased (Friend Electric<br />

Records)<br />

Ein schöner Subbass rockt das<br />

Original und bounct durch<br />

den Club. Die klackernden<br />

Perkussions und verschiedenen<br />

Layer machen jedoch den Reiz<br />

dieses Stücks aus, der in einem<br />

Endlosloop die Tänzer animiert<br />

und für eine rutschige<br />

Tanzfläche sorgt. Hoher, deeper<br />

Schweißfaktor. Diese Deepness<br />

herrscht maßgeblich im Mix<br />

von Alex Q vor, der seine<br />

Version rhythmisch langsamer<br />

anlegt und das Ding sehr gut<br />

rollen lässt. Herrlicher Auftakt<br />

für den Hauptpart im DJ Set.<br />

Hiermit füllt man locker den<br />

Floor und die Stimmung der<br />

Leute lässt sich an den freudigen<br />

Gesichtern ablesen.<br />

8 Carsten Becker<br />

Model 500<br />

Control / The Messenger<br />

(R&S Records)<br />

Nachdem der legendäre<br />

Juan Atkins, zuletzt musikalisch<br />

begleitet von den den<br />

Underground Resistance<br />

Jungs Mike Banks und Mark<br />

Taylor, sein Model 500 Projekt<br />

erfolgreich live auf die Bühnen<br />

gebracht hatte, zog es ihn wieder<br />

alleine zurück ins Studio.<br />

Resultat sind unter anderem<br />

die Tracks „Control“ und „The<br />

Messenger“, die jetzt auf R&S<br />

erschienen sind. „Mit dem belgischen<br />

Kultlabel verbindet das<br />

Detroiter Urgestein bekanntlich<br />

eine lange Freundschaft.<br />

In den Jahren 1993 bis 1999<br />

kamen dort beispielsweise<br />

schon Model 500 Alben heraus.<br />

Auch nach dem Neustart war<br />

er wieder mit dabei. Klar, dass<br />

auch sein neuester Zweitracker<br />

höchste Qualität bietet und<br />

nicht nur Fans und Lovers<br />

verzückt. „Control“ schickt<br />

mit typischen Atkins Electro,<br />

der auch Jahrzehnte nach seinem<br />

Mitwirken bei Cybotron<br />

in sämtliche Glieder und<br />

Synapsen fährt. Der eindringliche<br />

Vocoder, die flirrenden<br />

Synths. Genau so liebt man<br />

den Sound aus Motorcity. „The<br />

82


Messenger“ betört dann auf nahezu<br />

einlullende Art und kombiniert<br />

scheinbar unbezähmbare Beats<br />

mit einer herrlich lockenden und<br />

wogenden Melodienreise. 0<br />

BS<br />

als Schmankerl ist auf der B Seite<br />

eine klassische Interpretation von<br />

Signor Andreon dabei. Eine rundum<br />

gelungene Scheibe, die einen<br />

auf das Label T-Bet aufmerksam<br />

macht. 8 PatrickS<br />

Christian Smith<br />

Get it Done (Tronic 078)<br />

Auf Christians Imprint Tronic wird<br />

im neuen Jahr in gleichbleibender<br />

Qualität musiziert, so zu hören auf<br />

der neuen “Get it Done”. Hier hat<br />

Mr. Smith mit einem im Sound<br />

reduzierten Beat einen schwungvollen<br />

Tech-House Groover geschaffen,<br />

der so manchen Floor rocken<br />

wird. Versetzte Percussion Elemente<br />

reiten auf einer deepen Bassline, die<br />

von „Get it Done“-Vocals getragen<br />

werden. Minimal technoid, mit<br />

einer großen Portion Groove. Well<br />

Done! 7 C.Clay<br />

Falling Cows<br />

Drunken Airline (E-Minor 32)<br />

„Drunken Cows“ ist mal wieder<br />

so ein Platte, die man liebt oder<br />

hasst. Es ist ein gewöhnungsbedürftiger<br />

Style, den das Hamburger<br />

E-Minor Label mit der 32igsten<br />

Veröffentlichung hier zum Besten<br />

gibt. Irgendwie ist allgegenwärtig die<br />

gefallene Kuh. Auch wenn man sie<br />

nicht richtig interpretieren kann, der<br />

Geschmack bleibt; zumindest beim<br />

Original. Ganz anders da schon die<br />

Carbon & Wahrlich Interpretation.<br />

Sie ist synthetisch technoid und auf<br />

den Punkt produziert. Irgendwo im<br />

Hintergrund hallen gefilterte Vocals<br />

durch, bereichern deren Remix aber.<br />

Eigentlich handelt es sich bei dieser<br />

Scheibe ja um eine Split EP. Denn<br />

die Seite 2 ist mit Veronique Page<br />

und deren Nummer „Other People<br />

Places“ eine ganz eigenständige<br />

Produktion. Irgendwo in den Welten<br />

zwischen 3/4 Beat und Dub ist diese<br />

luftig-leichte Nummer einzuordnen<br />

und macht die Platte auch zu einem<br />

Geheimtipp. Meines Erachtens ein<br />

Highlight in diesem Monat und deshalb<br />

auch für Veroniques Nummer<br />

die volle Punktzahl. 9<br />

PatrickS<br />

Gabriele Carasco<br />

Beyond Colors EP (T-Bet<br />

009)<br />

Ich muss zu meiner Schande gestehen,<br />

dass mir das 2009 gegründete<br />

Label T-Bet bisher irgendwie<br />

durch die Finger gerutscht ist.<br />

Denn mit der vorliegenden neunten<br />

Veröffentlichung habe ich mich<br />

näher mit dem Label beschäftigt<br />

und musste feststellen, dass dort<br />

schon einige an qualitativ hochwertigen<br />

Produktionen erschienen<br />

sind. Außergewöhnliche Klänge<br />

und drei echte Perlen sind auf<br />

diesem Vinyl vertreten. Es ist eine<br />

Mischung aus Techno, House und<br />

allerlei sonstigen elektronischen<br />

Zutaten. Warm und harmonisch,<br />

seicht und puristisch dazu. Gabriele<br />

Carasco meets Angelina Yershova<br />

so verheißt es in dicken Lettern<br />

auf dem Vinyl. Soviel also zu den<br />

beiden Produzentinnen. Mit einer<br />

gesunden Portion Deepness beginnt<br />

zugleich der Opener „Beyond<br />

Colors“. Sowohl „Beyond Colors“<br />

als auch „Overlapping Hands“<br />

heben sich durch einen ganz eigenen<br />

Stil ab. Sowohl Piano, als auch<br />

Violine werden in beiden Tracks<br />

verwendet und verschwimmen<br />

harmonisch in einem elektronischen<br />

Gesamtarrangement. Und<br />

Gui Boratto<br />

Paralelo Rmx (Parquet /<br />

Straight)<br />

Der erste Mix dieses Pakets kommt<br />

von Solee. Neben der beatechnischen<br />

Tech-House-Ausführung<br />

lässt er es im Hintergrund gehörig<br />

knarzen und knallt die Peitsche<br />

auf der 2 und 4. Das gibt Drive<br />

und Rhythmik. Dennoch bleibt<br />

der Mix irgendwie deep, was an<br />

den immerwährenden Flächen im<br />

Hintergrund liegt. Oliver Schorlies<br />

setzt auf eine trockene Bass, ein<br />

wenig HiHat-Zischeln und flirrende<br />

Chords. Er zelebriert Deep House<br />

par excellence, bevor er im zweiten<br />

Teil brachialer die Synthies reitet<br />

und die Stimmung zum Höhepunkt<br />

treibt. Tanzflächenfüller. Was für<br />

ein Track! Axis runden das herrliche<br />

Parket auf Parquet mit elektronischem<br />

Tiefgang ab. 8<br />

CplusB<br />

Maetrik<br />

The Entity EP (Truesoul 1232)<br />

Was wäre die Technowelt ohne die<br />

genialen Ergüssen eines Maetrik.<br />

Der Spanier weiß einfach, wie<br />

man mit abstrusen und flackernden<br />

Sounds die Hütte zum Kochen<br />

bringt. In „The Entity“ verhallen<br />

wabbernde Bleeps, kurze Vocals<br />

schallen aus dem Off und ein simpler,<br />

aber auf den Punkt genauer<br />

Beat treibt das Ganze munter vor<br />

sich her - prima. „Asteroid Funk“<br />

ist da etwas verhaltener, bleibt aber<br />

in ähnlichem Style und schielt mehr<br />

auf die fortgeschrittene Uhrzeit.<br />

„Revenge of the Jack“ driftet mehr<br />

in die Richtung House ab und bleibt<br />

die ganze Zeit sehr funky, nicht<br />

zuletzt durch die verdrehte Bassline.<br />

Super Scheibe auf Truesoul, nicht<br />

entgehen lassen. 9 C.Clay<br />

Alex Bau<br />

Recycled Tracks Pt. 1 (Credo<br />

18)<br />

Credo, das Label von und<br />

mit Axel Bau, geht in die achtzehnte<br />

Runde. Diesmal an Bord;<br />

„Recycled Tracks“ in Form von<br />

zwei Klassikern in neuem technoiden<br />

Gewand. Eines vorneweg; es<br />

handelt sich hier nicht etwa um<br />

Remixes, eher um Klassiker der<br />

Musikgeschichte, die mal in kurzen<br />

Cuts und knappen Beats durchblitzen.<br />

Bei der A Seite „Hollywood<br />

Bullet“ ist ganz klar Frankie goes to<br />

Hollywood zu hören. Ich sage nur<br />

„hoa“, wenn ihr versteht was ich<br />

meine. Druckvoll und in technoider<br />

Form von Alex vollendet. Die<br />

B Seite hingegen basiert auf nur<br />

einem einzigen Loop, der gefiltert<br />

und moduliert vor sich dahin läuft.<br />

Nicht unbedingt ein Meisterwerk,<br />

aber auf dem Straight Floor sicherlich<br />

ein willkommene Abwechslung.<br />

7 PatrickS<br />

Mathias Bradler<br />

Cable (Microphon / Straight)<br />

Mit dem ersten Ton schießt Hr.<br />

Bradler dem geneigten Publikum<br />

mal richtig einen vor den Bug.<br />

Ultraharter Beat, monotoner Bass<br />

und vielerlei technoides Getier<br />

mit begleitender Verkehrsathmo<br />

machen schnell klar, wer hier das<br />

Sagen hat. Selten klang Techno<br />

in gemäßigter Geschwindigkeit<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

83


Neues fürs Ohr / Techno<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

sen Sounds ausgestattet ist.<br />

Für Freunde dunkel-treibender<br />

Clubmusik sicher zu empfehlen.<br />

6 C.Clay<br />

Mike Wall<br />

Out of Fire (Hidden<br />

Recordings)<br />

Auf Labels wie Sleaze, On and<br />

On oder Pluseins hat Mike<br />

Wall, jüngster Sprössling bei<br />

Hidden Recordings, schon<br />

seine Spuren hinterlassen.<br />

Nun tritt er mit „Out of Fire“<br />

in Erscheinung und wird tatkräftig<br />

unterstützt von Xhin<br />

(Stroboscopic Artefacts) und<br />

Splatter. Der Titeltrack bahnt<br />

sich mit druckvollen Beat und<br />

schrabbeliger Hook seinen Weg,<br />

netter Anfang. Xhin geht die<br />

Sache etwas düstere an, versetzt<br />

die Beats und lässt mit einem<br />

vertrackten Rhythmus wenig<br />

vom Original übrig. Auf der<br />

Flipside gibt es mit „Expecting<br />

Different“ den nächsten<br />

Stomper aus der Feder von<br />

Mike. Gradlinig zieht sich das<br />

trockene Arrangement durch<br />

und lässt sich nicht vom eingeschlagenen<br />

Weg verscheuchen.<br />

Klöppelnde Percussions treiben<br />

das dezente Beatgerüst an, und<br />

ab und zu wabbern auch mal<br />

surrende Bässe hindurch. Im<br />

Splatter Remix wird auf verschrobene<br />

Ästhetik gesetzt und<br />

so bekommt auch dieser Track<br />

seine Reize. Solides Release.<br />

6 C.Clay<br />

Wahrlich & Carbon<br />

Stilblüte (Der Hut /<br />

Straight)<br />

Das Titelstück ist ein subtiles,<br />

elektroides Tech-House<br />

Stückchen. Die Synthiesequenz<br />

wabert vordergründig und<br />

bestimmt den ganzen Track.<br />

Es entwickelt sich daraus eine<br />

düstere Athmo, zu der sich in<br />

großen wie kleineren Clubs<br />

bestens feiern lässt. Scharfes<br />

Teil. “Tribute To Ginsberg“<br />

kann das Niveau nicht ganz<br />

halten, da im ersten Part lediglich<br />

Bass und Drum laufen<br />

und erst später die düsteren<br />

Sequenzen vereinzelt einsetzen.<br />

Die Flipside schiebt mit funky<br />

Bass deutlicher in Richtung<br />

House, wartet aber auch wieder<br />

mit mystischen Hintergründen<br />

auf. Insofern eine in sich<br />

stimmige EP, die einen prima<br />

Gesamteindruck vermittelt.<br />

7 Carsten Becker<br />

Pierre LX<br />

Reworks (Initial Cuts)<br />

Frühjahr 2011 hat Pierre LX<br />

sein Debütalbum „Out 1“<br />

veröffentlicht, nun schickt er<br />

eine Remix-EP hinterher. Den<br />

Anfang macht Big Strick, der<br />

hier Hypothesis“ im psychedelischen<br />

Dub-Dauermodus<br />

abspult. Weiter geht es mit<br />

Miles Whittaker aka MLZ, dessen<br />

Version von „Olympia“ in<br />

tiefste Dub-Techno-Sphären<br />

taucht. Ganz tief. Den gleichen<br />

Track gibt es dann auch von<br />

Brun von Swayzak, der ebenfalls<br />

„Dub-Technoooooooooo“<br />

schreibt, aber noch etwas<br />

straighteren Druck aufbaut.<br />

Das Finale kommt von Label-<br />

Kollege Enola und seiner pulsierenden<br />

Sehnsuchtsversion<br />

von „Winter Light“. Eine ganz<br />

feine EP. 9 dr.nacht<br />

Niereich und Dietmar Wohl<br />

Blind Room (ReWashed<br />

Ltd.)<br />

Ich liebe simplen Techno, der<br />

ohne große Worte einfach nach<br />

vorne geht und den Floor<br />

rockt. So muss das sein und mit<br />

Niereichs „Blind Room“ habe<br />

ich so ein Release wieder einmal<br />

in meinem Case. Im Titeltrack<br />

rollt ein reduzierter Beat auf<br />

mich zu und zieht mich direkt<br />

in seinen Bann, zwar passiert<br />

hier erst mal nicht sehr viel,<br />

aber in der heutigen Zeit ist<br />

so etwas zum Mixen einfach<br />

genial, später wird’s dann Dank<br />

flirrender Hook und düsterem<br />

Subbass noch eine Spur dreckiger.<br />

Sebastian Groths Remix<br />

kann da mühelos mithalten,<br />

auch er versteht es, mit simplen<br />

Mitteln einen echten Floorfiller<br />

zu erschaffen. Alejandro Trebor<br />

und Mada Pointsn mit funktionaler<br />

Beatstruktur und modernen<br />

Fx-Sounds. Saubere Sache.<br />

7 C.Clay<br />

Stefan Gubatz<br />

Transistor/Radio (Telrae)<br />

Das kleine aber sehr feine<br />

Kölner Label Telrae stößt seit<br />

Mitte 2010 seine Werke in den<br />

Orbit: 10inches mit sehr exklusiven<br />

und einzigartigen Tapeten-<br />

Covern. Inhaltlich bietet man<br />

Dub-Techno an, da macht<br />

die neunte Veröffentlichung<br />

keine Ausnahme. „Transistor“<br />

schreitet sehr trocken und<br />

deep zur Tat, kann gleichermaßen<br />

Tanzflächen und<br />

Kopfhörer befriedigen. Am<br />

besten mit Kopfhörer tanzen,<br />

dann entdeckt man die<br />

feinen Verästelungen des<br />

Tracks, kann aber auch gleichzeitig<br />

mit Motorik trainieren.<br />

Auf der B-Seite geht es etwas<br />

gemütlicher zur Sache. Sanfter<br />

Schall mit Rausch, Knistern<br />

und Hall mit tiefen Flächen.<br />

Willkommen im Dub-Techno-<br />

Labyrinth. 9 Allan<br />

Simonsen<br />

Justin Berkovi<br />

Newmatic (Prosthetic<br />

Pressings 034)<br />

Seit 2006 ist Prosthetic<br />

Pressings am Start. Für Justin<br />

Berkovi, der ja bekanntlich<br />

schon recht umtriebig war,<br />

ist dies das Erstlingswerk auf<br />

dem in Chicago beheimateten<br />

Label. Und wie man es von<br />

Justin gewohnt ist, weiß er<br />

mit wenig Grundmaterial die<br />

maximale Ausbeute zu erlegen.<br />

So ist der A-Track eine zwar<br />

treibende, aber dennoch groovende<br />

Nummer, die durch ihre<br />

HiHat-Gewitter Akzente setzt.<br />

Neben dem Original gibt es<br />

noch einen Ben Sims-Remix,<br />

der stark an frühere Tresor-<br />

Veröffentlichungen erinnert.<br />

Metallische Beats drücken<br />

genauso wie ein gnadenloser<br />

Bass aus den PAs. So muss<br />

technoider Sound klingen.<br />

9 PatrickS<br />

Reeko<br />

Momentum (PoleGroup<br />

011)<br />

Der Sound Architekt Reeko<br />

zeigt uns auf PoleGroup, dass<br />

er ein Gespür für frickeligen,<br />

abgedrehten Techno hat. Bei<br />

„Momentum“ wabbert ein<br />

gefilterter Basslauf umher, in<br />

Fetzen gelegte Soundstücke<br />

kreisen drum herum wie der<br />

Adler um seine Beute. Das<br />

sehr minimalistische und<br />

in Downtempo gehaltene<br />

„Miracle“ eignet sich mehr für<br />

die After-Hour, wenn schon bei<br />

den meisten die Lichter aus<br />

sind. „Indonesian´s Dreams“<br />

hat eine kantige Struktur, die<br />

Potential hat, aber leider nervt<br />

die klirrende Hookline sehr<br />

schnell und der Track geht<br />

baden. Für die ersten beiden<br />

Tracks gibt es aber 6<br />

C.Clay<br />

VCMG<br />

Spock / EP 1 (Mute)<br />

Seit 30 Jahren sind die beiden<br />

Vollblutmusiker im Geschäft,<br />

gemeint sind Martin l. Gore<br />

und Vince Clarke, ehemals<br />

zusammen bei Depeche Mode.<br />

Jetzt kommen sie als VCMG<br />

erstmals seit 1981 wieder<br />

zusammen. In einer Serie von<br />

einzelnen EPs präsentieren sie<br />

uns ihr gemeinsames Album,<br />

den Anfang macht „Spock“.<br />

Sehr knarzige Elemente,<br />

die uns hier entgegen schallen,<br />

gepaart mit allerhand<br />

Fx-Sounds zu einem catchy<br />

Beat. Die volle Technoladung<br />

haut uns Edit Select um die<br />

Ohren. Sein Remix ist für die<br />

Peak-Time gemacht, finster<br />

grollender Bass und hypnotisches<br />

Arrangement, feine<br />

Sache. Regis verpackt die<br />

Original Sounds in ein elektroides<br />

Gewand und kommt erst<br />

gegen Ende in Fahrt. DVS1<br />

lässt die helle Hookline klimpern<br />

und setzt einen etwas lieblosen<br />

Beat drunter - da hätte<br />

ich mehr erwartet. Nochmals<br />

sehr verspielt und elektronisch<br />

wird es bei dem XOQ Remix,<br />

verspulter Elektro-Sound,<br />

ganz nett. Insgesamt ein guter<br />

Eindruck und die zweite EP<br />

folgt zugleich. 7 C.Clay<br />

VCMG<br />

Single Bip / EP2 (Mute)<br />

Ich gebe zu, ich mag in den<br />

Lobgesang in punkto VCMG<br />

nicht einstimmen. Liegt<br />

es daran, dass ich deutlich<br />

mehr von Vince Clarke und<br />

Martin L. Gore erwartet<br />

hätte? Vermutlich. Hätte ich<br />

als hoffnungsloser Nostalgiker<br />

mir einfach etwas mehr 80er<br />

Glanz gewünscht. Ich denke<br />

schon. Was die Herren aber auf<br />

den Markt bringen, ist meist<br />

geradewegs auf den Floor zielende,<br />

moderne Tanzmusik.<br />

Die zweite EP des „Single<br />

Blip“ ist auch so ein Beispiel.<br />

Die Bassline rollt ziemlich<br />

massiv, die Synths steuern in<br />

Richtung Alarm. Die Flächen<br />

und Strings geben Grund, die<br />

Arme hochzureißen. Klar, das<br />

ist gut produziert und wird<br />

unter Garantie abgefeiert und<br />

hochgejubelt werden. Aber im<br />

Grunde genommen weiß man,<br />

dass die Menschen dahinter<br />

eigentlich viel mehr könnten,<br />

als so eine offensichtliche<br />

Befriedigung der Massen. Aber<br />

nun gut. Byetone konzentriert<br />

die Spannung in seinem<br />

Remix. Die Mathew Jonson<br />

Variante hingegen groovt 11<br />

Minuten und 11 Sekunden<br />

lang, erscheint aber bisweilen<br />

merkwürdig verhalten.<br />

5 BS<br />

Various<br />

Little Brutal Rave Bastards<br />

Series 5 (LBRBS)<br />

Kennen Sie das auch? Sie<br />

sind auf einer Afterhour, der<br />

Gastgeber spielt schon seit<br />

geraumer Zeit eklig klebrigen<br />

Ambient und alle Gäste sind<br />

schon halb eingeschlafen –<br />

Sie aber möchten sich gerne<br />

noch über deutschen Schlager<br />

der 70er Jahre unterhalten?<br />

STOPP! Das muss nicht<br />

sein! Denn jetzt gibt es die<br />

die Little Brutal Rave Bastards<br />

Series Vol. 5! Interpret Sascha<br />

Schierloh alias David Sardelle<br />

alias Leprozid Pfarrhaus alias<br />

Bidol Cath alias Rgyeue DF<br />

hat hier vier erfreulich lärmige<br />

Distortionexperimente<br />

auf eine taubengraue 7 Zoll-<br />

Schallplatte gebracht, die Ihre<br />

After hour be kannt schaf ten aus<br />

ihrer grauenvollen Gutenmorgenlethargie<br />

befreien<br />

und auch Ihnen schleunigst<br />

die Schuhe ausziehen wird.<br />

Garantiert ohne Garantie und<br />

zu Recht nicht bekannt aus<br />

Funk und Fernsehen. Nutzen<br />

Sie die Chance, Ihren fragwürdigen<br />

Geschmack zu beweisen<br />

und spielen Sie sie jetzt!<br />

0 Andi Andersrum<br />

Patrick Chardronnet<br />

Karma (Boxer Recordings)<br />

Das kölsche Label wird in diesem<br />

Jahr zehn Jahre alt und<br />

startet den Jubiläumsreigen mit<br />

einem alten Bekannten: Patrick<br />

Chardronnet. Mit „Karma“<br />

geht er durch die Decke.<br />

Minimalistisch, aber sehr<br />

ergreifend, vereinnahmend und<br />

hypnotische tickt der Akkord<br />

Richtung Dancefloor-Himmel.<br />

„Shanti“ wippt sehr konzentriert<br />

und gelassen mit Bass<br />

und Tiefenwirkung. Als digitalen<br />

Bonus gibt es „Karma“<br />

im Epic Mix mit vielen unendlichen<br />

und ja, epischen Flächen.<br />

Fett. 9 dr.nacht<br />

Shed<br />

The Praetorian / EQ-170<br />

(50 Weapons)<br />

Kranker heißer Shit, den<br />

uns Shed hier präsentiert.<br />

„The Praetorian“ verweigert<br />

sich allen Klischees, blubbert,<br />

wummert, marschiert in<br />

unbekannte schwarze Löcher.<br />

„RQ-170“??? Auch. Dazu noch<br />

der Countdown kurz vor der<br />

Implosion. Booom. 9<br />

dr.nacht<br />

Arjun Vagale &<br />

Tim Richards<br />

She Said/Tonkatsu<br />

(KD Music)<br />

Die zweite Veröffentlichung<br />

auf Kaiserdiscos neuem Label<br />

KD Music ist eine internationale<br />

Coproduktion. Der<br />

Inder Arjun Vagale und der<br />

Neuseeländer Tim Richards<br />

starten mit „She Said“ sehr<br />

druckvoll und wogend auf<br />

Tech-Waves legeren Loops.<br />

Nach und nach kommt<br />

Druck in den Laden, der<br />

dann mit kleinem Break sehr<br />

gelassen zwischen meterhohen<br />

Boxentürmen explodiert.<br />

„Tonkatsu“ steht dem in<br />

nichts nach, baut aber noch<br />

mehr Rummms aus der Tiefe<br />

des Raumes auf. 8<br />

dr.nacht<br />

Peter Kruder<br />

Xenomorph / Vespertilio<br />

(Macro Recordings)<br />

Peter Kruders Rückkehr<br />

zu Macro mit zwei außergewöhnlichen<br />

Tracks.<br />

„Xenomorph“ präsentiert<br />

sich verzückt, verrückt verträumt<br />

und hypnotisch mit<br />

Detail verliebten Loops. Sehr<br />

ergreifend und spannend.<br />

„Verspetillo“ ist flächiger,<br />

packt einen ganzen Sound-<br />

Horizont aus und schwebt<br />

durch tiefe Canyons. Ein fetter<br />

Brocken, den uns der Herr<br />

Kruder präsentiert. Schwer<br />

verdaulich und das ist auch<br />

gut so. 9 dr.nacht<br />

Peter Van Hoesen<br />

Transitional State<br />

(Time To Express)<br />

Peter Van Hoesen lässt auch<br />

auf seinem eigenen Label<br />

Time To Express wieder solo<br />

von sich hören und bringt<br />

dort mit der „Transitional<br />

State“ eine echte Killerplatte<br />

heraus, die unterschiedliche<br />

Facetten seiner Schaffenskraft<br />

zeigt. Gleich mit dem Opener<br />

„Nineteen Continued“ zieht<br />

er alle Register und liefert<br />

einen unwiderstehlichen,<br />

durch und durch hypnotischen<br />

Stomper ab, der einem<br />

ein extrem breites Grinsen<br />

bereitet. „Admonition“ hingegen<br />

flirtet mit verspielter<br />

wie atmosphärischer<br />

Electronica. Auf der B packt<br />

dann „Transitional State 1“<br />

mit seiner rollenden Bassline<br />

direkt zu, die Bleeps betören<br />

und der Floor ist maßlos<br />

verzückt. Und „Transitional<br />

State 2“ steppt zum Schluss<br />

noch als wahrlich düsterer<br />

Gefährte durch die Lande.<br />

9 BS<br />

Gabriel Ananda<br />

Green (Basmati)<br />

„Green“ wird als limitiertes<br />

und einseitig bespieltes farbiges<br />

Vinyl zu haben sein.<br />

Aber auch der Trank selbst<br />

gibt eine gute Figur ab.<br />

Recht verhaltener Beginn mit<br />

Megabreak in bester Rave-<br />

Manier und einer anschließenden<br />

Abfahrt, die natürlich<br />

wieder kurz unterbrochen<br />

wird, um in einer fantastischen<br />

Oldschool-Abfahrt zu<br />

münden. 9 dr.nacht<br />

84


Neues fürs Ohr / Techno<br />

THERE’S MORE TO LIFE THAN ...<br />

Angehört von baze.djunkiii<br />

(Intrauterin Recordings / www.nitestylez.de)<br />

... künstliche Verknappung. So dachte sich zumindest das Management<br />

des Trance-Labels Tetsuo und veröffentlichte dieser Tage mit „World<br />

Class Trance“ und „Addicted To Trance“ auf digitalem Wege<br />

in vierzehntägigem Abstand gleich zwei Compilations mit jeweils 30<br />

Tracks. Der Haken? Nicht nur laut Waschzettel stimmen die Tracklists<br />

zu mehr als 50% überein und übertreffen damit sogar die geschickte<br />

Mehrfachverwertungsstrategie früherer Good Looking-/Looking Good-<br />

Sampler um ein Vielfaches. File under: schlechter Marketingmove, denn<br />

diese Art der Geldschneiderei dürfte selbst dem eingefleischtesten Addict<br />

zu viel des Guten sein.<br />

Mit mehr Understatement geht da das in Mettmann – nicht: Miami, auch<br />

wenn das Label es auf seiner Website so behauptet – beheimatete Label<br />

Shhhh Records zu Werke, presst Auflagen um die 200 Stück und vertreibt<br />

diese vorwiegend über die eigene Website und über einen einzigen<br />

Plattenladen in Deutschland, für den es zuweilen sogar noch vor dem<br />

offiziellen VÖ-Datum 10er Editionen mit handgefertigtem Artwork gibt.<br />

Katalognummer 005 erscheint im März – „Sommernachtsträume“<br />

von Sascha Müller, der hier ketaminschwangeren Zigeunertechno<br />

und verträumten Electro im eigentlichen Sinne zusammenbringt. Auf<br />

schneeweißem Vinyl! Und überhaupt Sascha Müller: der Mann hat einen<br />

unglaublichem Output auf seinen digitalen Labels und gehört doch zu<br />

den most underrated Producern der Republik, was vielleicht auch an<br />

seiner Vorliebe für Hyperlimitierung und krude physische Formate liegen<br />

mag. Relativ aktuell sind noch sein auf 15 (!!!) Kopien limitiertes Split-<br />

C60-Tape mit eVADE mit dem Titel „Recycled Tapes Volume 1“ und die<br />

auf 20 Stück limitierte 8“-Lathe-Cut-Single „Pounder“ im rezyklierten,<br />

gestencilten Volksmusikcover. Natürlich prall gefüllt mit astrein produzierter<br />

elektronischer Tanzmusik, die eigentlich für ein größeres Publikum<br />

gedacht sein sollte.<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Außerdem heiß und limitiert – Ostgut Ton 050. 500 7“-Singles<br />

gibt es davon und Popeye, äh, Rummelsnuff macht den EBM-Tanz<br />

unter dem Motto „Ich der Jäger, du der Bär“ während die von Steffis<br />

„Sadness“ inspirierten Shambhu And The Love Hearts alles zwischen<br />

Shoegazer, Indie-Kid und Johnny Cash-Fan zum Träumen bringen.<br />

Ebenfalls Band und sehr zu beachten sind die von Trentemøller<br />

produzierten Darkness Falls mit ihrer neuen Single „Timeline“ auf<br />

HFN Music, vor allem der kongeniale Com Truise Remix erschließt den<br />

Kopenhagener Mädels trotz Vocaleinsatz sicherlich noch einmal eine neue<br />

Fangemeinde. Ähnliches gilt übrigens auch für das Hamburger Electro-/<br />

RavePunk-Label Audiolith, das – während das kommende Frittenbude-<br />

Album schon seine Schatten vorauswirft und für ausverkaufte Konzerte<br />

mit Zusatzterminen in Hamburg, München und sonstwo sorgt – vorher<br />

noch schnell mit Veröffentlichungen von Johnny Mauser und Brazed<br />

in artfremden Gefilden wie DeutschHipHop und Stadium Drum’n’Bass<br />

wildert. Diversifizierung über alles, oder wie ist der Plan jetzt?<br />

85


Mouse On Mars / Die Freude an der Variation<br />

MOUSEONMARS<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Das Funkhaus Nalepastraße in Berlin-<br />

Oberschöneweide ist ein Ort, dessen<br />

Geschichtsträchtigkeit man schon<br />

beim Betreten wahrnimmt. Auf wunderbare<br />

Weise scheinen die denkmalgeschützten<br />

Gebäude ihre eigene<br />

Vergangenheit konserviert zu haben.<br />

Beim Durchschreiten der langen Flure<br />

hat man das Gefühl, in einer anderen<br />

Zeit gelandet zu sein. Der Rundfunk<br />

der DDR war von 1956 bis 1990 hier<br />

ansässig. Heute bietet der Ort Künstler,<br />

Medienschaffenden und Musiker kreatives<br />

Quartier. Eins der vielen Tonstudios<br />

ist seit zwei Jahren die neue Heimat<br />

von Jan St Werner und Andi Toma,<br />

kurz: Mouse On Mars. Denn das einst im<br />

Köln-Düsseldorfer Raum lebende Duo<br />

hat es längst nach Berlin verschlagen.<br />

Dort entstand auch das neue Album<br />

„Parastrophics“, das gerade auf Monkeytown<br />

erschien.<br />

Bei euren Produktionen als Mouse on<br />

Mars hat man oft das Gefühl, dass ihr<br />

unzählige Klänge übereinander schichtet<br />

und viele kleinteilige Sachen erschafft.<br />

Wie schwierig ist es, sich nicht<br />

in Details zu verlieren?<br />

Jan: Es ist ja nicht so, dass jeder Aspekt,<br />

der in unseren Songs passiert, stets auch ein<br />

eigenes Element ist. Meistens sind es Samples,<br />

die in sich diese Komplexität entwickeln.<br />

Das passiert, indem man Teile processt. Aber<br />

das ist dann ein Sound, der teilweise komplex<br />

ist. Wenn er integriert ist und andere Teile dazukommen,<br />

klingt es eben manchmal etwas<br />

voll.<br />

Welchen Anspruch habt ihr denn, wenn<br />

ihr ein neues Album aufnehmt?<br />

Jan: Wir arbeiten im Grunde genommen<br />

hier wie in einem Labor oder in einer<br />

Werkstatt. Irgendwann sammelt sich ein<br />

Haufen Stücke an, der immer ein Bild ergibt.<br />

Da muss man auch erkennen, woran<br />

man die ganze Zeit arbeitet. Dann wird es<br />

immer klarer, es ergibt sich eine Geschichte.<br />

Man erkennt durch die Musik und darüber<br />

hinaus Ähnlichkeiten, Beziehungen, Themen.<br />

Vielleicht auch Strömungen innerhalb<br />

der Zeit, in der man gerade ist. So ein Album<br />

bringt auch stets sehr viel zu uns in<br />

Zusammenhang. Ein Teil davon spiegelt<br />

uns wider, aber es trägt ebenso eine Geschichte<br />

in sich.<br />

Also hat ein Album Tagebuchfunktion?<br />

Jan: Ja, da sind schon bestimmte Momente drin, die wichtig sind. Aber es eher fast losgelöst<br />

von uns persönlich. Wir sehen es als eine Art von Erzählung. Wir sind da Autoren, die im<br />

Sinne der Geschichte das Ding weitererzählen. Wo wir auch erkennen müssen: Das passt jetzt<br />

echt nicht in die Erzählung, oder vom Sound her, oder ist zu aufdringlich oder zu ravig. Oder<br />

wenn man alle Stücke hat und feststellt, dass man es von der Produktion ruhig weicher halten<br />

kann. Dann mischen wir ein paar Sachen einfach noch mal, bis wir das Gefühl haben, dass<br />

es einen roten Faden gibt. So etwas bekommt man nicht von Anfang an hin. Es ist nicht eine<br />

Struktur, sondern viele Aspekte, die man hat. Für uns sind das aber nicht überbordend viele,<br />

denn wir sehen auch die Welt als etwas, das aus einzelnen Elementen zusammengesetzt ist und<br />

nie als etwas Ganzes. Das ist unser Verständnis von Realität.<br />

Habt ihr eigentlich Angst davor, euch zu wiederholen oder die Leute nicht mehr so<br />

zu überraschen wie früher?<br />

Jan: Nein, die Angst haben wir nicht. Ich weiß auch gar nicht, ob wir es so auf Überraschungen<br />

anlegen. Was wir wollen ist, dass man in die Musik richtig einsteigt. Das ist so, wie<br />

mit einer Arschbombe in den Pool zu springen, oder wie ein reichhaltiges Buffet, das genug<br />

von dem, was du magst, anbietet. Und du kannst dann so richtig fressen, bis du satt am Boden<br />

liegst. Wir haben keine Ahnung, was die Leute mit unserer Musik machen und wir wissen<br />

echt überhaupt nicht, wofür sie gut ist. Wir wollen sie nur einfach so ausstatten, dass sie in<br />

sich möglichst ehrlich und möglichst kohärent und so stabil aber auch beweglich gebaut ist,<br />

dass man immer wieder hineinkann und dass sie sich immer wieder anders zusammenbaut.<br />

Langweilt euch denn dann „normale“ elektronische Tanzmusik eher?<br />

Jan: Wenn die Sachen sehr offensichtlich sind und sich immer gleich wiederholen, dann<br />

verlieren wir schon relativ schnell das Interesse. Jedoch gibt es auch Musik, die durch Wiederholung<br />

eine hypnotische Qualität erreicht, die auch geil sein kann. Aber oft sind es die kleinen<br />

Veränderungen, die es wirklich spannend machen. Es ist lustig, denn einerseits findet man so<br />

stoische Beats relativ langweilig, andererseits hält man Jaki Liebezeit für den besten Drummer<br />

der Welt. Er ist ja auch total stoisch, ohne Ausschmückungen.<br />

Vielleicht liegt es bei ihm aber auch daran, dass er aus einer ganz anderen Tradition<br />

kommt?<br />

86


Mouse On Mars / Die Freude an der Variation<br />

Die Freude an der Variation<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Jan: Ich glaube, es ist die Dynamik, die er in jeden einzelnen<br />

Schlag legt, die man spürt. Das ist doch bei allem so. Nicht nur bei Musik.<br />

Auch bei einem mechanischen Gebilde, bei der Malerei, im Theater,<br />

beim Auto – jedes Detail muss so bewusst und so gut gemacht sein, dass<br />

man direkt erkennt: Diese Schraube ist genau da, wo sie sein soll und<br />

es war auch wirklich die beste Schraube, die dafür gefunden wurde. Bei<br />

Jaki ist sozusagen jeder Bassdrumkick und jeder Snareschlag wie der<br />

letzte seines Lebens und auch wie der erste. Bei Maschinen, die Dinge<br />

automatisch ausführen, ist manchmal das Problem, dass man sich<br />

fragt, ob man in der Warteschleife hängt, ob sich was aufbaut, oder ob<br />

nur der Zustand gehalten werden soll. Da tröpfelt die Euphore dann<br />

raus. Es gibt aber auch minimalistische Sachen, die extreme Energie<br />

haben. Für uns als Mouse on Mars ist die Variation eine Herausforderung.<br />

Mit einer Dichte und Intensität und natürlich auch Wiederholung.<br />

Aber gerade die Variation gefällt uns. Wenn man meint, es ist das<br />

gleiche, aber es ist dann doch einen Tick anders. Das ist so eine Freude,<br />

die man hat, wenn sich die Dinge verändern.<br />

Welchen Einfluss hat denn live das Publikum auf euch?<br />

Jan: Ich hatte kürzlich ein Gespräch mit Kristof Schreuf. Der hat<br />

auch so seine Geschichte in der Hamburger Schule mit Kolossale Jugend<br />

war aber immer ein speziellerer Typ. Er macht jetzt solo Musik.<br />

Ein ganz brillianter Kopf und toller Typ. Er meinte nun, er spiele ganz<br />

viele Soloshows nur noch mit Gitarre. Am Anfang fühlte er sich was<br />

unwohl dabei, mittlerweile hat er sich daran gewöhnt. Was er aber toll<br />

findet ist, dass ihm so immer wieder etwas einfällt, womit er vorher<br />

selbst nicht gerechnet hätte. So dass der Abend ganz anders wird, als<br />

angenommen. Wenn er auf der Bühne merkt, dass es nicht ausgemacht<br />

ist. Alles kann sich ändern. Das ist der Moment, den man immer sucht.<br />

Ab heute kann alles anders werden. Du hast einen Zusammenbruch,<br />

du wächst über dich selbst hinaus ... Es kann alles passieren. Und das<br />

überträgt sich auf das Publikum. Diese Spannung, dass es der geilste<br />

Abend wird, den man je hatte, den suchst du. Wenn du ein gutes Publikum<br />

hast, dann fordert es das auch. Deshalb klingt der Sound auch<br />

jeden Abend anders, weil du immer mit dem Publikum arbeiten musst.<br />

Das ist etwas, womit sich elektronische Musik leider etwas schwer tut,<br />

wenn die Kreise der Klangerzeugung geschlossen sind. Sobald du aber<br />

ein Mikrofon hast, öffnet sich alles in Richtung Raum. Damit wird<br />

diese Geschlossenheit aufgebrochen. Es kann ein Pick-up einer Gitarre<br />

sein, oder ein Mikrofon, das den Raum aufnimmt.<br />

… was zum Beispiel Matthew Herbert erfolgreich praktiziert.<br />

Jan: Genau. Deswegen funktioniert es ja. In dem Moment, in<br />

dem du nur ein bisschen vom Raum hast, der durch alle, die drin<br />

sind, mitgestaltet wird. Jeder Kopf, jeder Körper verändert ihn mit.<br />

Das ist ultraein, aber das darf man nicht unterschätzen. Auch das<br />

bezieht sich wieder darauf, ob wir viele Details sehen und uns darin<br />

verlieren. Wir akzeptieren einfach eine sinnliche Wahrnehmung. Du<br />

berührst zum Beispiel mit dem Finger das Knie einer schönen Frau.<br />

Klar, es ist nur die Fingerkuppe auf das Knie gekommen, aber was<br />

da gleichzeitig abgeht. Deine Fantasie spielt verrückt, du denkst: Oh<br />

Gott, was denkt die Person.? Was denkst du was sie denkt ... Das<br />

zischt alles ab, obwohl es nur ein Mini-Moment war. Und so ist es<br />

auch, wenn ein Mikrofon greift. Man kann damit so viel machen,<br />

es gibt eine riesige Bandbreite an Möglichkeiten. Du kannst den<br />

ganzen Raum alleine durch Feedbacks zum Knallen bringen. Oder<br />

durch bestimmte Frequenzen, die du hervorhebst. Das ist es, was wir<br />

auch versuchen, wenn wir spielen. Wir suchen dann den Moment,<br />

in dem alle loslassen und sich alles von alleine bewegt. Wenn das<br />

Publikum uns zeigt, wo es langgeht. Da ist so ein Euphoriemoment,<br />

den wir mögen: Ihn lange halten, kleine Ecken und Kerben hineinmachen,<br />

von hinten nochmal rangehen und extraklein vielleicht<br />

noch was Euphorie draufschieben oder mal unterbrechen. Das wird<br />

einfach immer irrer. Wenn man darüber nachdenkt, versteht man<br />

nicht wie es funktioniert. Wenn man nicht darüber nachdenkt, geht<br />

plötzlich alles. /<br />

Benedikt Schmidt<br />

87


Maschinenraum<br />

BIT-WAS? BITWIG!<br />

Software Studio im Beta-Testbetrieb<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Es wird wieder ein wenig enger im Software-musikalischen<br />

Berlin. Denn eine internationale Mannschaft<br />

junger Entwickler macht sich derzeit daran,<br />

“die nächste Stufe in der Computermusik-Evolution”<br />

zu erklimmen. Tatsächlich sind wesentliche Teile der<br />

2009 gegründeten Bitwig-Crew Fleisch vom Fleische<br />

einer bereits bestehenden Kult-Company. Und bei<br />

erster Betrachtung der für intuitive Realtime-Performances<br />

ausgelegten Applikation drängen sich Parallelen<br />

zu Ableton Live geradezu auf.<br />

So wird beim Bitwig Studio dem „Clip“-Prinzip mit<br />

weitreichender Bearbeitung eine entscheidende Rolle<br />

zukommen. Ebenso lassen sich jedoch virtuelle (z.B.<br />

VST)-Instrumente und Effekte einbinden oder, ähnlich<br />

NI Reaktor, eigene Klangerzeuger modular verschalten.<br />

Was die Sache zudem wirklich spannend<br />

macht, ist das Vorhaben, einen Multi-User-Modus<br />

über LAN einzurichten, so dass Musiker gemeinsam<br />

an einem Track jammen können. Sowohl physisch lokal.<br />

Aber auch über das Internet virtuell global. Ein<br />

Veröffentlichungszeitpunkt des übrigens auch auf<br />

Linux-Systemen lauffähigen Neulings ist zwar noch<br />

nicht genannt. Die Beta-Testphase aber läuft bereits.<br />

Eine Einladung beantragen könnt ihr auf der Homepage<br />

www.bitwig.com<br />

WALDORF PULSE 2<br />

And the bleep goes on<br />

Brett, bretter, the brettest. Ungefähr so lautete im letzten Jahrtausend<br />

die Steigerungsform für strammen Techno. Ab 1996<br />

gingen nicht wenige der Tracks auf die analoge Kraft des<br />

Waldorf Pulse zurück. Ein vergleichsweise günstiges, monofones<br />

Dreckstück, bei dem schon die Preset-Sounds<br />

praktisch mit jedem Schuss einen Volltreffer lieferten. Im<br />

Weiteren schließlich editier- und speicherbar über ein intelligentes<br />

Matrixkonzept. Zehn Jahre nachdem der letzte Pulse das<br />

Produktionsband verließ, folgt in diesem Sommer der Nachfolger<br />

„Pulse 2“. Deutlich schicker als der Rackknüppel damaliger Tage<br />

zeigt sich das Gerät im Waldorf-aktuellen Desktop-Design und lässt<br />

sich auch über USB ins Setup integrieren. Kompromisslos retro ist<br />

der deutsche Kulthersteller indes beim Klang geblieben. Denn mit<br />

drei echt analogen Oszillatoren und Noise Generator läuft der monofone<br />

Beißer tatsächlich zur alten Hochform auf. Kaskaden-Filter<br />

(24-/12-dB LP und 12-dB HP/BP) sowie Filterfrequenz- und Ring-<br />

Modulation machen auch den „2er“ zum echten Freudenspender<br />

für Klangformer. Die Zahl an Soundprogrammen wurde folglich<br />

fast verzehnfacht, sogar Vier- bzw. Achtstimmigkeit kann der Synth<br />

dank „Paraphonic“-Mode zumindest simulieren. Monofonie ohne<br />

jede Monotonie für 549 EUR. www.waldorfmusic.de<br />

JOMOX MOONWIND<br />

Alien Sex Sound<br />

Ob der Jomox-Mastermind Jürgen Michaelis nun tatsächlich die<br />

Mond-Verschwörung, den gleichnamigen Science-Fiction-Roman<br />

oder doch noch etwas ganz anderes im Sinn hatte, wird er uns bestimmt<br />

noch verraten. „Moonwind“ jedenfalls betitelt sein neues<br />

Klangerzeugerkonzept, das er auf jüngst der NAMM-Show im kalifornischen<br />

Anaheim präsentierte.<br />

Im Grundsatz ist die dunkle Kurbelkiste ein echt analoges(!)<br />

Stereo(!!)-Filter, das wie ein Instrument über MIDI gespielt sowie<br />

mittels internem Stepsequencer manipuliert werden kann. Treibt<br />

man die Multimode-Filter (LP, HP, BP, Notch) bis zur Selbstoszillation,<br />

lassen sich durch das entstehen Pfeifen gar wundersam<br />

spacige Melodien erzeugen. Pro Sequencerschritt können , Q sowie<br />

Resonance separat eingestellt werden, global ergänzt um eine digitale<br />

FX-Einheit mit 15 hochwertigen Algorithmen plus Noise und<br />

analogem Effekt-Feedback. Sämtliche Veränderungen lassen sich<br />

übrigens aufzeichnen und mit Undo auch direkt am Gerät wieder<br />

löschen.<br />

Schon im April wird uns Jomox mit diesem hoch stabilen Himmelsstürmer<br />

zum bislang nicht näher genannten Preis beglücken. Oder,<br />

um sich noch einmal den gelallten Worten Nik Fiends zu nähern: “I<br />

think I need this E.S.T., or a trip to the moon“ www.jomox.de<br />

88


Maschinenraum<br />

GEMINI GIBT GAS<br />

Neue PS-Serie verspricht Spaß<br />

ARTURIA MINIBRUTE<br />

Franko-analoge Rotznase<br />

Sollte man eine Abhandlung darüber schreiben, wie sich über die<br />

Jahre ein Trend von der Software zurück (oder vor?) zur Hardware<br />

vollzogen hat, bildete Arturia das perfekte Beispiel. 1999 mit respektablen<br />

Software-Emulationen legendärer Synthesizer gestartet, ist<br />

der Hersteller jetzt sozusagen komplett in der harten Realität angekommen.<br />

Denn mit dem „Minibrute“ kündigen die Franzosen ihr<br />

erstes, echt analoges Synthesizermodell an. Ausgestattet unter anderem<br />

mit einem legendären 1970ies Multimode-Filter nach Steiner-<br />

Parker, OSC-Wellenformmischer sowie zwei Hüllkurvengeratoren<br />

und LFOs soll der Monofonist nicht zuletzt aufgrund des ganz speziellen<br />

„Brute FactorTM“ klanglich ordentlich Dreck am Stecken<br />

haben. Dank 2-Oktaven-Klaviatur und Metallgehäuse macht der<br />

Arturia-Neuling auch in Live-Umgebungen eine überaus gute Figur.<br />

Wir werden uns den 499 EUR-Rüpel jedenfalls in Kürze mal<br />

vorknöpfen. www.arturia.com<br />

Huch! Dass die Hersteller<br />

ihre Tools derzeit wieder<br />

generell bevorzugt in<br />

schlichtem schwarz präsentieren,<br />

wirkt wie eine<br />

geschmackvolle Reminiszenz<br />

an die (gefühlt) gute<br />

alte Zeit. Dennoch ist es<br />

frappant, wie sehr die jetzt<br />

angeschobene Mixer-Reihe<br />

„PS“ der der (verbürgt)<br />

guten alten „UMX“-Zeit<br />

gleicht. Zur Erinnerung:<br />

2002 veröffentlicht, waren<br />

einstellbare CF-Kurven,<br />

Hamster-Switches oder kontaktlose VCA-Fader der technisch allerletzte<br />

Schrei. Die voraussichtlich ab Ende März erhältliche PS-Flotte<br />

besteht aus den Modellen 1 bis 4, welche sich in den analogen Ausstattungsmerkmalen<br />

unterscheiden. So bildet der kompakte Zweikanaler<br />

PS-1 mit 2-Band-EQ das lediglich 79 EUR kostende Einstiegsmodell,<br />

gefolgt von den Battle-Varianten PS-2 und PS-3 (119 bzw. 129 EUR),<br />

welche sich dank der Phono-Eingänge, 3-Band-EQs, Record-Ausgänge<br />

und des wechselbaren Rail Glide-Crossers besonders in klassischen<br />

Turntable-Setups sinnvoll einbinden lassen. Der PS-4 (199 EUR) bildet<br />

schließlich das Top-Modell mit Cut-EQs, üppig ausgestatteten Kopfhörer-<br />

und Mikrofonsektionen sowie Record- und XLR-Master-Ausgang.<br />

Einen Sonderfall stellt noch der PS-3 USB zum Preis von 159 EUR dar,<br />

der über eben jenen Digitalport das gleichzeitige Einspielen und Aufnehmen<br />

von digitalem Musikmaterial mittels Computer erlaubt.<br />

www.geminidj.com<br />

3


Gefechtsstation / SNM Cacophonator II<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

SNM CACOPHONATOR II<br />

Wiener Kunstblut<br />

Wir sind ja immer ganz froh, wenn Musiker<br />

ihre Sache selbst in die Hand nehmen.<br />

Auf dem Klo sowieso. Aber eben auch was<br />

die Tool-Entwicklung betrifft. So ist es<br />

keineswegs mehr nur in Teilen E-Technikstudierender<br />

Kreise zum Sport geworden,<br />

aus Standard-Komponenten eigene Klangerzeuger<br />

zu zimmern. Möglichst günstig.<br />

Möglichst krank. Sowohl im Aussehen wie<br />

auch im Klang.<br />

Ein kleiner Do-It-Yourself-Kult hat sich<br />

inzwischen um einen handelsüblichen<br />

CMOS-Chip des Typs 40106 entwickelt.<br />

Dieser besteht aus sechs sogenannten<br />

„Schmitt Triggern“, die in ihrer analogen<br />

Urform bereits 1934 vom US-Wissenschaftler<br />

Otto H. Schmitt entwickelt wurden.<br />

Heute ist die digitale Variante als eben<br />

jenes CMOS 40106-Bauteil für Centbeträge<br />

im Fachhandel erhältlich und lässt<br />

sich mit RC-Gliedern zu einem Sechsfach-<br />

Oszillator verschalten, der Rechteckfrequenzen<br />

zu Gehör bringt.<br />

Die Grundidee, dieses Bauteil in einen manipulierbaren<br />

Effektsynth zu verwandeln,<br />

wurde 2006 von den Amerikanern Art Harrison<br />

und Kevin Buckholt umgesetzt und<br />

„Cacophonator“ (Cacophony +Oszillator)<br />

getauft. Der Wiener Künstler Alexander<br />

Renner aka Sascha Neudeck erweiterte<br />

schließlich das Konzept und stellt seinen<br />

„Cacophonator II“ seitdem von Hand in<br />

seiner Einmannfirma „SubtleNoiseMaker“<br />

(SNM) her.<br />

Obwohl der Bastard kaum etwas beinhaltet<br />

und nicht wirklich viel kann, macht die<br />

Arbeit mit dem robusten Kiloklotz diebisch<br />

viel Spaß. In diesem Zusammenhang sei erwähnt,<br />

dass das Aluminium-Chassis bei der<br />

aktuellen Version nicht mehr mit Weißlack<br />

überzogen ist, sondern, passend zum Klang,<br />

Rohmetall-blank daher kommt. Jeweils ein<br />

Mono-Klinke-In und- Out müssen als Audioanschlüsse<br />

reichen, für die Betriebsspannung<br />

sorgt ein 9 Volt-Standardnetzteil oder<br />

aber eine entsprechende Blockbatterie.<br />

Kein Display, kein Steuerung über MIDI<br />

oder CV/Gate, dafür 10 unbeschriftete Potis<br />

sowie fünf Kippschalter verdeutlichen<br />

bereits: hier wird mehr experimentiert denn<br />

gezielt musiziert. Tatsächlich entwickelt der<br />

kleine Caco II bereits ohne Anschluss eines<br />

externen Signals sofort ein synthetisches<br />

Eigenleben, wie es Fans des gesittet ungesitteten<br />

Square Wave-Sounds bislang nur<br />

in ihren unanständigsten Träumen erlebt<br />

haben dürften. Mal magenumdrehend tieffrequent,<br />

dann wieder herrlich kristallin,<br />

durchaus verzerrbar, aber stets mit diesem<br />

gewissen futuristischen LFO Bleep-Tech-<br />

Flair versehen.<br />

Die Bedienungsanleitung reduziert sich<br />

auf die tabellarische Zuordnung der Drehregler<br />

und Schalter. So unter anderem<br />

für die Eingangslautstärke und Modulation<br />

sowie Oszillatoren-Tonhöhe, auch<br />

lassen sich die Geschwindigkeit und das<br />

Rückkoppelungsverhalten separat regeln.<br />

Höchst Ergebnisse lassen sich ferner erzielen,<br />

wenn man die einwirkende Spannung<br />

mittels zugewiesenem Poti verändert oder<br />

mittels Dreipunktschalter das RC-Glied<br />

manipuliert.<br />

Bevor man dazu übergeht, externe Klänge<br />

wie Drumloops oder Bassfiguren durch den<br />

Quader zu jagen, sollte man sich ausgiebig<br />

mit dessen internen Klangverhalten beschäftigen.<br />

Denn bereits hier führen kleinste<br />

Eingriffe nicht selten zu drastischen,<br />

nicht immer vorhersagbaren Klangveränderungen.<br />

Was vor allem in der sozusagen<br />

inzestuösen Schmitt Trigger-Verschaltung<br />

begründet liegt. Genau dieses gerade noch<br />

kontrollierbare Zufallsprinzip innerhalb<br />

bestimmter klanglicher Grenzen macht jedoch<br />

den besonderen Reiz des Cacophonator<br />

II aus. Und war nicht zuletzt auch der<br />

Grund, warum SubtleNoiseMaker- Ingenieur<br />

Sascha Neudeck vom gelangweilten<br />

Laptopmusiker zum selbst lötenden Hardwarefummler<br />

geriet.<br />

Wer einen Schoßhund als Klanggenerator<br />

oder Filterbox sucht, ist mit dem Cacophonator<br />

II eher schlecht bedient. Er macht<br />

weder auf Kommando Männchen noch<br />

schleckt er einem das Gesicht. Er gleicht<br />

eher einem streunenden Kater mit eigenem<br />

Willen und starken Charakter, den es<br />

immer wieder neu zu bändigen gilt. Für<br />

furchtlose Katzenliebhaber, Live-Musiker<br />

und Klangforscher ist der Caco II vor allem<br />

eins: Da Real Shit. /<br />

mat-cat<br />

SubtleNoiseMaker Cacophonator II<br />

Hand Made Hardware Synthesizer/Filterbox<br />

Klangerzeugung: CMOS 40106 Bauteil (6 x Schmitt<br />

Trigger Square Wave)<br />

Anschlüsse: 1 Klinke-In, 1 Klinke-Out<br />

Drehregler: Input Volume, Current Level, Speed,<br />

2 x Modulation, 3 x Osc Pitch, Feedback, Output<br />

Volume<br />

Kippschalter: 4 x Kondensator-Switch, Input-Cut,<br />

Druckschalter: Bypass<br />

Preis: 289 EUR<br />

Hier ein garstiges<br />

CMOS-Tier 40106<br />

www.sascha-neudeck.com / www.schneidersladen.de<br />

90


FAZE im Abo<br />

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Großstadtmärchen 2<br />

4. Gunslingers and<br />

Greenhorns<br />

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FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

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91


FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Gefechtsstation / Numark N4<br />

NUMARK N4<br />

All In – Alles auf eine Karte<br />

Am Beispiel der Traditionsmarke<br />

Numark ist besonders interessant zu<br />

beobachten, wie die Tool-Hersteller<br />

generell mit immer neuen Controllervariationen<br />

um die DJ-Gunst buhlen,<br />

indem sie zwar einerseits dem Wunsch<br />

nach klassischer Handhabe weiterhin<br />

nachzukommen suchen, gleichzeitig<br />

die Arbeitsweise jedoch immer weiter<br />

abstrahieren. Machte man jedenfalls<br />

ein Daumenkino von den Numark-<br />

Katalogen der jüngeren Jahre, könnte<br />

man wie im Zeitraffer nachverfolgen,<br />

wie das monströse N7-Konzept mit<br />

seinen rotierenden Jogwheels auf den<br />

N6 zusammenschmolz, um jetzt als<br />

N4-Derivat neuerlich Aufmerksamkeit<br />

zu sorgen.<br />

DJs stehen ja unvermindert unheimlich<br />

auf Tools, die komplett aus Metall gefertigt<br />

sind. Denn Metall verheißt eine<br />

Lebensdauer bis weit über den eigenen<br />

Legenden-Tod (oder zumindest die heikle<br />

27) hinaus. Selbst wenn es schwergewichtiger,<br />

leitfähiger und vor allem<br />

teurer als Kunststoff ist, bleibt Metall<br />

unauslöschlich konnotiert mit Qualität<br />

und Stabilität. Aber sagen wir, wie es ist:<br />

Moderate Stöße übersteht Kunststoff<br />

im Regelfall so unbeschadet wie Metall.<br />

Und wenn ein elektronisches Gerät<br />

herunterfällt, geht es halt kaputt. Ob es<br />

dann aufbiegt oder zerbricht, ist relativ<br />

schnurz. Wichtig scheint lediglich, dass<br />

man im Vorfeld die entscheidenden Euro<br />

gespart hat, um nun seinen Frust ertränken<br />

zu können. Was wieder deutlich für<br />

Plastik spricht.<br />

So waren wir auch nicht erschüttert,<br />

als uns der N4 beim Entblättern seinen<br />

Kunststoffkorpus entgegen reckte. Eher<br />

waren wir im Hinblick auf die Mobilität<br />

ob der knapp drei Kilogramm Gesamtgewicht<br />

ziemlich erleichtert. Auch was<br />

die Abmessung betrifft, liegt der N4 mit<br />

seinen rund 60 x 30 x 6 cm prinzipiell<br />

goldrichtig. Kleiner wäre aufgrund der<br />

zahlreichen Features zu unübersichtlich<br />

und bedienungsfeindlich, ein wenig größer<br />

nur, und der Numark-Neuling verdiente<br />

das Urteil sperrig. Die luxuriöse<br />

All-In-One-DJ Kanzel mit Discokugel<br />

im Streichholzschachtelformat bleibt<br />

also weiterhin eine Fata Morgana, der<br />

zwar alle hinterherrennen, die bei logisch<br />

kühler Betrachtung aber gar nicht<br />

umsetzbar ist.<br />

In Anbetracht dessen macht der N4<br />

eine überaus gute Figur. Denn die Anschlusssektion<br />

deutet bereits darauf hin, dass Numark seinen Controller,<br />

wie schon den N6, als nach möglichst vielen Seiten geöffnete Schaltzentrale<br />

versteht. Rückseitig warten neben dem USB-Port zwei vergoldete Cinch-Eingänge<br />

auf Anschluss. Hier können nicht nur Line- sondern auch klassisch analoge Phono-<br />

Signalgeber angeschlossen werden. Ausgangsseitig sorgen neben unsymmetrischen<br />

Master- und Booth-Ausgängen zusätzliche XLR-Outs bei Vollprofis für freudiges<br />

Zungeschnalzen. Was die Scholle wirklich besonders macht, ist die Option, sie durch<br />

einen Umschalter am Hinterleib Timecode-fähig und somit Serato Scratch- kompatibel<br />

zu machen. Im Lieferumfang enthalten ist dagegen Serato DJ Intro als Einsteiger-Version<br />

sowie Virtual DJ, mit dem sich die kompletten vier möglichen Decks des<br />

N4 zum Leben erwecken lassen.<br />

Extrem gut durchdacht und nicht zuletzt dank der fruchtigen Beleuchtung selbst<br />

für Einsteiger sehr schnell zu begreifen ist die Bedienoberfläche der Konsole.<br />

Rechts und links sehnen sich die identisch aufgebauten Playerseiten nach Berührung,<br />

übergangslos mittig eingesetzt ist der Vierkanalmixer mit entsprechenden<br />

Line-Fadern und abschließendem Crosser. Ein klassischer Aufbau, bei dem die<br />

3-Band-EQs bis zum Signal-Cut reichen und die Potis und Fader haptisch durchaus<br />

im Mittelfeld mitspielen. Wir machen uns im Gegensatz zu den Bedienelementen<br />

des N4 also locker, denn tatsächlich ist es noch gar nicht ewig lange her,<br />

da schabten selbst Spitzen-DJs an Oberklassen-Tools mit weit minderwertigeren<br />

Komponenten herum. Wirklich angetan sein darf man von den drucksensitiven<br />

Jogwheels. Denn diese liegen ausgesprochen angenehm in der Hand, lassen sich<br />

sämig führen und machen jedes Beatmatching zur Wonnetat. Ob gerade ein Club-<br />

DJ jemals die Option auf doppelte Mikrofon-Nutzung oder Scratch-Fader Curve<br />

zieht, ist eher fraglich. Ebenso dürften bei einem Großteil unserer Leser die über<br />

eine Umschalttaste erreichbaren Video-Fade-Funktionen kaum von gesteigertem<br />

Interesse sein.<br />

Anders die Sample- und FX-Steuerungsmöglichkeiten. Hier vermag der Controller<br />

über 2 x 4 Endlosdrehregler Effekt-Parameter und Sample-Parameter zu steuern.<br />

Welche das genau sind, wird natürlich über die genutzte DJ-Software definiert. Voreingestellt<br />

sind, da Numark-Mitgift, wiederum Virtual DJ und Serato DJ, wobei für<br />

letztere eine Schablone mit der entsprechenden Beschriftung mitgeliefert wird. Für<br />

NI Traktor existiert inzwischen ebenfalls ein komplettes Mapping – wir haben diese<br />

Kombination nicht ausprobiert, gehen aber einfach mal davon aus, dass sie anstandslos<br />

funktioniert. In der Effektsektion untergebracht sind weiterhin die einfach zu<br />

bedienenden Loop- und Cue-Funktionen, enttäuscht hingegen wird, wer nach Hot<br />

Cue-Action giert: ein solcher Button ist nicht vorhanden.<br />

www.numark.com<br />

92


Aber das ist auch der einzige Fauxpas, den sich Numark<br />

erlaubt. Ansonsten lockt der N4 mit einem wohl<br />

durchdachten Konzept, das als Symbiose aus Software-Controller<br />

und DJ-Mixer prächtig funktioniert.<br />

Er lässt sich online wie offline betreiben und bietet<br />

dank seines übersichtlichen Designs mit statusabhängiger<br />

Vielfarbillumination DJ-Neulingen einen perfekten<br />

Einstieg. Was aber, und das sei ausdrücklich<br />

betont, den Einsatz des N4 als mindestens semiprofessionelles<br />

Werkzeug keinesfalls ausschließt. Der anständige<br />

Klang, die XLR-Outs und das hervorragende<br />

Latenzverhalten unterstreichen diesen Anspruch. So<br />

erhält man für ein Drittel des Preises nahezu Zweidrittel<br />

N6. Wir wagen provokant zu behaupten: Mehr<br />

braucht kein Mensch. Alles darüber hinaus gehende ist<br />

eigentlich schon DJ-Chichi und Image-Bling-Bling. So<br />

setzt Numark anschlussseitig alles auf eine Karte. Und<br />

der User gewinnt. /<br />

mat-cat<br />

Numark N4<br />

4-Deck Controller und DJ-Mixer (funktioniert auch ohne Computer)<br />

Eingänge: 2 x CD / Turntable, 2 x Mic<br />

integriertes USB-Audio Interface mit symmetrischen Ausgängen<br />

berührungsempfindliche Jogwheels<br />

Digitalmixer mit EQ, Loop und Effektsteuerung<br />

Software Virtual DJ LE und Serato DJ Intro im Lieferumfang<br />

enthalten<br />

Timecode-Integration<br />

UVP 479 EUR<br />

93


Rausgehen<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

DIE NACHTEULEN ON TOUR<br />

03.–31.03.12, Vodafone Night Owls in Köln, Hamburg und<br />

Dresden<br />

LineUp: Martin Solveig (Köln), Dapayk vs. Koze (Hamburg),<br />

Oliver Ingrosso vs. Sebastien Drums (Dresden)<br />

Unter dem Motto „Clubbing 2.0“ sorgten die Nachteulen auch beim<br />

zweiten Durchgang der Clubtour für ausverkaufte Läden und begeistertes<br />

Publikum: nach Stopps in München (mit Sebastien Drums),<br />

Berlin (Moguai), Nürnberg (Tube & Berger) , Düsseldorf (Tiefschwarz)<br />

und Frankfurt (Nervo) geht es im März nach Köln, Hamburg<br />

und Dresden.<br />

Wie bisher gibt euch Vodafone dabei die Möglichkeit abzustimmen,<br />

welcher der beiden DJs aus dem Online-Voting für euch an den Turntables<br />

der jeweiligen Party stehen soll. Für das Event im Kölner Bootshaus<br />

setzen die Nachteulen das Voting allerdings einmalig aus: Gegen<br />

das magische Dreieck aus Superstar Martin Solveig, Richard Grey und<br />

Danny Avila wäre wohl ohnehin kein Kraut gewachsen. Wem der Weg<br />

nach Köln zu weit ist, der kann die Night Owls an der Alster erleben.<br />

Für Hamburg stellen sich Lokalmatador DJ Koze und Dapayk<br />

zur Wahl, abgestimmt werden kann hier noch bis zum 07.03. Für den<br />

letzten Stopp der Tour am 31.03. im Dresdner Kraftwerk haben dann<br />

die Elbflorenz-Nachteulen die Wahl zwischen Oliver Ingrosso und Sebastien<br />

Drums.<br />

Natürlich haben die Night Owls auch eine App für eure Mobile Phones<br />

am Start. Neben der Möglichkeit, mit dem In-App Kauf der günstigeren<br />

Mobile Ticket auf der Fastlane schneller in den Club zu gelangen,<br />

können sich alle Nachteulen auch über die App bei Facebook einchecken<br />

und kostenlose Drinks abstauben. Und wenn die Party dann vorbei<br />

ist, sagt euch die App auch noch, wo es noch was zu beißen gibt<br />

und wie ihr am besten nach Hause kommt.<br />

03.03.12 | Bootshaus, Köln: Martin Solveig, Richard Grey, Danny Avila<br />

10.03.12 | Uebel & Gefährlich, Hamburg: Dapayk vs. DJ Koze<br />

31.03.12 | Kraftwerk, Dresden: Oliver Ingrosso vs. Sebastien Drums<br />

www.facebook.com/vodafonenightowls<br />

BUTAN WUPPERTAL<br />

Der März wird heiß<br />

Der März ist im Wuppertaler Butan Club – mal wieder – kein normaler<br />

Monat, denn neben dem üblich Wahnsinn werden zugleich auch<br />

noch einige Geburtstage gefeiert. Am 16.03. zelebriert die Reihe „Hart<br />

aber Herzlich“ ihr viertes Jubiläum, und am selben Abend begeht auch<br />

Clubchef Tobi Wicht seinen Jahrestag. Als Gratulanten haben sich<br />

u.a. DJ Murphy und die Brachialen Musikgestalter angekündigt. Aus<br />

der Reihe fällt definitiv das letzte Wochenende des Monats, denn das<br />

steht ganz im Zeichen des Neon. Zu sehen und zu erleben gibt es u. a.<br />

Visagisten, überdimensionale UV-Deko und zwei abgefahrene Eventformate.<br />

Ein wahres Highlight geht aber bereits am 02.03. über die<br />

Bühne. Der Knupserklub bringt euch Strip Steve und Das Glow von<br />

Boys Noize Records. Eine Woche später beehrt Drumcell den „Sound<br />

of Butan“ – zweifelsohne das Zugpferd des Clubs. Dies sind nur wenige<br />

der Highlights im März. Ebenso der Ausblick auf den April lässt<br />

die Vorfreude steigen. Chris Liebing wird mit seinem Label CLR traditionell<br />

den Club einnehmen und seine geschätzte Definition von<br />

straightem Techno wiedergeben – dies sogar mit einem XXL-Set.<br />

HIGHLIGHTS<br />

02.03.12 | Knusperklub mit Strip Steve & Das Glow<br />

09.03.12 | Sound of Butan feat. Drumcell<br />

16.03.12 | Hart aber Herzlich Birthday mit DJ Murphy & BMG<br />

23.03.12 | Sound of Poison feat. Da Hool<br />

www.butanclub.com<br />

94


Rausgehen<br />

LIVE<br />

BRANDT BRAUER FRICK<br />

“Mr. Machine”-Tour<br />

Komponierter Techno auf Tour; der Name ein Zungenbrecher, die<br />

Musik ein spannender Mix aus Techno, Jazz und Neue Musik. Brandt<br />

Brauer Frick konnten schon im vergangenen Jahr bei einigen Live-<br />

Terminen mit ihrem aktuellen Album „Mr. Machine“ im Gepäck<br />

überzeugen. Nun geht es für das Trio ein weiteres Mal auf Tour durch<br />

Deutschland. Insgesamt erwarten euch in den kommenden drei Monate<br />

sechs Termine.<br />

02.03. | Volkspark, Halle<br />

03.03. | Gretchen, Berlin<br />

13.04. | Popsalon, Osnabrück<br />

14.04. | Club Hamburg, Hamburg<br />

05.05. | Halle 02, Heidelberg<br />

18.05. | Robert Johnson, Offenbach<br />

www.brandtbrauerfrick.de<br />

TILL VON SEIN und &ME<br />

17.03.12 | Artheater, Ehrenfeldgürtel 127, Köln | Ab 23 Uhr<br />

LineUp: Till von Sein, &ME, Dennis Herzing, Kanat, Jan Bröhmer,<br />

Wollion u.a.<br />

An diesem Samstag treffen die Partyreihen Solar aus Köln und Plattenspiel<br />

aus Dortmund im Artheater aufeinander und präsentieren<br />

euch mit Till von Sein und &ME zwei der begehrtesten Künstler von<br />

Suol und Keinemusik. Neben massivem Sound aus der Hauptstadt<br />

wird aber auch wie gewohnt auf heimische Klänge gesetzt. Die Dortmunder<br />

Jan Bröhmer und Dennis Herzing leisten b2b auf dem Mainfloor<br />

Support, während Warehouse-Kandidat Kanat und Chris Di Perri<br />

von Solar im Keller für super Stimmung sorgen. Und auch Wollion,<br />

FAZE-Redakteur, 102-Resident und Break New Soil-Artist, wird kein<br />

Stein auf dem anderen lassen.<br />

www.solar-sound.de<br />

www.plattenspiel.com<br />

LIVE<br />

DEICHKIND<br />

“Befehl von ganz unten“-Tour<br />

Ab sofort könnt ihr Deichkind endlich wieder live erleben. Und ja,<br />

„erleben“ ist auf jeden Fall das richtige Wort für das, was euch erwarten<br />

wird. Monatelang haben sie die neue Bühnenshow ausgetüftelt,<br />

die neben vielen festen Bestandteilen aber natürlich immer ebenso viel<br />

Platz für spontane Aktionen lässt. Seid also bereit, wenn Deutschlands<br />

Spaß-DADA-Krawall-Band No. 1 in eure Gegend kommt, weil sie<br />

gnadenlos ihrem Befehl von ganz unten Folge leisten wird.<br />

02.03. | Bielefeld, Ringlokschuppen<br />

03.03. | Dortmund, Westfalenhalle<br />

05.03. | Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle<br />

06.03. | Frankfurt, Jahrhunderthalle<br />

uvm.<br />

Mehr Infos, alle Städte und Tickets unter:<br />

www.deichkind.de<br />

TURNTABLEROCKER<br />

10.03.12 | the attic, Königsallee 1, Düsseldorf | Ab 23 Uhr<br />

LineUp: Turntablerocker, DJ Frizzo, DK Pimps, Theo Fitsos<br />

Die Eventreihe „There’s no Guestlist tonight!“ geht in ihre nächste<br />

Runde. Bisherige Gäste wie Tom Novy, Plastik Funk, Mario da Ragnio,<br />

Julian Smith, Lazo, Savi, Micky Tiger uvm. haben die Gäste des<br />

the attic in der Vergangenheit schon ordentlich in Stimmung gebracht.<br />

Nun kündigt sich am Samstag, den 10.03., eine weiteres Highlight an:<br />

Nach längerer Abstinenz veröffentlichen die Turntablerocker Ende des<br />

Monats nämlich ein neues Album “einszwei”, und sicherlich Auszüge<br />

aus diesem sowie noch vieles mehr werden Michael „Michi“ Beck und<br />

Thomas „Thomilla“ Burchia an diesem Abend dem geneigten Publikum<br />

präsentieren.<br />

www.theattic-club.com<br />

www.nachtagenten.de<br />

95


Rausgehen<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

LIVE<br />

SBTRKT LIVE<br />

06.03.12 | Gloria Theater, Apostelnstr. 11, Köln | Ab 20 Uhr<br />

TIME WARP & JETZTMUSIKFESTIVAL 2012<br />

31.03.12 | Maimarkthallen, Mannheim<br />

LineUp: Sven Väth, Richie Hawtin, Carl Cox, Loco Dice, Laurent<br />

Garnier pres. L.B.S., Steve Lawler, Ricardo Villalobos,<br />

Magda, Ben Klock, Marcel Dettmann, Chris Liebing, Marco<br />

Carla, Monika Kruse, Adam Beyer, Extrawelt, Paul Ritch, Pan-<br />

Pot, Felix Kröcher, Dubfire, tINI, Robert Dietz, Visionquest,<br />

John Digweed, Kevin Saunderson, Aka Aka feat. Thalstroem,<br />

Nick Curly, Karotte, Dorian Paic, DJ Rush uvm.<br />

Nach vielen Jahren der Entwicklung zählt das mittlerweile in den<br />

Mannheimer Maimarkthallen veranstaltete Megaevent zu den beliebtesten<br />

Indoor-Festivals – in ganz Europa. Nicht zuletzt durch magische<br />

Momente, die in diesen vielen Jahren erlebt wurden. Wer erinnert sich<br />

nicht gern an die Wiedergeburt von Richie Hawtins Plastikman 2010<br />

zurück, den kollektiven Sit-Down während Reboots „Caminando“<br />

oder die Geburtsstunde der Kultparole „Gude Laune, Aldaaaa“? Time<br />

Warp gehört noch zu den wenigen Brands, die unsere Szene nachhaltig<br />

prägen. In diesem Jahr trifft sich erneut alles, was in der elektronischen<br />

Musikszene etwas auf sich hält und wird bei bester Video-, Licht- und<br />

Lasertechnik gemeinsam mit den angereisten Fans die Nacht wieder<br />

zu etwas ganz Besonderem machen.<br />

Denn Time Warp ist weit mehr als nur eine reine Feierei. Mehrere<br />

Tage vor dem Main-Event am 31. März finden sich in der Stadt bereits<br />

Künstler und Interessierte ein, um beim „Jetztmusikfestival“ über aktuelle<br />

Themen zu diskutieren. Sie gilt als Schnittstelle zwischen Kunst,<br />

Film, Literatur, Tanz und Bildung. Zahlreiche Leseungen, Workshops<br />

und Diskussionsrunden mit und von Protagonisten unserer Szene bilden<br />

das bunte Programm. Zu den Highlights dabei gehört sicher der<br />

alljährliche Cinemix, bei dem ein jährlich wechselnder Künstler einen<br />

Stummfilm live vertont. 2012 nimmt sich das französische DJ- und<br />

Produzentenduo RadioMentale des Projekts an und wird Buster Keatons<br />

Bürgerkriegs-Komödie „Der General“ mit einer Soundcollage<br />

aus elektronischer Musik, Pop, Ambient und Klassik neu interpretieren<br />

und vertonen.<br />

Tickets ab 60 EUR zzgl. VVK-Gebühren an allen bekannten<br />

VVK-Stellen und unter www.time-warp.de<br />

Mit seinem 2011 veröffentlichten Debütalbum heimste SBTRKT<br />

(sprich: sub-tract) von Fans und Kritikern viel Lob ein. Der sich<br />

hinter dem Projektnamen verbergende DJ und Produzent Aaron Jerome<br />

aus London hat sich nach wegweisenden Remixen für Acts wie<br />

Radiohead, Modeselektor, Basement Jaxx oder Underworld mit diesem<br />

Longplayer ein weiteres Denkmal gesetzt, mixt doch keiner<br />

Genres wie Dubstep, 2Step, R’n’B und Chicago House so gekonnt<br />

ineinander wie er. Live wird der Freund einer durch Masken zur Schau<br />

gestellten Anonymität von seinem langjährigen Kollegen, Sänger und<br />

Keyboarder Sampha und weiteren Musikern begleitet. Wer dieses<br />

Spektakel erleben möchte, wird dafür nach Köln kommen müssen,<br />

spielt SBTRKT hier doch ein exklusives Showcase.<br />

www.sbtrkt.com<br />

www.gloria-theater.de<br />

MUSIKMESSE FRANKFURT<br />

21.–24.03.12 | Messe Frankfurt<br />

Kommen, schauen, testen, staunen: Vom 21. bis zum 24. März lädt<br />

auch in diesem Frühjahr die Frankfurter Musikmesse als weltweit<br />

größte ihrer Art rund 75.000 Besucher ein, sich über Neuerungen in<br />

Sachen Klangerzeugung zu informieren. Ein nicht geringer Teil davon<br />

dürfte erneut die Hallenebene 5.1 stürmen, denn hier befinden sich<br />

in nahezu alle wichtigen Hersteller, die das DJ- und Dance-Producer-Leben<br />

so richtig lebenswert machen. Von A wie Ableton bis Z wie<br />

Waldorf (… aber nahe dran!) sorgen hier die knapp 150 Aussteller für<br />

große Augen und noch größere Ohren. Und wer wirklich aufmerksam<br />

bleibt, kann speziell am Publikumssamstag beobachten, wie die eine<br />

oder andere DJ-Ikone noch freitagsverbimmelt durch die Gänge streift.<br />

Denn tatsächlich sind auch die Partys während dieser Messezeit selbst<br />

für Frankfurter Verhältnisse so eng gesteckt und im Booking exquist<br />

wie nie.<br />

Die Preise am Publikumstag (24. März) liegen bei 20 EUR (Online)<br />

bzw. 29 EUR (VVK, Tageskasse). www.musikmesse.com<br />

96


Österreichs Szene<br />

ÖSTERREICHS SZENE<br />

Ein Überblick<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

Foto: www.flickr.com/photos/sen_meister<br />

Titan präsentiert euch in jeder Ausgabe eine kurze Übersicht über das Szenegeschehen der Alpenrepublik Österreich. Wir<br />

freuen uns sehr darüber, mit dem FAZE Magazin eine permanente Plattform gefunden zu haben, unserem Medien-Vakuum<br />

etwas entgegen zu wirken. Seit 19 Jahren zeichnen wir uns verantwortlich für Künstlerbookings und Eventmanagementtätigkeiten.<br />

Um authentisch und neutral aufzutreten, werden wir in jeder Ausgabe namhafte Personen aus unserem Umfeld<br />

bitten, Berichte über das Szenegeschehen abzugeben.<br />

Güllis (EinsZwei) über Wien:<br />

Wien hat eine sehr lange Historie in Punkto elektronischer Musik,<br />

die bis weit an den Anfang der 90er-Jahre zurückgeht. Diese<br />

hier aufzuarbeiten, würde den Rahmen sprengen, aber aktuell<br />

kann Wien schon lange mit anderen Großstädten mithalten. Seit<br />

knapp elf Jahren haben wir z.B. mit Crazy im Flex eine wöchentliche<br />

Homebase für Fans der elektronischen Musik. Mittlerweile<br />

können wir auch die Pratersauna mit ihrem Outdoorbereich inkl.<br />

Swimmingpool und Berlinflair, oder den SASS Club zum heimischen<br />

Fixbestand zählen. Im Dezember 2011 eröffnete Grelle<br />

Forelle, das eine neue Ära einläutete und uns wöchentlich mit<br />

Bookings wie Carl Craig, Len Faki uvm. auf die Tanzfläche treibt.<br />

Mehr folgt in den nächsten Ausgaben. In Wien ist für jeden was<br />

dabei!<br />

Radio Soundportal über Graz:<br />

Graz ist nicht nur die zweitgrößte Stadt in Österreich, sondern<br />

mausert sich im Bereich der elektronischen Musik mittlerweile<br />

zu einem echten Top Hot Spot. Kurze Replik: In den frühen<br />

90er-Jahren starteten die ersten Raves, und internationale Artists<br />

bespielten das damalige Theatro – das heutige p.p.c. in der<br />

Neubaugasse 6. Techno, House, Drum’n’Bass ... von Jeff Mills<br />

über Richie Hawtin bis hin zu Kruder & Dorfmeister. Die aktuelle<br />

p.p.c.-Reihe Heiß & Fettig liest sich in etwa so: Pendulum-Dj<br />

Set, Fritz Kalkbrenner, DJ Hell, Oliver Koletzki … Neben einer<br />

florierenden Clubszene, zahlreichen Indoor-Venues – von Dom<br />

im Berg bis Listhalle – hat sich Graz mittlerweile vor allem als<br />

DER Festivalstandort für elektronische Musik in Österreich etabliert<br />

– Spring, elevate und zur Krönung ab 2012: das Urban Art<br />

Forms Festival. Ganz schön „fett“ dieses „kleine“ Graz!<br />

Innsbruck – nicht nur Skimetropole!<br />

Die Alpenmetropole Innsbruck hat nicht nur in Sachen Wintersport<br />

einiges zu bieten. Speziell die elektronische Musikszene<br />

überrollte in den letzten Jahren wie eine Lawine die kleine<br />

aber feine Landeshauptstadt. Neben der nicht zu verachtenden<br />

Clubszene konnten die Veranstalter Frank Delazer und Daniel<br />

Seeböck mit ihrem Format Electric City, Acts wie Carl Cox, Paul<br />

Kalkbrenner, Pendulum Monika Kruse u.a. in die Berge holen.<br />

Durch zahlreiche andere Veranstalter und Clubs wird die Szene<br />

zusätzlich belebt. Schaut man sich die Plakatlandschaft in gewissen<br />

Phasen an, glaubt man sich in einer Großstadt wie Berlin. Es<br />

ist toll, was sich in Innsbruck tut!<br />

Electronic Motion über Salzburg:<br />

Electronic Motion feiert im Jahr 2012 sein zehnjähriges Bestehen<br />

und hat sich, inspiriert durch unzählige Events, in dieser Zeit einen<br />

durchaus respektablen Namen im elektronischen Musikzirkus<br />

erarbeitet. Die Salzburger/Oberösterreichische Veranstalter-<br />

Mixtur verschaffte sich nach knapp vier erfolgreichen Jahren in<br />

der Gusswerk Eventfabrik oder 2010 mit Sven Väth in der Salzburgarena<br />

ein fixes Standbein in der Salzburger Partyszene. Im<br />

Rahmen der 10 Jahre Electronic Motion Club Tour werden heuer<br />

Higlights wie Moonbootica, Monika Kruse, DJ Rush und weitere<br />

aufgetischt.<br />

EME über Linz<br />

Techno im klassischen Sinne fühlt sich in einer technokratischen<br />

Stahlstadt wie Linz ganz besonders wohl. So erklärt sich auch die<br />

Geschichte der oberösterreichischen Technoszene, die zunächst<br />

klein und fein und sehr undergroundig von der Donaugarage zum<br />

Danube Rave in den Posthof in Linz gewechselt hat. Mittlerweile<br />

hat sich so einiges etabliert in Sachen Elektronik, und damit ist<br />

nicht nur die Ars Electronica als Vorzeige-Kulturfestival der Stadt<br />

gemeint. Der Cembrankeller z. B. muss sicher zu den namhaften<br />

Locations unserer Szene gezählt werden, wo sich das Who is Who<br />

der Szene die Systeme in die Hand geben. Aber auch in Sachen<br />

Festivals hat Oberösterreich einiges zu bieten. Seit zehn Jahren<br />

heißt es zum Pressure zweimal jährlich „ausverkauft“, und ebenso<br />

erfolgreich haben sich Events wie die Fullmoonparty von EME,<br />

das wohl schönste OpenAir Day & Night-Festival von ganz Oberösterreich,<br />

sowie die immer wieder in neuen Locations stattfindende<br />

Elektronikka mit Acts wie Carl Cox, Kalkbrenner, Stephan<br />

Bodzin u. a. einen Namen gemacht.<br />

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Novys Welt / Anfang und schade<br />

NOVYs WELT<br />

Anfang und schade<br />

FAZE / <strong>001</strong> / März 2012<br />

So, der Wechsel ist vollzogen. Nach mehr als zehn Jahren Kolumne<br />

kam das nicht ganz so unerwartete Aus für die Raveline.<br />

Ich habe mich gewundert, dass das nicht schon eher passierte,<br />

so viele Leser wie ich mit meinen Lästereien vertrieben habe.<br />

Ich möchte mich natürlich in aller Form bei den Geschädigten<br />

und vor allem bei den verbliebenen zwei treuen Lesern entschuldigen<br />

für so viel Boshaftigkeit und – was noch viel schlimmer<br />

ist – Inkompetenz.<br />

Trotzdem kann die Nation nicht ohne mich und meine kleine<br />

Welt, und so habe ich fix mal eben einen neuen Arbeitgeber<br />

gefunden. Hallo FAZE! Ihr tut mir jetzt schon leid. Das hätten<br />

wir also, und so bleibt mir nur noch, die paar Kolumnen-Fans zu<br />

begrüßen, die mir all die Jahre treu geblieben sind. Ihr seid klasse.<br />

Die erste Kolumne in einem neuen Heft ist ja immer so eine<br />

Sache. Wie geht man so etwas an? Über was schreibt man? Wie<br />

weit kann man gehen? Für mich ist es wohl am besten, ich greife<br />

auf Altbewährtes zurück. Ein Thema, das ich lange habe ruhen<br />

lassen, das aber vor Kurzem durch einen großen Skandal wieder<br />

aufgefallen ist. Von diesem möchte ich euch berichten. Und er<br />

ist – so leid es mit tut – beispielhaft für das Verhalten in unserer<br />

heutigen Gesellschaft. Ich rede von den Disco Boys.<br />

Eigentlich ist es ja ein wenig ruhig geworden um die beiden<br />

Jungs mit den Perücken und den Anzügen, möchte man meinen,<br />

aber neulich erschien dann ja die zwölfte Ausgabe ihrer Mix-CD<br />

und gleich dazu die neue Single „Around The World“. Von der<br />

Single kann man jetzt denken, was man will, und Gott sei Dank<br />

sind die Geschmäcker verschieden. Ich persönlich finde so ein<br />

Cover ist selbst der legendären Disco Boys unwürdig. Wie auch<br />

immer, um besagte Single geht es heute. Nach deren Erscheinen<br />

rief Gordon seine Fans auf Facebook zu Mehrfach- und Hamsterkäufen<br />

auf. Zitat: „Laut aktuellen Erhebungen reicht es derzeit,<br />

wenn du dir zwei Handvoll Maxi-CDs kaufst – schon veränderst<br />

du die Chart-Position dramatisch nach oben.“ Und: „Sicherheitshalber<br />

solltest du deinen Hamsterkauf noch mit ein paar Downloads<br />

unterstützen.“ Wenn ich das also richtig verstehe, soll sich<br />

jeder Fan zehn Maxi-CDs holen und den selben Song dann noch<br />

ein paar mal als Download bezahlen. Lieber Gordon, nur um<br />

dich mal zurück auf unseren Planeten zu holen: Die meisten jungen<br />

Leute geben heutzutage gar kein Geld mehr für Musik aus,<br />

sondern laden sich diese illegal irgendwo runter. Wie kommst du<br />

also auf die Idee, irgend jemand ist so bescheuert und kauft sich<br />

gleich zehn CDs von ein und dem selben Titel und zahlt dann<br />

auch noch für weitere Downloads? Das Ganze dann nur, um<br />

euch in den Charts zu sehen? Irgendwie ist das schon ein wenig<br />

zu selbstverliebt und dennoch beschämend für Künstler eures<br />

Formats. Wie tief seid ihr gesunken, dass ihr es nötig habt, zu so<br />

einem Schwachsinn aufzurufen? Fällt euch nix Besseres ein? Nun<br />

ja, die Antwort auf diese Aktion ließ ja nicht lange auf sich warten,<br />

und so bekam der liebe Gordon wenig später Post vom Musikindustrie<br />

e.V. wegen des Verdachts auf Chart-Manipulation. In<br />

diesem Schreiben werden die Disco Boys abgemahnt wegen des<br />

Versuchs der Manipulation. In einem Prüfungsausschuss wurde<br />

jedoch beschlossen, dass die Mehrfachverkäufe von so geringer<br />

Anzahl sind, dass derzeit von einen gescheiterten Manipulationsversuch<br />

ausgegangen werden kann. Lieber Gordon, das hätte ich<br />

dir auch vorher sagen können. Siehe oben.<br />

Der Prüfungsausschuss hat daher in der Sitzung vom 17. Januar<br />

2012 beschlossen, vorerst lediglich darauf hinzuweisen, dass<br />

im Falle einer Chart-Manipulation in der Regel eine oder mehrere<br />

der nach § 9–11 der Regelwerks vorgesehen Sanktionen gegen<br />

ihn verhängt werden können. Die kann bsp. den zeitweiligen Ausschluss<br />

aus den Charts zur Folge haben, heißt es weiter.<br />

So, ihr könnt jetzt alle den Mund wieder zu machen. Denn was<br />

sich ein bisschen liest wie eine Story aus der Bild Zeitung, ist leider<br />

wahr und schade. Liebe Disco Boys, ich finde nicht, dass ihr<br />

so etwas nötig habt. Das ist billig und peinlich. Durch euren eisernen<br />

Feierwillen und eure Einzigartigkeit seid ihr seit über zehn<br />

Jahren fester Bestandteil des deutschen Nachtlebens. Das zeichnet<br />

euch ohnehin schon aus. Wie wäre es also, wenn ihr ein bisschen<br />

mehr versucht, wieder tolle Musik zu machen à la „For You“ und<br />

eure Fans selbst entscheiden lasst, was sie für gut befinden und was<br />

nicht. Die Charts kommen dann ganz von alleine. Ich persönlich<br />

hab mich fremdgeschämt, und obwohl ich seit Jahren euch beiden<br />

Kindsköpfe zu meinem Lästerfeind erklärt habe, respektiere und<br />

achte ich euch als Künstler und auch als Menschen. Ich denke<br />

nicht, dass ihr so etwas nötig habt und dass sich gute Künstler heute<br />

nicht mehr nur durch Chart-Positionen definieren.<br />

Leider ist unser Business härter und unfairer denn je, und<br />

hinter den Kulissen sieht es alles andere als schön aus. Trotzdem<br />

sollte man als Künstler bleiben, wie man ist und an dem fest halten,<br />

was man machen möchte – und nicht Mittel und Wege suchen,<br />

sich Erfolg und Ruhm zu erschwindeln. Davon gibt es heute<br />

genug, und ihr gehört nicht in diese Liga. Ich kaufe mir jetzt<br />

ein paar Facebook-Freunde und am besten noch zwei Pakete voll<br />

mit Twitter-Followern, dann kann ja meiner Weltherrschaft nichts<br />

mehr im Wege stehen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und<br />

bis zum nächsten Monat! – Euer Tom Novy<br />

www.tomnovy.com<br />

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