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Stadtmagazin Neue Szene Augsburg 2012-02

Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info immer auch unter www.neue-szene.de

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Raphael Brandmiller, 1. Vorsitzender des Stadtjugendrings<br />

<strong>Augsburg</strong>, wechselte im Dezember überraschend<br />

von der SPD zu den Grünen. Der ehemalige Chef der<br />

<strong>Augsburg</strong>er Jusos gilt manchen als kommender grüner<br />

OB-Kandidat.<br />

<strong>Neue</strong> <strong>Szene</strong>: Was ist bei den Grünen besser als bei<br />

der SPD, die Wahlchancen?<br />

Brandmiller: Es geht nicht darum, was bei den Grünen<br />

besser ist als in der SPD oder andersherum. Mein<br />

Wechsel von der SPD zu den Grünen ist auch keine<br />

Frage, die ich mir in 48 Stunden überlegt habe, es<br />

waren drei Jahre. Ich habe mich gefragt, ob und wie<br />

ich weiter Politik machen will, was meine Schwerpunkte<br />

sind. Ich möchte weitermachen, weil es mir<br />

Spaß macht, und die Grünen sind mehr und mehr die<br />

Partei, die Schwerpunkte setzt, die mir wichtig sind,<br />

mit denen ich beruflich zu tun habe und die ich privat<br />

versuche zu leben. Ich bin davon überzeugt, dass<br />

der Aspekt der Nachhaltigkeit der entscheidende ist,<br />

der muss genauso gewichtet werden wie der wirtschaftliche.<br />

Nachhaltigkeit - ein Modewort, das bei jeder Biotonnen-Einweihung<br />

benutzt wird, was bedeutet<br />

es?<br />

Ich freue mich darüber, dass es ein Modewort geworden<br />

ist, wenn dies auch für ein neues Bewusstsein<br />

spricht. Das Problem ist jedoch, dass die inflationäre<br />

Verwendung die Wichtigkeit des Begriffs aushöhlt und<br />

es manche auch nur deshalb benutzen, weil es hip<br />

ist. Generell ist Nachhaltigkeit durch drei Säulen definiert:<br />

ökonomisch, ökologisch und sozial. Früher<br />

wurde vieles nur als soziales Problem bezeichnet, das<br />

man lösen muss. Das greift heute zu kurz. Es geht<br />

darum, wie wir sorgsam mit unseren Ressourcen umgehen<br />

und nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg als<br />

Maßstab nehmen, sondern dass wir beispielsweise<br />

auch den Verbrauch bestimmter Ressourcen besteuern.<br />

Und mit dieser Einstellung warst du bei der SPD<br />

alleine?<br />

Mir hat jemand aus der SPD gesagt: Du wechselst<br />

nicht zum politischen Gegner, du wechselst zum politischen<br />

Konkurrenten. Und das ist ja eine gute Einschätzung.<br />

Diese Sichtweise hat dich sicher beruhigt.<br />

(lacht) Es ist schon so, dass wir noch auf der gleichen<br />

Seite stehen, aber die Art und Weise, wie Themen gewichtet<br />

und diskutiert werden, liegt mir bei den Grünen<br />

einfach mehr.<br />

Wie wurde denn bei der SPD gewichtet und diskutiert?<br />

(überlegt) Bei den Grünen wird auf jeden Fall sehr zukunftsbezogen<br />

diskutiert und die Grünen setzen sich<br />

schon sehr ganzheitlich mit gesellschaftlichen Problemen<br />

auseinander.<br />

Gab’s vor deinem Wechsel Gespräche mit der SPD-<br />

Führung, wo vielleicht gesagt wurde: ”Mensch,<br />

Raphael, bleib doch bei uns, wir können doch über<br />

alles reden.”?<br />

Ich habe natürlich vor meinem Wechsel mit der SPD<br />

gesprochen, das gehört sich so und war mir auch<br />

wichtig. Ich war zwölf Jahre in der Partei und möchte<br />

auch in Zukunft mit der SPD politisch zusammenarbeiten.<br />

Es wurde mir schon signalisiert, dass man mich<br />

gern in der Partei behalten würde, das hat mich auch<br />

gefreut, aber der Entschluss war ja nicht spontan.<br />

Nachdem der Wechsel jetzt ein paar Wochen zurückliegt,<br />

habe ich auch das Gefühl, dass es die völlig richtige<br />

Entscheidung war .<br />

Wäre auch fatal, wenn du dich jetzt schon unwohl<br />

fühlen würdest.<br />

Parteiwechsel sind immer ein Risiko, das darf man<br />

nicht vergessen.<br />

Wie willst du denn in Zukunft mit der SPD politisch<br />

zusammenarbeiten?<br />

Ich möchte auch jetzt als Vorsitzender des Stadtjugendrings<br />

mit der SPD zusammenarbeiten, das ist<br />

eine überparteiliche Institution, darauf lege ich großen<br />

Wert, das hat die SPD auch nicht immer verstanden<br />

und das hat unser Verhältnis manchmal<br />

kompliziert gemacht, wobei es in letzter Zeit gut geklappt<br />

hat.<br />

Wo du gerade von komplizierten Verhältnissen<br />

sprichst, zwischen dir und der ehemaligen grünen<br />

Kulturreferentin Leipprand gab es heftige Auseinandersetzungen<br />

wegen des Kulturparks West.<br />

Habt ihr euch inzwischen versöhnt?<br />

Ich kenne Parteiarbeit seit vielen Jahren und mir war<br />

sehr wichtig, dass wir gemeinsam nach vorne denken<br />

und nicht mit Befindlichkeiten und Streit anfangen.<br />

Mir war wichtig, mit Eva Leipprand zu sprechen, und<br />

wir sind auf eine gute Ebene gekommen. Wir sind bei<br />

mehr Punkten einer Meinung als in der Vergangenheit.<br />

Und wo nicht?<br />

Es geht jetzt nicht um einen konkreten Punkt, es<br />

kommt darauf an, wie man miteinander umgeht und<br />

diskutiert, das mache ich auch wahnsinnig gerne, nur<br />

so kommt man weiter. Man muss eben zwischen einer<br />

sachlichen und persönlichen Ebene unterscheiden. Ich<br />

glaube, ich komme inzwischen auf beiden Ebenen mit<br />

Eva Leipprand gut klar. Das ist eine sehr positive Entwicklung.<br />

Wie sieht es denn sachlich mit dem Kulturpark<br />

West aus?<br />

Die Grundidee des Kupas ist gut und wir vom Stadtjugendring<br />

haben uns auch stark in das Projekt eingebracht.<br />

Es gibt sicher unterschiedliche Ansichten,<br />

welches Potenzial dahintersteht und wie er sich entwickeln<br />

kann.<br />

Und wie kann es sich entwickeln?<br />

(lacht) Gut!<br />

Das ist mal ne ausführliche Antwort.<br />

Zunächst muss man festhalten, dass es das Wichtigste<br />

ist, dass es den Kupa überhaupt gibt. Es würde etwas<br />

fehlen, wenn der nicht gekommen wäre. Das ist doch<br />

das Wichtigste! Dass man den Kulturpark weiterentwickeln<br />

kann und muss, wissen alle Beteiligte.<br />

Wie stehst du eigentlich heute zur Hochkultur? Du<br />

hast mal kritisiert, dass die Stadt sich dieser zu<br />

sehr widmet und der Jugendkultur zu wenig.<br />

Das ist ein Punkt, bei dem ich mich selbst auch weiterentwickelt<br />

habe. Solche Sätze dienen natürlich<br />

auch immer dazu, bewusst zu polarisieren, um bestimmte<br />

Dinge politisch durchzusetzen. Ich sehe diesen<br />

Gegensatz heute nicht mehr, ich glaube, dass sich<br />

Hochkultur und Jugendkultur gegenseitig befruchten<br />

können, da beide wichtig für eine Stadt sind. Ich<br />

glaube z.B., das Theater <strong>Augsburg</strong> muss noch mehr in<br />

die Stadt rein, weil es eine gesellschaftliche Aufgabe<br />

hat und eine breite Zuschauerschaft ansprechen<br />

muss. Man muss sich überlegen, wie man an ein Publikum<br />

herankommt, das man normalerweise nicht erreicht.<br />

Das hatten wir mit der Intendantin auch mal<br />

diskutiert, als es darum ging, Leerstände in der Maximilianstraße<br />

zu nutzen - das ist leider etwas im Sand<br />

verlaufen. Jetzt geht das Theater ja auch raus, aus der<br />

Not geboren, und spielt z.B. im Justizpalast. Solche<br />

Sachen tun dem Theater und der Stadt gut, wir brauchen<br />

mehr Hochkultur und mehr Popkultur.<br />

Apropos Not, du hast gesagt, dass durch die Sparpläne<br />

Konfliktpotenziale in verschiedenen Stadtteilen<br />

verschärft werden.<br />

Ich denke, eine Spardiskussion muss Ziele definieren.<br />

Das ist nicht passiert, man hat sich bei den ursprünglichen<br />

Kürzungsplänen beim Stadtjugendring<br />

nicht überlegt, was Jugendarbeit leistet und was man<br />

leisten will, wo Konflikte durch Jugendarbeit entschärft<br />

werden und wo neue entstehen könnten. Eine<br />

bundesweite Studie hat ergeben, dass <strong>Augsburg</strong> in<br />

Sachen Jugendarbeit an letzter Stelle steht, was die<br />

Mitarbeiterzahl angeht. In diesem Bereich dann nochmal<br />

kürzen zu wollen, zeigt, dass man sich inhaltlich<br />

keine Gedanken gemacht hat, das ist in anderen Bereichen<br />

genauso. Die Sache mit den Streukisten ist<br />

symptomatisch: Wenn es eine Stadt in der jetzigen<br />

Haushaltslage nicht schafft, Streukisten abzuschaffen,<br />

dann wird sie auch keinen zielführenden Haushalt<br />

hinbekommen.

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