Stadtmagazin Neue Szene Augsburg 2012-02
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Wobei das noch ein ebenbürtiges Verwandtschaftsverhältnis<br />
wäre.<br />
Mila: Man könnte auch sagen, es ist ein Verhältnis wie<br />
zwischen enterbtem Stiefkind und reicher Tante.<br />
Und mit welchen Mitteln wollt ihr dieses Verhältnis<br />
ändern?<br />
Mila: Es geht uns jetzt erst mal darum, auf die Dinge,<br />
die im Kapitalismus falsch laufen, aufmerksam zu machen<br />
und Menschen damit zu mobilisieren.<br />
Max: Es ist nicht unsere Aufgabe, das System zu stürzen,<br />
sondern aufzuklären, ihnen klar zu machen, dass<br />
sie die 99 Prozent sind, die von einem mächtigen Prozent<br />
dominiert werden.<br />
Max: Dafür müssen wir die Leute auch gar nicht gleich<br />
auf die Straße kriegen, im Grunde kann jeder bei der<br />
Wahl seine Revolution selbst machen, dafür muss er<br />
aber informiert sein. Ich habe das Prinzip der demokratischen<br />
Wahl für mich noch nicht aufgegeben und<br />
glaube, dass es noch nie so leicht war, das System zu<br />
verändern wie heute.<br />
Da würden euch sicher einige Parteien zustimmen<br />
und sagen, dass sie den Kapitalismus auch zähmen<br />
wollen.<br />
Max: Die Kanzlerin hat das ja auch erkannt, jetzt<br />
kommt wahrscheinlich die Finanztransaktionssteuer,<br />
die früher als utopisch abgetan wurde, für die sich<br />
attac eingesetzt hat. Die Menschen wurden durch die<br />
Märkte entmachtet.<br />
Ihr hofft darauf, dass sich eure Forderungen<br />
zwangsläufig als vernünftigste Lösung durchsetzen.<br />
Mila: Das wäre wunderbar.<br />
Max: Ich glaube, den Kapitalismus zu zähmen, geht<br />
nicht. Ich glaube, man muss sich wirklich überlegen,<br />
ob man das System nicht komplett neu erfinden muss.<br />
Sowohl der Kapitalismus als auch der Sozialismus<br />
haben versagt, beide. Das sage nicht nur ich, der Satz<br />
ist von einem CDU-Politiker.<br />
Aber der Kapitalismus existiert noch.<br />
Max: Die Frage ist, um welchen Preis. Die Umwelt wird<br />
zerstört, die soziale Ungleichheit immer größer. Es<br />
kann nicht sein, dass jemand voll arbeitet und so<br />
wenig verdient, dass er trotzdem zum Arbeitsamt<br />
gehen muss, damit er überhaupt leben kann. Ich<br />
glaube auch nicht, dass es entschuldbar ist, dass zwei<br />
Menschen am Fließband stehen, die gleiche Arbeit<br />
machen und unterschiedlich viel Geld verdienen, nur<br />
weil sie verschiedene Arbeitsverträge haben, der eine<br />
als Festangestellter, der andere als Zeitarbeiter.<br />
Ihr seid für einen Mindestlohn?<br />
Mila: Ja, wir sind definitiv für einen Mindest- und<br />
einen Maximallohn.<br />
Max: Es kann nicht sein, dass ein Mensch das Fünfzigtausendfache<br />
dessen leistet, was ein anderer leistet,<br />
also darf es auch nicht sein, dass er das<br />
Fünfzigtausendfache verdient, das ist pervers.<br />
Wieso sind eigentlich nicht mehr Menschen auf<br />
der Straße und protestieren?<br />
Max: Wenn man sich die Umfragen ansieht, dann ist<br />
eine große Mehrheit für unsere Forderungen. Ich<br />
denke, im Geiste sind sehr viele Menschen dafür. Natürlich<br />
muss man auch erst mal die Möglichkeit<br />
haben, zu informieren.<br />
Seid ihr anarchistische Romantiker?<br />
Mila: Das würde ich schon so sagen, wir wissen ja,<br />
dass wir morgen keine Revolution starten werden.<br />
Wieso nicht?<br />
Max:Weil unsere demokratischen Möglichkeiten dazu<br />
genutzt werden können, um einen Wandel zu bewirken.<br />
Habt ihr nicht Angst, dass die Leute das Interesse<br />
an dem Thema verlieren, wenn die Finanzkrise mal<br />
vorbei ist?<br />
Max: Bert Brecht hat mal gesagt, dass der Mensch<br />
sich erst bewegt, wenn der Magen knurrt, damit hat<br />
er eine tiefe Wahrheit ausgesprochen. Ich glaube aber<br />
auch, dass jedem klar ist, dass es viele Missstände<br />
gibt.<br />
Was ist für euch Gerechtigkeit?<br />
Max: Ich glaube, Gerechtigkeit ist ein Ideal. Man weiß<br />
nicht, was es ist, aber man kann sich auf dem Weg<br />
dahin an den vielen Ungerechtigkeiten am Wegrand<br />
orientieren.