ZT | September 2012
Ausgabe 10 - 09/12
Ausgabe 10 - 09/12
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Hätte man ahnen können,<br />
dass ein 18-Jähriger in<br />
einer Schule Amok läuft?<br />
Gab es ein Warnsignal?<br />
Im Leben, in der Familie<br />
des Schützen gewiss. Brutale Jugendliche<br />
schlagen einen hilflosen Rentner<br />
in der U-Bahn zusammen. Warnsignale?<br />
Die blinken anscheinend auch in<br />
unserer Gesellschaft genug: Macho-<br />
Gehabe in einer Männer-»Kultur«,<br />
Drogen, Konsum, Spass – »Werte«, die<br />
Popstars vermitteln ...<br />
Brutale Computerspiele und Videofilme<br />
gaukeln Jugendlichen den schnellen<br />
Sieg des Stärkeren vor. Auswege<br />
für den Verlierer bieten sie nicht. Nie<br />
zuvor wurden so viele Ehen geschieden<br />
– und blieben so viele Scheidungskinder<br />
zurück. Immer mehr<br />
Jugendliche sind ohne Lehrstelle,<br />
ohne Aussicht auf ein geregeltes Arbeitsleben<br />
– und ohne jede Motivation,<br />
selbst etwas zu leisten. Gerade<br />
deshalb ist die Gesellschaft gefordert,<br />
unseren Kindern immer wieder zu<br />
beweisen: Arbeit, Leistung, Treue, Verlässlichkeit,<br />
Familienleben – das sind<br />
trotz aller Probleme und Widerstände<br />
doch letztlich feste Werte, für die es<br />
sich zu leben lohnt!<br />
Eine Gesellschaft, die diese Werte verliert,<br />
läuft irgendwann selbst Amok.<br />
Eine Gesellschaft, die stolz darauf ist,<br />
in der postmodernen Zeit die für eine<br />
fragwürdige Freiheit notwendigen<br />
Ent-Grenzungen, Ent-Tabuisierungen<br />
und Ent-Ritualisierungen vollzogen<br />
zu haben, steht nun vor einem Werte-<br />
Vakuum. »Die Freiheit von...« hat gut<br />
funktioniert, aber »die Freiheit für...«<br />
bleibt unbeantwortet.<br />
Unternehmen stürzen in eine Werte-<br />
Orientierungslosigkeit ohne Kompass<br />
und klares Ziel. Kein Tag vergeht ohne<br />
Neues zum Thema Korruption bei<br />
Siemens, schreibt das Wochenmagazin<br />
Die Zeit. Der Anfang Dezember<br />
ernannte Finanzchef des Industriesektors<br />
verliert seine Position schon<br />
wieder, weil er möglicherweise in die<br />
illegale Finanzierung der Betriebsräteorganisation<br />
AUB verstrickt ist.<br />
Wie kann das sein? Da installiert Siemens<br />
zum ersten Mal in der Firmengeschichte<br />
einen Sittenwächter wie<br />
Peter Y. Solmsen als Anti-Korruptionsvorstand<br />
in der Geschäftsleitung,<br />
der durchsetzen soll, was man Compliance<br />
nennt – die strikte Einhaltung<br />
von Regeln für sauberes Geschäftsgebaren<br />
und als Initiator einer neuen<br />
Wertekultur – und das Wertechaos<br />
geht munter weiter.<br />
An anderer Stelle beschliesst zur gleichen<br />
Zeit ein anderer Handyhersteller<br />
sein Werk mit 2000 Mitarbeitern ad<br />
hoc zu schliessen und nach Rumänien<br />
zu verlagern, nachdem die Subventionen<br />
von knapp 100 Millionen<br />
verraucht sind. Was ist los im Land der<br />
alten Werte?<br />
»Ach, die Werte ...« stöhnte schon<br />
vor ein paar Jahren der pädagogische<br />
Querdenker Prof. Dr. Hartmut<br />
von Hentig und konstatierte, dass ein<br />
»altmodischer« Begriff nun unerhofft<br />
doch Karriere macht: die Werte.<br />
In Zeiten des Umbruchs, der Krisen<br />
sowie zunehmender politischer Gewalt<br />
von Rechts und brutaler Gewalt<br />
auf der Strasse vermisst die Gesellschaft<br />
verbindliche Orientierung. Wer<br />
die kommende Generation auf die<br />
Zukunft vorbereiten will, muss zuerst<br />
einmal ein klares Bewusstsein der<br />
schwierigen Aufgaben unserer Gesellschaft<br />
haben. Wo finden wir richtungweisende<br />
Betrachtungen für eine<br />
neue Werteorientierung?<br />
Um Verhalten zu verstehen ist es<br />
wichtig, neben den Motiven von<br />
Menschen auch ihre Fertigkeiten und<br />
Werthaltungen zu berücksichtigen<br />
und die Ressourcen und Einschränkungen<br />
zu beachten, die in der Umwelt<br />
bestehen.<br />
Das Thema »Werte« wird uns in den<br />
nächsten Jahrzehnten vermutlich<br />
nicht mehr loslassen, und zukunftsorientierte<br />
und erfolgssuchende<br />
Unternehmungen sind gut beraten<br />
dieses Thema in den Mittelpunkt der<br />
Personalentwicklungsmassnahmen<br />
zu platzieren. Zahlreiche Untersuchungen<br />
belegen bereits den Stellenwert<br />
solcher Orientierungsparameter.<br />
Die internationale Unternehmensberatung<br />
Towers Perin hat 2005 zum<br />
Thema Motivation 15 000 Mitarbeiter<br />
sämtlicher Hierarchieebenen in Europa<br />
befragt (davon 4000 Mitarbeiter in<br />
Deutschland) und ist zu folgendem<br />
Ergebnis bei der Frage »Was steigert<br />
das Engagement von Mitarbeitern?«<br />
gekommen. Es war folgendes<br />
Ranking zur Diskussion gestellt worden:<br />
1. Interesse am Wohlergehen<br />
der Mitarbeiter.<br />
2. Förderung der beruflichen Fähigkeiten.<br />
3. Vorbildliches Agieren der Unternehmensführung<br />
im Sinne<br />
der Unternehmenswerte.<br />
4. Ausreichende Entscheidungs-<br />
18 | <strong>ZT</strong> | <strong>September</strong> <strong>2012</strong>