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Bedrohung durch Maria

Lia hatte sich eine Studentin gewünscht, aber Maria war immer bei mir. Natürlich redeten wir viel über Évora und Coimbra, den Alentejo und anderes in Por­tugal, aber wir sprachen auch über Dinge, die mit Portugal nichts zu tun hat­ten, das Erwachsen werden, Marias Zukunftspläne und über Liebe zum Beispiel. Die Beziehung zwischen mir und Maria war nicht nur offen und vertrauensvoll, wir mochten einander und freuten uns, zusammen zu sein. Ich liebte es Maria zu erleben, und ihr gefiel es offensicht­lich auch mit mir. Sie sei Daddys Daughter hatte Lia mal im Scherz gesagt, aber in der Vaterrolle oder der des klugen Gastgebers wollte ich mich nicht se­hen, und so sprach Maria mich auch nicht an. Ich war eher ihr vertrauensvoller Freund, ihr liebevoller Ankerpunkt und so gefiel ich mir auch besser. „João, du bist ein sehr netter Mann. So einen Freund wünschte ich mir in Portugal, aber ich glaube, da gibt es so nette Männer gar nicht.“ sagte Maria, und ich wusste nicht, wie ich es verstehen sollte. „Muss ich dir jetzt auch ein Kompliment ma­chen, Maria?“ fragte ich und wollte es ins Scherzhafte ziehen. „Nein, João, gleichgültig wie du mich siehst, ich mag dich sehr. So habe ich noch nie jeman­den gemocht, und dabei spielt es keine Rolle, was du alles weißt und kannst. Zu wissen, dass wir uns niemals werden lieben können, stimmt mich traurig, wenn ich daran denke.“ erklärte Maria. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Es verwirrte mich. Ich wollte nur nett zu ihr sein, nahm sie in den Arm und drückte sie und gab ihr einen Kuss auf ihre Stirn. Sie reckte ihren Kopf hoch und bot mir ihre Lippen. „Nein, nein, Maria. Das nicht.“ war meine Reakti­on. „Einmal und dann nie wieder. Nur für mich zur Erinnerung.“ bat sie. Na gut, wir küssten uns. Trotzdem war unser Verhältnis ein anderes ge­worden. Zwar hatte nur Maria gesagt, dass sie mich liebe, aber ich hatte mit keinem deutlichen Wort erklärt, dass es bei mir ihr gegenüber nicht der Fall sei. Im Grunde wusste ich es selbst nicht. Ich wollte es auf keinen Fall, doch mein Empfinden war ihr schon sehr zugetan. Natürlich liebten wir uns nicht offiziell, aber verhielten uns so, als ob wir könnten. „Du kannst dich selbst belügen, João, aber ich täusche mich nicht. Wie ihr auch immer damit umgeht, aber dass ihr beide euch sehr mögt, kann niemandem verborgen bleiben.“ meinte Lia abends im Bett zu unserem Verhalten.

Lia hatte sich eine Studentin gewünscht, aber Maria war immer bei mir. Natürlich redeten wir viel über Évora und Coimbra, den Alentejo und anderes in Por­tugal, aber wir sprachen auch über Dinge, die mit Portugal nichts zu tun hat­ten, das Erwachsen werden, Marias Zukunftspläne und über Liebe zum Beispiel. Die Beziehung zwischen mir und Maria war nicht nur offen und vertrauensvoll, wir mochten einander und freuten uns, zusammen zu sein. Ich liebte es Maria zu erleben, und ihr gefiel es offensicht­lich auch mit mir. Sie sei Daddys Daughter hatte Lia mal im Scherz gesagt, aber in der Vaterrolle oder der des klugen Gastgebers wollte ich mich nicht se­hen, und so sprach Maria mich auch nicht an. Ich war eher ihr vertrauensvoller Freund, ihr liebevoller Ankerpunkt und so gefiel ich mir auch besser. „João, du bist ein sehr netter Mann. So einen Freund wünschte ich mir in Portugal, aber ich glaube, da gibt es so nette Männer gar nicht.“ sagte Maria, und ich wusste nicht, wie ich es verstehen sollte. „Muss ich dir jetzt auch ein Kompliment ma­chen, Maria?“ fragte ich und wollte es ins Scherzhafte ziehen. „Nein, João, gleichgültig wie du mich siehst, ich mag dich sehr. So habe ich noch nie jeman­den gemocht, und dabei spielt es keine Rolle, was du alles weißt und kannst. Zu wissen, dass wir uns niemals werden lieben können, stimmt mich traurig, wenn ich daran denke.“ erklärte Maria. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Es verwirrte mich. Ich wollte nur nett zu ihr sein, nahm sie in den Arm und drückte sie und gab ihr einen Kuss auf ihre Stirn. Sie reckte ihren Kopf hoch und bot mir ihre Lippen. „Nein, nein, Maria. Das nicht.“ war meine Reakti­on. „Einmal und dann nie wieder. Nur für mich zur Erinnerung.“ bat sie. Na gut, wir küssten uns. Trotzdem war unser Verhältnis ein anderes ge­worden. Zwar hatte nur Maria gesagt, dass sie mich liebe, aber ich hatte mit keinem deutlichen Wort erklärt, dass es bei mir ihr gegenüber nicht der Fall sei. Im Grunde wusste ich es selbst nicht. Ich wollte es auf keinen Fall, doch mein Empfinden war ihr schon sehr zugetan. Natürlich liebten wir uns nicht offiziell, aber verhielten uns so, als ob wir könnten. „Du kannst dich selbst belügen, João, aber ich täusche mich nicht. Wie ihr auch immer damit umgeht, aber dass ihr beide euch sehr mögt, kann niemandem verborgen bleiben.“ meinte Lia abends im Bett zu unserem Verhalten.

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Carmen Sevilla<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong><br />

Lebe deine Gefühle, João<br />

Erzählung<br />

Die Liebe ist eine Leidenschaft, die sich nichts anderem beugt,<br />

der sich hingegen alles andere unterwirft.<br />

Madeleine de Scudéry<br />

Lia hatte sich eine Studentin gewünscht, aber <strong>Maria</strong> war immer bei mir. Natürlich<br />

redeten wir viel über Évora und Coimbra, den Alentejo und anderes in Portugal,<br />

aber wir sprachen auch über Dinge, die mit Portugal nichts zu tun hatten,<br />

das Erwachsen werden, <strong>Maria</strong>s Zukunftspläne und über Liebe zum Beispiel.<br />

Die Beziehung zwischen mir und <strong>Maria</strong> war nicht nur offen und<br />

vertrauensvoll, wir mochten einander und freuten uns, zusammen zu sein. Ich<br />

liebte es <strong>Maria</strong> zu erleben, und ihr gefiel es offensichtlich auch mit mir. Sie sei<br />

Daddys Daughter hatte Lia mal im Scherz gesagt, aber in der Vaterrolle oder<br />

der des klugen Gastgebers wollte ich mich nicht sehen, und so sprach <strong>Maria</strong><br />

mich auch nicht an. Ich war eher ihr vertrauensvoller Freund, ihr liebevoller<br />

Ankerpunkt und so gefiel ich mir auch besser. „João, du bist ein sehr netter<br />

Mann. So einen Freund wünschte ich mir in Portugal, aber ich glaube, da gibt<br />

es so nette Männer gar nicht.“ sagte <strong>Maria</strong>, und ich wusste nicht, wie ich es<br />

verstehen sollte. „Muss ich dir jetzt auch ein Kompliment machen, <strong>Maria</strong>?“<br />

fragte ich und wollte es ins Scherzhafte ziehen. „Nein, João, gleichgültig wie du<br />

mich siehst, ich mag dich sehr. So habe ich noch nie jemanden gemocht, und<br />

dabei spielt es keine Rolle, was du alles weißt und kannst. Zu wissen, dass wir<br />

uns niemals werden lieben können, stimmt mich traurig, wenn ich daran<br />

denke.“ erklärte <strong>Maria</strong>. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Es<br />

verwirrte mich. Ich wollte nur nett zu ihr sein, nahm sie in den Arm und<br />

drückte sie und gab ihr einen Kuss auf ihre Stirn. Sie reckte ihren Kopf hoch<br />

und bot mir ihre Lippen. „Nein, nein, <strong>Maria</strong>. Das nicht.“ war meine Reaktion.<br />

„Einmal und dann nie wieder. Nur für mich zur Erinnerung.“ bat sie. Na gut, wir<br />

küssten uns. Trotzdem war unser Verhältnis ein anderes geworden. Zwar hatte<br />

nur <strong>Maria</strong> gesagt, dass sie mich liebe, aber ich hatte mit keinem deutlichen<br />

Wort erklärt, dass es bei mir ihr gegenüber nicht der Fall sei. Im Grunde<br />

wusste ich es selbst nicht. Ich wollte es auf keinen Fall, doch mein Empfinden<br />

war ihr schon sehr zugetan. Natürlich liebten wir uns nicht offiziell, aber<br />

verhielten uns so, als ob wir könnten. „Du kannst dich selbst belügen, João,<br />

aber ich täusche mich nicht. Wie ihr auch immer damit umgeht, aber dass ihr<br />

beide euch sehr mögt, kann niemandem verborgen bleiben.“ meinte Lia abends<br />

im Bett zu unserem Verhalten. „Lia, es ist nichts.“ begann ich und erklärte ihr<br />

dann alles im Detail. „Ihr wollt beide die Beziehung zwischen dir und mir nicht<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 1 von 17


gefährden, wie ehrenvoll, herzlichen Dank, João. Nur ist das sehr verlogen,<br />

wenn deine Gefühle für <strong>Maria</strong> empfinden, sind sie nicht mehr bei mir.<br />

Gleichgültig wie viel Zärtlichkeiten ihr austauscht oder miteinander ins Bett<br />

geht. Lebe deine Gefühle, João. Du kannst sie nicht verdrängen, nur ich werde<br />

nicht dabeistehen und zuschauen.“ erklärte Lia. „Lia, nein, was redest du? So<br />

kannst du doch nicht sprechen. Was sagst du denn da. Du tust mir entsetzlich<br />

weh. Ich liebe nicht <strong>Maria</strong> oder dich. Ich liebe nur dich und sonst niemanden.<br />

Du bist meine Liebste, warst es und wirst es sein. Mit <strong>Maria</strong>, das sind<br />

Spielereien. Ich mag sie gern, wie einen sehr, sehr guten Freund. Auch wenn<br />

sie mir erklärt, dass sie mich gerne lieben würde, dann weiß ich es und träume<br />

nicht davon.“ war meine Reaktion darauf. Lia unterzog mich einer Analyse, um<br />

sicher zu gehen, dass meine Liebe auch wirklich nur ihr gehöre. Als sie<br />

überzeugt schien, legte sie sich an mich und ihren Kopf auf meine Schulter.<br />

Vielleicht hatte es sie schon länger gequält. Jetzt hatte sie mich und unsere<br />

Liebe wieder. Wir waren zärtlich zueinander und liebten die gesicherte Liebe.<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 2 von 17


<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Inhalt<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong>.................................................................. 4<br />

Die Lusitanier und die portugiesische Frau.....................................4<br />

Einladung zum Essen...................................................................... 5<br />

Schicksal........................................................................................ 7<br />

Erste Liebe......................................................................................8<br />

Lia will mich................................................................................... 9<br />

Bereicherung................................................................................ 10<br />

No Kids......................................................................................... 10<br />

<strong>Maria</strong> de Andrade.........................................................................11<br />

Daddys Daughter.......................................................................... 12<br />

Gesicherte Liebe........................................................................... 13<br />

<strong>Maria</strong>s Aschied.............................................................................14<br />

Epilog........................................................................................... 14<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 3 von 17


<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong><br />

Die Lusitanier und die portugiesische Frau<br />

Ein Empfang im portugiesischen Konsulat. Man kennt sich. Die Lusitanier sind<br />

wieder unter sich, alle haben mehr oder weniger ständig mit Portugal zu tun.<br />

Bei allen Veranstaltungen trifft man sie immer wieder. Ist ja auch nicht<br />

schlecht, hier und dort erfährt man immer mal etwas Neues und Interessantes.<br />

Ich war der oberste Portugiesisch Lehrer, leitete das portugiesisch-spanische<br />

Institut. Hauptsächlich führten wir Sprachkurse <strong>durch</strong>. Die meisten wollten allerdings<br />

nicht nach Portugal sondern nach Brasilien. Ich war früher selber Lehrer<br />

gewesen, hatte mich zum Promovieren beurlauben lassen und war nicht<br />

mehr wieder in den Schuldienst zurückgekehrt. Eine Frau mittleren Alters mit<br />

gelockten, schulterlangen, schwarzen Haaren hatte ich noch nie in diesen Kreisen<br />

gesehen. Mit Sicherheit war sie Portugiesin, Gast oder Freundin von jemandem.<br />

Eine portugiesische Frau würde ich mal heiraten, das stand fest. Die<br />

wunderschönen Mädchen hatten es mir bei meinem ersten Portugalbesuch angetan.<br />

Ich war noch Schüler, wusste von Portugal nur was man eben so weiß.<br />

Die Nelkenrevolution hatte mich damals fasziniert, und da musste ich natürlich<br />

unbedingt hin. Doch es blieb nicht nur beim politischen Interesse. Das ganze<br />

Land zog mich mehr und mehr in seinen Bann. Dass es mal derartig mein Leben<br />

dominieren würde wie jetzt, war natürlich nicht abzusehen. Und mit der<br />

portugiesischen Frau hat's auch nicht geklappt. Kurze Zeit hatte ich mich als<br />

Schüler mit einem Mädchen geschrieben, aber faszinierend Portugiesisches<br />

wusste sie nicht zu verkünden. Eine Ernüchterung. Portugiesische Frauen hatten<br />

keine generellen Vorzüge, weil sie Portugiesinnen waren.<br />

Die neue Portugiesin heute musste ich doch mal ansprechen. Sie verstand mich<br />

nicht und fragte: „Do you speak English?“ „Oh, Entschuldigung, ich war absolut<br />

sicher, sie kämen aus Portugal.“ erklärte ich. „Kennen sie eine Portugiesin, die<br />

mir ähnlich sieht?“ sie darauf. „Alle schönen Frauen in Portugal sehen ihnen<br />

ähnlich.“ antwortete ich. „Und ihnen nur die Idioten.“ meinte sie dazu. „Was<br />

machen sie, dass sie so dümmliche Schmeicheleien verteilen wollen?“ „Das<br />

durfte ich nicht sagen? Aber dass ich sie für eine schöne Frau halte, das können<br />

sie mir nicht verbieten, und das ist auch keineswegs dümmlich.“ meinte<br />

ich dazu. „Sie suchen eine Frau?“ fragte sie. Ich musste lachen. „Nein nicht direkt,<br />

vielleicht indirekt, aber deshalb habe ich das nicht zu ihnen gesagt. Aber<br />

wer sind sie? Ich habe sie noch nie in diesem Kreis gesehen. Hat sie jemand<br />

eingeladen?“ „So ist es.“ sagte sie nur knapp. „Darf man wissen, von wem sie<br />

eingeladen wurden?“ hakte ich nach. „Nein.“ sagte sie schlicht und fügte dem<br />

hinzu, „Schweigen können ist mein Beruf.“ „Aber welchen Beruf sie ausüben,<br />

das brauchen sie mir doch sicher nicht zu verschweigen, oder?“ meinte ich. Sie<br />

lächelte. „Psychotherapeutin bin ich. Dr. Berger, vielleicht haben sie den Namen<br />

ja schon mal gehört.“ meinte sie. Mir sagte er aber nichts. Da war bestimmt einer<br />

von den Jungs hier bei ihr in einer Analyse, hatte sich in sie verknallt und<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 4 von 17


sie eingeladen. „Da schauen sie sich mal um, bei diesen netten Männern, da ist<br />

bestimmt jemand für sie dabei.“ riet ich ihr scherzhaft. Sie starrte mich mit<br />

großen Augen an und konnte sich das Lachen kaum verkneifen. „Ich bin mir<br />

nicht sicher, ob ich sie mehr für einen Idioten oder für einen Witzbold halten<br />

soll. Woher wollen sie denn wissen, das ich keinen Mann habe und einen suche?<br />

Dann suchen sie doch mal einen für mich aus. Ich bin da so unbeholfen.“<br />

reagierte Frau Dr. Berger. „Was red' ich nur für einen Unsinn, ich scheine heute<br />

ein wenig derangiert und nicht ganz bei mir selbst zu sein. Natürlich weiß ich<br />

nichts, überhaupt nichts. Wie sollte ich? Eine dumme Intuition hat mich so<br />

sprechen lassen. Entschuldigung. Es ist mir unangenehm.“ war meine Reaktion.<br />

„Ganz falsch liegen sie mit ihrer Intuition ja nicht. Ich habe auch keinen<br />

Mann, aber ich suche auch keinen.“ meinte Frau Dr. Berger. „Da geht es ihnen<br />

wie mir. Ich habe keine Frau und suche auch keine. Obwohl, prinzipiell fände<br />

ich es ja nicht schlecht, nur hat es leider nie geklappt.“ erklärte ich dazu. „Das<br />

ist nicht ungewöhnlich. Bei mir hat's bislang auch noch nicht geklappt.“ meinte<br />

Frau Dr. Berger und lachte. „Da brauchen sie sich doch nicht zu wundern. Eine<br />

Psychotherapeutin zur Frau, das traut sich doch keiner. Da hat doch jeder Mann<br />

Angst vor.“ meinte ich. „So ist es.“ bestätigte mich Frau Dr. Berger mit einem<br />

Lächeln, „Selbst die größten Koryphäen, die sich auch selbst so sehen, wissen<br />

doch, dass sie irgendwo klein und schwach sind. Und eine Frau, die das eventuell<br />

auch erkennen könnte, das dann doch lieber nicht.“ Wir lachten und hoben<br />

unsere Gläser zueinander. „Aber was macht den Frauen bei ihnen denn eigentlich<br />

Angst?“ erkundigte sich Frau Berger. „Das ist mir selbst ein Rätsel.<br />

Aber dass ich Frauen Angst machen könnte, auf die Idee bin ich noch gar nicht<br />

gekommen. Ich habe immer nach anderen Erklärungen gesucht. Vielleicht alles<br />

falsch. Ich sollte doch mal zu ihnen kommen und mich analysieren lassen.“<br />

meinte ich. „In der ödipalen Phase wird das liegen. Meistens liegt es in der ödipalen<br />

Phase.“ Frau Berger dazu schmunzelnd. „Das kann ich mir gut denken.<br />

Letztendlich war doch keine der Freundinnen meiner Mutter ebenbürtig.“ unterstützte<br />

ich Frau Bergers Gedankengänge. „Wir werden albern.“ sagte sie lächelnd.<br />

„Aber als normal sehe ich das bei mir mittlerweile nicht mehr an. Es ist<br />

immer das gleiche. Wir mögen uns, wir lieben uns. Wenn wir länger zusammen<br />

sind, und ich mich frage, ob es nicht auf Dauer sein könnte, fang ich an Dinge<br />

zu sehen, die sich mir vorher nicht gezeigt hatten. Das steigert sich, bis es keinen<br />

Zweck mehr hat. Jedes mal verläuft das so. Aber was erzähle ich ihnen.<br />

Sie könnten Honorar dafür verlangen, dass sie mir zuhören.“ meinte ich und<br />

Frau Berger lächelte in sich hinein. „Wenn sie darunter leiden, sollten sie schon<br />

mal zum Therapeuten gehen. Aber ein bisschen scheinen sie sich auch in der<br />

Rolle zu gefallen. Abgesehen davon ist es überhaupt nicht sicher, dass ihnen<br />

dort geholfen wird. Man kann nicht einfach alles hin oder weg therapieren.“<br />

war Frau Dr. Bergers Ansicht.<br />

Einladung zum Essen<br />

Ich hatte noch einige Worte mit anderen gewechselt, da löste sich der Empfang<br />

auch schon auf. „Frau Dr. Berger ich möchte sie nicht gern völlig aus den Augen<br />

verlieren, können wir uns nicht mal wiedersehen?“ fragte ich beim Ab-<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 5 von 17


schied. „Ja, lassen sie sich bei mir im Büro einen Termin geben.“ reagierte sie.<br />

„Ist es jetzt ihr Part, die schlechten Witze zu machen?“ war meine Antwort.<br />

„Na gut, was wollen sie?“ fragte sie fast missgelaunt. „Ich würde sie gerne zum<br />

Essen einladen.“ sagte ich knapp. Sie überlegte, schaute prüfend und war dann<br />

einverstanden. Wir einigten uns auf ein Restaurant, den Termin mussten wir<br />

telefonisch abklären.<br />

„Ich freue mich, sie wiederzusehen.“ sagte ich, als sie kam, und ich ihr aus<br />

dem Mantel half. „So höflich sind sie ja nicht immer.“ meinte Frau Dr. Berger.<br />

Ich verstand nicht, und wegen meiner fragenden Augen fügte sie hinzu: „Sie<br />

haben mir noch nicht einmal verraten, wie sie heißen.“ „Das ist mir völlig entglitten,<br />

entschuldigen sie. Offiziell heiße ich Johannes Frei, aber so nennt mich<br />

niemand, für alle bin ich immer nur João. In der Schule hat man mich wegen<br />

meines Portugalfiebers schon so genannt. Dabei ist es geblieben, in Portugal<br />

heiße ich eh so, und in den Kreisen, mit denen ich zu tun habe, kommt es auch<br />

besser an.“ antwortete ich ihr. „Viel anders ist es bei mir auch nicht. Wenn<br />

mich heut' jemand Elisabeth nennen würde, wie es in meinem Ausweis steht,<br />

müsste ich erst überlegen, ob ich auch gemeint sei. Ich kenne mich seit Kindertagen<br />

nur als Lia, so habe ich mich wohl zuerst selbst genannt.“ Frau Berger<br />

darauf. „Ich hätte mich Anna genannt, als ich merkte, dass es mich selber<br />

gab, hat man mir gesagt.“ erzählte ich fast ein wenig verschämt von mir. Wir<br />

blieben noch weiter bei der Kindheit. „Da lebe ich ich fünfzehn Jahre und habe<br />

nichts von Portugal gehört, das mein weiteres Leben bestimmen soll. Ob es da<br />

doch schon irgendeine Anlage oder Bereitschaft gab, was meinen sie“ fragte<br />

ich Frau Berger. „Wie soll ich das wissen? Ich glaube nicht an Prädestination.“<br />

sie darauf. „Es hätte also genauso gut Schweden oder Uruguay werden können,<br />

meinen sie?“ fragte ich nach. „Durchaus, gar keine Frage, man muss sich<br />

nur intensiv damit beschäftigen, sich öffnen und sich hinein vertiefen, dann<br />

nehmen die Fragen nie ein Ende. Mit anderen Menschen ist das nicht anders,<br />

vielleicht sogar besonders deutlich dort.“ war Frau Bergers Ansicht. „Ich glaube<br />

daran mangelt's mir, das kann ich nicht. Ich lasse mich nicht tief genug auf andere<br />

ein.“ sagte ich. „Da möchte ich aber jetzt nicht mit ihnen drüber reden.<br />

Sonst muss ich nach dem Essen wirklich liquidieren.“ Frau Berger darauf. „Entschuldigung,<br />

ich rede anscheinend manchmal unbedacht. Ich hab's nur so gesagt<br />

und nicht an ihre Profession gedacht.“ ich dazu. Zum letzten mal war etwas<br />

den Beruf Tangierendes angeklungen. Das geschah nicht mehr. Nur noch<br />

über Begebenheiten aus unserer Biographie und über Politisches und vor allem<br />

Kulturelles sprachen wir. Es war ja auch viel interessanter, vom anderen dazu<br />

zu hören. „Sie mögen gerne Fisch und so Zartes wie den Zander? Sind sie ein<br />

feinfühlender Mensch, oder ist das nur bei Fischen so?“ fragte Frau Berger. Offensichtlich<br />

gefiel es uns, das Zwerchfell des anderen ständig in Spannung zu<br />

halten. Unser Gespräch war sicher öfter albern, doch heute schien es Frau Berger<br />

nicht zu stören sondern eher zu gefallen. Dass wir uns nach dem Essen<br />

nicht mehr wiedersehen würden, wäre uns beiden unverantwortlich erschienen.<br />

Zum nächsten Essen wurde ich von Frau Berger eingeladen. Wenn alle Welt<br />

uns João beziehungsweise Lia nannte, warum taten wir's dann nicht. Beim letzten<br />

mal hatten wir schon das Herr und Frau Doktor gleich gestrichen, jetzt waren<br />

wir per du. Die Anrede mit du bringt dich dem anderen sprunghaft näher.<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 6 von 17


Die zwei gemeinsamen Essen hatten schon eine sehr vertrauliche Atmosphäre<br />

zwischen uns aufkommen lassen. Dass ich mich nicht tiefer auf andere<br />

einlassen könnte, begann ich zu bezweifeln. Bei Lia schien es mir zu gefallen.<br />

Beim dritten Essen verhielten wir uns wie alte Bekannte nein, besser Freunde.<br />

Wir hatten sonst nichts miteinander zu tun, wussten nur, dass es uns gefiel,<br />

miteinander essen zu gehen, hatten uns dabei kennen gelernt und waren uns<br />

mehr und mehr vertraut geworden. Das vierte Essen war schon ausgemacht,<br />

als Lia mich abends anrief. Sie möchte das nicht mehr, keine gemeinsamen<br />

Essen mehr. Erklären könne sie es mir nicht. Ich war sehr ärgerlich und<br />

schimpfte: „Lia, das gehört doch nicht dir allein. Das betrifft mich doch<br />

genauso gut. Ich möchte nichts lieber, als dass wir uns weiter treffen. Ja, Lia,<br />

ich mag dich, ich mag dich sehr. Vielleicht hast du es ja gemerkt und willst es<br />

nicht. Ich bin dir nicht gut genug, denke zu einfach, zu direkt. Das Institut,<br />

was ist das schon? Zur Hochkultur zählt so was nicht.“ „Hör auf, João, ich kann<br />

es nicht mehr hören. Das ist sehr dumm und schmutzig, wie du jetzt sprichst.<br />

Und natürlich alles kompletter Unsinn. Mit dir hat es nichts zu tun. Du bist<br />

absolut in Ordnung. Versuche nicht bei dir irgendwelche Gründe zu finden. Es<br />

tut mir leid für dich. Ich möchte dich nicht kränken, João, aber für mich kann<br />

es nicht anders sein.“ erklärte Lia. Ich entschuldigte mich für meinen<br />

Zornesausbruch, aber Lia blieb dabei.<br />

Schicksal<br />

Es tat mir weh, ich fühlte Trauer. Sonst hatte ich nur empfunden, dass ich mich<br />

freute, Lia zu treffen, jetzt schien sie mir zu fehlen. Ich musste sie sehen,<br />

musste mit ihr reden, aber es ging ja nicht. Richtiggehend Sehnsucht hatte ich<br />

nach Lia. Warum hatten wir nicht mal Fotos gemacht? Natürlich hatte ich die<br />

Bilder in meinem Kopf, aber die Vorstellung, einem Foto von Lia einen Kuss geben<br />

zu können, gefiel mir ausgezeichnet. Wo träumte ich mich hin mit meinen<br />

Spinnereien. Nie hatten wir uns geküsst, wir hatten noch nicht einmal über irgendeine<br />

Art von Beziehung gesprochen. Nur zusammen gegessen hatten wir.<br />

Was sich da bei mir entwickelt hatte, war mir entgangen beziehungsweise nicht<br />

bewusst geworden. Etwa einen Monat später rief Lia an. Sie habe sich alles<br />

nochmal überlegt und sei zu der Ansicht gelangt, dass ihr Verhalten mir gegenüber<br />

nicht richtig gewesen sei. Es täte ihr heute leid. Ob wir das nochmal besprechen<br />

könnten, und ob ich es annehmen könne, wenn sie mich zum Essen<br />

einladen würde? Natürlich konnte ich es annehmen. Was Lia mir auch immer<br />

erzählen würde, ich musste sie einfach sehen. Am liebsten wäre ich ihr um den<br />

Hals gefallen, als wir uns trafen. Stark bremsen würde ich mich heute Abend<br />

müssen. Lia erzählte, wie sie gemerkt hätte, das unsere Treffen ihr emotional<br />

immer mehr bedeuteten. „Es fällt mir sonst nicht schwer, entsprechende Distanz<br />

zu wahren, doch was mit unseren gemeinsamen Essen geschah, schien<br />

sich außerhalb meines Kontrollbereiches zu entwickeln. Das wollte ich nicht<br />

mehr, das wirst du doch verstehen, João.“ verdeutlichte es Lia. „Nein, ohne zu<br />

wissen, was sich da entwickelte, verstehe ich nichts.“ erklärte ich dazu. Ohne<br />

direkt darauf zu antworten, sagte Lia nach einer Pause: „João, ich glaube, ich<br />

mag dich sehr gern, zu gern und das nahm zu. War einfach da. Es gab nichts<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 7 von 17


Schöneres als die Hoffnung, in der Nähe dieses Mannes zu sein. So ein Blödsinn.<br />

Ich war offensichtlich verliebt. Ich konnte es nicht fassen und wollte so<br />

etwas natürlich nicht. Na ja, ich hätt' es wissen müssen, dass es nicht einfach<br />

vergeht, wenn wir uns nicht mehr treffen. João, ich wollt' mich nicht<br />

entschuldigen, ich musste dich nur wiedersehen.“ sagte Lia und griff nach<br />

meiner Hand. Sie konnte ja nicht wissen, wie die Sehnsucht mich gequält<br />

hatte. Ob ich's ihr sagen sollte? Nein, lieber nicht so ganz direkt. Ich<br />

versicherte ihr nur, dass ich ebenso für sie empfinden würde, und mich sehr<br />

auf unser Treffen heute gefreut hätte. Wir sprachen noch lange, jetzt nur über<br />

unser Verhältnis, und stellten all die Punkte fest, wo wir doch eigentlich etwas<br />

hätten merken müssen. Als wir aufstanden, um zu gehen, lächelten wir uns an<br />

und kamen langsam aufeinander zu, kamen uns ganz nah und wussten, dass<br />

wir uns küssen mussten. Natürlich war es wundervoll, Lia selbst und nicht nur<br />

ein Foto von ihr küssen zu dürfen, aber als vertraut konnt' ich es keineswegs<br />

empfinden. Ich sehnte mich nach ihr, doch bei aller Nähe empfand ich auch<br />

Distanz, nicht trennende Fremdheit war es, sondern sondern auf Achtung<br />

schien sie zu basieren. Bevor wir uns heute Abend trafen, hatten wir kein Wort<br />

über irgendetwas wie Beziehung verloren. Deshalb hatte ich mich ja auch nicht<br />

mit ihr getroffen. Ich hatte sie sympathisch gefunden, und meinte, dass es<br />

ganz amüsant sein könnte, mit ihr essen zu gehen. Und diese Frau und ich<br />

hatten gerade erklärt, dass wir uns lieben müssten, und jetzt suchten wir<br />

Körperkontakt.<br />

Dass ich bei Lia auch nach geraumer Zeit Fehler entdecken könnte, darüber<br />

machte ich mir keine Sorgen. Natürlich ist jede Liebe anders, aber ich sah auch<br />

ähnliche Strukturen in meinen drei ernsthafteren Beziehungen. Immer war es<br />

so verlaufen, dass mir eine Frau gefiel, und ich versuchte eine Beziehung anzubahnen.<br />

Wenn es auch jedes mal anders war, so war doch die grundlegende<br />

Struktur immer die gleiche. Das Bild davon, was Liebe ist, wie ich mich in der<br />

Beziehung zu einer Frau sehe, es war immer gleich wie schon bei meiner ersten<br />

Liebe in der Schule. Natürlich war ich in Lia verliebt, wartete auf sie, hatte<br />

Sehnsucht nach ihr, nur mit dem, was ich sonst von Liebe gewohnt war, hatte<br />

das nichts zu tun. Wir waren uns völlig ebenbürtig, dass es früher nicht so gewesen<br />

war, wurde mir erst jetzt deutlich. Wie gleichrangige Geschwister der<br />

Familie unserer Liebe sah ich uns. Mich in Lia zu verlieben, hatte ich nie beabsichtigt,<br />

ich musste mir eingestehen, dass es so war. „Jetzt wirst du doch an<br />

die Vorsehung glauben müssen.“ meinte ich zu Lia, als wir noch draußen vorm<br />

Restaurant standen und ab und zu das Küssen zu perfektionieren suchten, „Wir<br />

haben nichts dazu getan, wollten es verhindern, aber das Schicksal hat es<br />

nicht zugelassen.“ „Ich weiß nicht recht, ob ich dir glauben soll, mein<br />

Liebster?“ meinte Lia lächelnd, „Es gibt etwas in uns, das ohne zu fragen uns<br />

bestimmt, aber so was wie Schicksal hat man da noch nie gesehen.“<br />

Erste Liebe<br />

Jetzt verabredeten wir uns häufiger, gingen zusammen ins Theater, ins Konzert<br />

oder spazieren. „João, Liebster, ich glaube, ich bin zum ersten mal richtig ver-<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 8 von 17


liebt, verstehst du, so mit Sehnsucht und Begierde und das mit fast vierzig<br />

Jahren. Wahrscheinlich funktioniert das nur, wenn man es gar nicht will. Wenn<br />

ich einen Mann bewundern konnte und ihn sympathisch fand, dann wollte ich<br />

gern näher etwas mit ihm zu tun haben, aber Liebe, so wie jetzt, ist nie daraus<br />

geworden. Als klein und schwach habe ich niemals jemanden gesehen, aber<br />

wer in einem Bereich etwas Besonderes vollbringt, lebt auch meistens darin.<br />

Alles andere ist relativ unbedeutend, und da existiert dann noch der Wunsch<br />

nach einer Frau.“ erklärte Lia. „Also doch nicht alles völlig sublimiert.“<br />

kommentierte ich lachend. „So ist es.“ bestätigte mich Lia schmunzelnd, „Ich<br />

wusste ja, dass es der falsche Weg war, aber ich konnte auch nichts anderes<br />

leben. Mit jemandem essen zu gehen, um nach geraumer Zeit festzustellen,<br />

dass man verliebt ist, diese Praxis war mir bislang nicht geläufig.“ „Mir genauso<br />

wenig, Lia.“ meinte ich dazu, „Ob ich zum ersten mal richtig verliebt bin, weiß<br />

ich nicht. Vielleicht habe ich sonst nur gemeint, verliebt zu sein. Zumindest<br />

empfinde ich mit dir eine ganz andere Art von Liebe. Reifer und tiefer erscheint<br />

es, erfassender und umfänglicher kommt es mir vor, ja einfach viel, viel<br />

ernster, vielleicht wenn man so will, ein bisschen würdig.“ erklärte ich und<br />

lachte, und Lia bat um einen würdevollen Kuss. Auch wenn wir viel und gerne<br />

lachten und Albernheiten nicht verschmähten, verhielten wir uns doch im<br />

Allgemeinen ziemlich distinguiert. Bald riefen wir uns ständig an. Erkundigten<br />

uns, wann der andere Zeit habe und was wir zusammen unternehmen<br />

könnten. Die meiste Zeit verbrachte Lia bei mir. Das Ambiente und das Flair<br />

meiner Wohnung gefielen ihr besser als bei sich, reicher und wärmer, Portugal<br />

eben. Ich hatte eine sehr große Wohnung, für mich allein völlig<br />

überdimensioniert, aber ich hatte ja auch schon dreimal mehr oder weniger<br />

lange mit einer Frau hier gelebt. Ich bat Lia, auch ganz zu mir zu ziehen. Das<br />

wollte sie nicht. Erst nach einem Jahr, entschloss sie sich doch, ihre Wohnung<br />

aufzugeben. Die eigene Wohnung sei Theorie, die sie aber doch nicht<br />

praktiziere. Sie beuge sich der Faktizität der Verhältnisse.<br />

Lia will mich<br />

Wenn wir uns liebkosten und schmusten, war Lia viel forscher als ich. Sie griff<br />

mir stets ins Hemd, ich ihr in die Bluse nie. Natürlich war Lia eine schöne Frau<br />

und weckte mein Begehren, doch andererseits umgab sie eine würdevolle<br />

Aura, die lustvolle Berührungen <strong>durch</strong> mich nicht gerne sah. Der Vorschlag, gemeinsam<br />

die Nacht zu verbringen, kam auch von ihr. Sie wolle keinen Sex, sie<br />

wolle mich. Was ich mir darunter vorzustellen hatte, erläuterte sie nicht und<br />

ich fragte auch nicht. Ich war gespannt, es zu erleben. Was auch immer sie<br />

vorhätte, mit Lia im Bett, da musste ich mich einfach drauf freuen, aber genauso<br />

verklemmt wie beim ersten Kuss war ich auch jetzt. Ihre Lust auf mich<br />

äußerte sich so, dass wir uns lange streichelten und berührten, uns gegenseitig<br />

erkundeten, jeden Quadratzentimeter der Haut des anderen küssend erforschten,<br />

dabei Zärtliches und Lustiges redeten, uns erregten und schließlich miteinander<br />

schliefen. Lia war freier als ich und konnte über alles amüsant reden. Sie<br />

sei sich gar nicht sicher gewesen, ob sie es überhaupt noch könne, meinte sie<br />

hinterher, während ich so in Wonne schwelgte, dass ich gar nicht reden, son-<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 9 von 17


dern nur strahlend lächeln konnte. Wir schliefen nicht immer miteinander, aber<br />

unsere Körperkontakte, brauchten wir jeden Abend im Bett. Ich hätte das Jahrzehnte<br />

verschollene Bedürfnis nach ihrem Teddy wieder in ihr geweckt, erklärte<br />

es Lia.<br />

Bereicherung<br />

Im Urlaub mussten wir natürlich nach Portugal. Wir verbrachten zwei Wochen<br />

die der Familie eines Freundes aus meiner damaligen Studienzeit in Coimbra.<br />

Es war häufig lustig, und auch hier wurde Lia für eine Portugiesin gehalten, die<br />

leider ihre eigene Sprache nicht sprechen konnte. Immer sprach man sie auf<br />

Portugiesisch an und war erstaunt, dass sie es nicht verstand. Eine Woche<br />

Lissabon, das war viel zu kurz. Lia war noch nie in Portugal gewesen. Der Besuch<br />

weckte offensichtlich größeres Interesse, als ich bislang <strong>durch</strong> mein begeistertes<br />

Erzähltes bewirken konnte. Sie wollte auch portugiesisch lernen, um<br />

meine Geheimsprache, auch verstehen zu können, wie sie es scherzhaft begründete.<br />

In Wirklichkeit gefiel ihr das Portugiesische, besonders sein Klang.<br />

Den Fado könne man nur in dieser Sprache singen. Lia wurde langsam auch<br />

immer mehr zur Lusitanierin. Umgekehrt war es bei mir. Was ich von der Psyche<br />

wusste, war Volkeswissen aus bildungsbürgerlichen Kreisen. Ich wurde<br />

nicht zum Freud-Experten und auch mit Therapien hatt' ich nichts zu tun, jedoch<br />

Freuds Gedanken und Ansichten, spielten ja nicht nur unter seinen Apologeten<br />

eine Rolle. Sie <strong>durch</strong>wirkten ja die gesamte spätere Sozialphilosophie,<br />

und stellen heute die Grundlage unsere Bildes vom Menschen dar. Wir erklären<br />

nichts mehr mit göttlichen Ratschlüssen, sondern mit Freuds Begriffen. Natürlich<br />

kannte Lia sich mit allem Psychischen besser aus, aber sie war mir auch<br />

erkenntnistheoretisch überlegen. Über aktuelle epistemologische Fragen diskutierten<br />

wir oft stundenlang. Wir bereicherten uns nicht nur gegenseitig, es<br />

war auch immer ein Genuss, etwas zu hören, weil Lia es war, die es sagte. Ihr<br />

dabei zuschauen, erfreute nicht nur mein Gemüt, ich sah auch immer mehr<br />

von ihr, lernte sie tiefer kennen, das wurde nie genug und mein Erkenntnisdrang<br />

nahmen nie ein Ende.<br />

No Kids<br />

Wir haben auch mal über Kinder gesprochen, aber es war von Anfang an nicht<br />

ernst. Lia hätte ja noch Kinder bekommen können, und nicht wenige Frauen<br />

fingen damit in ihrem Alter auch erst an. Wir machten uns nicht lustig über die<br />

Freude an Kindern, nur unser Leben war ein anders. Es war uns beiden klar,<br />

dass so etwas zu uns nicht passen würde. Sicher wäre es interessant zu sehen,<br />

wie ein Kind alles lernte, eine eigne Persönlichkeit entwickelte, aber für ein<br />

Kleinkind verantwortlich zu sein, das unseren Alltag verändert und dominiert<br />

hätte, entsprach nicht der Vorstellung von unserem Zusammenleben. Lustiger<br />

fanden wir schon die Pubertierenden mit ihren oft verrückten Ideen und in all<br />

ihrer Verquertheit. Es gab uns Anlass über die Beziehung von Körper und Psy-<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 10 von 17


che zu sprechen. „Ich kann mich auch nicht dagegen wehren, Aber die Aufteilung<br />

des Menschen in Körper und Geist ist ein Substrat abendländischen kulturgeschichtlich<br />

entwickelten Denkens, das vor allem die Kirche gefördert hat,<br />

mit der immateriellen Seele, die in den Himmel kommt und dem irdischen Körper,<br />

dem das Böse anhaftet, und der wieder zu Staub wird.“ meinte Lia. „Was<br />

willst du sagen? Alles wird zu Staub, oder dem Körper haftet nichts Böses an?“<br />

fragte ich nach. Beides und mehr. Alles am Menschen ist materiell.<br />

Immaterielles gibt es nicht. Alles ist auch dein Körper. Er ist nicht ein Gerät<br />

außerhalb deines Denkens und Empfindens, das Hormone produziert, die sich<br />

darauf auswirken. Und ob du etwas Böses tust oder denkst, ist eine moralisch<br />

Bewertung, deren Kriterien aber nicht ausschließlich kulturgeschichtlich<br />

vermittelt sein müssen.“ Lia dazu. Jetzt kam wieder, wie öfter, das Gespräch<br />

auf den Menschen an sich, ob es ihn gebe und wer er dann sei.<br />

<strong>Maria</strong> de Andrade<br />

Zu mir kam öfter Besuch, Lia hatte aber nur eine Freundin, die sie besuchen<br />

kam, und mit der sie ein sehr enges Verhältnis verband. Zu unseren Familien<br />

hatte wir beide keine intensiven Kontakte. Besuche vermittelten Leben und das<br />

Eingebunden sein in Zusammenhänge. Ich fragte, ob wir nicht vielleicht einen<br />

portugiesischen Austauschstudenten oder eine Studentin aufnehmen sollten.<br />

Lias Portugiesisch Kenntnisse waren mittlerweile auch fortgeschritten, so dass<br />

meine portugiesische Frau allmählich auch ihre Sprache beherrschte. Eine junge<br />

Frau bevorzugte Lia. Eine Studentin der Wirtschaftswissenschaften, <strong>Maria</strong><br />

de Andrade aus einer kleineren Stadt im Alentejo, studierte jetzt in Évora und<br />

sollte für ein Semester unser Gast sein. Lia hatte sie abgeholt und sie unterwegs<br />

einiges von sich erzählen lassen. Nur deutsch solle man mit ihr sprechen,<br />

um das zu lernen sei sie auch hier. Wenn sie bereit sei, wollten wir zusammen<br />

Kaffee trinken. Ich hatte etwas zur portugiesischen Kultur geäußert und <strong>Maria</strong><br />

erklärte: „Das ist Touristen Meinung. In Portugal möchte man gern, dass die<br />

Touristen es so sehen. Das ist falsch und die Wirklichkeit sieht ganz anders<br />

aus.“ Lia und ich grinsten uns an. Ich hätte sie gern noch weiter schimpfen gehört,<br />

aber Lia meinte, für einen Touristen sei ich sehr lange in Portugal gewesen.<br />

„<strong>Maria</strong>, ich habe in Portugal gelebt, ein ganzes Jahr, habe in Coimbra studiert<br />

und habe auch Freunde in Portugal. Hier leite ich ein portugiesisches Institut<br />

mit einer großen Bibliothek. Da kannst du sicher noch vieles über dein<br />

Heimatland erfahren, was du bislang nicht wusstest.“ erklärte ich und lächelte.<br />

<strong>Maria</strong> hatte schon, während ich sprach, ihr Gesicht in den Händen vergraben.<br />

„Oh, ich bin entsetzlich dumm. Wie konnte ich nur? Ich schäme mich unermesslich.“<br />

jammerte sie, und die Tränen standen ihr fast in den Augen. Beruhigend<br />

legte ich meine Hand auf ihre und meinte „<strong>Maria</strong>, du bist nicht dumm,<br />

mir macht es nichts, und du brauchst dich nicht zu schämen.“ „Doch, es ist mir<br />

unendlich peinlich, mich so blamiert zu haben.“ reagierte sie, hielt sich wieder<br />

die Hände vor die Augen und nahm meine Hand gleich mit. „<strong>Maria</strong>, wir denken<br />

beide kein bisschen abschätzig über dich, weil du das gesagt hast. Ich fand es<br />

eher amüsant. Meine Ansicht als Touristenmeinung zu bezeichnen, das kann<br />

mich doch nicht treffen. Wir sind auch weiterhin genauso Freunde, wie wir es<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 11 von 17


sein wollten.“ beruhigte ich <strong>Maria</strong> nochmal. Sie stand auf, viel mir um den<br />

Hals, um sich zu bedanken oder sich zu entschuldigen oder beides. Sie merkte,<br />

dass sie Lia dann ja auch wohl umarmen müsste und tat es. Dies Verhalten<br />

von <strong>Maria</strong> entsprach nicht der <strong>durch</strong>schnittlichen Mentalität von Mädchen aus<br />

dem Alentejo. <strong>Maria</strong> war aber auch sofort schon wieder ganz lebendig. Sie wolle<br />

es wieder gut machen, zum Beispiel Lia im Haushalt helfen, so könne sie das<br />

nicht auf sich sitzen lassen. Als Lia erklärte, dass sie gar nicht für den Haushalt<br />

zuständig sei, wir aber auch nicht wüssten, wer das denn sei, staunte <strong>Maria</strong><br />

nur, fragte immer wieder und wir hatten viel zu lachen. <strong>Maria</strong> war nicht mehr<br />

nur unser befreundeter Gast, sondern war unsere Tochter geworden. Sie war<br />

sehr extrovertiert, trällerte den ganzen Tag und brachte uns immer wieder zum<br />

Lachen. Für Saudade war in <strong>Maria</strong>s Gemüt kein Platz. Trotzdem war sie von<br />

meinen Fado CDs begeistert. Sie fände das alles toll, vieles kannte sie gar<br />

nicht, aber Mariza sei heute eben am schärfsten. Natürlich mussten wir auch<br />

'Grândola, Vila Morena' hören, als ich erzählte, wie ich zu Portugal gekommen<br />

sei. „Es ist absolut verrückt.“ sagte <strong>Maria</strong>, „Mich gab es damals noch gar nicht,<br />

aber wenn ich das höre, kommen mir immer die Tränen. Da brauchte ich einen<br />

Freund, an den ich mich anlehnen könnte. Ich habe so viel Schreckliches aus<br />

der Salazar Zeit gehört, dass ich bei 'Grândola' immer glücklich bin, das nicht<br />

mehr erleben zu müssen. Es schenkt mir immer das Empfinden meiner<br />

persönlichen Freiheit und eines unbeschwerten Lebens. Ohne 'Grândola' könnte<br />

ich nicht glücklich sein.“ „Ja, der lusitanische Popanz.“ kommentierte ich und<br />

schmunzelte, nahm <strong>Maria</strong> statt des erforderlichen Freundes in den Arm und sie<br />

lächelte.<br />

Daddys Daughter<br />

Lia hatte sich eine Studentin gewünscht, aber <strong>Maria</strong> war immer bei mir. Natürlich<br />

redeten wir viel über Évora und Coimbra, den Alentejo und anderes in Portugal,<br />

aber wir sprachen auch über Dinge, die mit Portugal nichts zu tun hatten,<br />

das Erwachsen werden, <strong>Maria</strong>s Zukunftspläne und über Liebe zum Beispiel.<br />

Auch bei Tisch waren <strong>Maria</strong> und ich es, die am meisten miteinander sprachen.<br />

Wir konnten uns eben gut verstehen und hatten uns viel zusagen, weil<br />

ich ja fast auch Portugiese war. Doch unabhängig davon gefiel es mir. <strong>Maria</strong><br />

war eine junge Frau, quicklebendig und endlos neugierig. Sie verkörperte das<br />

junge, frische Leben. <strong>Maria</strong> hielt Lia für eine sehr schöne und elegante Frau,<br />

sie mochten sich. Lia war immer warm und freundlich, aber dieser selbstverständliche,<br />

offene Umgang wie bei <strong>Maria</strong> und mir, kam zwischen den beiden<br />

nicht auf. Vielleicht waren ihre Persönlichkeiten zu verschieden. Lias Verhalten<br />

korrespondierte mehr mit portugiesischer Durchschnitts Mentalität. <strong>Maria</strong>s Verhalten<br />

war gefühlsbetont und extrovertiert, welchem Land könnte man das zuordnen?<br />

Sollten nicht alle jungen Menschen so sein können? Gegenüber <strong>Maria</strong><br />

kam ich mir alt vor, und sie weckte in mir die Lust, wieder jung zu sein. Natürlich<br />

musste <strong>Maria</strong> Deutschland kennen lernen. An Wochenenden waren wir<br />

häufig unterwegs, besuchten Ausstellungen und Konzerte in München, Stuttgart<br />

oder Berlin. <strong>Maria</strong> war immer high und dankte uns überschwänglich. In<br />

Berlin saß ich mit Lia im Café. <strong>Maria</strong> war alleine unterwegs. „Du magst <strong>Maria</strong><br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 12 von 17


sehr, nicht wahr?“ fragte mich Lia. Wie sollt' ich das verstehen? „Ja, Lia, ich<br />

mag sie schon, aber nicht so. Sie ist ein Kind.“ war meine Antwort. Lia sagte<br />

nichts, sie schaute mich nur intensiv an und grinste. „Lia, was soll das? Warum<br />

denkst du so? Dass <strong>Maria</strong> eine Frau ist, und ich Begehrlichkeiten entwickeln<br />

könnte, ist doch albern. So etwas ist mir noch nie in den Sinn gekommen. Dir<br />

scheint daran zu liegen, mich darauf zu bringen.“ reagierte ich verärgert. Ich<br />

solle mich beruhigen, meinte Lia, und sie entschuldigte sich. Dass ich mich so<br />

echauffierte, war bestimmt völlig falsch und signalisierte Lia eher die Berechtigung<br />

ihrer Vermutung. An eine Beziehung zu <strong>Maria</strong> hatte ich zwar noch nie gedacht,<br />

aber wenn man miteinander zu tun hat, besteht ja stets eine wie auch<br />

immer geartete Form von Beziehung. Die Beziehung zwischen mir und <strong>Maria</strong><br />

war nicht nur offen und vertrauensvoll, wir mochten einander und freuten uns,<br />

zusammen zu sein. Ich liebte es <strong>Maria</strong> zu erleben, und ihr gefiel es offensichtlich<br />

auch mit mir. Sie sei Daddys Daughter hatte Lia mal im Scherz gesagt,<br />

aber in der Vaterrolle oder der des klugen Gastgebers wollte ich mich nicht sehen,<br />

und so sprach <strong>Maria</strong> mich auch nicht an. Ich war eher ihr vertrauensvoller<br />

Freund, ihr liebevoller Ankerpunkt und so gefiel ich mir auch besser. „João, du<br />

bist ein sehr netter Mann. So einen Freund wünschte ich mir in Portugal, aber<br />

ich glaube, da gibt es so nette Männer gar nicht.“ sagte <strong>Maria</strong>, und ich wusste<br />

nicht, wie ich es verstehen sollte. „Muss ich dir jetzt auch ein Kompliment machen,<br />

<strong>Maria</strong>?“ fragte ich und wollte es ins Scherzhafte ziehen. „Nein, João,<br />

gleichgültig wie du mich siehst, ich mag dich sehr. So habe ich noch nie jemanden<br />

gemocht, und dabei spielt es keine Rolle, was du alles weißt und kannst.<br />

Zu wissen, dass wir uns niemals werden lieben können, stimmt mich traurig,<br />

wenn ich daran denke.“ erklärte <strong>Maria</strong>. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen<br />

sollte. Es verwirrte mich. Ich wollte nur nett zu ihr sein, nahm sie in den Arm<br />

und drückte sie und gab ihr einen Kuss auf ihre Stirn. Sie reckte ihren Kopf<br />

hoch und bot mir ihre Lippen. „Nein, nein, <strong>Maria</strong>. Das nicht.“ war meine Reaktion.<br />

„Einmal und dann nie wieder. Nur für mich zur Erinnerung.“ bat sie. Na gut,<br />

wir küssten uns und ich war froh, als es vorüber war. <strong>Maria</strong>, sei klug und quäle<br />

mich nicht, sprach ich ohne Klang zu einem Wesen in den Sphären. <strong>Maria</strong> unternahm<br />

auch keinerlei Handlungen, die den Anschein hätten erwecken können,<br />

mich verführen zu wollen. Trotzdem war unser Verhältnis ein anderes geworden.<br />

Zwar hatte nur <strong>Maria</strong> gesagt, dass sie mich liebe, aber ich hatte mit<br />

keinem deutlichen Wort erklärt, dass es bei mir ihr gegenüber nicht der Fall<br />

sei. Im Grunde wusste ich es selber nicht. Ich wollte es auf keinen Fall, doch<br />

mein Empfinden war ihr schon sehr zugetan. Natürlich liebten wir uns nicht,<br />

aber verhielten uns so, als ob wir könnten.<br />

Gesicherte Liebe<br />

„Du kannst dich selbst belügen, João, aber ich täusche mich nicht. Wie ihr auch<br />

immer damit umgeht, aber dass ihr beide euch sehr mögt, kann niemandem<br />

verborgen bleiben.“ meinte Lia abends im Bett zu unserem Verhalten. „Lia, es<br />

ist nichts.“ begann ich und erklärte ihr dann alles im Detail. „Ihr wollt beide die<br />

Beziehung zwischen dir und mir nicht gefährden, wie ehrenvoll, herzlichen<br />

Dank, João. Nur ist das sehr verlogen, wenn deine Gefühle für <strong>Maria</strong> empfin-<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 13 von 17


den, sind sie nicht mehr bei mir. Gleichgültig wie viel Zärtlichkeiten ihr austauscht<br />

oder miteinander ins Bett geht. Lebe deine Gefühle, João. Du kannst<br />

sie nicht verdrängen, nur ich werde nicht dabeistehen und zuschauen.“ erklärte<br />

Lia. „Lia, nein, was redest du? So kannst du doch nicht sprechen. Was sagst du<br />

denn da. Du tust mir entsetzlich weh. Ich liebe nicht <strong>Maria</strong> oder dich. Ich liebe<br />

nur dich und sonst niemanden. Du bist meine Liebste, warst es und wirst es<br />

sein. Mit <strong>Maria</strong>, das sind Spielereien. Ich mag sie gern, wie einen sehr, sehr<br />

guten Freund. Auch wenn sie mir erklärt, dass sie mich gerne lieben würde,<br />

dann weiß ich es und träume nicht davon. Es schafft schon eine große Nähe<br />

zwischen uns, und daraus resultiert unser Verhalten.“ war meine Reaktion<br />

darauf. Lia unterzog mich einer Analyse, um sicher zu gehen, dass meine Liebe<br />

auch wirklich nur ihr gehöre. Als sie überzeugt schien, legte sie sich an mich<br />

und ihren Kopf auf meine Schulter. Vielleicht hatte es sie schon länger gequält.<br />

Jetzt hatte sie mich und unsere Liebe wieder. Wir waren zärtlich zueinander<br />

und liebten die gesicherte Liebe.<br />

Ich hatte mit <strong>Maria</strong> gesprochen. Sie verstand. Wir wollten offen sein und nicht<br />

mehr die Verliebten spielen. Sie unterhielt sich lange mit Lia und konnte nicht<br />

verstehen, dass eine Psychotherapeutin selbst nicht wusste, warum sie liebte.<br />

Sie wollte ausfindig machen, ob es das gleiche sei, was ich bei ihr und bei Lia<br />

anspreche. Ein Crash-Kurs in der Psychologie der Liebe wurde es für <strong>Maria</strong>. Die<br />

beiden kamen sich da<strong>durch</strong> sehr viel näher, wurden vertrauter und scherzten<br />

über mich. Natürlich wolle sie zu Hause einen etwa gleichaltrigen Freund finden,<br />

aber das fiele ihr <strong>durch</strong> ihre gestiegenen Ansprüche sicher noch viel<br />

schwerer als bisher. Wir konnten uns das nicht vorstellen, zumal sie in der<br />

kurzen Zeit hier schon viele Freunde kennengelernt hatte. Jeder musste zu uns<br />

kommen und wurde uns vorgestellt.<br />

<strong>Maria</strong>s Abschied<br />

Tatsächlich ging es <strong>Maria</strong> aber wohl mehr darum, dass sie ihnen ihre tollen<br />

Gastgeber zeigen wollte. Sie schwärmte überall davon und hatte es auch zu<br />

Hause schon verbreitet. Alle Verwandten <strong>Maria</strong>s hatten uns schon zu sich eingeladen.<br />

<strong>Maria</strong> bekam sich gar nicht wieder ein, als sie uns verlassen musste.<br />

Wir bremsten sie in ihren Lobpreisungen. Alles sei toll, was sie erlebt habe,<br />

aber ihre Seele, ihr Herz habe sich <strong>durch</strong> unseren Kontakt verändert. Für ihr<br />

gesamtes Leben hätten wir dort einen festen Platz. Die schönste Zeit, die sie je<br />

erlebt habe, sei ihr Aufenthalt bei uns für sie gewesen. Wir überlegten, wie wir<br />

unsere Freundschaft aus der Ferne pflege könnten. Sie möchte gern in Gedanken<br />

immer zu uns gehören. Natürlich müssten wir sie sobald wie möglich besuchen<br />

kommen. Wir versprachen es für den nächsten Urlaub, schließlich konnten<br />

wir ja ihre Verwandten nicht so lange warten lassen.<br />

Epilog<br />

Zum Alentejo hatte ich nur wenige Bezüge, obwohl ihm doch eine herausgeho-<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 14 von 17


ene Position unter den Regionen Portugals zukommt. Jetzt kannte ich sogar<br />

eine Frau, die mich liebte, dort. <strong>Maria</strong> de Andrade vermittelte mir ein anderes,<br />

neues Verhältnis zum Alentejo. Die Korkeichen schälenden Männer fielen mir<br />

nicht mehr dabei ein. Nie wird das Bild von Portugal zu Ende gemalt sein. Die<br />

Erkenntnisse und Fragen nehmen nie ein Ende. Nur wie das einzufügen war,<br />

wovon ich in Schülertagen geträumt hatte, eine portugiesische Frau zu lieben,<br />

darüber war ich mir nicht schlüssig. Vielleicht würde Lia selbst mir ja erkenntnistheoretische<br />

Hinweise liefern können, ob ich jetzt eine portugiesische Frau<br />

liebte oder doch eher eine deutsche.<br />

FIN<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 15 von 17


Die Liebe ist eine Leidenschaft, die sich nichts anderem beugt, der sich<br />

hingegen alles andere unterwirft.<br />

Madeleine de Scudéry<br />

Lia hatte sich eine Studentin gewünscht, aber <strong>Maria</strong> war immer bei mir. Natürlich<br />

redeten wir viel über Évora und Coimbra, den Alentejo und anderes in Portugal,<br />

aber wir sprachen auch über Dinge, die mit Portugal nichts zu tun hatten,<br />

das Erwachsen werden, <strong>Maria</strong>s Zukunftspläne und über Liebe zum Beispiel.<br />

Die Beziehung zwischen mir und <strong>Maria</strong> war nicht nur offen und<br />

vertrauensvoll, wir mochten einander und freuten uns, zusammen zu sein. Ich<br />

liebte es <strong>Maria</strong> zu erleben, und ihr gefiel es offensichtlich auch mit mir. Sie sei<br />

Daddys Daughter hatte Lia mal im Scherz gesagt, aber in der Vaterrolle oder<br />

der des klugen Gastgebers wollte ich mich nicht sehen, und so sprach <strong>Maria</strong><br />

mich auch nicht an. Ich war eher ihr vertrauensvoller Freund, ihr liebevoller<br />

Ankerpunkt und so gefiel ich mir auch besser. „João, du bist ein sehr netter<br />

Mann. So einen Freund wünschte ich mir in Portugal, aber ich glaube, da gibt<br />

es so nette Männer gar nicht.“ sagte <strong>Maria</strong>, und ich wusste nicht, wie ich es<br />

verstehen sollte. „Muss ich dir jetzt auch ein Kompliment machen, <strong>Maria</strong>?“<br />

fragte ich und wollte es ins Scherzhafte ziehen. „Nein, João, gleichgültig wie du<br />

mich siehst, ich mag dich sehr. So habe ich noch nie jemanden gemocht, und<br />

dabei spielt es keine Rolle, was du alles weißt und kannst. Zu wissen, dass wir<br />

uns niemals werden lieben können, stimmt mich traurig, wenn ich daran<br />

denke.“ erklärte <strong>Maria</strong>. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Es<br />

verwirrte mich. Ich wollte nur nett zu ihr sein, nahm sie in den Arm und<br />

drückte sie und gab ihr einen Kuss auf ihre Stirn. Sie reckte ihren Kopf hoch<br />

und bot mir ihre Lippen. „Nein, nein, <strong>Maria</strong>. Das nicht.“ war meine Reaktion.<br />

„Einmal und dann nie wieder. Nur für mich zur Erinnerung.“ bat sie. Na gut, wir<br />

küssten uns. Trotzdem war unser Verhältnis ein anderes geworden. Zwar hatte<br />

nur <strong>Maria</strong> gesagt, dass sie mich liebe, aber ich hatte mit keinem deutlichen<br />

Wort erklärt, dass es bei mir ihr gegenüber nicht der Fall sei. Im Grunde<br />

wusste ich es selbst nicht. Ich wollte es auf keinen Fall, doch mein Empfinden<br />

war ihr schon sehr zugetan. Natürlich liebten wir uns nicht offiziell, aber<br />

verhielten uns so, als ob wir könnten. „Du kannst dich selbst belügen, João,<br />

aber ich täusche mich nicht. Wie ihr auch immer damit umgeht, aber dass ihr<br />

beide euch sehr mögt, kann niemandem verborgen bleiben.“ meinte Lia abends<br />

im Bett zu unserem Verhalten. „Lia, es ist nichts.“ begann ich und erklärte ihr<br />

dann alles im Detail. „Ihr wollt beide die Beziehung zwischen dir und mir nicht<br />

gefährden, wie ehrenvoll, herzlichen Dank, João. Nur ist das sehr verlogen,<br />

wenn deine Gefühle für <strong>Maria</strong> empfinden, sind sie nicht mehr bei mir.<br />

Gleichgültig wie viel Zärtlichkeiten ihr austauscht oder miteinander ins Bett<br />

geht. Lebe deine Gefühle, João. Du kannst sie nicht verdrängen, nur ich werde<br />

nicht dabeistehen und zuschauen.“ erklärte Lia. „Lia, nein, was redest du? So<br />

kannst du doch nicht sprechen. Was sagst du denn da. Du tust mir entsetzlich<br />

weh. Ich liebe nicht <strong>Maria</strong> oder dich. Ich liebe nur dich und sonst niemanden.<br />

Du bist meine Liebste, warst es und wirst es sein. Mit <strong>Maria</strong>, das sind<br />

Spielereien. Ich mag sie gern, wie einen sehr, sehr guten Freund. Auch wenn<br />

sie mir erklärt, dass sie mich gerne lieben würde, dann weiß ich es und träume<br />

nicht davon.“ war meine Reaktion darauf. Lia unterzog mich einer Analyse, um<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 16 von 17


sicher zu gehen, dass meine Liebe auch wirklich nur ihr gehöre. Als sie<br />

überzeugt schien, legte sie sich an mich und ihren Kopf auf meine Schulter.<br />

Vielleicht hatte es sie schon länger gequält. Jetzt hatte sie mich und unsere<br />

Liebe wieder. Wir waren zärtlich zueinander und liebten die gesicherte Liebe.<br />

<strong>Bedrohung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Maria</strong> – Seite 17 von 17

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