26.11.2013 Aufrufe

Sehnsucht nach Sarahs Augen

„Wenn sie dann völlig abweisend gewesen wären, hätte sich ja alles geklärt. Aber so haben sie ja nicht reagiert.“ erläuterte Herr Heinrichs mir. „Ich habe mich auch hinterher gefragt, warum ich das nicht getan habe. Das wäre meine übliche Reaktion gewesen. Ich brauche und suche nämlich gar keinen Mann, und so etwas sind sie ja offensichtlich. Aber sie sind ein sympathischer Mann, auch wenn sie vorhaben ihre Frau zu betrügen. Vielleicht ist das ja auch so eine männliche Macke, dass man seine Frau wenigstens einmal betrogen haben muss.“ antwortete ich ihm. „Mögen sie Männer wegen ihrer der von ihnen so bezeichneten 'männlichen Macken' nicht? Aber ich plane auch nicht meine Frau zu betrügen, ich habe nur versucht, ihnen möglichst offen zu sagen, wie es für mich ist. Ich plane überhaupt nichts. Ich komme mir eher so vor, als ob etwas mit mir geschieht. Sich irgendetwas in mir einen Scherz daraus macht, mit meinen Gefühlen zu spielen, und mich massiv zu verwirren.“ versuchte Herr Heinrichs erläuternd auf mich einzugehen. Wenn du zwischendurch allzu große Sehnsucht nach meinen Augen hast, können wir uns ja wieder mal zum Essen verabreden. Trotz aller Unklarheiten fände ich es passender, wenn du mich Sarah nennen würdest, und ich deinen Vornamen auch wüsste, Herr Richter, wir haben ja mittlerweile einiges nicht gerichtsnotorische untereinander ausgetauscht.“ ging ich auf ihn ein. „Ich heiße schlicht Frank, wie Millionen andere Boys in meinem Alter.“ Zu Hause im Spiegel schaute ich mir erst mal meine Augen an. Hatte ich große Augen, schöne Augen, ließen sie etwas erkennen, sagten sie etwas aus? Ich sah sie ja jeden Morgen groß im Spiegel, aber auch jetzt konnte ich keine Ant­wort finden. Für mich selbst waren sie ganz normal blass bläulich, und ansons­ten empfand ich alles als sehr üblich. Ich glaube eher, dass die Augen als leicht strahlend empfunden werden, wenn man lächelt. Dann gefiel ich mir selbst auch trotz meiner Falten am besten. Was veranlasste mich dazu, auf diesen Mann so zu reagieren?

„Wenn sie dann völlig abweisend gewesen wären, hätte sich ja alles geklärt. Aber so haben sie ja nicht reagiert.“ erläuterte Herr Heinrichs mir. „Ich habe mich auch hinterher gefragt, warum ich das nicht getan habe. Das wäre meine übliche Reaktion gewesen. Ich brauche und suche nämlich gar keinen Mann, und so etwas sind sie ja offensichtlich. Aber sie sind ein sympathischer Mann, auch wenn sie vorhaben ihre Frau zu betrügen. Vielleicht ist das ja auch so eine männliche Macke, dass man seine Frau wenigstens einmal betrogen haben muss.“ antwortete ich ihm. „Mögen sie Männer wegen ihrer der von ihnen so bezeichneten 'männlichen Macken' nicht? Aber ich plane auch nicht meine Frau zu betrügen, ich habe nur versucht, ihnen möglichst offen zu sagen, wie es für mich ist. Ich plane überhaupt nichts. Ich komme mir eher so vor, als ob etwas mit mir geschieht. Sich irgendetwas in mir einen Scherz daraus macht, mit meinen Gefühlen zu spielen, und mich massiv zu verwirren.“ versuchte Herr Heinrichs erläuternd auf mich einzugehen. Wenn du zwischendurch allzu große Sehnsucht nach meinen Augen hast, können wir uns ja wieder mal zum Essen verabreden. Trotz aller Unklarheiten fände ich es passender, wenn du mich Sarah nennen würdest, und ich deinen Vornamen auch wüsste, Herr Richter, wir haben ja mittlerweile einiges nicht gerichtsnotorische untereinander ausgetauscht.“ ging ich auf ihn ein. „Ich heiße schlicht Frank, wie Millionen andere Boys in meinem Alter.“ Zu Hause im Spiegel schaute ich mir erst mal meine Augen an. Hatte ich große Augen, schöne Augen, ließen sie etwas erkennen, sagten sie etwas aus? Ich sah sie ja jeden Morgen groß im Spiegel, aber auch jetzt konnte ich keine Ant­wort finden. Für mich selbst waren sie ganz normal blass bläulich, und ansons­ten empfand ich alles als sehr üblich. Ich glaube eher, dass die Augen als leicht strahlend empfunden werden, wenn man lächelt. Dann gefiel ich mir selbst auch trotz meiner Falten am besten. Was veranlasste mich dazu, auf diesen Mann so zu reagieren?

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

er an den Wochenenden sicher häufiger in Münster. Ein wenig Unbehagen<br />

spürte ich schon, da ich vermutete, dass er die Therapiefrage wahrscheinlich<br />

zu verdrängen versuchen würde. Ich hielt das jedoch für wichtiger als das Geld<br />

in einem gut bezahlten Job.<br />

Bis zum Sommer brauchten wir nicht lange zu warten. Meistens zeigt er sich<br />

erst <strong>nach</strong> längerer <strong>Sehnsucht</strong> der Menschen, mit der sie auf seine warmen, befreienden<br />

Tage gewartet haben. Bei uns erschien er aber in diesem Jahr früh<br />

als junger Mann, der diese Bezeichnung in seinem Namen trug. Joelle und Judith<br />

waren abends mit Bekannten in einer Kneipe gewesen. Dazu gehörte auch<br />

ein Arbeitskollege von Joelle und sein Freund. Judith war mit dem Freund ins<br />

Gespräch gekommen, und hatte erfahren, dass er seinen MA in Byzantinistik<br />

und Frühchristlicher Archäologie machte. Das habe sie so kurios gefunden,<br />

dass es ihr gar nicht aufgefallen sei, wie sie sich für den Rest des Abends nur<br />

noch mit ihm unterhalten habe. Als sie gehen wollten, habe er sie angeschaut,<br />

und gefragt, ob er ihr vielleicht noch mal mehr vom alten Istanbul erzählen<br />

dürfe. Da sei ihr erst aufgefallen, wie sympathisch, geistreich, interessant und<br />

lustig sie ihn empfunden habe, aber der Gedanke, dass es ja nicht unbedingt<br />

ein temporäres Ereignis bleiben müsse, ihr gar nicht gekommen sei. Sie habe<br />

ihn wohl ein wenig erstaunt angeschaut, und geantwortet: „Wenn es dir ein<br />

dringendes Bedürfnis ist, gerne.“. Im Café hätten sie zwei Tage später stundenlang<br />

miteinander über alles außer Byzanz geredet. Sie sei absolut begeistert<br />

von ihm, und wäre am liebsten gleich mit im ins Bett gegangen. „Aber<br />

Mami, er ist drei Jahre jünger als ich. Ein sehr komisches Gefühl für mich, an<br />

das ich mich erst noch werde gewöhnen müssen. Trotzdem ein unbedingt<br />

spannender Typ, unabhängig von den kuriosen Dingen, mit denen er sich beschäftigt.<br />

Ich glaube er mag mich auch sehr, er hat nicht nur gesagt, dass er<br />

seine Vorurteile über Juristinnen und Beamtinnen kräftig revidiert habe, sondern<br />

er hat sogar eine langjährige Beziehung beendet, obwohl wir uns ja kaum<br />

kennen. I'm happy. Ich möchte ihn nicht verlieren.“ begeisterte sich Judith.<br />

„Und jetzt soll er dir ganz schnell viele Kinder machen?“ fragte ich ein wenig<br />

bissig. „Mom, du bist eine Giftschlange,“ bekam ich zur Antwort, „ich glaube<br />

ich bin verliebt, und nicht dabei schwanger zu werden. An Kinder habe ich bei<br />

Gerd noch nicht einmal gedacht, und zur Zeit fühle ich mich auch so, als ob es<br />

mir völlig gleichgültig wäre.“. Judith brachte Gerhardt Sommer, mit zu uns,<br />

nicht weil sie ihn vorstellen wollte, sondern weil sie sich selbst nicht traute,<br />

wenn sie und er alleine bei ihr zu Hause wären. Als Gerd aufgefallen sei, dass<br />

sie sich immer bei uns, statt bei ihr oder bei ihm träfen, habe er sie <strong>nach</strong> dem<br />

Grund gefragt. Judith habe es ihm klar gesagt, und erklärt, dass sie keine Beziehung<br />

wolle, die auf gemeinsamem Ficken basiere. Dafür sei er ihr zu wichtig<br />

und wertvoll. Ihr käme es auf eine tiefe Beziehung zwischen ihren beiden Persönlichkeiten<br />

an, und nicht primär zwischen dem, was sie beide zwischen den<br />

Beinen trügen. Mir kam diese Einstellung nicht eben neu vor. Obwohl Joelle und<br />

Dominic mittlerweile doch schon jetzt und nicht erst zur Silberhochzeit<br />

miteinander schliefen. Ich machte mir Gedanken, wie es organisatorisch<br />

geregelt werden könnte. Zu zwei Paaren, selbst wenn Joelle und Dominic<br />

Kinder bekommen sollten, könnte man in diesem Haus gut leben, aber wenn<br />

Judith sich nicht mehr nur mit ihrem Gerd hier treffen wollte, würde es zu eng.<br />

Ihre derzeitigen Wohnverhältnisse, und Gerds natürlich sowieso, ließen<br />

<strong>Sehnsucht</strong> <strong>nach</strong> <strong>Sarahs</strong> <strong>Augen</strong> – Seite 42 von 54

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!