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Bea rastet nie mehr aus

Eigentlich hatte ich bei der Partnervermittlungsagentur ja nicht wirklich eine Frau gesucht. Ich sah es eher als Joke, den ich mal probieren wollen, hatte aber Bea kennengelernt, und bevor es ernsthaft begonnen hatte, war es schon wieder vorbei. Warum war ich so enttäuscht, als ob mich eine langjährige gute Freundin ver­lassen hätte, obwohl mir selbst noch nicht mal wirklich klar war, ob ich Bea überhaupt lieben würde. Es tat mir weh, äußerst weh, all das mit ihr Verbunde­ne plötzlich zu verlieren. Ob ich sie liebte oder nicht, eine müßige Frage eigent­lich, sie war zum Quell meiner täglichen Lebensfreude geworden. Ihre neckischen E-Mails, waren kein nettes Aperçu. Ich wartete gespannt darauf, und freute mich sie zu beantworten. Gedanken an sie waren immer mit wohlig freudigen Emp­findungen verbunden. Das alles gab es auf einmal nicht mehr, sollte nicht mehr als ein kurzer Traum gewesen sein. Ende Juni erhielt ich eine Ansichtskarte aus Belém in Portugal: „Hallo Chris, ich mache hier Urlaub. Alles total spannend, erlebe es zum ersten mal. Ich hoffe du bist nicht mehr so frech. Deine Bea“. Was hatte das denn zu bedeuten? 'Meine Bea' schickt mir nach fast einem Jahr Funkstille eine Urlaubskarte aus Portugal mit einer lustigen Bemerkung. Mit wem machte sie denn Urlaub? Al­lein doch wohl kaum. Hatte sie jetzt jemanden ohne 'verlogenen Männermist' gefunden? Ihre Tochter, mit der sie zusammen in Urlaub war, habe ihr vorgeschlagen, mir doch eine Karte zu schicken, weil sie doch immer noch von mir träume. Wie bitte? Bea von mir träume? „Bea, ich glaube du willst mich auf den Arm nehmen.“ meinte ich zu ihr. „Nein, nein, Chris, das ist schon so. Vergessen habe ich dich nicht.“ erklärte sie. „Kannst du dir vorstellen, dass ich mich nicht getraut habe.“ Das konnte ich nicht. Sie erklärte mir, ihre Ansicht sei gewesen, dass ich sie für völlig übergeschnappt hielte, was auch zuträfe, und ich mit ei­ner so Durchgedrehten sicher nichts hätte zu tun haben wollen. Der Gedanke habe ihr sehr weh getan, und da habe sie lieber von unseren wenigen schönen Tagen und Erlebnissen geträumt.

Eigentlich hatte ich bei der Partnervermittlungsagentur ja nicht wirklich eine Frau gesucht. Ich sah es eher als Joke, den ich mal probieren wollen, hatte aber Bea kennengelernt, und bevor es ernsthaft begonnen hatte, war es schon wieder vorbei. Warum war ich so enttäuscht, als ob mich eine langjährige gute Freundin ver­lassen hätte, obwohl mir selbst noch nicht mal wirklich klar war, ob ich Bea überhaupt lieben würde. Es tat mir weh, äußerst weh, all das mit ihr Verbunde­ne plötzlich zu verlieren. Ob ich sie liebte oder nicht, eine müßige Frage eigent­lich, sie war zum Quell meiner täglichen Lebensfreude geworden. Ihre neckischen E-Mails, waren kein nettes Aperçu. Ich wartete gespannt darauf, und freute mich sie zu beantworten. Gedanken an sie waren immer mit wohlig freudigen Emp­findungen verbunden. Das alles gab es auf einmal nicht mehr, sollte nicht mehr als ein kurzer Traum gewesen sein. Ende Juni erhielt ich eine Ansichtskarte aus Belém in Portugal: „Hallo Chris, ich mache hier Urlaub. Alles total spannend, erlebe es zum ersten mal. Ich hoffe du bist nicht mehr so frech. Deine Bea“. Was hatte das denn zu bedeuten? 'Meine Bea' schickt mir nach fast einem Jahr Funkstille eine Urlaubskarte aus Portugal mit einer lustigen Bemerkung. Mit wem machte sie denn Urlaub? Al­lein doch wohl kaum. Hatte sie jetzt jemanden ohne 'verlogenen Männermist' gefunden? Ihre Tochter, mit der sie zusammen in Urlaub war, habe ihr vorgeschlagen, mir doch eine Karte zu schicken, weil sie doch immer noch von mir träume. Wie bitte? Bea von mir träume? „Bea, ich glaube du willst mich auf den Arm nehmen.“ meinte ich zu ihr. „Nein, nein, Chris, das ist schon so. Vergessen habe ich dich nicht.“ erklärte sie. „Kannst du dir vorstellen, dass ich mich nicht getraut habe.“ Das konnte ich nicht. Sie erklärte mir, ihre Ansicht sei gewesen, dass ich sie für völlig übergeschnappt hielte, was auch zuträfe, und ich mit ei­ner so Durchgedrehten sicher nichts hätte zu tun haben wollen. Der Gedanke habe ihr sehr weh getan, und da habe sie lieber von unseren wenigen schönen Tagen und Erlebnissen geträumt.

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Carmen Sevilla<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong><br />

Date an einem Erderwärmungstag<br />

Erzählung<br />

Ne rêve pas ta vie - vis ton rêve<br />

Eigentlich hatte ich bei der Partnervermittlungsagentur ja nicht wirklich eine<br />

Frau gesucht. Ich sah es eher als Joke, den ich mal probieren wollen, hatte<br />

aber <strong>Bea</strong> kennengelernt, und bevor es ernsthaft begonnen hatte, war es schon<br />

wieder vorbei. Warum war ich so enttäuscht, als ob mich eine langjährige gute<br />

Freundin verlassen hätte, obwohl mir selbst noch nicht mal wirklich klar war,<br />

ob ich <strong>Bea</strong> überhaupt lieben würde. Es tat mir weh, äußerst weh, all das mit ihr<br />

Verbundene plötzlich zu verlieren. Ob ich sie liebte oder nicht, eine müßige<br />

Frage eigentlich, sie war zum Quell meiner täglichen Lebensfreude geworden.<br />

Ihre neckischen E-Mails, waren kein nettes Aperçu. Ich wartete gespannt<br />

darauf, und freute mich sie zu beantworten. Gedanken an sie waren immer mit<br />

wohlig freudigen Empfindungen verbunden. Das alles gab es auf einmal nicht<br />

<strong>mehr</strong>, sollte nicht <strong>mehr</strong> als ein kurzer Traum gewesen sein.<br />

Ende Juni erhielt ich eine Ansichtskarte <strong>aus</strong> Belém in Portugal: „Hallo Chris, ich<br />

mache hier Urlaub. Alles total spannend, erlebe es zum ersten mal. Ich hoffe<br />

du bist nicht <strong>mehr</strong> so frech. Deine <strong>Bea</strong>“. Was hatte das denn zu bedeuten?<br />

'Meine <strong>Bea</strong>' schickt mir nach fast einem Jahr Funkstille eine Urlaubskarte <strong>aus</strong><br />

Portugal mit einer lustigen Bemerkung. Mit wem machte sie denn Urlaub? Allein<br />

doch wohl kaum. Hatte sie jetzt jemanden ohne 'verlogenen Männermist'<br />

gefunden? Ihre Tochter, mit der sie zusammen in Urlaub war, habe ihr<br />

vorgeschlagen, mir doch eine Karte zu schicken, weil sie doch immer noch von<br />

mir träume. Wie bitte? <strong>Bea</strong> von mir träume? „<strong>Bea</strong>, ich glaube du willst mich auf<br />

den Arm nehmen.“ meinte ich zu ihr. „Nein, nein, Chris, das ist schon so.<br />

Vergessen habe ich dich nicht.“ erklärte sie. „Kannst du dir vorstellen, dass ich<br />

mich nicht getraut habe.“ Das konnte ich nicht. Sie erklärte mir, ihre Ansicht<br />

sei gewesen, dass ich sie für völlig übergeschnappt hielte, was auch zuträfe,<br />

und ich mit einer so Durchgedrehten sicher nichts hätte zu tun haben wollen.<br />

Der Gedanke habe ihr sehr weh getan, und da habe sie lieber von unseren<br />

wenigen schönen Tagen und Erlebnissen geträumt.<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 1 von 29


<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong> - Inhalt<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>...................................................................................... 4<br />

Erderwärmungstag..............................................................................................4<br />

Meine Partnerin...................................................................................................4<br />

Romantik versus Stupidität................................................................................. 5<br />

Partnervermittlungsagentur................................................................................5<br />

Exkurs über Kolleginnen und Geschwisterliebe................................................... 6<br />

Reaktionen der Partnervermittlung.....................................................................6<br />

Projektmanagerin............................................................................................... 7<br />

Erster Date.......................................................................................................... 7<br />

Trennung Privat - Beruf.....................................................................................10<br />

Empfindungen für <strong>Bea</strong>.......................................................................................10<br />

Second Date...................................................................................................... 11<br />

Reflexionen....................................................................................................... 12<br />

Reaktion und warten......................................................................................... 13<br />

Partnersuche.....................................................................................................13<br />

Ansichtskarte <strong>aus</strong> Portugal............................................................................... 14<br />

Treffen in Meerbusch.........................................................................................14<br />

Verliebt............................................................................................................. 16<br />

<strong>Bea</strong>s Erklärungen.............................................................................................. 18<br />

<strong>Bea</strong>s Therapie................................................................................................... 20<br />

Abendessen und Nacht...................................................................................... 22<br />

Gedanken in Duisburg....................................................................................... 24<br />

<strong>Bea</strong> in Duisburg.................................................................................................25<br />

Umzugspläne.....................................................................................................27<br />

Aus dem gemeinsamen Leben........................................................................... 27<br />

Kleine Katastropen mit großen Wundern...........................................................28<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 2 von 29


<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong><br />

Erderwärmungstag<br />

Du wirst die richtige Sonnenkreme wählen müssen, auch wenn du nur für einige<br />

Zeit im Gartencafé sitzen willst. Es ist ein heißer Sommertag mit brennender<br />

Sonne. Ein Tag mit hohen Temperaturen, wie schon die vierzehn voran gegangenen<br />

auch. Einen schönen warmen Sommer hatten wir in diesem Jahr,<br />

würde man reflektierend am Silvesterabend sagen, doch seit einigen Jahren<br />

waren schöne warme Sommer zu einem Menetekel der bereits begonnen Erderwärmung<br />

geworden. Jetzt musste ich mir ein schlechtes Gewissen machen,<br />

dass ich es für toll hielt, fast nackt am PC sitzen zu können, dass ich es als<br />

schöner empfand, wenn die Menschen in luftigen und knappen Bekleidungen<br />

herumliefen, und ich die Luft der lauen Sommernacht unter einem leichten<br />

Tuch im Bett ge<strong>nie</strong>ßen konnte. Ich liebte diese heißen Tage im Sommer sehr,<br />

jetzt sollte ich sie nicht ge<strong>nie</strong>ßen können, weil sie eventuell das Omen späterer<br />

katastrophaler Entwicklungen sein könnten? So ein Quatsch. Natürlich sah ich<br />

die bösen Folgen der von den Menschen bewirkten Erderwärmung. Selbstverständlich<br />

wurde viel zu wenig getan, um diese fortschreitende Entwicklung zu<br />

stoppen. Ein schöner Sommertag blieb aber trotz allem ein freundlicher Genuss<br />

für mich, und würde sich <strong>nie</strong>mals zu einem hässlichen Erderwärmungstag entwickeln.<br />

Meine Partnerin<br />

Deshalb lag mir auch keine Art von Katastrophenerwartung im Sinn, als ich zu<br />

meinem ersten Treffen mit einer Frau <strong>aus</strong> der Partnervermittlung fuhr. Eigentlich<br />

suchte ich gar keine Partnerin, oder zumindest nicht unbedingt. Ein reines<br />

Spiel zum Zeitvertreib war es für mich aber auch nicht. Ich konnte mir schon<br />

<strong>aus</strong>malen, wie schön es wäre, verliebt mit einer Frau zu leben, hielt mich aber<br />

für gelassen genug, zu akzeptieren, dass so etwas für mich in meinem Alter,<br />

ein außergewöhnlicher Zufall bleiben würde. Als Ersatz einfach mit einer Frau<br />

zusammenleben, gegen die ich nichts einzuwenden hatte, das wollte ich nicht.<br />

Ich hatte seit der Trennung von meiner Frau zwei andere Frauen näher kennengelernt.<br />

Beide Male war es das gleiche. Wir mochten uns, trafen uns öfter,<br />

konnten uns <strong>aus</strong>gezeichnet unterhalten, es freute mich, mit ihnen zusammen<br />

zu sein. Je <strong>mehr</strong> selbstverständlicher die Beziehungen wurden, umso öfter<br />

dachte ich an die Perspektiven. Die Bilder die sich mir darstellten gefielen mir<br />

nicht. Wenn diese Frau jeden Abend neben mir im Bett läge, würde ich Lust<br />

haben, mich auf sie einzulassen, würde ich Lust haben, sie glücklich zu machen,<br />

würde ich Lust haben, sie zu lieben? Ich fand sie ganz nett und hätte sie<br />

akzeptieren können, aber <strong>mehr</strong> war es nicht. So wollte ich nicht mit einer Frau<br />

zusammenleben, für eine Wohngemeinschaft hätte es vielleicht gereicht, aber<br />

nicht für eine enge persönliche Beziehung.<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 3 von 29


Romantik versus Stupidität<br />

Schon möglich, dass meine Vorstellung, mein emotionales Bedürfnis von einem<br />

Schuss Romantik geprägt war, wie meine Frau meine Kritik an unserer Beziehung<br />

immer beurteilt hatte. Aber dieses 'die Tage neben einander herlaufen<br />

und im Bett gegebenenfalls die sexuellen Bedürfnisse aneinander abreagieren',<br />

konnte ich für mich nicht als normal oder zufriedenstellend akzeptieren. Es<br />

störte mich, ärgerte mich, brachte mich immer <strong>mehr</strong> auf die Palme. „Selbst<br />

wenn das Romantizismen sind, wie du meinst,“ hatte ich einmal zu meiner<br />

Frau gesagt, „dass ich in der Welt, in der du angekommen bist auf keinen Fall<br />

leben will und werde, weiß ich bestimmt. Wenn ich Lust hätte, dich zu lieben,<br />

wolltest du es gar nicht, weil es dir eine überflüssige Anstrengung bedeutete.<br />

Das ist für mich nicht normal, natürlich, oder selbstverständlich, wie du sagst,<br />

das ist schlicht und einfach tot. Da lebt nichts <strong>mehr</strong>, außer deiner Physiologie.<br />

Da existierst du nicht <strong>mehr</strong>.“ Eine ähnliche Entwickelung wäre für mich denkbar,<br />

wenn ich mit einer Frau zusammenleben sollte, die ich nur ganz nett fände.<br />

Es gab sicher sehr viele Paare, die so lebten, wie meine Frau es als ganz<br />

normal empfunden hatte, und die die Trostlosigkeit ihrer Beziehung als große<br />

Abgeklärtheit betrachteten.<br />

Partnervermittlungsagentur<br />

Auch unter den Frauen <strong>aus</strong> getrennten Beziehungen, gab es sicher viele, die<br />

von einer neuen Beziehung nichts anderes erwarteten, als ein lahmes 'sichgut-verstehen'.<br />

Andere allein stehende Frauen, hatten ihr Interesse an Männern<br />

ganz aufgegeben, <strong>aus</strong> welchen Gründen auch immer, und wieder andere,<br />

die ihren geliebten Partner verloren hatten, konnten sich nicht vorstellen, mit<br />

einem anderen Mann glücklich zu werden. Die Chancen für mich mit meinen 56<br />

Jahren waren nicht eben groß, das glaubte ich, sehr realistisch zu sehen, und<br />

akzeptiere es auch, lieber allein zu leben, als unter quälenden Verhältnissen<br />

mit einer Frau. Ich suchte nicht intensiv nach einer neuen Beziehung, hatte<br />

viele Freunde und Bekannte und fühlte mich in meinem derzeitigen Zustand<br />

nicht unwohl. Durch Zufall hatte ich von einer Partnervermittlungsagentur, wofür<br />

ich mich noch <strong>nie</strong> interessiert hatte, gehört, die nach wissenschaftlichen<br />

Methoden arbeiten, und die höchsten Vermittlungserfolgsquoten haben sollte.<br />

Ich wollte gar keine Partnerin suchen, sondern mir nur mal das Konzept anschauen.<br />

Dann fand ich es interessant mitzuspielen, um zu sehen, was bei mir<br />

wohl durch die Tests für ein Typ entstehen würde, gleichzeitig war man dadurch<br />

aber auch für alle anderen Beteiligten, anonym natürlich, einsehbar und<br />

ansprechbar. Die am besten nach Prozenten zu mir passten, waren fast alles<br />

Lehrerinnen. War der Beruf ein so wesentliches Kriterium, oder hatte ich als<br />

Lehrer an einem Gymnasium selbst so viele Lehrer typische Eigenschaften entwickelt,<br />

die ich im Test nicht verbergen konnte. Ich vermutete eher das erste,<br />

denn ich konnte mir anhand der Profile der Personen sonst oft nicht erklären,<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 4 von 29


warum <strong>aus</strong>gerechnet diese Person gut zu mir passen sollte.<br />

Exkurs über Kolleginnen und Geschwisterliebe<br />

Nach meinem Weltbild dürften Lehrerinnen in der Regel eigentlich alle nicht zu<br />

mir passen. Für mich gab es zwei Sorten von weiblichen Wesen: Frauen und<br />

Lehrerinnen. Die meisten weiblichen Lehrkräfte mutierten schon während ihres<br />

Referendariats oder kurz danach von Frau zur Lehrerin. Manche schienen es<br />

schon während des Studiums geschafft zu haben, vielleicht waren einige ja<br />

auch schon gleich als Lehrerin geboren worden. Ich weiß gar nicht, ob es eine<br />

Art von weiblicher erotischer Ausstrahlung ist, die auf mich wirkt, es ist in mir<br />

einfach nur ein angenehmes freundliches Gefühl, sich mit einer Frau zu unterhalten,<br />

und das traf bei uns an der Schule für mich nur auf eine Kollegin zu.<br />

Sie war für mich ein Zeichen, dass es auch anders möglich sein konnte, beziehungsweise<br />

die die Regel bestätigende Ausnahme. Dass ich sie gut leiden<br />

konnte, beruhte auf Gegenseitigkeit. Warum das so war, haben wir <strong>nie</strong> analysiert.<br />

Wir vertraten meistens die gleichen Ansichten, aber verstanden uns auch<br />

so gut, dass wir gegensätzliche Meinungen streitend klären konnten. Ein wenig<br />

verhielten wir uns, wie ein leicht verschworenes Paar, blinzelten uns zu, wenn<br />

jemand in der Konferenz Unsinniges sagte, und unterstützen uns gegenseitig in<br />

unseren Beiträgen. Manche Kollegen waren sicher der Ansicht, dass wir uns<br />

<strong>mehr</strong> als nur gut verstehen würden, aber es gab überhaupt nichts. Sie war<br />

nicht nur glücklich verheiratet und hatte zwei fast erwachsene Kinder, was ich<br />

<strong>nie</strong>mals hätte stören wollen, sondern ich konnte mir auch gar nicht vorstellen,<br />

sie in Liebe umarmen und küssen zu wollen oder derartiges. Obwohl ich sie für<br />

eine schöne attraktive Frau hielt, löste sie in mir keine erotischen Begehrlichkeiten<br />

<strong>aus</strong>. Wir waren uns außergewöhnlich vertraut aber eher wie Geschwister.<br />

Wenn wir nebeneinander im Bett gelegen hätten, wären wir uns wahrscheinlich<br />

einig gewesen, dass sich doch jeder einen eigenen Partner suchen<br />

solle, hätten uns aber dann wahrscheinlich ständig darüber informiert, wie's<br />

denn war und wie's denn liefe. Eigentlich eine ungewöhnliche Situation, aber<br />

ich hatte zu Frauen, nicht zu Lehrerinnen, auch bei meinen Bekannten meistens<br />

ein besseres näheres Verhältnis als zu den Männern.<br />

Reaktionen der Partnervermittlung<br />

Ich war gespannt, ob sich auf meine Annonce, beziehungsweise meine Beschreibung<br />

bei der Partnervermittlung wohl jemand melden würde. Ich wusste<br />

gar nicht wie mir geschah. Unmengen an E-Mails von interessierten Damen<br />

sammelten sich bei mir. Ich schaute noch einmal in meinem Profil nach. Ungewöhnliches<br />

konnte ich darin nicht finden. Ob es einfach so viele allein stehende<br />

Frauen gab, die unermüdlich auf Partnersuche waren, und jeder Mann prinzipiell<br />

so viele Antworten erhielt. Keine Ahnung. Natürlich befanden sich unter den<br />

Reagierenden sehr viele Lehrerinnen, bei denen ich wohl als ein möglicher Favorit<br />

aufgetaucht war, aber es gab auch andere Interessentinnen. Bei einer<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 5 von 29


Apothekerin musste ich an die Frau meines Apothekers denken, die auf mich<br />

immer, obwohl ich sie gar nicht kannte, den Eindruck machte, sie sei noch ein<br />

großes Stück trüber geworden als meine Frau. Eine Ärztin? Na ja, wie sie sich<br />

beschrieben hatte, löste in mir auch nicht gerade freudige Empfindungen <strong>aus</strong>.<br />

Projektmanagerin<br />

Eine Projektmanagerin hatte geschrieben, sie fände meine Beschreibungen<br />

sehr, sehr interessant und würde sich über eine Rückmeldung von mir freuen.<br />

Eine Frau im Projektmanagement? Interessant fände ich es schon, so eine mal<br />

kennenzulernen. Ich hatte eigentlich keine Ahnung von Projektmanagement,<br />

hatte aber eine untergründige Achtung vor der Vielzahl an Kompetenzen, die<br />

diese Menschen beherrschen mussten. Dazu noch eine Frau, die Interesse an<br />

einem Oberstudienrat hatte. Kurios empfand ich das. In ihrem Profil konnte ich<br />

auch nichts Negatives erkennen, es sagte mir zu. Warum sie nicht mit einer<br />

hohen Korrelation auf meiner Favoritenliste aufgetaucht war, konnte ich mir<br />

nur dadurch erklären, dass sie keine Lehrerin war. Ohne Mitglied zu werden<br />

und Beiträge zu zahlen, konnte ich der Frau nicht antworten. Sollte ich mir den<br />

Spaß doch gönnen, um diese Frau kennenzulernen, obwohl ich es eigentlich <strong>nie</strong><br />

vorgehabt hatte. Ich schrieb ihr, dass ich ihr Profil auch sehr interessant gefunden<br />

hätte. Ich mir gar nicht vorstellen könne, was sie von einem Lehrer<br />

wolle, und mich interessiere, was sie speziell denn an meinem Profil so interessant<br />

fände. Sie antwortete, das meine Worte ihren Eindruck weiter bestätigen<br />

würden, und sie mir das gerne persönlich sagen, und mit mir darüber<br />

sprechen würde. Sofort treffen? Warum nicht, umso besser. Wir stritten uns<br />

scherzend per Mail noch ein wenig über den Ort, und einigten uns schließlich<br />

auf ein Café am Rhein im Norden von Düsseldorf.<br />

Erster Date<br />

Ich war kurz vor dem vereinbarten Zeitpunkt eingetroffen, weil man Madame<br />

ja nicht warten lässt. Meine Sonnenkreme hätte ich mir sparen können, denn<br />

wir saßen im Schatten großer Platanen. Als sie auf mich zukam, und wir uns<br />

die Hand gaben, stellte sie sich vor als „<strong>Bea</strong> Wolff“. „Muss ich mich jetzt auch<br />

vorstellen Frau Wolff, oder erkennen sie mich auch so?“ fragte ich lächelnd. Sie<br />

lächelte auch, und meinte scherzend: „Sie sind schon wieder so frech, Herr Lorenz.<br />

Ich glaube nicht, dass es so mit uns etwas werden kann.“ Sie wollte sofort<br />

wissen, warum ich denn auf ihre Mail geantwortet habe und ob ich dringend<br />

eine Freundin suche. „Nein, nein, Frau Wolff, ich erzähle ihnen das alles<br />

gerne, aber zunächst müssen sie mir erzählen, warum sie auf mein Profil reagiert<br />

haben, und es sehr, sehr interessant fanden. Weil sie mir das mündlich<br />

vermitteln wollten, haben wir uns jetzt hier getroffen.“ erwiderte ich ihr. Sie fixierte<br />

mich lächelnd, und begann: „Na gut, also ich kann gar nicht sagen, was<br />

es genau war, sie hatten nur in <strong>mehr</strong>eren Bereichen ungewöhnlich auf die Fragen<br />

reagiert. Während alle anderen immer brav mit 'ja','nein' oder Aufzählun-<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 6 von 29


gen reagieren, fielen ihre Antworten häufig auf. So hatten sie zum Beispiel auf<br />

die Frage, ob sie ein Instrument spielen nicht einfach mit 'nein' geantwortet,<br />

sondern geschrieben: 'leider habe ich mich gegen meine Eltern durchgesetzt'.<br />

Das ist wie eine kleine lustige Geschichte, die etwas über den Schreiber vermittelt.<br />

So ähnlich hatten sie <strong>mehr</strong>fach geantwortet, so dass sich mir ein Bild<br />

von einem Mann vermittelte, den ich sehr gerne mal kennenlernen würde. Und<br />

in ihren Mails haben sie meine Vorstellung bislang nur bestätigt. Jetzt müssen<br />

sie mir aber erzählen, warum sie auf mich reagiert haben, und meine Erwartungen<br />

auch in der Realität bestätigen.“ Ich erklärte ihr, wie es dazu gekommen<br />

war und <strong>Bea</strong> Wolff reagiert: „Sie suchen also gar keine Freundin, sondern<br />

wollen nur mal schauen, wie eine Projektmanagerin <strong>aus</strong>sieht. Dann kann ich ja<br />

gleich wieder fahren, denn von Projektmanagement werde ich ihnen absolut<br />

überhaupt nichts erzählen.“ Ich musste laut lachen und sie hielt ihre Vermutung<br />

auch wohl nicht für ganz ernst. „Nein, nein“ antwortete ich „sie gefallen<br />

mir, sie gefallen mir sehr als Frau <strong>Bea</strong> Wolff. Nur das konnte ich mir bei einer<br />

Frau, die Projektmanagerin ist gleich eher vorstellen, als bei einer Frau die<br />

Lehrerin ist. Und meine ärgste Befürchtung war, dass sie mich enttäuschen,<br />

und mir heute etwas von Projektmanagement erzählen wollten.“ „Sie sind ein<br />

Schatz.“ bemerkte Frau Wolff, „Wir unterhalten uns so locker aber reden uns so<br />

steif an. Mir würde es besser gefallen, wenn sie mich einfach <strong>Bea</strong> nennen, egal<br />

ob <strong>aus</strong> uns <strong>mehr</strong> wird oder nicht. Ich finde es einfach für hier und jetzt<br />

passender und angenehmer.“ „Selbstverständlich,“ reagierte ich „ich bin dann<br />

einfach der Chris, Christian wäre zu förmlich, wenn du mich schon Schatz<br />

nennst. Ich wollte dir aber noch etwas dazu sagen, ob ich wirklich eine Freundin<br />

suche.“ Ich erzählte ihr sehr viel über mich, und meine Vorstellungen von<br />

Beziehungen und Liebe, mein Verhältnis zu Frauen und meine Erfahrungen und<br />

Enttäuschungen. <strong>Bea</strong> l<strong>aus</strong>chte aufmerksam schweigend meinen Darstellungen,<br />

und brachte unvermittelt ein „Schön!“ mit langem Ö hervor. Dann verhärtete<br />

sich plötzlich ihre Mimik. Sie ordnete geschäftsmäßig unser erstes Treffen ein<br />

und machte Planungsvorgaben für unser nächstes Treffen. Was war geschehen.<br />

Hatte sie 'schön' gesagt und 'blöder Unsinn' gemeint? Nein das passte auch<br />

nicht. Hatte sie vielleicht wirklich die ganze Zeit etwas anderes im Hinterkopf<br />

gehabt, als unser teils launiges Geplänkel. Nein, auch das passte nicht. „Frau<br />

Wolff,“ sagte ich ernst, „ich bin mir nicht sicher, ob es ein nächstes Treffen<br />

geben wird.“ „Wieso, habe ich etwas Falsches gesagt?“ fragte <strong>Bea</strong> erschrocken.<br />

Ich erklärte ihr, die Art wie sie gesprochen habe, vermittele mir den Eindruck,<br />

dass ich Teil eines ihrer Projekte sei, der Gedanke zerstöre in mir alle vorherige<br />

Sympathie. Es sei für mich völlig widersprüchlich zu unserem bisherigen<br />

Gespräch, und das müsse sie mir erklären, sonst habe ich nicht unbedingt<br />

Lust, mich noch mal mit ihr zu treffen. <strong>Bea</strong> rührte in ihrem fast kalten<br />

Kaffeerest, starrte auf den Rhein und sprach dann: „Ich sag das mal. Ich habe<br />

ein Problem. Im Job bin ich total cool, da läuft alles reibungslos, da funktio<strong>nie</strong>rt<br />

alles. Macht mir auch Spaß, bin ich auch stolz drauf. Ich komme auch gar nicht<br />

auf andere Gedanken, aber privat, da ist alles Formale weg, da bin ich die reine<br />

Seele. Ich sehe alles nur emotional, ob mir etwas Lust macht, ob mir etwas<br />

gefällt. Es kommt mir manchmal so vor, als ob auf dem Weg vom Büro nach<br />

H<strong>aus</strong>e ein anderer Mensch <strong>aus</strong> mir wird. Das Emotionale domi<strong>nie</strong>rt dann eindeutig<br />

über die Rationalität. Eigentlich ge<strong>nie</strong>ße ich das, aber es macht mir auch<br />

manchmal Angst, und wenn ich mir dann sagen will: „<strong>Bea</strong> sei vernünftig!“ ver-<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 7 von 29


falle ich wahrscheinlich in diesen Jobstil, als Schutz davor, etwas Unsinniges zu<br />

tun. Mein 'Schön' vorhin war für mich selbst ein Auslöser. Ich mag dir gar nicht<br />

sagen, was ich wirklich empfunden habe, ich sage dir einfach nur, dass ich es<br />

als gaga bezeichnen würde. Wahr ist aber, dass ich dich sehr, sehr mag, und du<br />

mir sehr gut gefällst.“ Ich wusste nicht, wie ich das empfinden sollte und wie<br />

ich darauf reagieren könnte. Es würde mich zu H<strong>aus</strong>e noch mal beschäftigen.<br />

Sympathie für sie und Interesse an ihr hatte ich schon, auch wenn mir das<br />

kalte Dominagesicht von vorhin missfiel. Sie wirkte überhaupt nicht wie eine<br />

straff organisierte fünfundfünfzigjährige Managerin. Ihr Verhalten und Reden<br />

erweckten eher den Eindruck einer quirligen Studentin und ihr Erscheinungsbild<br />

hätte man auch eher auf fünfundvierzig Jahre geschätzt. Ich konnte<br />

mir nicht vorstellen, dass diese Frau jemals eingeschlafene Beziehungen als<br />

normal und zufriedenstellend betrachten würde. Ich erklärte einfach, das sie<br />

mir zwar von ihrer Ansicht zu meinem Profil berichtet habe, ich aber von ihr<br />

noch nicht wisse, warum sie sich überhaupt an die Partnervermittlung gewandt<br />

hätte, da sie doch stets von Männern umgeben sei, und was sie im speziellen<br />

mit einem Lehrer wolle. <strong>Bea</strong> grinste und sagte: „Das mit dem Lehrer ist schnell<br />

erklärt. Du unterrichtest doch Englisch und Französisch, das ist gut, das kann<br />

ich immer gebrauchen. Da kann ich mir einen Korrespondenten sparen. Nein<br />

Quatsch, das ist mir völlig egal. Ich habe da einfach gar keine Vorurteile. Das<br />

hat mich einfach überhaupt nicht interessiert. Die andere Geschichte ist etwas<br />

länger und schwieriger, und es fällt mir auch schwerer, sie dir zu erzählen. Ich<br />

will's mal ein wenig zusammenfassen. Bei meinem Mann war der Unterschied<br />

zwischen Arbeit und Privat noch extremer. Der konnte im Beruf ein richtiges<br />

Schwein sein, und zu H<strong>aus</strong>e war er der liebe kleine Junge. Unsere Beziehung<br />

war wie eine richtige süße Kinderliebe. Jeder umhegte und umspielte den andern.<br />

Absolute Idylle. Die Sau r<strong>aus</strong>lassen konnte man ja im Job. Ihm gehörte<br />

die Firma, was aber keiner wusste. Alle hielten ihn für den Geschäftsführer der<br />

Investoren. Seit er verunglückt ist, gehört sie zur Hälfte mir und meiner Tochter.<br />

Wir lebten aber schon jahrelang vorher getrennt. Er hatte bei all unserer<br />

Idylle angefangen mit anderen Frauen zu schlafen. Hat es mir immer brav berichtet,<br />

und konnte es sich gar nicht erklären, warum er es getan hatte. Beim<br />

ersten mal war ja auch noch sofort alles vergeben und vergessen, beim siebten<br />

oder achten mal habe ich ihn r<strong>aus</strong>geschmissen. Ich konnte diese Absurdität<br />

nicht <strong>mehr</strong> ertragen. Unser gemeinsames Leben erschien mir nicht <strong>mehr</strong> wie<br />

eine kindliche Idylle, sondern wie eine verlogene Farce, die ich nicht länger leben<br />

wollte. Ich war froh, es beendet zu haben. Es tat mir auch gar nicht weh.<br />

Das hatte es vorher getan, jetzt fühlte ich mich frei. So völlig frei war ich aber<br />

doch wohl noch nicht. Ich sah in Männern immer Menschen, auf die man sich<br />

nicht würde verlassen können, die einem die heißesten Liebesschwüre ins Ohr<br />

säuseln, um einen morgen kaltschnäuzig zu betrügen. Bei allen hatte ich<br />

Angst, sie könnten sich prinzipiell ähnlich verhalten, wie mein Gerd. Immer<br />

versuchte ich mir vorzustellen, wie sie mich wohl betrügen würden, und das<br />

ließ mich jedes mal das Interesse an ihnen verlieren. Ich wollte ja einen Mann,<br />

ich wollte ja lieben und geliebt werden, aber es funktio<strong>nie</strong>rte so nicht. Meine<br />

Tochter riet mir zu einem Therapeuten, was ich auch dankbar aufgenommen<br />

habe, und dazu geführt hat, dass ich mich heute tatsächlich frei fühlen kann.“<br />

„Liebste <strong>Bea</strong>,“ redete ich sie an, die Flapsigkeit vom Beginn unseres Treffens<br />

war verschwunden, aber für ein erstes Treffen einer Partnervermittlungsfirma<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 8 von 29


waren wir doch schon sehr vertraulich geworden, „ich wüsste doch allzu gern<br />

etwas von dem, was du empfunden hast, und was du als gaga bezeichnen würdest.“<br />

„Warum willst du das wissen? Cool bist du auch nicht, und neugierig<br />

obendrein.“ antwortete sie, beugte sich vor, zog meinen Kopf zu sich und gab<br />

mir einen Kuss, „Ja, als ich dir zuhörte, dich anschaute, deine Stimme in meinen<br />

Ohren spürte, war ich einfach hin und weg. An was ich dabei gedacht<br />

habe, kann ich dir jetzt einfach nicht erzählen. Vielleicht entwickelt sich ja etwas,<br />

so dass ich dir das später mal erzählen kann. Nimm's einfach so, dass<br />

sich mein Eindruck von dir <strong>mehr</strong> als bestätigt hat. Dass ich total froh bin, dass<br />

wir uns getroffen haben, und wenn's dir auch gefallen hat, träume ich heute<br />

Abend von uns beiden. Würde dir das gefallen?“ „Natürlich,“ reagierte ich<br />

sofort, obwohl mir gar nicht klar war, wie ich das alles bewerten sollte, meine<br />

Erklärungen hätten wahrscheinlich holprig geklungen. Ich sagte nur, dass<br />

unser Treffen für mich viel <strong>mehr</strong> bedeutet hätte, als ich mir habe vorstellen<br />

können, und dass ich es für selbstverständlich hielte, dass wir uns<br />

wiederträfen. Zeitpunkt und Ort wollte <strong>Bea</strong> lieber per E-Mail <strong>aus</strong>machen, da ihr<br />

das beim letzten Mal Spaß gemacht habe, und vielleicht würde es ja jetzt<br />

wieder ähnlich lustig.<br />

Trennung Privat - Beruf<br />

Der Gedanke an <strong>Bea</strong> beschäftigte mich ständig. Die Frau, die ich in Düsseldorf<br />

erlebt hatte, war keine Projektmanagerin gewesen, bis auf die paar kuriosen<br />

Sentenzen vielleicht. Sie war eine weiche, warmherzige und zugleich lustige<br />

und neckische Frau. Aber wie konnte ein Mensch am gleichen Tag so divergierende<br />

Rollen spielen. Das empfand ich nicht nur als ungewöhnlich, sondern<br />

auch als beängstigend. Wie ich sie erlebt habe, hat sie mir außergewöhnlich<br />

gut gefallen. Aber die Vorstellung, dass sie auch täglich ihre Dosis an kalter<br />

Dominanz braucht, erschreckte mich. Vielleicht lebte sie ja in zwei Welten, aber<br />

die Merkmale einer krankhaft gespaltenen Persönlichkeit trafen ja auf sie<br />

überhaupt nicht zu. Sie konnte zwei Leben leben, und in beiden glücklich sein.<br />

War das bei anderen auch so? War ich in der Schule ein völlig anderer Mensch<br />

als zu H<strong>aus</strong>e? In gewissem Umfang sicher schon. Ich hatte mir darüber nur<br />

noch <strong>nie</strong> Gedanken gemacht, aber ich musste feststellen, dass ich teilweise im<br />

Unterbewusstsein schon so gehandelt hatte. Meine Freunde und Bekannten<br />

hatten mit dem Kollegium nichts zu tun. In sofern schien es schon zwei separate<br />

Bereiche in meinem Leben zu geben. Andererseits waren durch die vielfältigen<br />

Aktivitäten für die Schule zu H<strong>aus</strong>e, die Bereiche auch sehr stark vermengt.<br />

Ich sah es so, dass mir ein gewisses Maß an Trennung schon wichtig<br />

war, aber eine völlige Divergenz wie bei <strong>Bea</strong> gar nicht möglich und auch nicht<br />

wünschenswert gewesen wäre. Vielleicht war es ja auch die hochgradige Vermischung<br />

von Beruflichem und Privaten, die Lehrer zu ungewöhnlichen Menschen<br />

werden ließ, da sie auch im Privatleben immer noch viel <strong>mehr</strong> Lehrer<br />

waren, als dies bei anderen Berufen gemeinhin der Fall war. Vielleicht wirkte<br />

sich das auch in meinem Bild bei Lehrerinnen auf die weibliche Ausstrahlung<br />

<strong>aus</strong>. Aber <strong>Bea</strong>s Diskrepanz zwischen Beruf und Privat schien mir doch so außergewöhnlich,<br />

dass ich sie dazu noch einmal näher fragen würde.<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 9 von 29


Empfindungen für <strong>Bea</strong><br />

Außer ihrer ungewöhnlich Trennung von Privatem und Beruflichem erfüllte mich<br />

das gesamte Treffen mit Rätseln. Ich wollte sie eigentlich nur mal ein wenig<br />

kennenlernen, ein wenig <strong>mehr</strong> von ihr hören, als in ihrem Profil zu lesen war.<br />

Die Angaben <strong>aus</strong> ihrem Profil waren mir gar nicht <strong>mehr</strong> präsent und auch<br />

überflüssig. Sie hatte mir gleich so etwas Ähnliches wie eine Liebeserklärung<br />

gemacht, und ich? Wie sah ich sie eigentlich selbst? Liebesempfindungen, nein<br />

so konnte ich das nicht nennen, aber dass ich sie interessant finden würde,<br />

war auch zu schwach. Unsere E-Mails hatten schon so etwas wie neckisches<br />

Liebesgetändel. Vor allem auch, dass wir uns fast jeden Tag schrieben. „Chris,<br />

ich warte immer auf deine Mails, freue mich wenn ich sie lese und habe große<br />

Lust, darauf zu antworten, aber noch <strong>mehr</strong> Lust und Freude würde es mir<br />

machen, dich lebendig zu treffen, zu sehen und mit dir zu reden. Wie ist das<br />

bei dir? Möchtest du das auch?“ In so ähnlich kuriosem Stil verfasste sie ihre<br />

Mails. Sie hatten oft so eine bewusst naiv leicht provokante Note, dass sie mich<br />

nicht nur amüsierten, sondern auch zu einer entsprechenden Replik kitzelten.<br />

Second Date<br />

„Komm doch einfach zu mir. Mir gefällt's hier gut, und du kannst ja mal checken,<br />

ob's dir hier auch gefallen würde.“ Mir sei das noch ein wenig zu riskant,<br />

da sie ja höchst wahrscheinlich auch ein Bett in ihrer Wohnung besitze. Und ich<br />

nicht wisse, wem ich <strong>mehr</strong> misstrauen würde, ihr oder mir selbst. Mir sei es für<br />

unser kommendes Treffen jedenfalls lieber, dies an einem Ort ohne Bett in der<br />

Nähe stattfinden zu lassen. Wir trafen uns wieder in einem Landgasth<strong>aus</strong> zwischen<br />

Düsseldorf und Duisburg, aber dieses Mal drinnen. Denn die heißen<br />

Sommertage waren zu Ende gegangen, und draußen regnete es. Wir begrüßten<br />

uns selbstverständlich mit einem Kuss, und <strong>Bea</strong> setzte sich neben mich auf<br />

die Couch. Wir schauten uns an, lächelten und strahlten, wie wenn ein ganz<br />

vertrautes Pärchen hier nebeneinander säße. Wie ein Schutz davor, dass wir<br />

uns gleich küssend in den Armen liegen könnten, fing ich an zu reden: „<strong>Bea</strong> ich<br />

mag dich, ich mag dich sehr, aber für mich kommt das alles völlig überraschend.<br />

Ich kann mir mögliche Perspektiven noch gar nicht vorstellen, mir ist<br />

alles noch so unklar, ich brauche noch ein wenig Zeit.“ <strong>Bea</strong> ging gar nicht darauf<br />

ein, und bemerkte unvermittelt: „Ich habe von dir geträumt, Chris. Nicht<br />

nur so beim Einschlafen träumend an dich gedacht, du warst richtig bei mir im<br />

Traum, aber was erzähle ich nicht.“ Na, dann war's ja auch so klar. Wahrscheinlich<br />

dadurch angeregt, fragte ich sie. Ob sie denn seit der Trennung von<br />

ihrem Mann überhaupt keine intime Beziehung zu einem Mann <strong>mehr</strong> gehabt<br />

habe, und wie sie das denn <strong>aus</strong>halte. „Was für 'ne blöde Frage, was macht<br />

Mensch denn, wenn er sexuelle Bedürfnisse hat, und allein ist. Weißt du dann<br />

etwa nicht, was du dann machen sollst?“ antwortete sie fragend. „Ja, ja natürlich,<br />

aber ich habe da eigentlich sehr wenig Lust zu, und mach es sehr selten.<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 10 von 29


Ich habe so eine ganz sonderbare Beziehung zu einer Frau, eine gute Bekannte<br />

von mir. Sie kam mal einmal und wollte sich <strong>aus</strong>heulen über alles, sie schien<br />

völlig fertig. Ihr ging es aber zunehmend besser, und sie bekam Lust auf <strong>mehr</strong>,<br />

als nur ihren weinenden Kopf auf meine Schulter zu legen. Ich wollte das nicht,<br />

weil ich mit der ganzen Familie befreundet war. Sie versuchte mich aber immer<br />

<strong>mehr</strong> zu überreden, es sei ja ihre Schuld, und nur dies eine Mal, es würde ihr<br />

in ihrer Situation bestimmt gut tun. Ich brauchte mich nicht dazu zwingen, und<br />

konnte mein schlechtes Gewissen damit beruhigen, ihr ja damit zu helfen.“ berichtete<br />

ich und erzählte weiter, dass sich derartige Treffen, seitdem öfter wiederholten.<br />

<strong>Bea</strong>s Gesichtszüge hatten sich verändert. Sie schaute mich an, hörte<br />

genau zu, lächelte aber nicht, sondern blickte ernst. Sie fixierte mich mit<br />

unangenehmem Blick. Ich hatte schon beim Erzählen gemerkt, dass ich etwas<br />

Falsches von mir gab. Was? Es konnte nur die Frau sein. Aber ich konnte ja<br />

nicht mitten in der Erzählung aufhören, sondern sie nur möglichst schnell<br />

beenden. Während sie mich anstarrte, unterstützten ihre Lippen eine leicht<br />

mokant traurige Mine. „<strong>Bea</strong>, was ist? Was habe ich gesagt? Warum sch<strong>aus</strong>t du<br />

so?“ fragte ich beängstigt. Statt zu antworten, hob sie die Augenbrauen und<br />

holte dabei tief Luft, als wenn sie sagen wollte: „Das solltest du doch wohl am<br />

besten selber wissen. Schließlich öffnete sie ihren Mund und erklärte: „Das<br />

war's dann wohl. Ich werde jetzt fahren.“ „Bitte <strong>Bea</strong>, sag mir doch was los ist.“<br />

flehte ich sie an, „Lass es mich doch wenigstens wissen, was ich Falsches<br />

gesagt oder getan habe.“ Und ich fügte einfach hinzu: „Ich liebe dich, und ich<br />

möchte dich nicht verlieren.“ „Chris, ich habe dich auch geliebt, und bin einfach<br />

blind davon <strong>aus</strong>gegangen, dass du ein anderer Mann seist. Aber leider habe ich<br />

mich getäuscht, und diesen ganzen verlogenen Männermist mache ich ein für<br />

alle mal nicht <strong>mehr</strong> mit. Ich bin im Moment noch nicht einmal traurig, vielleicht<br />

heute Abend, jetzt bin ich eher ärgerlich über mich selber.“ erklärte sie mir.<br />

„<strong>Bea</strong>, was ist denn der 'verlogene Männermist' an dem, was ich getan, und dir<br />

einfach so <strong>aus</strong> mir selbst her<strong>aus</strong> freimütig erzählt habe. Ich kann das für mich<br />

nicht erkennen. Sag es mir doch bitte.“ bat ich sie. „Chris,“ antwortete sie, „ich<br />

habe eigentlich keine Lust, mit dir darüber zu sprechen, aber vielleicht hast du<br />

ja einen Bonus. Du hältst es für völlig normal, dir eine Freundin bei der<br />

Partnervermittlung zu suchen, obwohl du gleichzeitig regelmäßig mit einer<br />

anderen Frau fickst. Allein schon, dass du es für selbstverständlich hältst, zeigt<br />

wie du denkst. Ich will da nicht weiter drüber reden, Chris, es ist zwecklos.“<br />

„<strong>Bea</strong>, das ist schade, sehr, sehr schade.“ reagierte ich, „ich glaube nämlich,<br />

dass du etwas ganz massiv missverstehst. Aber vielleicht ist es auch besser<br />

so.“ Warum? So genau wusste ich das im Moment gar nicht, es war nur so eine<br />

Empfindung. Als wir uns verabschiedeten standen mir die Tränen in den Augen,<br />

und ich fragte mit halb erstickter Stimme: „Keine Umarmung?“ „Doch,<br />

natürlich, Chris, das Schöne bleibt immer unvergessen.“ antwortete <strong>Bea</strong>. Ich<br />

musste erst mal zur Toilette, und meinen Tränen freien Lauf lassen.<br />

Reflexionen<br />

Warum war ich so enttäuscht, als ob mich eine langjährige gute Freundin verlassen<br />

hätte, obwohl mir selber noch nicht mal wirklich klar war, ob ich <strong>Bea</strong><br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 11 von 29


überhaupt lieben würde. Es tat mir weh, äußerst weh, all das mit ihr Verbundene<br />

plötzlich zu verlieren. Ob ich sie liebte oder nicht, eine müßige Frage eigentlich,<br />

sie war zum Quell meiner Lebensfreude geworden. Ihre neckischen E-<br />

Mails, waren kein nettes Aperçu. Ich wartete gespannt darauf, und freute mich<br />

sie zu beantworten. Gedanken an sie waren immer mit wohlig freudigen Empfindungen<br />

verbunden. Das alles gab es auf einmal nicht <strong>mehr</strong>, sollte nicht <strong>mehr</strong><br />

als ein kurzer Traum gewesen sein.<br />

Aber was war mit dieser Frau selbst. Für sie hatte ich doch mit Sicherheit noch<br />

<strong>mehr</strong> bedeutet. Sie träumte davon mit mir zu vögeln, und dass sie bei ihrer<br />

Einladung zu sich nach H<strong>aus</strong>e <strong>mehr</strong> als reine Unterhaltung nicht <strong>aus</strong>geschlossen<br />

hatte, stand für mich fest. Kurz nachdem ich den Eindruck hatte, dass sie<br />

mir am liebsten küssend um den Hals gefallen wäre, ist durch einige Worte von<br />

mir ohne Erklärung einfach alles total vorbei. Was spielt sich denn in der Frau<br />

ab, dass von jetzt auf gleich alles Vorangegangene nichts <strong>mehr</strong> bedeutet. Ist<br />

das vielleicht doch so etwas wie Persönlichkeitswandlung, die <strong>aus</strong> der<br />

Projektmanagement-Domina plötzlich die warme empfindsame zartfühlende<br />

neckische Frau werden lässt. Wenn sie hört, dass dieser geliebte Mann vor<br />

eventuell noch gar nicht so langer Zeit mit einer anderen Frau gefickt hat, wird<br />

er von einer Sekunde zur anderen zum Ekel? Würde sie auch in anderen<br />

Zusammenhängen möglicherweise plötzlich völlig gegensätzlich empfinden?<br />

Dass ihre Ansicht, von den Altlasten ihrer Ehe völlig befreit zu sein, nicht<br />

zutraf, stand jedenfalls fest. Sie hatte ja von meiner Beziehung zu Maren außer<br />

dem Beginn kaum etwas erfahren. Ihr sogenannter 'verlogener Männermist'<br />

war ja größtenteils das Produkt ihrer Gedanken. Auf ähnliche Gedanken wäre<br />

sie möglicherweise früher oder später <strong>aus</strong> anderen unbegründeten<br />

Vorstellungen sowieso gekommen. Da war es vielleicht doch am besten, dass<br />

es jetzt schon zur Trennung gekommen war, und nicht viel später, wenn's noch<br />

viel <strong>mehr</strong> geschmerzt hätte. O. k. ich hatte es akzeptiert, auch wenn ich es<br />

eigentlich lieber anders gehabt hätte.<br />

Reaktion und warten<br />

Ich schrieb ihr eine scharfe Mail. Ich würde mir diese Unterstellungen von ihr<br />

verbeten. Sie möge doch wegen ihrer Mutmaßungen lieber mal ihren Psychiater<br />

befragen, als mich zu beschimpfen. Um ihr trotz allem nochmal eine Hilfestellung<br />

zu geben, würde ich ihr den eigentlich sehr vertraulichen Sachverhalt<br />

<strong>aus</strong>führlich darstellen, und wenn sie das Dargestellte wahrnehme und nicht irgendwelche<br />

Fantasien in ihrem Kopf, würde sie nicht anders schlussfolgern<br />

können, als dass es nirgendwo einen Anlass gebe, von 'verlogenem Männermist'<br />

zu reden. Auch wenn ich ärgerlich über das Geschehene sei, würde es<br />

mich doch ungemein freuen, wenn wir eine Klärung herbeiführen könnten, und<br />

wieder Kontakt zu einander bekämen. Mit einer schnellen Antwort hatte ich<br />

nicht gerechnet, aber ich dachte doch, dass sie mal ein wenig wehmütig an unsere<br />

Zeit denken würde, und vielleicht ins Grübeln käme, aber nichts. Ich<br />

schaute ja selbstverständlich in meine E-Mails, aber ich dachte immer noch bis<br />

zum Winter, ob nicht vielleicht doch wohl eine Nachricht von <strong>Bea</strong> dabei wäre.<br />

Never. Schade, sie hatte sich, obwohl wir uns ja nur für kurze Zeit ein wenig<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 12 von 29


gekannt hatten, tief in meine Emotionalität eingegraben. Warum? Wodurch?<br />

Ich bin der Ansicht, dass das zu den Dokumenten gehört, die das limbische<br />

System in seinen für unser Bewusstsein unzugänglichen Tresoren verschlossen<br />

hält. Wieso ein anderer Mensch in uns emotional anziehende Wirkungen <strong>aus</strong>löst,<br />

hängt sicher mit vielem zusammen, das uns nicht oder nicht <strong>mehr</strong> bewusst<br />

ist. Bei der Projektmanagerin Frau <strong>Bea</strong> Wolff schien das für mich der Fall<br />

zu sein.<br />

Partnersuche<br />

Warum lernte ich nicht andere Frauen kennen, bei denen das für mich auch so<br />

war? Gab es zu geringe Chancen? Sollte ich es noch mal bei der Partnervermittlung<br />

versuchen, bei der ich ja damals nur durch Zufall hinein gerutscht<br />

war? Unsinn, es war mir ja gar kein dringendes Bedürfnis. Dass sich so ein<br />

ähnlicher Zufall wie mit <strong>Bea</strong> wiederholen würde, war ja höchst<br />

unwahrscheinlich. Ich malte mir eher das Bild von unzähligen mühseligen<br />

Dates, die mir statt Lustgefühlen unangenehme persönliche Erfahrungen<br />

bereiten würden. Ich würde einfach warten, ob sich nicht doch vielleicht mal<br />

auf ganz normalem Wege etwas ergebe. Ich könnte mich ja mal ein wenig<br />

<strong>mehr</strong> um zusätzliche Kontakte kümmern.<br />

Ansichtskarte <strong>aus</strong> Portugal<br />

Ende Juni erhielt ich eine Ansichtskarte <strong>aus</strong> Belém in Portugal: „Hallo Chris, ich<br />

mache hier Urlaub. Alles total spannend. Ich bin hier zum ersten mal. Ich hoffe<br />

du bist nicht <strong>mehr</strong> so frech. Deine <strong>Bea</strong>“. Was hatte das denn zu bedeuten?<br />

'Meine <strong>Bea</strong>' schickt mir nach fast einem Jahr Funkstille eine Urlaubskarte <strong>aus</strong><br />

Portugal mit einer lustigen Bemerkung. Mit wem machte sie denn Urlaub? Allein<br />

doch wohl kaum. Hatte sie jetzt jemanden ohne 'verlogenen Männermist'<br />

gefunden. Wahrscheinlich, zumindest schien sie ihn bis jetzt bei ihm ja noch<br />

nicht entdeckt zu haben. Ganz kalt ließ sie mich immer noch nicht, obwohl sie<br />

in meinen alltäglichen Gedanken nicht <strong>mehr</strong> vorkam. Was hatte sie veranlasst,<br />

mir eine Karte zu schicken. Ich wollte es wissen, es ließ mich nicht in Ruhe.<br />

Nach einigen Wochen rief ich sie zu H<strong>aus</strong>e an, und erklärte ihr, ich wolle mich<br />

für die Karte bedanken. Ihre Tochter, mit der sie zusammen in Urlaub war,<br />

habe ihr vorgeschlagen, mir doch eine Karte zu schicken, weil sie doch immer<br />

noch von mir träume. Wie bitte? <strong>Bea</strong> von mir träume? „<strong>Bea</strong>, ich glaube du<br />

willst mich auf den Arm nehmen.“ meinte ich zu ihr. „Nein, nein, Chris, das ist<br />

schon so. Vergessen habe ich dich nicht.“ erklärte sie. „Aber als Freund hast du<br />

jetzt einen anderen Mann?“ wollte ich ergänzen. „Nein, wieso kommst du denn<br />

darauf?“ wollte sie wissen. „Na, weil du dich <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> gemeldet hast. Ich war<br />

immer der Ansicht, dass du mich völlig vergessen, und dich anders besser versorgt<br />

hättest.“ antwortete ich ihr. „Kannst du dir vorstellen, dass ich mich nicht<br />

getraut habe.“ Das konnte ich nicht. Sie erklärte mir, ihre Ansicht sei gewesen,<br />

dass ich sie für völlig übergeschnappt hielte, was auch zuträfe, und ich mit ei-<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 13 von 29


ner so Durchgedrehten sicher nichts hätte zu tun haben wollen. Der Gedanke<br />

habe ihr sehr weh getan, und da habe sie lieber von unseren wenigen schönen<br />

Tagen geträumt.<br />

Treffen in Meerbusch<br />

Ob ich denn nicht noch einmal Lust hätte, sie zu sehen, bat sie, dann könne sie<br />

mir besser etwas erzählen als am Telefon. „Ja selbstverständlich, am liebsten<br />

sofort.“ antwortete ich. „Dann mach das doch. Setz dich in dein Auto, und<br />

komm zu mir. Du kannst sicher sein, dass ich dich nicht ins Bett zu locken,<br />

oder zu drängen versuche.“ Da hätte ich auch jetzt gar nicht mit gerechnet.<br />

Bei <strong>Bea</strong> kam immer alles unverhofft, plötzlich, spannend. Einerseits machte es<br />

den Umgang mit ihr interessant, andererseits aber auch vielleicht unberechenbar<br />

riskant. Sie wohnte allein in einer üppigen Villa in Meerbusch. Einer Frau,<br />

die noch im H<strong>aus</strong>e war, teilte <strong>Bea</strong> mit, dass sie jetzt nach H<strong>aus</strong>e gehen könne.<br />

Zuerst zeigte sie mir ihr Schlafzimmer mit der Bemerkung: „Das ist das Bett,<br />

in dass du heute nicht reinkommst.“ dann umarmten wir uns wie zwei alte<br />

Freunde, die sich lange nicht gesehen hatten. Es war sofort alles wieder in<br />

gewisser Weise selbstverständlich und vertraulich, auch wenn wir nichts geklärt<br />

oder besprochen hatten. Mit <strong>Bea</strong> verhielt es sich ähnlich wie mit meiner<br />

Kollegin, es war das Empfinden einer selbstverständlichen Übereinstimmung,<br />

nur dass bei <strong>Bea</strong> eben noch das Gefühl der Lust aneinander hinzukam. <strong>Bea</strong><br />

wirkte auf mich sehr ruhig, und sie erklärte sofort, dass es sein könne, dass sie<br />

ein wenig tranfunzelig wirke, da sie immer noch Tabletten nehme, die das<br />

angeblich nicht bewirken sollten, sie sich aber sicher sei, dass es diesen Effekt<br />

doch habe.<br />

„Chris ich freue mit ungemein, dass du jetzt hier bist. Das wirst du gar nicht<br />

nachempfinden können, wenn du nicht in meiner Lage bist.“ Das höre sich an,<br />

als ob sie mir etwas Unangenehmes, Schlimmes erzählen wolle. Ich würde das<br />

auch gerne hören wollen, und würde ihr auch gern von meinen Qualen erzählen.<br />

Aber ich freue mich gen<strong>aus</strong>o wie sie, und würde am liebsten zuerst über<br />

etwas Angenehmes, Freudiges, Lustige mit ihr reden. „Ach, das ist schwer.“<br />

stöhnte <strong>Bea</strong> „Also, der Urlaub in Portugal war sehr schön. Es hat mir gut gefallen<br />

dort.“ Wir schauten uns an und lachten. <strong>Bea</strong> kam zu mir auf die Couch,<br />

schlang ihre Arme um meinen Hals und drückte ihre Wange an meine. Dann<br />

befühlte sie mein Gesicht mit den Fingern ihrer linken Hand, schaute mich tief<br />

an und sagte: „Chris, das einzig Schöne und Angenehme ist, das du hier bist,<br />

und mir nicht <strong>mehr</strong> böse bist, oder?“ Ich schüttelte nur bestätigend den Kopf.<br />

„Doch es gibt noch etwas Schönes, dass es mir viel, viel besser geht, und ich<br />

vor<strong>aus</strong>sichtlich bald wieder arbeiten kann.“ „Bist du krank gewesen?“ erkundigte<br />

ich mich. „Ja fast ein ganzes Jahr. Seit unserem letzten Treffen.“ Ich zog<br />

fragend die Augenbrauen hoch. „Ja als ich zu H<strong>aus</strong>e ankam, war ich total fertig,<br />

völlig durcheinander. Auf der Rückfahrt kam es mir schon sofort: 'Was hast<br />

du getan? Bist du verrückt? Was hast du für einen Unfug gemacht? Wie konntest<br />

du so etwas tun, bist du absolut dämlich?' Dazu brauchte ich deine Erklärungen<br />

gar nicht. Wo und wer war ich da, als ich mich so meschugge verhielt.<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 14 von 29


Ich habe sofort meine Tochter angerufen, und sie gebeten, zu mir zu kommen,<br />

ich würde durchdrehen. Wir haben dann fast die ganze Nacht geredet, und waren<br />

uns klar, dass ich einen Arzt brauchen würde. Aber es war ja nicht nur das<br />

Bewusstsein, dass ich <strong>aus</strong>ge<strong>rastet</strong> war, es kam ja auch noch der Schmerz hinzu,<br />

dich verloren zu haben, und das selber erwirkt zu haben. Ich konnte ja<br />

nicht einfach mal so eben sagen: 'Tschuldigung, war nicht so gemeint.' Ich war<br />

ja völlig verrückt gewesen, das hattest du ja erlebt. Das konnte ich ja nicht<br />

einfach ungeschehen machen mit einem: 'Soll nicht wieder vorkommen.' Deine<br />

E-Mail bestätigte mich nur in meiner eigenen Auffassung. Ich musste damit<br />

rechnen, Dinge zu tun, die völlig neben der Spur lägen. Und zusätzlich immer<br />

noch diese Entzugsschmerzen. Ich kam mir vor, als ob ich früher die ganzen<br />

Tage damit verbracht hätte, deine E-Mails zu lesen und dir welche zu schreiben,<br />

und das ging jetzt nicht <strong>mehr</strong>. Ich konnte nichts machen, weil ich ständig<br />

daran denken musste. Wir kamen dann überein, dass ich mich erst mal in der<br />

Psychiatrie erholen sollte. Dar<strong>aus</strong> wurden sechs Wochen. Als ich nach H<strong>aus</strong>e<br />

kam, fühlte ich mich nicht erholt, sondern geschwächt und antriebslos. Ich<br />

konnte einfach so stundenlang im Sessel sitzen und in die Gegend starren.“<br />

„Hör auf, meine Liebe, ich kann das nicht ertragen.“ reagierte ich, „Sonst fange<br />

ich gleich auch an durchzudrehen, wenn ich daran denke, wie unerträglich<br />

dumm ich gewesen bin. Schlafen werde ich diese Nacht schon eh nicht <strong>mehr</strong><br />

können.“ Ich umarmte <strong>Bea</strong>, und diesmal drückten wir nicht nur unsere Wangen<br />

aneinander, sondern küssten uns. Einmal schaute <strong>Bea</strong> mich zwischendurch fragend<br />

an, dann schloss sie ihre Augenlieder wieder. Als wir aufhörten, lachte<br />

sie, stupste mir mit einem Finger die Nasenspitze und verkündete mit dickem<br />

Schmollmund: „Das war das Schönste heute. Von so etwas werde ich bestimmt<br />

ganz schnell wieder kerngesund.“ Sie streichelte mir durchs Haar, über die<br />

Stirn, zeichnete meine Augenbrauen nach, und strich zart mit einem Finger<br />

über meine Lippen. „Ich tue das gern, gefällt dir das auch?“ schaute sie mich<br />

schelmisch grinsend an. Das hatte sie also trotz ihres Krankseins und ihrer Tabletten,<br />

die sie noch nahm, nicht verlernt. Mir käme das eher so vor, als wenn<br />

mir Ungeziefer durchs Gesicht krabbeln würde, antwortete ich ihr dazu.<br />

„Wenn du wüsstest, welche Strafen du für solche Frechheiten eigentlich verdient<br />

hättest,“ reagierte <strong>Bea</strong>, und fragte, „Wie kommt das eigentlich, dass wir<br />

uns heute selbstverständlich anfassen, berühren, streicheln, und sogar richtig<br />

küssen, schön, aber komisch, nicht wahr?“ „Ich bin bei uns öfter ohne Erklärung<br />

geblieben. Mit dir war es schon immer schön, komisch und überraschend.<br />

Vielleicht liegt es heute daran, dass dieses ganze Jahr auf einmal vergessen<br />

ist, woran wir beide nicht geglaubt hätten.“ versuchte ich es zu erklären. „Ich<br />

möchte aber doch noch gerne ein wenig von deiner unerträglichen Dummheit<br />

hören. Vielleicht hilft es dir ja, wenn du dich mit mir mal darüber <strong>aus</strong>sprechen<br />

kannst, damit du dann doch noch ein wenig besser schläfst.“ feixte <strong>Bea</strong>. „Mach<br />

dich bitte nicht lustig darüber. Es ist wirklich absolut doof. Du hättest mich <strong>nie</strong><br />

verloren gehabt. Ich wollte dir das eigentlich noch mal genau lieb darstellen,<br />

damit du erkennen konntest, dass das, wovon ich bruchstückhaft erzählt hatte,<br />

mit männlicher Verlogenheit nicht im Geringsten zu tun hatte. Dann habe ich<br />

gedacht, das geht so nicht. Sie kann nicht einfach einen derartigen Tanz aufführen,<br />

und erwarten, dass ich ihr nachlaufe, und sie flehentlich um Anhörung<br />

bitte. Ich muss ihr auch mal deutlich sagen, dass es so nicht laufen kann, ein<br />

erzieherischer Hinweis also. Dann habe ich gedacht, irgendwann wird sie doch<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 15 von 29


mal Zweifel bekommen, ob das so richtig und sinnvoll war, und ob ihre vorschnelle<br />

Einschätzung nicht doch Schwächen hatte. Auf eine entsprechende<br />

Mail von dir habe ich gewartet, bis Weihnachten jeden Tag. Aber du schienst<br />

für mich bei der während unseres Treffens geäußerten Ansicht geblieben zu<br />

sein. Es hat mich schrecklich traurig gemacht. Andererseits habe ich gedacht,<br />

wenn sie so verbohrt ist, war es vielleicht besser so. Wenn ich mir vorstelle,<br />

was wir uns hätten ersparen können, wenn ich dir nur einen Satz geschrieben<br />

hätte. Aber ich habe <strong>aus</strong> dem, was ich mir vorstellte meine Schlüsse gezogen,<br />

dabei so völlig falsch gelegen, und mir selbst und dir so viel geschadet. Aber<br />

du lagst ja auch völlig daneben mit deiner Ansicht, mir nicht <strong>mehr</strong> schreiben zu<br />

können. Wenn du gewusst hättest, wie sehnsüchtig ich jeden Tag auf eine Mail<br />

von dir gewartet habe.“ erklärte ich zu unserer absolut dummen Selbstfolterung.<br />

Verliebt<br />

<strong>Bea</strong> schaute mich lange leicht lächelnd mit verträumtem Blick an, dann erklärte<br />

sie: „Weist du was, Chris, ich glaube, wir waren schon vorher richtig verliebt<br />

ineinander, ohne es vor uns selbst wahrhaben zu wollen. Ist das jetzt ganz<br />

anders für dich?“ „Im Gegenteil,“ antwortete ich, „es gibt für mich überhaupt<br />

kein Problem, es mir voll einzugestehen, obwohl ich erst gerade wieder zum<br />

ersten mal von dir gehört habe. Als ich nichts <strong>mehr</strong> hörte von dir, keine Mails<br />

<strong>mehr</strong> bekam, und dir keine schreiben konnte, wurde mir erst klar, was du mir<br />

bedeutet hattest, und das mit Partnervermittlungs-Dates überhaupt nichts zu<br />

tun hatte. Du hast dich emotional ganz tief bei mir eingegraben. Auf deine<br />

Karte nicht zu reagieren, oder zu denken 'Was will die denn auf einmal von<br />

mir?' wäre mir gar nicht möglich gewesen. Hattest du das auch erwartet?“ „Ich<br />

weiß nicht richtig, vielleicht habe ich es mir im Unterbewusstsein gewünscht,<br />

aber fest damit gerechnet, oder erwartet habe ich es nicht.“ antwortete sie,<br />

und fuhr fort, „Küsst du mich nochmal, Chris, es war so schön, und ich habe<br />

große Lust darauf.“ und schaute mich dabei sehnsüchtig leicht lächelnd an. Als<br />

ich sagte, ich könne sie immer küssen, sprang sie auf meinen Schoß, und saß<br />

breitbeinig vor mir. Wir küssten uns sehr lange und drückten unsere<br />

Oberkörper aneinander. <strong>Bea</strong>s Atem wurde tiefer, ihre Hände lagen auf meinen<br />

Schultern als sie mich tief anschaute und meinte: „Auffressen könnte ich dich<br />

schon, aber es bleibt heute besser wie versprochen, oder?“ „<strong>Bea</strong>, du kannst<br />

manchmal naiv ganz schwere Fragen stellen. Meinst du denn, ich würde mich<br />

nicht gerne von dir auffressen lassen, obwohl ich nur vermute, was genau du<br />

dir darunter vorstellst. Ob wir's nicht tun sollen, weil du es mir versprochen<br />

hast, warum soll ich das denn entscheiden können?“ fragte ich zurück. „Na,<br />

weil du ja einer von zwei Teilnehmern der auf Gegenseitigkeit beruhenden<br />

Veranstaltung bist, hätte ich schon gerne deine Meinung vorher dazu<br />

eingeholt.“ antwortete sie. „Wenn du so weiter redest, fress' ich dich gleich hier<br />

auf, ohne vorher deine Meinung einzuholen.“ reagierte ich. „Nein, im Ernst,<br />

Chris, ich würde sehr, sehr gern mit dir zusammen sein, aber ich frage mich<br />

auch, ob das nicht ein wenig überstürzt ist. Weil es vor einigen Stunden für<br />

mich noch völlig unvorstellbar war, dass es sich so entwickeln könnte, habe ich<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 16 von 29


das selbstverständlich versprochen, und innerhalb kurzer Zeit ist alles ganz<br />

anders geworden für mich. Für dich doch auch, oder?“ wollte sie meine Ansicht<br />

hören.<br />

Ohne meine Antwort abzuwarten schlug <strong>Bea</strong> vor: „Wir können's ja so machen,<br />

heute schläfst du im Gästezimmer, und morgen können wir dann entscheiden,<br />

wie wir wollen.“ Was war das denn jetzt? Ich sollte in Meerbusch übernachten?<br />

Seit wann das denn? „Ja du musst dann doch morgen hier sein, und wenn wir<br />

morgen zusammen frühstücken könnten und alles weitere. Du hast doch Ferien.<br />

Fändest du das denn nicht schön?“ fragte sie mich. „Schon <strong>Bea</strong>,“ erwiderte<br />

ich ihr, „aber wenn wir's morgen sowieso machen wollen, warum sollen wir's<br />

dann nicht heute tun, wenn wir brennend Lust darauf haben? Übrigens habe<br />

ich überhaupt nichts dabei zum Übernachten.“ „Ja, ich meinte ja nur, damit es<br />

nicht eventuell zu unüberlegt wäre, und kein Versprechen gebrochen würde.<br />

Mir wäre es anders auch lieber, und du könntest ja morgen im Laufe des Tages<br />

zu dir fahren, und dir holen, was du brauchst.“ meinte <strong>Bea</strong> und nestelte schon<br />

an den Knöpfen meines Hemdes. Sie ging also davon <strong>aus</strong>, dass ich noch länger<br />

hier bleiben würde. Mich konnte jetzt sowieso nichts <strong>mehr</strong> überraschen.<br />

<strong>Bea</strong>s Erklärungen<br />

„Küss mich noch mal, Chris, und streichle mich mal ein bisschen <strong>mehr</strong>“ forderte<br />

mich <strong>Bea</strong> auf, die ihre Hände von meiner Brust nahm, sie wieder um meinen<br />

Hals schlang und sich an mich schmiegte. „Hast du ein wenig Angst, Chris?“<br />

fragt sie mich. „Was meinst du?“ bat ich <strong>Bea</strong> um Erläuterung. „Na, mich anzufassen,<br />

mich zu berühren, mit mir etwas zu machen. Du kommst mir so zögerlich<br />

vor und streichelst mir so brav am T-Sirt rauf und runter. Ich glaube, wenn<br />

du nicht <strong>mehr</strong> willst, dann wird das gar nix mit uns.“ erklärte sie lächelnd. Natürlich<br />

wolle ich <strong>mehr</strong>, meinte ich, aber dass ich ein wenig zögerlich sei, könne<br />

schon sein. Wir hätten uns schließlich vorhin erst zum ersten mal geküsst.<br />

Während bei der Unterhaltung ja alles total vertraut sei, müsse ich ihren Körper<br />

noch erst kennenlernen. „Ja tu das, das möchte ich gern.“ reagierte <strong>Bea</strong>,<br />

„aber weist du, hier geht das gar nicht richtig. Wir machen uns gleich etwas<br />

Schönes fertig, essen ganz früh zu Abend, und gehen dann schnell ins Bett. Da<br />

kannst du dann meinen Körper richtig erforschen. Meinst du ich könnte dann<br />

deinen auch mal ein wenig erforschen, so viel kenne ich davon ja auch noch<br />

nicht.“ Sie warf mich um, so dass ich jetzt auf der Couch lag und sie auf mir<br />

saß. Sie kommentierte es mit, für die Tigerin sei das einfach so die günstiger<br />

Position zum Fressen, aber sie fände es auch angenehm, sich so mit mir zu unterhalten.<br />

„Das möchte ich mich gern ganz viel mit dir, ich möchte gerne deine<br />

Ansichten zu ganz vielen Dingen hören, und ich denke, du bist der einzige, der<br />

mir wirklich gern <strong>aus</strong> Interesse an mir zuhören könnte, und Lust hätte sich auf<br />

mich einzulassen. Es ist sehr seltsam,“ fuhr <strong>Bea</strong> fort, „ich hatte das Gefühl, ich<br />

mochte dich schon, bevor wir uns zum ersten Mal trafen. 'Alles meine Träume'<br />

sagen die Ärzte, nur die meisten Träume mit dir, werden schon eher erfüllt,<br />

bevor ich sie überhaupt träumen kann, oder sie sind flach im Gegensatz zu der<br />

Realität, die sich dann ereignet. Mir ist es völlig wurscht, ob du ein ganz besonderer<br />

Mann bist, oder ob ich mir das erträume, das interessiert mich eigentlich<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 17 von 29


gar nicht. Es ist einfach tatsächlich so, dass du ein Bild in mir, das lange<br />

unkenntlich grau verschleiert war, mit neuen lebhaften frischen Farben <strong>aus</strong>malst,<br />

und es bleibt mir gar nichts anders übrig, als mich zu freuen und glückliche<br />

Empfindungen zu haben. Unsere Beziehung, war sehr kurz, und wir wissen<br />

ja auch heute im Grunde noch relativ wenig übereinander, und trotzdem<br />

hat es uns beide ganz tief bewegt. Wir werden etwas anderes als gegenseitig<br />

aktuelle Wunschträume angesprochen haben, anders ist das für mich nicht zu<br />

verstehen. Jetzt müsste ich dich eigentlich fragen, ob du das ganz anders<br />

siehst, aber dafür ist mir das, was ich gedacht und gesagt habe zu ernst und<br />

bedeutsam.“<br />

Jetzt zog ich sie runter zu mir, und wir spielten mit den Zungen und Lippen<br />

und saugten aneinander. <strong>Bea</strong> wand sich auf mir, hob ihr errötetes Gesicht, und<br />

sagte tief atmend: „Chris, das ist nicht nur schön, mir geht das ganz tief. Ich<br />

würde jetzt am liebsten sofort mit dir ficken. Machen wir aber nicht, oder? Wir<br />

wollen beim ersten mal sanft und und zart sein, und das machen wir gemütlich<br />

nach dem Abendessen, nicht wahr?“ „Liebste jetzt war das ja passend,“ reagierte<br />

ich, „aber mir kommt das manchmal so vor, als ob du zwanghaft immer<br />

mit einer meist naiv anmutenden, simplen, leicht provokanten Frage schließen<br />

musst.“ „Muss ich nicht, aber macht mir Spaß.“ antwortete <strong>Bea</strong>, „Vielleicht<br />

kommt es auch oft schon automatisch. Ich mache das aber nur, wenn ich gut<br />

drauf bin, wenn ich mich wohlfühle. Für mich ist das so eine kleine Albernheit,<br />

eigentlich handelt es sich dabei um eine Persiflage von: 'den Ansprechpartner<br />

in seine eigenen Gedankengänge einbeziehen'. In der Ausbildung zum<br />

Projektmanagement kamen oft Dinge vor, die ich für absolut dämlich und<br />

komisch hielt. Ich hatte oft das Gefühl, nicht den erforderlichen Ernst<br />

aufzubringen, jetzt weiß ich aber, dass mir das nötige Maß an Stupidität fehlte.<br />

Ein sehr gutes therapeutisches Ergebnis, finde ich. Aber davon gibt es noch<br />

viele. Ich werde dir bestimmt mal <strong>mehr</strong> davon erzählen. Aber die Lust auf<br />

einen Mann hat man mir gottlob nicht wegtherapiert, und die Lust auf dich lass<br />

ich mir nicht wegtherapieren, abgesehen davon, dass sie völlig<br />

therapieresistent ist. Man hat's ja hinreichend oft versucht.“ Ihre jugendlich<br />

wirkende Frische und Lebendigkeit hatte man <strong>Bea</strong> anscheinend auch nicht<br />

abgewöhnt. Wenn ich in ihr Gesicht mit den zu mir hängenden leicht<br />

zerz<strong>aus</strong>elten dunklen Haaren schaute, vermittelte es mir eher den Eindruck,<br />

von Lust auf wilde verwegene Streiche, als die sogenannte Seriosität einer<br />

sechsundfünfzig jährigen Frau. Trotzdem strahlten ihre Augen, Sanftheit, Milde<br />

und Zärtlichkeit <strong>aus</strong>. Ich liebte diesen Menschen, diese Frau, diese <strong>Bea</strong>. Der<br />

Gedanke daran, sie glücklich zu machen, erfüllte mich mit Freude und Lust.<br />

„Chris, du liebst mich doch, bis jetzt wenigstens.“ begann <strong>Bea</strong>. Es kam nicht<br />

das obligatorische 'oder', aber ein 'bis jetzt wenigstens' konnte sich nicht<br />

verkneifen, „hast du dir eigentlich mal Gedanken darüber gemacht, warum das<br />

für dich so ist?“ „Im Moment scheint das wohl noch so zu sein.“ erwiderte ich<br />

lächelnd, „Aber wenn ich mich frage, warum das so ist, dann hat das mit<br />

meinen Vorstellungen über Beziehungen, wie ich sie hatte, überhaupt nichts zu<br />

tun. Die erscheinen mir dann wie lächerlich infantile Theorien. Du und der<br />

Gedanke an dich haben mir einfach Freude bereitet, haben mich glücklich seine<br />

lassen. Mir ist das erst bewusst geworden, als ich nichts <strong>mehr</strong> von dir hörte.<br />

Ich merkte, dass unser E-Mail-schreiben für mich viel <strong>mehr</strong> bedeutet hatte als<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 18 von 29


eine nette Spielerei. Mir fehlte das Zentrum meiner täglichen Freude. Da war<br />

mir klar, dass du dich sehr, sehr tief in mir befinden musstest, aber warum das<br />

dann so ist, weiß man glaube ich <strong>nie</strong>, da kann man sicher nur belanglos<br />

rätseln.“ „Es ist wunderschön, Chris, ich sehe das absolut genau so. Ich bin ja<br />

nicht durchgedreht, weil ich meinen Traum von dir nicht <strong>mehr</strong> haben konnte,<br />

sondern tatsächlich keine Nachrichten von dir <strong>mehr</strong> bekam, und dir schicken<br />

konnte, was ich nicht nur unbedingt brauchte, sondern was ich Idiot absichtlich<br />

selbst zerstört hatte. Mit Träumen hatte das allenfalls über t<strong>aus</strong>end Umwege<br />

vielleicht auch ein wenig zu tun. Ich hatte mir selber das zerstört, was mir<br />

jeden Tag die meiste Freude bereitete. Diese Person in mir konnte ich nicht<br />

ertragen.“ antwortete <strong>Bea</strong> und fuhr fort,“Dass ich jetzt so auf dir liegen und<br />

dich am liebsten verschlingen würde, hättest du, als du mich anriefst,<br />

überhaupt nicht träumen können. Unsere Realitäten sind unseren Träumen<br />

immer weit vor<strong>aus</strong> und völlig überlegen. Was soll ich denn jetzt von dir<br />

träumen? Die Realität ist wunderbar, schöner als jeder Traum. Ich habe gar<br />

keine Lust zu träumen, ich möchte die Wirklichkeit ge<strong>nie</strong>ßen.“<br />

<strong>Bea</strong>s Therapie<br />

Beim Zubereiten des Abendessens erzählte <strong>Bea</strong>, dass sie lernen müsse, ihre<br />

tatsächlichen Wünsche und Bedürfnisse zu erkennen, und ihnen entsprechende<br />

Gewichtung in ihrem Leben zu verschaffen. Den Professor, bei dem sie jetzt in<br />

Behandlung sei, habe ihr ihre Tochter besorgt. In der Psychiatrie habe man sie<br />

völlig tot therapiert. Man habe alles vermutet von Borderline, über Dissoziative<br />

Persönlichkeit und habe sich letztlich auf Schizophrene Phasen geeinigt. Als sie<br />

völlig hinüber gewesen sei, habe man sie entlassen. Ihre Tochter habe vor Wut<br />

und Entsetzen die Ärzte der Psychiatrie verklagen wollen, sich dann aber informiert<br />

und ihr diesen Professor besorgt. Er habe sie erst mal wieder zum Leben<br />

erweckt, und alle Mutmaßungen <strong>aus</strong> der Psychiatrie verworfen. Sie mache jetzt<br />

eine Gesprächstherapie und zusätzlich eine Analyse. Darüber hin<strong>aus</strong> habe sie<br />

noch in Abständen Besprechungen mit dem Professor. Das gefalle ihr alles sehr<br />

gut, aber das sei eigentlich gerade ihr zentrales Problem. Sie habe <strong>nie</strong> gemerkt,<br />

was ihr eigentlich überhaupt nicht gefallen habe, sondern sie habe immer<br />

gemeint, alles sei prima. Sie habe vielleicht eine viel zu glückliche, harmonische<br />

Kindheit gehabt. Ganz deutlich geworden sei ihr das an ihrer Schulzeit.<br />

Sie habe in der Schule alles als gut empfunden, und könne nicht sagen, dass<br />

sie Aversionen gegen irgendein Fach entwickelt habe, privat für sich habe sie<br />

aber etwas völlig anderes gemacht. Sie habe viel und gern gelesen, und sich<br />

damit die Welt erobert. Kunstbücher habe sie sich gern angeschaut, und sich<br />

mit der Entwicklung von Wahrnehmung und Darstellung beschäftigt. Musik hören<br />

und Opern besuchen seien Lieblingsbeschäftigungen von ihr gewesen. Und<br />

für's Anziehen, nicht dafür, dass sie gängigen Vorstellungen entsprechend chick<br />

<strong>aus</strong>sehe, sondern eher Modedesign abseits des domi<strong>nie</strong>renden Mode-Hypes,<br />

habe sie sich sehr interessiert. Dass das alles mit Mathe, Physik oder Latein<br />

überhaupt nichts zu tun habe, hätte sie nicht gestört. Sie habe immer alles<br />

brav gemacht, gute Zensuren bekommen, und gemeint, sie habe Interesse<br />

daran. Wenn alles geregelt war, und es keine Unstimmigkeiten gab, war ich der<br />

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Ansicht es sei prima. Dass es Diskrepanzen zwischen dem gab, was sie interessierte,<br />

und was sie ordentlich erledigt hatte, sei ihr <strong>nie</strong> aufgefallen. Sie<br />

hätte alles Mögliche studieren können, dass sie dabei doch am besten etwas<br />

hätte machen sollen, was mit ihren persönlichen Interessen zu tun hatte, sie<br />

ihr gar nicht in den Sinn gekommen. Aus nicht <strong>mehr</strong> bewussten Überlegungen<br />

sei sie auf Ökonomie gekommen, weil das ein finanziell sorgloses Leben versprechen<br />

würde. Sie habe immer alles brav gemacht, und dem Erforderlichen<br />

den Vorrang eingeräumt. Im Nachhinein empfinde sie sich als völlig dämlich,<br />

immer schon. Sie sei doch nicht doof gewesen, aber darüber, dass sie angeblich<br />

Interesse an allen Schulfächern habe, privat aber etwas ganz anderes mache,<br />

habe sie sich <strong>nie</strong> Gedanken gemacht. Spätestens bei der Arbeit mit Gerd,<br />

habe sie doch merken müssen, dass da etwas nicht in Ordnung sei. Aber sie<br />

habe einfach unkritisch beides zu ge<strong>nie</strong>ßen geglaubt. Die Person, die ihre eigentlichen<br />

Interessen darstelle, habe gar nicht ihr Ego gebildet. Sie selbst habe<br />

sich immer schlicht mit einer leicht zu großen Emotionalität gesehen, die aber<br />

stolz darauf war, auch ganz anders sein zu können. Alles in Ordnung, keine<br />

Probleme, man kann zufrieden sein.<br />

Im Grunde fange sie jetzt wieder an, in ihrer Kindheit zu lernen, dass Müll<br />

r<strong>aus</strong>bringen blöd bleibe, auch wenn ihre Mami sie so lieb darum gebeten habe.<br />

Erinnerungen an ihre Kindheit seien für sie immer <strong>aus</strong>schließlich wohlige<br />

Glücksmomente gewesen. Aber dass ihre Mutter in ihrer Liebe wohl ein Stück<br />

des Guten zu viel getan habe, und ihr letztendlich später dadurch Probleme bereitet<br />

habe, sei ihr erst jetzt bewusst geworden. „Ich habe meine Tochter auch<br />

sehr geliebt, und es ist heute noch so, aber meine Mutter scheint mir im Nachhinein<br />

richtig abgöttisch in mich verliebt gewesen zu sein. Das hätte ich so bei<br />

Cecille gar nicht gekonnt. Ich konnte damals den größten Mist angestellt haben,<br />

alles endete hinterher immer in Liebes- und Schmuseszenen. Ich kann<br />

mich an nichts erinnern, wogegen ich mich hätte wehren, durchsetzen oder behaupten<br />

müssen. Alles wurde mir so bereitet, dass ich es zufrieden und glücklich<br />

akzeptieren konnte. Meiner älteren Schwester Cecille gegenüber habe ich<br />

immer ein schlechtes Gewissen gehabt. Dass ich meine Tochter auch Cecille<br />

genannt habe, ist so etwas Ähnliches wie eine Wiedergutmachung für sie, und<br />

es hat sie auch maßlos gefreut. Sag mal, Chris,“ fuhr <strong>Bea</strong> fort, „kannst du dir<br />

das eigentlich vorstellen, dass wir uns noch jemals wieder trennen werden?“<br />

Oh je, was war denn das jetzt schon wieder? Wenn sich das so fortsetzte, wäre<br />

ich spätestens morgen früh mit ihr verheiratet, und bei ihr eingezogen. „<strong>Bea</strong>,<br />

ich bin außerordentlich glücklich, dich wiedergefunden zu haben, und ich weiß<br />

auch, dass ich dich sehr liebe, über alles weitere habe ich mir überhaupt noch<br />

keine Gedanken gemacht. Selbstverständlich möchte ich das im Moment nicht,<br />

dass wir uns irgendwann wieder trennen. Aber ob ich mir vorstellen kann, dass<br />

es jemals dazu kommen könnte, das weiß ich jetzt wirklich nicht, und darüber<br />

möchte ich auch jetzt gar nicht nachdenken.“ antwortete ich ihr. „Zweifelst du,<br />

oder misstr<strong>aus</strong>t du mir?“ fragte sie nach. „Nein, nein, nein!“ Ich merkte, wie<br />

ich Angst hatte, Anlass für das Empfinden irgendeiner Art von Disharmo<strong>nie</strong> geben<br />

zu können. Frei von der Furcht, dass sie etwas falsch verstehen könnte<br />

oder wollte, und dann exaltiert reagieren könnte, war ich nicht. <strong>Bea</strong> schien das<br />

an meiner leicht panikartigen Reaktion zu spüren. „Komm mal mit, Chris!“, zog<br />

sie mich zum Wohnbereich, schubste mich in einen Sessel, und setzte sich wieder<br />

breitbeinig auf meinen Schoß. „Du hast gerade Angst gehabt, dass ich <strong>aus</strong>-<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 20 von 29


asten könnte, nicht wahr? Ich kann das verstehen, trotzdem tut es mir weh,<br />

wenn du so von mir denkst. Beweisen kann ich dir nicht, dass so etwas nicht<br />

<strong>mehr</strong> vorkommen wird, du kannst es mir nur glauben. Wenn du immer so mit<br />

mir redest, dass ich auf keinen Fall Anlass für ein Missverständnis haben könnte,<br />

mag ich das nicht. Ich würde Zweifel an deiner Ehrlichkeit haben. Auch<br />

wenn du etwas mir Unangenehmes oder Zweideutiges sagst, ich werde nicht<br />

<strong>aus</strong>rasten, sondern ganz normal nachfragen, was du ja so gerne magst, wenn<br />

ich dich frage, und wovor du keine Angst zu haben brauchst. Wirst du mir das<br />

glauben, und so empfinden können? Ich bin glücklich, so weit zu sein, und es<br />

täte mir weh, wenn du in mir immer noch die potentiell Durchdrehende sehen<br />

würdest. Dass du dann Zweifel daran haben könntest, dass es zwischen uns<br />

beiden immer so bleiben würde wie heute, kann ich gut verstehen. Nur so ist<br />

es für mich nicht <strong>mehr</strong>, und ich wünsche mir, dass du es auch so siehst.“ Zum<br />

Zeichen des gemeinsamen Verständnisses küssten wir uns lange, und gingen<br />

dann zum Essen in den Küchenbereich.<br />

Abendessen und Nacht<br />

Nach einem Abendessen, bei dem wir viel lachten, liebkosten wir uns bei einem<br />

gemeinsamen Bad, und sin<strong>nie</strong>rten über unsere alternden Körper und wie wir<br />

mit den Veränderungen zurecht kämen und was uns am meisten störte. „Du<br />

hast recht, Chris.“ bestätigte mich <strong>Bea</strong>, „Wir beide sind eigentlich bislang sehr<br />

gut davon gekommen, wir sind beide schlank geblieben, fühlen uns fit und sind<br />

nicht krank. Gegenseitig empfinden wir den Körper des anderen doch nicht als<br />

abstoßend, im Gegenteil er lässt uns rattig werden. Können wir uns denn überhaupt<br />

<strong>mehr</strong> wünschen.<br />

<strong>Bea</strong> warf sich aufs Bett, und forderte mich lachend auf: „Nu mach mal!“ Nach<br />

kurzen Rangelspielen lag sie küssend auf mir. Während sie mich leicht lächelnd<br />

tief anschaute, zeichneten die Fingerspitzen ihrer rechten Hand Kreise um meine<br />

Augen, malten langsam auf Stirn und Wangen Li<strong>nie</strong>n, und betasteten Nase<br />

und Kinn. Nach zärtlichem Fingerspiel auf meinen Lippen, berührte sie sie<br />

hauchzart mit ihren eigenen. „Es kommt mir vor, als ob ich unsere Verbundenheit,<br />

unsere Nähe zueinander so deutlich spüren könnte. Als ob ich ge<strong>nie</strong>ßen<br />

könnte, wie unsere, nein alle Vokabeln, die mir dazu einfallen passen nicht,<br />

sind verbraucht oder mit Konnotationen belegt, die zu schal oder ordinär sind,<br />

wie wir beide uns gegenseitig weit für einander öffnen. Ein anderer Mensch,<br />

der meine Nähe will, den ich glücklich mache und der mich begehrt, öffnet sich<br />

für uns, dass wir uns <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chen und fast verschmelzen können aber doch<br />

immer einzelne Personen bleiben. Die tastende Haut meiner Fingerspitzen und<br />

die Impressionen, die meine Augen aufnehmen senden Signale zu der Staffelei,<br />

auf der in einem <strong>nie</strong> enden wollenden Prozess das Bild unserer Verbindung gemalt<br />

wird. Manchmal haben deine Augen geschaut, als ob sie fragen wollten:<br />

'Wer sind diese Augen, die in mich hineinsehen wollen?'. Eine Frage, die wie<br />

ein lebendiger bunter Punkt in dem Gemälde erscheint, nicht wie ein knarziges<br />

ungelöstes Rätsel. Es ist eine Frage, die Freude bereitet, auf die wir immer ein<br />

wenig <strong>mehr</strong> Antwort erhalten, aber wissen, dass wir sie <strong>nie</strong> voll beantwortet<br />

bekommen werden, und dies auch gar nicht wollen. Ich träume nicht, ich bin<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 21 von 29


sehr wach, es ist als ob ich unsere Liebe, unsere Verbundenheit, unsere Beziehung<br />

so sehen und tief fühlend spüren könnte. Es ist ein wunderschönes Erlebnis<br />

für mich, nach dem ich mich ein wenig wie in einer neuen Welt empfinde,<br />

ich fühle mich frei, leicht, selig, glücklich, als wenn ich Orgasmen für meine<br />

Seele gehabt hätte.“ erläuterte <strong>Bea</strong>, und fuhr fort, „Ob nur Frauen, oder auch<br />

Männer oder vielleicht nur ich das so empfinde?“ „Ich habe sehr gerne gehört,<br />

was du sagtest,“ antwortete ich, „habe es leider nur als sinnlich angenehm und<br />

sehr lieb empfunden. Ob ich oder Männer generell es nicht anders können,<br />

weiß ich nicht. Ich denke jeder wird etwas ähnliches auf eine unterschiedliche<br />

Art empfinden, nur die wenigsten werden versuchen, es sich bewusst zu machen,<br />

und darüber reden könne wie du.“<br />

Mit einem Satz k<strong>nie</strong>te sie auf meiner Brust, und verkündete: „Ich werde dich<br />

jetzt <strong>aus</strong>einandernehmen.“ Als ich laut lachen musste, erklärte sie mir, dass sie<br />

beim Sex selbst nicht so viel schmusen wolle, und sich denken könne, dass das<br />

immer noch so sei, dafür hinterher umso lieber. Ihre Lust an ironischen, und<br />

leicht provokanten Fragen schien ihr aber auch beim Ficken nicht zu fehlen.<br />

„Chris, meinst du, ein Mann mit 57 Jahren könnte es auch noch mal? Eine Frau<br />

mit 56 Jahren fände das nämlich überhaupt nicht schlecht.“ fragte sie. Völlig,<br />

erschöpft, verschwitzt und verschmiert schliefen wir ein, während <strong>Bea</strong> noch auf<br />

mir lag. Nach einiger Zeit wurden wir wach. <strong>Bea</strong> strahlte mich wohlig an,<br />

wälzte sich zur Seite, küsste meine Hand und schlief darauf weiter. Ich<br />

verspürte immer den Drang, verstehen zu wollen, was sich überhaupt für mich<br />

abspielte, aber bevor ich irgendein Gedankenkonstrukt entwickeln konnte, war<br />

ich auch schon wieder eingeschlafen.<br />

Am Morgen meinte <strong>Bea</strong>, dass sie anschließend immer einen schönen, leichten,<br />

beschwingten Tag haben werde, wenn sie abends so etwas erlebe. „Chris, ich<br />

glaube, ich will das immer. Würdest du das auch wollen und können.“ stellte<br />

sie wieder eine ihrer kuriosen Fragen. Ich lachte, zog sie auf mich und wir<br />

küssten uns. „Nicht jetzt, Chris.“ wehrte sie weiteres ab, „Sonst kannst du vielleicht<br />

heute Abend nicht <strong>mehr</strong>. Nein lass uns doch jetzt lieber aufstehen und<br />

frühstücken. Hättest du denn mal Lust, tagelang nur im Bett zu bleiben? Immer<br />

wenn man wach wird, redet man ein wenig, schmust miteinander, und<br />

fickt wieder. Zwischendurch holt man sich etwas zu essen ins Bett, schläft wieder,<br />

und dann wieder von neuem, bis man absolut nicht <strong>mehr</strong> kann, bis man<br />

sich richtig tot gefickt hat. Ach, Blödsinn, aber die Ideen werden uns bestimmt<br />

nicht <strong>aus</strong>gehen.“<br />

Und <strong>Bea</strong> erzählte, dass sie schon als Mädchen immer starkes Interesse an<br />

Sinnlich-Erotischem gehabt habe. Sie sei ziemlich offen aufgewachsen, und<br />

habe es für sich immer als angenehm, schön und selbstverständlich normal genossen.<br />

Mit dem, was ihre Mitschülerinnen schamvoll tuschelnd und kichernd<br />

dazu beitrugen, habe sie nichts zu tun gehabt. Sie habe sich nicht für nackte<br />

Männer oder eigentlich verbotene Bilder vom Ficken interessiert. Sie habe lieber<br />

sich selbst angeschaut oder andere schöne Frauen. Sie empfinde, dass<br />

Frauen über eine erotische Ausstrahlung verfügten, auch wenn man überhaupt<br />

keine gleichgeschlechtlichen Ambitionen habe. Bei einem Moses sage man vielleicht:<br />

schöner Mann, gut dargestellt, und das war's dann auch schon. Eine<br />

Frau, die dabei ins Träumen komme, halte sie für leicht pervers. Wenn sie die<br />

Venus Kallypigos, mit ihren Gewandresten und ihrem hübschen Po sehe, empfinde<br />

sie ihren eigenen Körper, und würde selbst gern ihren Hintern berühren,<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 22 von 29


oder noch besser berühren lassen. Über künstlerische Darstellungen sei auch<br />

ihr Interesse an Kleidung entstanden. Ihr sei deutlich geworden, wie Verhüllendes<br />

oder Zugefügtes die Wirkung und Lust nach dem eigentlich Verborgenen<br />

betone und verstärke, was die sie bedeckenden Stoffe über die Frau darin <strong>aus</strong>sagen<br />

und vermitteln könnten. Mit den gängigen Modeentwicklungen habe das<br />

überhaupt nichts zu tun. Hier werde ein Vorstellungs-Hype, wie alle gefälligst<br />

<strong>aus</strong>zusehen hätten implantiert, und alle würden brav und fleißig diesen Markt<br />

in gewünschter Form bedienen. „Auch mit erotischer Wäsche ist das so.“ fuhr<br />

<strong>Bea</strong> fort, „ich mag das eigentlich sehr an mir, nur 95 % davon sind ordinär,<br />

weibisch tüttelig oder auf männliche Geilheitsfantasien zugeschnitten und von<br />

den wenigen Designern, die <strong>mehr</strong> drauf haben, gefallen einem dann auch nur<br />

die Hälfte. Bei Negligés gibt es manchmal etwas sehr Schönes. Ich kann dann<br />

nicht widerstehen. Ich habe mittlerweile eine ganze Reihe teurer Seidennegligés<br />

im Schrank liegen, obwohl ich <strong>nie</strong> welche trage. Eigentlich mag ich das<br />

nämlich gar nicht, wenn sich zwischen meiner Haut und dem Bett noch etwas<br />

anderes befindet, außer einem Mann vielleicht, aber der ist ja auch in Haut eingewickelt.“<br />

<strong>Bea</strong> lachte, gab mir einen schnellen Kuss, und sprang <strong>aus</strong> dem<br />

Bett.<br />

Gedanken in Duisburg<br />

Beim Frühstück kam es mir vor, als ob ich wie jeden Morgen selbstverständlich<br />

mit <strong>Bea</strong> am Tisch säße, obwohl es ja mit meiner gewohnten Frühstückssituation<br />

außer dem Kaffee nicht das Geringste zu tun hatte. Alles schien mir vertraut,<br />

obwohl ich nichts kannte.<br />

Wieder zu H<strong>aus</strong>e in Duisburg wollte ich schnell einiges für die nächsten Tage<br />

zusammenpacken. Den Koffer hatte ich schon geöffnet, als ich mich selbst zur<br />

Gelassenheit mahnte. Ich bereitete mir zunächst mal einen Espresso, und wollte<br />

ein wenig in der Zeitung lesen, aber bei offen vor mir liegender Zeitung begann<br />

ich über meine Situation nachzudenken. Ich war seit gestern Mittag in<br />

eine andere Welt geraten, und steckte völlig darin. Gab es den Christian, der<br />

hier jahrelang allein gelebt hatte, innerhalb von wenigen Stunden nicht <strong>mehr</strong>?<br />

Was machte die Faszination dieser Frau <strong>aus</strong>, die das bewirkt hatte? Ich ließ den<br />

ganzen, mich verzaubernden Film noch einmal ablaufen, Antworten auf meine<br />

Fragen gab es nicht. Ich begehrte diese Frau, ich liebte ihre Anwesenheit, ich<br />

liebte wie und was sie sprach, ich schaute ihren Bewegungen faszi<strong>nie</strong>rt zu,<br />

aber da war noch <strong>mehr</strong>. Etwas Anderes, Wichtigeres, das sich mir nicht<br />

erschloss, was in mir ein Bedürfnis ähnlich einer Sucht <strong>aus</strong>löste, und es<br />

verhinderte, alles Geschehen in klaren Bezug zu meinem sonstigen Leben zu<br />

setzen. Richtig gehend verliebt war ich alter Boy. Ich freute mich, ich war<br />

glücklich, aber ein wenig kurios und mit dem Anflug eines Empfindens, dass<br />

man nicht wisse, was davon zu halten sei, kam ich mir schon vor, wenn ich<br />

versuchte, meine Situation von außenstehend zu betrachten.<br />

Aber wo würde das alles hinführen, und wie sollte das alles vor sich gehen. Ich<br />

könnte mir vorstellen, dass wir uns zunächst häufiger besuchten. Eines Tages<br />

wäre es dann zu umständlich, und ich sollte zu <strong>Bea</strong> ziehen, was ich meinem<br />

derzeitigen Empfinden nach auch gern machen würde. Aber wo blieb ich selbst,<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 23 von 29


der der ich bis gestern Mittag gewesen war bei allen Überlegungen. Ihn gab es<br />

gar nicht <strong>mehr</strong>. Es existierte nur noch der in <strong>Bea</strong> Wolff verliebte Christian Lorenz.<br />

Es war für mich aber unvorstellbar, dass der sich einmal nach dem alten<br />

zurücksehnen würde. Das war ja der, der sich emotional so halbwegs über<br />

Wasser gehalten hatte, und dem jetzt eine Erfüllung winkte, die außerhalb seiner<br />

im Traum vorstellbaren Möglichkeiten lag. Sein altes Ego schien ihm wie<br />

das eines armseligen, bescheidenen, alten Mannes, der er eigentlich gar nicht<br />

zu sein gedacht hatte, und auch meinte, sich überhaupt nicht so zu empfinden.<br />

<strong>Bea</strong> schien, mir nicht nur Freude und Lust zu vermitteln, sie erfüllte mich auch<br />

mit neuem Leben und neuer Vitalität. Welche bezaubernde Frau musste das<br />

sein, die so etwas in mir <strong>aus</strong>lösen konnte. Vielleicht war es ja wirklich so, dass<br />

sie neue strahlende Farben in ein altes, für mich nicht <strong>mehr</strong> erkenntliches bedeutendes<br />

Bild brachte. Mir wurde ersichtlich, von wie unermesslicher Bedeutung<br />

die Beziehung zu einem anderen Menschen sein kann, ebenso wichtig wie<br />

die anderen Grundbedürfnisse. Nur sie war nicht planbar, wie die Versorgung<br />

mit Nahrung, sondern wurde in Bereichen organisiert, die unserem bewussten<br />

Denken und Handeln nicht voll zugänglich waren.<br />

<strong>Bea</strong> in Duisburg<br />

Wieder bei <strong>Bea</strong>, kam sie auf die Idee, ob wir die kommende Nacht nicht bei mir<br />

verbringen sollten. Sie habe meine Wohnung ja noch gar nicht kennengelernt,<br />

und sie würde dann auch mal ein Negligé mitnehmen. „Du wohnst doch nicht<br />

direkt neben einer stinkenden Fabrik, oder?“ musste sie natürlich noch fragen,<br />

„Am besten fahren wir doch gleich, dann können wir noch zum Abendbrot etwas<br />

einkaufen gehen, und du lädst mich in dein Lieblingscafé ein. Oder gibt es<br />

so etwas bei dir gar nicht?“ Natürlich fuhren wir gleich nach Duisburg, allerdings<br />

mit ihrem Schlitten. „Angenehm ist das ja schon.“ meinte sie, „Aber<br />

wenn ich diese jungen Männer bei uns sah, die sich mit 2,5 Netto und eventuell<br />

noch Frau und Kind so etwas zulegten, bekam ich entsetzlichen Hass auf sie,<br />

obwohl sie ja eher arme Schweine waren. Einen Mann zu haben, der meint mir<br />

mit einem Auto demonstrieren zu müssen, was für ein toller Hecht er ist, damit<br />

ich ihn bewundern kann, eine absolut grässliche, unmögliche Vorstellung für<br />

mich. Aber möglicherweise gibt es ja doch noch eine ganze Reihe Mädels, die<br />

nicht merken, was für einen Schwächling sie da vor sich haben, sonst würden<br />

es ja nicht so viele praktizieren. Ich konnte ja nicht als Projektleiterin im Golf<br />

vorgefahren kommen, dann hätte man uns sofort für eine Garagenfirma<br />

gehalten. Aber Lust auf einen Golf verspüre ich jetzt eigentlich auch nicht, oder<br />

sollte ich mir einen Smart zulegen, da passten wir ja auch beide rein?“<br />

Meine stinknormale Wohnung in Uni-Nähe fand <strong>Bea</strong> heimelig schön, und meinte,<br />

dass man so etwas gar nicht erwarte, wenn man an Duisburg denke. Wenn<br />

meine Bücher auch noch alle bei ihr ständen, sei uns die Akzeptanz des Düsseldorfer<br />

Intellektuellenmilieus gesichert. Wann war ich je so gerne einkaufen<br />

gegangen, wann hatte ich je so gerne in diesem lapidaren Café gesessen? Mit<br />

der warmen offenen Blume <strong>Bea</strong> begann meine Alltagsumgebung Blüten zu öffnen,<br />

deren Knospen ich <strong>nie</strong> erkannt hatte.<br />

„Na reizt dich das?“ frage <strong>Bea</strong>, sich langsam in ihrem burgunderroten mit<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 24 von 29


schwarzen Stickereien besetzten Seidennegligé vor mir drehend. „Ich finde es<br />

wunderschön und es ist eigentlich schade, dass du so etwas nicht trägst, aber<br />

es verstärkt in mir eher den Reiz dessen, was es verbirgt.“ antwortete ich ihr.<br />

„Ja, das soll es ja auch. Das macht ja gerade das Erotische <strong>aus</strong>. Chris, wir haben<br />

so viele ähnliche Empfindungen und Gedanken, und kennen uns eigentlich<br />

kaum.“ <strong>Bea</strong> hatte sich zu mir auf's Bett gelegt, „Ich wüsste gerne mal woran<br />

das liegt oder liegen könnte. Eigentlich bist du ja ein Mensch, der in völlig anderen<br />

Zusammenhängen lebt. Aber von deiner Geschichte, von deiner Genese<br />

weiß ich so gut wie gar nichts. Außer von deiner Einstellung zum Zusammenleben<br />

mit einer Frau, die mir damals sehr gut gefallen hat, die du jetzt selbst<br />

aber als alberne Theorie bezeichnest.“ Ich wisse gar nicht so viel darüber,<br />

warum ich so sei wie ich sei. Mir sei es zwar schon aufgefallen, dass ich in<br />

manchen Bereichen andere Vorstellungen und Wünsche habe als die Mehrzahl<br />

der Männer, und dass ich mich bei Parties oder Ähnlichem meist lieber mit<br />

Frauen unterhalte als mit Männern. Das habe nichts mit Flirt oder erotischen<br />

Ambitionen zu tun, ich fände es einfach interessanter. Männer brauchten gar<br />

keine <strong>aus</strong>gesprochenen Machos zu sein, aber ein Interesse an Selbstdarstellung<br />

hätten fast alle, was schnell ermüdend und langweilig werde. Frauen hätten<br />

meist eine sensiblere Wahrnehmung, meist einen tieferen Durchblick, und<br />

würden gern Fragen stellen. Zwar meist nicht so lustige wie <strong>Bea</strong> Wolff, trotzdem<br />

sei es in der Regel einfach eben interessanter und abwechslungsreicher<br />

sich mit ihnen zu unterhalten, es mache schlicht <strong>mehr</strong> Spaß.<br />

Vielleicht liege es ja daran, dass ich mit drei Frauen aufgewachsen sei, meiner<br />

Mutter und meinen beiden Schwestern. Als männliche Bezugsperson habe ich<br />

nur ab und zu meinen Opa gehabt, der aber auch ein sehr sanfter und liebevoller<br />

Mann gewesen sei. Als Junge sei ich mir aber überhaupt nicht anders vorgekommen<br />

als alle anderen. „Als du aber von deinen Privatinteressen während<br />

der Schulzeit sprachst, ist mir aufgefallen, dass sie bis auf Modedesign mit<br />

meinen völlig identisch waren. Bei mir kam noch vermittelt über das erste<br />

Operninteresse große Liebe zu Sch<strong>aus</strong>piel und Theater und später auch Ballett<br />

hinzu. Das war eigentlich alles ungewöhnlich in Bezug zu meinen Klassenkameraden,<br />

aber ich habe mich <strong>nie</strong> als Außenseiter empfunden oder wurde so<br />

behandelt. Ich war immer sehr beliebt, als jemand der viel wusste, dem geistvolle<br />

Streiche einfielen und der immer <strong>aus</strong> dem Stegreif parodieren und lächerliche<br />

Szenen deklamieren konnte. Dass ich Englisch und Französisch studiert<br />

habe, lag einfach daran, dass ich in der Schule sehr gut darin war, und es mir<br />

auch Spaß machte, obwohl ich mich ja privat auch nicht weiter damit beschäftigte.<br />

Meinen Interessen entsprechend hätte ich eigentlich Germanistik oder<br />

Theaterwissenschaften studieren müssen, da bin ich aber auch <strong>nie</strong> drauf gekommen.<br />

Wenn ich allerdings Physik studiert hätte, wäre es mir wahrscheinlich<br />

irgendwann ähnlich ergangen wie dir, nur konnte das gar nicht in Frage kommen,<br />

weil ich mich darin in der Schule immer nur mit Mühe über Wasser gehalten<br />

hatte.“ erzählte ich ein wenig <strong>aus</strong> meiner Geschichte, und hätte auch noch<br />

weiter über meine Kindheit im Gegensatz zu ihrer berichten können, aber <strong>Bea</strong><br />

legte sich auf mich und küsste mich. „Alles was du sagst, macht mich zusätzlich<br />

glücklich. Ich denke, eine Steigerung ist nicht <strong>mehr</strong> möglich, aber du erfreust<br />

mich immer weiter. Wie kann es denn möglich sein, dass zwei junge<br />

Menschen völlig unabhängig voneinander identische Interessen haben. Ich<br />

glaube fast, wir sind bis auf unsere Sexualchromosomen geklont. Wenn ich<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 25 von 29


demnächst mal nicht sicher bin, ob es sich bei mir um einen realen Wunsch<br />

oder eine irrsinnige Illusion handelt, brauche ich nur dich zu fragen. Du wirst<br />

es wissen, und mir erklären können. Weißt du was, Chris,“ fuhr <strong>Bea</strong> fort, „ich<br />

glaube, es wird dich schockieren, und dir als völlig überstürzt erscheinen, aber<br />

ich sage es trotzdem einfach mal, weil es jetzt mein tatsächlicher Wunsch ist.<br />

Ich würde dich außerordentlich gern immer in meiner Nähe haben. Jetzt sofort<br />

und immer. Kein Tag <strong>mehr</strong> ohne dich. Irgendetwas macht mich süchtig. Was es<br />

genau ist, weiß ich gar nicht, aber was du sagst, verstärkt es immer <strong>mehr</strong>.“ Ich<br />

erläuterte <strong>Bea</strong>, wie ich es mir vorstellen würde, und sie meinte: „Wenn du auch<br />

damit rechnest, dass du irgendwann zu mir ziehst, warum dann das ganze<br />

Getändel mit den Besuchen vorher. Außerdem werde ich dann an den Abenden,<br />

an denen du nicht bei mir bist, von dir träumen, und das darf ich doch gar<br />

nicht. Darüber hin<strong>aus</strong> scheinst du vergessen zu haben, dass ich für einen<br />

glücklichen Tag, dich am Abend vorher brauche.“ Diesmal kam es zu einer erfüllten<br />

Nacht plus Negligéspielereien mit <strong>Bea</strong> in meinem Bett, in dem schon<br />

seit über einem Jahr keine Frau <strong>mehr</strong> gelegen hatte. Das Getingel mit Maren<br />

hatte ich damals sofort beendet, obwohl das Verhältnis zu <strong>Bea</strong> ja auch zerbrochen<br />

war. Eine Fortsetzung war trotzdem für mich unmöglich. Als ich sie am<br />

nächsten morgen fragte, wie sie sich gefühlt habe, meinte <strong>Bea</strong>: „So etwas fragt<br />

man eine Frau doch nicht.“ Als ich ihr erklärte, dass ich nicht ans Ficken<br />

gedacht hätte, sondern daran, wie sie in meinem Bett geschlafen habe,<br />

erklärte sie, dass sie mit mir zusammen wahrscheinlich sogar auf einem<br />

Nagelbett wohlig schlafen würde.<br />

Umzugspläne<br />

Gegenüber ihren Wünschen fühlte ich mich immer ohnmächtig. Ein Abend ohne<br />

<strong>Bea</strong> war für mich ja auch kein Wunschtraum, obwohl mich meine Entscheidungen<br />

auch ein wenig selbst beängstigten. War es denn möglich, sicher sein zu<br />

können, dass man nichts falsch machte. Mir fiel einfach nichts Anderes, Besseres,<br />

für sinnvoller zu Haltendes ein. Ich würde nach den Ferien im Kollegium<br />

mitteilen, ich wohne jetzt in Meerbusch. Meinen Freunden würde ich erklären:<br />

„Es hat sich gestern so ergeben. Ich habe da eine Freundin.“ Seit wann? „Seit<br />

vorgestern.“ Eigentlich unmöglich, aber ich wollte es selbst. Rush? Ich wusste<br />

es nicht, aber dass er abklingen würde, war für mich auch undenkbar. Es sei<br />

denn, <strong>Bea</strong> würde mich <strong>aus</strong> irgendwelchen Gründen r<strong>aus</strong>werfen. Das konnte ich<br />

mir aber auch überhaupt nicht vorstellen. Mit Sicherheit war es ein r<strong>aus</strong>chhaftes<br />

Erlebnis für mich, dass ich aber unbedingt ge<strong>nie</strong>ßen wollte. Auch wenn der<br />

R<strong>aus</strong>ch <strong>aus</strong>klingen sollte, dass es kein böses Erwachen geben würde, dessen<br />

war ich mir sicher.<br />

Am Früstückstisch kam schon die Projektmanagerin zum Zuge, die konkret den<br />

Umzug plante, wusste was, wann, wie organisiert werden musste, und beabsichtigte,<br />

die Heimeligkeit meiner Wohnung in gewisser weise in ihr H<strong>aus</strong> in<br />

Meerbusch innenarchitektonisch zu implementieren.In einer Woche sollte alles<br />

geschehen sein, und ich bei Frau Wolff wohnen. Alle Details wurden geklärt, eigene<br />

Telefonnummer oder gemeinsam, getrennte Briefkästen oder gemeinsam<br />

etc., Frau Wolff war absolute Spitze und vergaß nichts. „Ich finde dich total su-<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 26 von 29


per, meine Liebste, aber darf ich dich für so etwas denn loben, oder stört das<br />

dein neues Ego?“ fragte ich <strong>Bea</strong> scherzhaft. Sie blickte mich mit strengen Augen<br />

aber lächelnd an: „Jetzt fängst du auch schon an so blöde Fragen zu stellen.<br />

Gewöhn dir das nicht an. Wenn beide das tun, macht es keinen Spaß<br />

<strong>mehr</strong>.“ meinte sie lakonisch.<br />

Aus dem gemeinsamen Leben<br />

<strong>Bea</strong> und ich redeten ständig miteinander, auch wenn wir nicht meinen Umzug<br />

planten oder uns Teile <strong>aus</strong> unserer Lebensgeschichte erzählten. Irgendetwas<br />

Banales konnte den Anlass bieten, uns in stundenlange zum Beispiel kunstgeschichliche<br />

Diskussionen zu vertiefen. Die Struktur der Gespräche war meistens<br />

sehr unterschiedlich, mal hatten sie <strong>mehr</strong> informativen Charakter, mal<br />

t<strong>aus</strong>chten wir <strong>mehr</strong> unsere Meinungen und Ansichten <strong>aus</strong>. Am schönsten und<br />

meist auch lustigsten war es, wenn wir uns unsere jeweiligen Interpretationen,<br />

emotionalen Bilder, die sich uns darstellten, gegenseitig zu vermitteln suchten.<br />

Niemand wollte sich darstellen, und doch war es vielleicht gerade deshalb eine<br />

kleine Geschichte, ein Sch<strong>aus</strong>piel des anderen über sich, in dem man ihn persönlich<br />

erleben und ge<strong>nie</strong>ßen konnte.<br />

Die Vorstellung, dass uns einmal der Gesprächsstoff <strong>aus</strong>gehen würde, hätten<br />

wir für eine absonderliche Idee gehalten. Wir brauchten doch keinen Stoff, kein<br />

Thema, alles konnte Anlass bieten, um mit dem anderen zu kommunizieren.<br />

Die Kommunikation selber war die Oper, das Thema bildete allenfalls das Libretto.<br />

Es war das Spiel unserer beiden Körper, unserer beiden Persönlichkeiten,<br />

die sich darin <strong>aus</strong>drückten und vermittelten. Sie erzählten die Geschichten,<br />

denen man l<strong>aus</strong>chen wollte, sie malten die Bilder, die man so gern betrachtete<br />

und entstehen sah. Unsere Gespräche waren ein allumfassendes Erlebnis<br />

mit hoher sinnlicher Qualität.<br />

Nicht selten versäumten wir etwas, weil uns unser Gespräch im Moment wichtiger<br />

war. Übliche Kategorien für Gespräche, wie zum Beispiel so etwas wie: interessant<br />

erzählen zu müssen, um den Partner nicht zu langweilen, wären uns<br />

absurd und lächerlich erschienen, auch wenn <strong>Bea</strong> ihre ironischen Fragen zu einer<br />

von ihr persönlich entwickelte Spezialform der Mäeutik erklärte, und mir<br />

aufzeigen wollte, wie sie mich dadurch zu Wissen und Erkenntnis durch mich<br />

selber bringen werde. Kleinste Erklärungen oder Informationen konnten oft viel<br />

Zeit in Anspruch nehmen, weil wir Lust daran hatten, <strong>aus</strong> ihnen ein Erlebnis<br />

mit dem anderen zu machen.<br />

Wo war dieses Bedürfnis, das uns beide erfasst hatte verborgen gewesen, als<br />

wir noch nicht zusammen waren? War es vielleicht gar kein originäres Bedürfnis,<br />

sich mitzuteilen oder etwas ähnliches? War das Gespräch nicht vielleicht<br />

eher so etwas wie ein Gewand, das die Person des anderen erkennen lässt, sie<br />

aber nicht ganz offenbart, sondern ihren Reiz und die Lust auf sie erhöht. Es<br />

bereitete uns Lust, dem anderen beim Sprechen zuzuhören und ihn dabei anzuschauen<br />

und zu empfinden, sowie selber etwas darzustellen, und den anderen<br />

unseren Gedankengängen folgend, unsere Person wahrnehmend und unsere<br />

Signale suchend zu wissen, um dann seine Reaktion zu erwarten.<br />

Ein wenig kam es mir vor, wie bei den eigentlich ja relativ belanglosen kleinen<br />

<strong>Bea</strong> <strong>rastet</strong> <strong>nie</strong> <strong>mehr</strong> <strong>aus</strong>- Seite 27 von 29


Mails, in denen wir ja wenig Bedeutsames und so gut wie nichts Konkretes<br />

über uns selbst gesagt hatten, die aber bei uns beiden so eindrucksvolle Bilder<br />

erzeugten, die tiefe psychische Auswirkungen für uns zur Folge hatten.<br />

Vielleicht waren unsere Gespräche ja ein Weg, den wir beide unbewusst gewählt<br />

hatten, um uns gegenseitig immer noch tiefer näher zu kommen, uns<br />

besser zu erkennen, uns noch intensiver gegenseitig erfahren und aufnehmen<br />

zu können.<br />

Kleine Katastropen mit großen Wundern<br />

Zum Ende des Sommers, der in diesem Jahr nicht erderwärmungsheiß gewesen<br />

war, wohnte ich in Meerbusch bei Düsseldorf mit einer Frau <strong>aus</strong> der Partnervermittlung<br />

zusammen, die sich von mir bei unserm zweiten Treffen getrennt<br />

hatte, und die für mich fast ein Jahr lang unsichtbar gewesen war. Unsere<br />

Beziehung, die ja gar nicht <strong>mehr</strong> bestand, war das einzige, das sie trotz<br />

aller Therapie als Realität festgehalten hatte, und nicht in irgendeine Traumwelt<br />

hatte konstruieren lassen. Mir erschien es jetzt eher wie ein Traum, den<br />

ich jeden Tag aufs neue nicht nur träumen, sondern leben durfte. Ich hatte das<br />

Empfinden auf einem anderen Planeten zu wohnen, auf dem keine Katastrophen<br />

drohen können, weil ich nicht nur eine Partnerin, eine Frau für eine schöne<br />

Beziehung gefunden hatte, sondern sehr viel <strong>mehr</strong>. Ich hatte einen Menschen<br />

kennengelernt, der in mir etwas belegte, von dem ich gar nicht wusste,<br />

dass es noch existierte. Es konnte keine Wünsche <strong>mehr</strong> entwickeln, keine Bedürfnisse<br />

<strong>mehr</strong> formulieren und keine Träume <strong>mehr</strong> gebären. Ich habe nicht<br />

einmal wahrgenommen, dass es nicht <strong>mehr</strong> zu existieren schien, aber gestorben<br />

war es ja nicht. Vielleicht geht es den vielen Menschen, die sich für abgeklärt<br />

und erfahren halten ja in gewisser weise ähnlich. Sie können vieles nicht<br />

<strong>mehr</strong> erkennen, wovon sie schöne Träume haben könnten, die sich zu leben<br />

lohnten. Sterben wird es in einem Menschen <strong>nie</strong>mals, dafür ist es zu alt und zu<br />

früh eigebrannt. Vielleicht bedarf es ja einer kleinen Katastrophe, um es wieder<br />

zu neuem Leben zu erwecken, so wie die kleine Katastrophe ja auch für mich<br />

mit ungewöhnlich angenehmen Konsequenzen verbunden war. Der heiße Erderwärmungstag<br />

im vergangenen Sommer, den ich so entspannt ge<strong>nie</strong>ßen<br />

wollte, und der letztendlich dazu führte, dass sich mein gesamtes bisheriges<br />

Leben komplett veränderte. Ähnlich katastrophale Sommertage kann ich nur<br />

jedem Menschen wünschen, gezielt finden wird man sie aber leider wohl eher<br />

kaum.<br />

FIN<br />

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Ne rêve pas ta vie vis ton rêve<br />

Eigentlich hatte ich bei der Partnervermittlungsagentur ja nicht wirklich eine<br />

Frau gesucht. Ich sah es eher als Joke, den ich mal probieren wollen, hatte<br />

aber <strong>Bea</strong> kennengelernt, und bevor es ernsthaft begonnen hatte, war es schon<br />

wieder vorbei. Warum war ich so enttäuscht, als ob mich eine langjährige gute<br />

Freundin verlassen hätte, obwohl mir selbst noch nicht mal wirklich klar war,<br />

ob ich <strong>Bea</strong> überhaupt lieben würde. Es tat mir weh, äußerst weh, all das mit ihr<br />

Verbundene plötzlich zu verlieren. Ob ich sie liebte oder nicht, eine müßige<br />

Frage eigentlich, sie war zum Quell meiner täglichen Lebensfreude geworden.<br />

Ihre neckischen E-Mails, waren kein nettes Aperçu. Ich wartete gespannt<br />

darauf, und freute mich sie zu beantworten. Gedanken an sie waren immer mit<br />

wohlig freudigen Empfindungen verbunden. Das alles gab es auf einmal nicht<br />

<strong>mehr</strong>, sollte nicht <strong>mehr</strong> als ein kurzer Traum gewesen sein.<br />

Ende Juni erhielt ich eine Ansichtskarte <strong>aus</strong> Belém in Portugal: „Hallo Chris, ich<br />

mache hier Urlaub. Alles total spannend, erlebe es zum ersten mal. Ich hoffe<br />

du bist nicht <strong>mehr</strong> so frech. Deine <strong>Bea</strong>“. Was hatte das denn zu bedeuten?<br />

'Meine <strong>Bea</strong>' schickt mir nach fast einem Jahr Funkstille eine Urlaubskarte <strong>aus</strong><br />

Portugal mit einer lustigen Bemerkung. Mit wem machte sie denn Urlaub? Allein<br />

doch wohl kaum. Hatte sie jetzt jemanden ohne 'verlogenen Männermist'<br />

gefunden? Ihre Tochter, mit der sie zusammen in Urlaub war, habe ihr<br />

vorgeschlagen, mir doch eine Karte zu schicken, weil sie doch immer noch von<br />

mir träume. Wie bitte? <strong>Bea</strong> von mir träume? „<strong>Bea</strong>, ich glaube du willst mich auf<br />

den Arm nehmen.“ meinte ich zu ihr. „Nein, nein, Chris, das ist schon so.<br />

Vergessen habe ich dich nicht.“ erklärte sie. „Kannst du dir vorstellen, dass ich<br />

mich nicht getraut habe.“ Das konnte ich nicht. Sie erklärte mir, ihre Ansicht<br />

sei gewesen, dass ich sie für völlig übergeschnappt hielte, was auch zuträfe,<br />

und ich mit einer so Durchgedrehten sicher nichts hätte zu tun haben wollen.<br />

Der Gedanke habe ihr sehr weh getan, und da habe sie lieber von unseren<br />

wenigen schönen Tagen und Erlebnissen geträumt.<br />

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