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Lenny, einer von diesen Männern, die ganz nett sind?

„Und was ist jetzt mit deiner Freundin? Wird die Liebe zunehmen oder wird sie eher verblassen? Du ließt zu viel Groschenromane, mein Junge.“ erklärte Delphine. „Das ist doch antiquiert, was du erzählst. Wen interessiert es denn heute noch, sich in solche Traumwel­ten zu begeben? Romantische Spinner.“ „Die vielleicht auch, aber mit den Traumwelten, das siehst du aus 'ner völlig falschen Warte. Du lebst nicht allein für dich. Alleine leben, das gibt es nicht.“ reagierte Lenny. „Ich mach es aber, mein Lieber, bis auf die Momente in denen ich mich mit einer Freundin oder meinem Freund treffe.“ erwiderte Delphine. „Du kannst es ja meinetwegen so glauben, aber du, deine Person, dein Ego ergibt sich doch nicht daraus, dass du eine eigene Wohnung hast.“ meinte Lenny dazu. Das glaubte Delphine ja auch nicht. Sie fragte aber einfach mal: „Sondern?“ „Du, das bist du, wie du mit der Welt, die dich umgibt, in Kontakt stehst, welche Beziehung du zu dei­nen Mitmenschen hast. Und das nicht nur heute, sondern wie es sich in deinem ganzen Leben entwickelt hat.“ antwortete Lenny. „Ja, ja, das würde ich prinzipi­ell nicht viel anders sehen.“ „Du verstehst das nicht, Lenny. Ich fühle mich wohl so. Kann tun und lassen, was ich will und für richtig halte, und bin dabei nicht in einen Clinch eingebunden, auf Grund dessen ich Rücksichten nehmen müsste. Mann und Frau sind dazu ein­gerichtet, dass sie miteinander ficken können und Lust daran haben. Alles an­dere darüber hinaus ist Tradition und Dichtung. So etwas wie Liebe schafft nur Abhängigkeiten. Ich will das nicht, unabhängig davon weiß ich gar nicht, was das ist.“ erklärte sich Delphine. Lenny betrachtete Delphine nur skeptisch. Später sagte sie einmal: „Ich empfinde mich so frei und selbstsicher und stark, wie ich es nie war. Du brauchst es mir nicht zu erklären, Lenny. Es gibt nur einen Grund. Den kenne ich, und du kennst ihn auch.“

„Und was ist jetzt mit deiner Freundin? Wird die Liebe zunehmen oder wird sie eher verblassen? Du ließt zu viel Groschenromane, mein Junge.“ erklärte Delphine. „Das ist doch antiquiert, was du erzählst. Wen interessiert es denn heute noch, sich in solche Traumwel­ten zu begeben? Romantische Spinner.“ „Die vielleicht auch, aber mit den Traumwelten, das siehst du aus 'ner völlig falschen Warte. Du lebst nicht allein für dich. Alleine leben, das gibt es nicht.“ reagierte Lenny. „Ich mach es aber, mein Lieber, bis auf die Momente in denen ich mich mit einer Freundin oder meinem Freund treffe.“ erwiderte Delphine. „Du kannst es ja meinetwegen so glauben, aber du, deine Person, dein Ego ergibt sich doch nicht daraus, dass du eine eigene Wohnung hast.“ meinte Lenny dazu. Das glaubte Delphine ja auch nicht. Sie fragte aber einfach mal: „Sondern?“ „Du, das bist du, wie du mit der Welt, die dich umgibt, in Kontakt stehst, welche Beziehung du zu dei­nen Mitmenschen hast. Und das nicht nur heute, sondern wie es sich in deinem ganzen Leben entwickelt hat.“ antwortete Lenny. „Ja, ja, das würde ich prinzipi­ell nicht viel anders sehen.“ „Du verstehst das nicht, Lenny. Ich fühle mich wohl so. Kann tun und lassen, was ich will und für richtig halte, und bin dabei nicht in einen Clinch eingebunden, auf Grund dessen ich Rücksichten nehmen müsste. Mann und Frau sind dazu ein­gerichtet, dass sie miteinander ficken können und Lust daran haben. Alles an­dere darüber hinaus ist Tradition und Dichtung. So etwas wie Liebe schafft nur Abhängigkeiten. Ich will das nicht, unabhängig davon weiß ich gar nicht, was das ist.“ erklärte sich Delphine. Lenny betrachtete Delphine nur skeptisch. Später sagte sie einmal: „Ich empfinde mich so frei und selbstsicher und stark, wie ich es nie war. Du brauchst es mir nicht zu erklären, Lenny. Es gibt nur einen Grund. Den kenne ich, und du kennst ihn auch.“

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Carmen Sevilla<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können?<br />

Delphine: Alles nur Tradition und Dichtung<br />

Erzählung<br />

Aimer, c'est se donner corps et âme<br />

„Und was ist jetzt mit d<strong>einer</strong> Freundin? Wird <strong>die</strong> Liebe zunehmen oder wird sie<br />

eher verblassen? Du ließt zu viel Groschenromane, mein Junge.“ erklärte<br />

Delphine. „Das ist doch antiquiert, was du erzählst. Wen interessiert es denn<br />

heute noch, sich in solche Traumwelten zu begeben? Romantische Spinner.“<br />

„Die vielleicht auch, aber mit den Traumwelten, das siehst du aus 'ner völlig<br />

falschen Warte. Du lebst nicht allein für dich. Alleine leben, das gibt es nicht.“<br />

reagierte <strong>Lenny</strong>. „Ich mach es aber, mein Lieber, bis auf <strong>die</strong> Momente in denen<br />

ich mich mit <strong>einer</strong> Freundin oder meinem Freund treffe.“ erwiderte Delphine.<br />

„Du kannst es ja meinetwegen so glauben, aber du, deine Person, dein Ego<br />

ergibt sich doch nicht daraus, dass du eine eigene Wohnung hast.“ meinte<br />

<strong>Lenny</strong> dazu. Das glaubte Delphine ja auch nicht. Sie fragte aber einfach mal:<br />

„Sondern?“ „Du, das bist du, wie du mit der Welt, <strong>die</strong> dich umgibt, in Kontakt<br />

stehst, welche Beziehung du zu deinen Mitmenschen hast. Und das nicht nur<br />

heute, sondern wie es sich in deinem <strong>ganz</strong>en Leben entwickelt hat.“ antwortete<br />

<strong>Lenny</strong>. „Ja, ja, das würde ich prinzipiell nicht viel anders sehen, nur ist einem<br />

das im Moment nicht bewusst. Da sieht man sich immer wie eine<br />

unveränderlich gültige Momentaufnahme. Dass sich deine Ansicht zu etwas<br />

Bestimmtem ja auch mal irgendwann auf Grund irgendwelcher Einfüsse<br />

entwickelt hat, das ist dir im Augenblick nicht gegenwärtig.“ meinte Delphine<br />

dazu. „Anders kannst du ja auch nicht leben. Du musst doch das, wie du's im<br />

Moment siehst, für gültig halten. Alles relativieren, machte dich ja verrückt.“<br />

meinte <strong>Lenny</strong>. „Aber du kannst doch etwas lernen, etwas verändern, zu neuen<br />

Ansichten kommen.“ erwiderte Delphine. „Gott sei Dank, dass du auch im<br />

Leben etwas dazu lernen kannst und nicht nur im Studium. Was stu<strong>die</strong>rst du<br />

eigentlich?“ erkundigte sich <strong>Lenny</strong>. „Romanistik, willst du auch wissen, wie ich<br />

heiße?“ fragte Delphine lächelnd. „Und ich heiße <strong>Lenny</strong> und stu<strong>die</strong>re<br />

Psychologie.“ <strong>Lenny</strong> darauf. „Oh je, <strong>die</strong> armen Frauen, <strong>die</strong> mit einem<br />

Psychologen zusammen leben.“ meinte Delphine, „Da ist es doch <strong>ganz</strong> gut,<br />

wenn man allein lebt.“ „Und der trifft sich dann einmal in der Woche mit s<strong>einer</strong><br />

Freundin, um ihr Sexualverhalten zu analysieren.“ <strong>Lenny</strong> darauf scherzend.<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 1 <strong>von</strong> 22


„Du verstehst das nicht, <strong>Lenny</strong>. Ich fühle mich wohl so. Kann tun und lassen,<br />

was ich will und für richtig halte, und bin dabei nicht in einen Clinch<br />

eingebunden, auf Grund dessen ich Rücksichten nehmen müsste. Mann und<br />

Frau <strong>sind</strong> dazu eingerichtet, dass sie miteinander ficken können und Lust daran<br />

haben. Alles andere darüber hinaus ist Tradition und Dichtung. So etwas wie<br />

Liebe schafft nur Abhängigkeiten. Ich will das nicht, unabhängig da<strong>von</strong> weiß ich<br />

gar nicht, was das ist.“ erklärte sich Delphine. <strong>Lenny</strong> betrachtete Delphine nur<br />

skeptisch. Später sagte sie einmal: „Ich empfinde mich so frei und selbstsicher<br />

und stark, wie ich es nie war. Du brauchst es mir nicht zu erklären, <strong>Lenny</strong>. Es<br />

gibt nur einen Grund. Den kenne ich, und du kennst ihn auch.“<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 2 <strong>von</strong> 22


<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? - Inhalt<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können?............................................. 4<br />

Beim Kaffee in der Uni.................................................... 4<br />

Besuch bei Delphine.......................................................6<br />

Mein Freund hat mich verlassen.....................................7<br />

Das muss Liebe sein.......................................................8<br />

Delphines kranke Augen...............................................10<br />

Komm zu mir, mein Liebster.........................................12<br />

<strong>Lenny</strong> in Qual...............................................................12<br />

Vertrauensbeweis.........................................................13<br />

Unfassbares Wunderwerk............................................. 14<br />

E-Mail-Verkehr.............................................................15<br />

Veredelte Beziehung..................................................... 16<br />

Trennung <strong>von</strong> Tina........................................................ 17<br />

Prinzessin aus Tausendund<strong>einer</strong>nacht..........................18<br />

<strong>Lenny</strong>, du musst verschwinden..................................... 19<br />

Es gibt nur einen Grund................................................20<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 3 <strong>von</strong> 22


<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können?<br />

Beim Kaffee in der Uni<br />

„Was rede ich mit dir? Bist du Kommunikationsforscher?“ fragte Delphine.<br />

„Nein, nein, wir brauchen ja auch nicht darüber zu reden, aber du hast mich ja<br />

auch nach m<strong>einer</strong> Freundin gefragt.“ antwortete <strong>Lenny</strong>. „Wenn du mich nicht so<br />

angestarrt hättest, würden wir überhaupt nicht miteinander reden.“ Delphine<br />

darauf. „Ja, hab' ich, nicht wahr? Das kam automatisch. Du fällst eben auf.“<br />

reagierte <strong>Lenny</strong>. „Dir vielleicht.“ meinte Delphine. „Du willst mir doch nicht erzählen,<br />

dass du nicht weißt, wie gut du aussiehst.“ <strong>Lenny</strong> dazu. „Und das hat<br />

dich so schockiert?“ fragte Delphine. „Ach, Unsinn, aber du schaust gern hin.<br />

Es schmeichelt deinem Blick.“ antwortete <strong>Lenny</strong>. „Und was ist jetzt mit d<strong>einer</strong><br />

Freundin? Wird <strong>die</strong> Liebe zunehmen oder wird sie eher verblassen? Du ließt zu<br />

viel Groschenromane, mein Junge.“ erklärte Delphine. „Das ist doch antiquiert,<br />

was du erzählst. Wen interessiert es denn heute noch, sich in solche Traumwelten<br />

zu begeben? Romantische Spinner.“ „Die vielleicht auch, aber mit den<br />

Traumwelten, das siehst du aus 'ner völlig falschen Warte. Du lebst nicht allein<br />

für dich. Alleine leben, das gibt es nicht.“ reagierte <strong>Lenny</strong>. „Ich mach es aber,<br />

mein Lieber, bis auf <strong>die</strong> Momente in denen ich mich mit <strong>einer</strong> Freundin oder<br />

meinem Freund treffe.“ erwiderte Delphine. „Du kannst es ja meinetwegen so<br />

glauben, aber du, deine Person, dein Ego ergibt sich doch nicht daraus, dass<br />

du eine eigene Wohnung hast.“ meinte <strong>Lenny</strong> dazu. Das glaubte Delphine ja<br />

auch nicht. Sie fragte aber einfach mal: „Sondern?“ „Du, das bist du, wie du<br />

mit der Welt, <strong>die</strong> dich umgibt, in Kontakt stehst, welche Beziehung du zu deinen<br />

Mitmenschen hast. Und das nicht nur heute, sondern wie es sich in deinem<br />

<strong>ganz</strong>en Leben entwickelt hat.“ antwortete <strong>Lenny</strong>. „Ja, ja, das würde ich<br />

prinzipiell nicht viel anders sehen, nur ist einem das im Moment nicht bewusst.<br />

Da sieht man sich immer wie eine unveränderlich gültige Momentaufnahme.<br />

Dass sich deine Ansicht zu etwas Bestimmtem ja auch mal irgendwann auf<br />

Grund irgendwelcher Einfüsse entwickelt hat, das ist dir im Augenblick nicht<br />

gegenwärtig.“ meinte Delphine dazu. „Anders kannst du ja auch nicht leben.<br />

Du musst doch das, wie du's im Moment siehst, für gültig halten. Alles<br />

relativieren, machte dich ja verrückt.“ meinte <strong>Lenny</strong>. „Aber du kannst doch<br />

etwas lernen, etwas verändern, zu neuen Ansichten kommen.“ erwiderte<br />

Delphine. „Gott sei Dank, dass du auch im Leben etwas dazu lernen kannst<br />

und nicht nur im Studium. Was stu<strong>die</strong>rst du eigentlich?“ erkundigte sich <strong>Lenny</strong>.<br />

„Romanistik, willst du auch wissen, wie ich heiße?“ fragte Delphine lächelnd.<br />

„Und ich heiße <strong>Lenny</strong> und stu<strong>die</strong>re Psychologie.“ <strong>Lenny</strong> darauf. „Oh je, <strong>die</strong><br />

armen Frauen, <strong>die</strong> mit einem Psychologen zusammen leben.“ meinte Delphine,<br />

„Da ist es doch <strong>ganz</strong> gut, wenn man allein lebt.“ „Und der trifft sich dann<br />

einmal in der Woche mit s<strong>einer</strong> Freundin, um ihr Sexualverhalten zu<br />

analysieren.“ <strong>Lenny</strong> darauf scherzend. „Du verstehst das nicht, <strong>Lenny</strong>. Ich fühle<br />

mich wohl so. Kann tun und lassen, was ich will und für richtig halte, und bin<br />

dabei nicht in einen Clinch eingebunden, auf Grund dessen ich Rücksichten<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 4 <strong>von</strong> 22


nehmen müsste. Mann und Frau <strong>sind</strong> dazu eingerichtet, dass sie miteinander<br />

ficken können und Lust daran haben. Alles andere darüber hinaus ist Tradition<br />

und Dichtung. So etwas wie Liebe schafft nur Abhängigkeiten. Ich will das<br />

nicht, unabhängig da<strong>von</strong> weiß ich gar nicht, was das ist.“ erklärte sich<br />

Delphine. <strong>Lenny</strong> betrachtete Delphine nur skeptisch. „Delphine, du musst mich<br />

nicht überzeugen. Wenn du so leben möchtest, ist es doch o. k.. Nur meine<br />

Vorstellungen für mich sehen anders aus.“ <strong>Lenny</strong> darauf. „Romantischer, nicht<br />

wahr?“ fragte Delphine grinsend. „Nein, überhaupt nicht. Mit Romantik hat das<br />

nichts zu tun. Nur deine Beziehungen zu anderen Menschen haben doch immer<br />

einen emotionalen Gehalt. Die eine magst du lieber und der andere bedeutet<br />

dir nicht so viel. Bei der Kommunikation mit anderen kannst du nicht deine<br />

Gefühle abschalten, und das wird bei deinem Freund, mit dem du zusammen<br />

ins Bett gehst, nicht anders sein. Er ist ein anderer Mensch, mit dem du etwas<br />

zu tun hast und nicht ein Apparat zur Befriedigung d<strong>einer</strong> Geschlechtsorgane.<br />

Du möchtest ficken wie <strong>die</strong> Männer? Sexuell befriedigt, alles erledigt, das<br />

reicht. Soll ich das glauben? Vielleicht hast du dir in deinem Bewusstsein<br />

Reglementierungen und Vorschriften, wie du zu empfinden hast auferlegt. Dass<br />

man sich lieben muss, wenn man miteinander schläft, das glaube ich auch<br />

nicht, aber dass du nicht weißt, was Liebe ist, glaube ich ebenso wenig. Dass<br />

du nicht weißt, wie du es formulieren sollst, kann ich verstehen, aber wenn du<br />

sie nicht selbst erfahren hättest und gelernt, was Liebe ist, säßest du heute<br />

eher in der Psychiatrie als hier.“ erläuterte <strong>Lenny</strong> seine Sicht. „Du kannst mich<br />

ja einweisen lassen. Mag sein, dass ich doch weiß, was Liebe ist, aber ich habe<br />

überhaupt kein Bedürfnis nach <strong>die</strong>ser verrückten Exaltiertheit und dem<br />

verliebten Geturtele mit einem Mann.“ Delphine darauf. „Magst du Männer im<br />

Grunde gar nicht.“ fragte <strong>Lenny</strong>. Delphine lachte. „Ich weiß nicht genau. Aber<br />

es gibt doch auch <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong>e, nicht wahr?“ antwortete sie. Jetzt lachte <strong>Lenny</strong>.<br />

„Ja, ich habe einen Freund, den finde ich <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong>, und meinen Cousin finde<br />

ich <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong>, und meinen Vater finde ich auch <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong>.“ <strong>Lenny</strong> darauf, „Aber<br />

ob eine Frau das auch so sehen würde, weiß ich natürlich nicht.“ „Aha, und wie<br />

sehen Frauen andere Menschen? Würden sie sie romantischer sehen? Nach<br />

Liebe, Sex und Ästhetik beurteilen? Was redest du für einen Stuss? Wenn ich<br />

deinen Cousin nicht so <strong>nett</strong> finden würde wie du, was sollte das damit zu tun<br />

haben, dass ich eine Frau bin? Kennst du noch viele <strong>von</strong> den Sachen, <strong>die</strong><br />

Frauen anders sehen würden?“ reagierte Delphin engagiert. <strong>Lenny</strong> grinste und<br />

meinte: „Ja, wenn zum Beispiel Frauen überall auf der Welt regierten, würde es<br />

keine oder kaum Kriege geben.“ Delphines Mund zog sich zu einem Lächeln.<br />

„Willst dich einschmeicheln. Was weiß ich, was dann wäre. Vielleicht würde sich<br />

alles verändern, und <strong>die</strong> Frauen würden alle zu Amazonen. Deine Vorstellung<br />

basiert auf einem Bild <strong>von</strong> der milden, gütigen Frau, <strong>die</strong> Streit und<br />

Auseinandersetzungen vermeiden möchte. Ziemlich herkömmlich und typisch<br />

männlich dein Frauenbild. Da musst du noch dran arbeiten.“ Delphine dazu.<br />

„Delphine, du spinnst. Vorurteile, <strong>die</strong> du gern anbringen möchtest, etwas<br />

anderes ist es nicht. Ich habe mich schon mit der Rolle <strong>von</strong> Frau und Mann<br />

befasst.“ reagierte <strong>Lenny</strong>. „Mit Psychologie kannst du da aber nicht viel klären.<br />

Das <strong>sind</strong> soziologische Fragen.“ so Delphine. „Wo<strong>von</strong> dir allerdings jegliche<br />

Basiskenntnisse zu fehlen scheinen.“ <strong>Lenny</strong> schnippisch darauf. „Ich gehe jetzt,<br />

ich habe gleich sowieso noch ein Seminar.“ erklärte Delphine. „Entschuldigung,<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 5 <strong>von</strong> 22


das war verletzend. Das wollte ich nicht. Entschuldigung, Delphine, bleib<br />

noch.“ reagierte <strong>Lenny</strong> darauf. „Bist du <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern, <strong>die</strong> <strong>ganz</strong><br />

<strong>nett</strong> <strong>sind</strong>?“ fragte Delphine mit grinsendem Gesicht, „Muss wohl so sein. Sonst<br />

wäre ich schon längst gegangen, beziehungsweise ich hätte mich gar nicht mit<br />

dir unterhalten.“ „Werden wir uns nochmal unterhalten?“ fragte <strong>Lenny</strong>.<br />

„Warum, weil mein Anblick deinen Augen geschmeichelt hat?“ vermutete<br />

Delphine. „Quatsch, daran habe ich <strong>die</strong> <strong>ganz</strong>e Zeit nicht gedacht. Fandst du<br />

unsere Unterhaltung nicht interessant?“ fragte <strong>Lenny</strong>. Delphine überlegte und<br />

signalisierte mit breitem Mund kopfnickend Zustimmung. „Und wo wollen wir<br />

uns treffen?“ fragte Delphine. „In einem Café?“ schlug <strong>Lenny</strong> vor. „Quatsch,<br />

komm doch einfach zu mir. Ach nein, das wirkt nicht gut. Aber warum? Ich<br />

werde dir schon auf <strong>die</strong> Finger klopfen, wenn du etwas Falsches sagst oder<br />

beabsichtigst. Da kannst du mal sehen, wie eine selbständige Frau lebt.“<br />

erklärte Delphine. „Ich lebe doch auch allein, wohne auch nicht mit m<strong>einer</strong><br />

Freundin zusammen.“ bemerkte <strong>Lenny</strong>. „Und warum nicht?“ wollte Delphine<br />

wissen. <strong>Lenny</strong> druckste. „Na ja, ich mag sie sehr gern, wir verstehen uns<br />

ausgezeichnet. Sie ist ausgesprochen <strong>nett</strong> und freundlich und liebevoll. Ich<br />

habe mal gedacht, wenn wir verheiratet wären, sie wäre <strong>die</strong> beste Mutter für<br />

<strong>die</strong> Kinder. In meinem Empfinden da fehlt aber etwas. Sie ist ein wunderbarer<br />

Mensch, aber das macht nicht <strong>die</strong> Liebe.“ erklärte <strong>Lenny</strong>. „Aha, und was<br />

bewirkt sie? Aber das kannst du mir ja erzählen, wenn wir uns bei mir treffen.“<br />

Delphine dazu.<br />

Besuch bei Delphine<br />

„Was war das denn?“ fragte sich <strong>Lenny</strong> noch <strong>ganz</strong> konsterniert. Eine Kommilitonin<br />

vermutet, er würde sie kennen und spricht ihn deshalb an. Ein flapsiger<br />

Wortwechsel führt dazu, dass sie gemeinsam einen Kaffee trinken wollen. Sie<br />

reden, als ob sie sich schon lange kennen würden, über eigentlich sehr Privates,<br />

und <strong>die</strong> Kommilitonin lädt ihn zu sich nach Hause ein. Sonderbar. Und<br />

dann ausgerechnet <strong>die</strong>se junge Frau, <strong>die</strong> sich so cool, modern und selbstbewusst<br />

gibt. Verstehen und erklären konnte <strong>Lenny</strong> es nicht.<br />

„Ja, ich finde ihn sehr <strong>nett</strong>. Wenn bei der Kommunikation mit anderen Menschen<br />

auch immer Emotionen beteiligt <strong>sind</strong>, wie er sagt, dann hat er bei mir<br />

hohe Sympathiewerte.“ dachte sich Delphine. Warum genau, das konnte sie<br />

gar nicht ausmachen. Was er wohl erzählen würde, wenn er bei ihr wäre?<br />

Delphine zeigte <strong>Lenny</strong> ihre Wohnung. Alles Persönliche befand sich in ihrem Arbeits-<br />

und Lebensraum. Das ist mein eigentliches Zuhause. Hier ist alles <strong>von</strong><br />

mir, und sie zeigte es <strong>Lenny</strong>. Fast alles, im Detail. Sie zeigte ihm ihre Fotoalben<br />

und erklärte sie, und sie zeigte ihm ihre Lieblingsbücher mit Erläuterungen.<br />

<strong>Lenny</strong> schaute sich alles interessiert an, aber warum tat sie das? Was motivierte<br />

sie, <strong>Lenny</strong> zu zeigen: „Das bin ich. Das ist mein Leben. Das ist meine Geschichte.“<br />

Was lag ihr daran, dass <strong>Lenny</strong> sie so genau kennenlernte? Es schien,<br />

als ob es ihr einfach Freude machte, <strong>Lenny</strong> etwas <strong>von</strong> sich zu zeigen. Bei den<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 6 <strong>von</strong> 22


Bildern <strong>von</strong> ihrem Jahr in Frankreich erklärte sie natürlich auch, weshalb sie<br />

Romanistik stu<strong>die</strong>re. Aber nicht nur das. Sie erzählte, welche Seminare und<br />

Vorlesungen sie zur Zeit besuche, und welche beruflichen Wunschperspektiven<br />

sie habe. <strong>Lenny</strong> berichtete, dass sein Vater Arzt in der Psychiatrie sei. Seine<br />

Erzählungen hatten bei <strong>Lenny</strong> Horrorvorstellungen ausgelöst. So etwas hätte er<br />

auf keinen Fall machen wollen, aber psychologische Fragen hätten ihn schon<br />

interessiert, man sei ja auch immer damit konfrontiert worden. Er sehe seine<br />

Perspektive in privater therapeutischer Beratung, wenn jemand zum Beispiel<br />

alte ungelöste Probleme aufzuarbeiten hätte, öder wenn Pärchen sich nicht<br />

mehr verstünden, fügte er scherzhaft hinzu. Man unterhielt sich einfach weiter,<br />

folgte dem, worauf man gerade kam, sprach über Émile Zola und Honoré de<br />

Balzac, kam auf depritavive Entwicklungen <strong>von</strong> Kindern, alles war interessant.<br />

Man hatte Lust, dem anderen zuzuhören und mit ihm zu reden. Zwischendurch<br />

klingelte für Delphine das Telephon. „Nein, heute Abend nicht. Ich habe noch<br />

zu arbeiten und bin nicht in Stimmung.“ Sie hörte dem Gesprächspartner zu<br />

und sagte: „Nein trotzdem nicht. Tschüss. Mach's gut.“ Das hörte sich<br />

allerdings nicht nach viel Liebe an, konstatierte <strong>Lenny</strong> für sich. Was sich da in<br />

ihrem Kopf wohl bewegte, dass sie Gedanken an Liebe für sich so strikt<br />

ablehnte. Sie legte doch sonst ihren Emotionen keine Fesseln an. Heute<br />

Nachmittag war <strong>von</strong> der coolen Lady nichts zu spüren gewesen. Äußerst<br />

bewegt hatte sie <strong>Lenny</strong> alles gezeigt. Trotzdem hatten sie über <strong>die</strong> Liebe,<br />

worüber sie ja eigentlich reden wollten, kein Wort verloren. Abendbrot wollte<br />

<strong>Lenny</strong> zu Hause essen, seine Freundin warte sicher schon. Delphine und <strong>Lenny</strong><br />

tauschten ihre Telefonnummer aus, falls jemand wieder Gesprächsbedarf<br />

haben sollte. Man sähe sich ja auch sicher mal in der Uni wieder. Praktisch war<br />

es jedoch höchst unwahrscheinlich, dass man sich zufällig treffen würde wie<br />

beim ersten mal.<br />

Das geschah auch nicht. Trotzdem musste <strong>Lenny</strong> ständig an Delphine denken.<br />

Es war so ein lockerer, entspannter glücklicher Nachmittag gewesen, stets<br />

machte sich <strong>Lenny</strong> Gedanken darüber, was wohl in ihrem Kopf vorginge, was<br />

sich in ihren Emotionen abspiele. Es zeigten sich ihm immer wieder Bilder <strong>von</strong><br />

<strong>die</strong>sem Nachmittag. Er sah Delphin lachen, sah, wie sie Lust hatte, ihn zu provozieren,<br />

sah sie stolz Baudelaire vorstellen. Sie fühle sich doch wohl, war<br />

doch glücklich. Das interpretierte er doch nicht im Nachhinein dazu.<br />

Mein Freund hat mich verlassen<br />

Lange Zeit verging, fast ein Jahr. Es wurde schon wieder Frühling, aber vergessen<br />

hatte <strong>Lenny</strong> es trotzdem nicht. Wie gern hätte er Delphine wiedergesehen,<br />

wieder mit ihr geredet, wieder ihr Lachen gehört, aber sie rief nicht an. Er war<br />

sich so sicher, dass Delphine ihr Treffen auch etwas bedeutet haben musste.<br />

Öfter hatte er überlegt, ob er sie nicht anrufen solle, es aber dann doch nicht<br />

getan. Kurz vor Ostern rief Delphine an. Sie würde gern mit <strong>Lenny</strong> sprechen,<br />

sobald als möglich und bei ihr. Ihre Stimme klang nüchtern und ernst. Kein lachendes<br />

Gesicht empfing <strong>Lenny</strong>, sondern ein ernstes, das sich zur Begrüßung<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 7 <strong>von</strong> 22


ein Lächeln abzwang. „<strong>Lenny</strong>, ich habe ein Problem, und ich dachte, du bist<br />

derjenige, der mich am besten versteht.“ begann Delphine. „Mein Freund hat<br />

mich verlassen. Er hat immer erklärt, dass er <strong>die</strong> Situation mit uns beiden für<br />

optimal halte. Jetzt hat er eine Freundin, <strong>die</strong> bei ihm wohnt. Er hat es mir erzählt,<br />

nachdem wir miteinander gefickt hatten. Da wohnte sie schon längst bei<br />

ihm. Ich hätte ihm den Schwanz und auch den Kopf abhacken können. Er<br />

musste sich im Treppenhaus anziehen. Ich konnte es nicht fassen.“ „Männer<br />

<strong>sind</strong> Schweine.“ fügte <strong>Lenny</strong> ein. „Das können Frauen auch, hinterhältig und<br />

verlogen sein, aber das war so erniedrigend und entwürdigend. So kann man<br />

doch mit einem Menschen nicht umgehen. Ich kam mir vor, wie der letzte<br />

Dreck. Ich habe geschrienen, geheult <strong>die</strong> <strong>ganz</strong>e Nacht. Du bist nichts. Dir kann<br />

man antun, was man will. Kann ja sein, dass Männer öfter so mit Frauen<br />

umgehen, aber doch nicht mein Jan, das konnte doch nicht sein. Seine letzten<br />

Worte waren, ich hätte ja sowieso meistens keine Lust mehr gehabt.“ Natürlich<br />

war das ungeheuerlich, dachte <strong>Lenny</strong>, aber gleichzeitig meinte er auch zu<br />

spüren, dass 'mein Jan' für Delphine doch mehr gewesen war, als ein<br />

ausschließlicher Geschlechtspartner. „Ich würde dich gern trösten.“ meinte<br />

<strong>Lenny</strong>, „Aber ich weiß nicht wie.“ „Nimm mich einfach in den Arm, das würde<br />

mir gut tun.“ Delphine darauf. „Jetzt hast du deinen Sexpartner verloren, aber<br />

du hast auch noch etwas anderes verloren. Die Vorstellung, das Bild <strong>von</strong> einem<br />

Mann, das dir gefiel, ist zerbrochen, verschwunden. Auch wenn du es selbst<br />

nicht so sehen magst, und dich erbost und wütend siehst, du hast etwas<br />

verloren, und das wird dir weh tun.“ sah es <strong>Lenny</strong>. Delphine schaute skeptisch.<br />

„Du kannst es nicht leugnen, dass du eine Beziehung mit <strong>einer</strong> gewissen<br />

emotionalen Qualität hast. Wenn du sagst, es geht nur um Sex, alles andere<br />

existiert nicht, belügst du dich selbst.“ <strong>Lenny</strong> nochmal. „Letztendlich bin ich<br />

auch froh, dass es vorbei ist.“ meinte Delphine. <strong>Lenny</strong> fragte nach dem Grund.<br />

„Ich kann gar nicht sagen, warum genau, aber es war in der Tat so, dass ich in<br />

letzter Zeit immer häufiger keine Lust hatte.“ erklärte Delphine. „Ich kann es<br />

mir gar nicht vorstellen, wie das bei euch gelaufen ist. Will es aber auch gar<br />

nicht. Für mich hörte sich deine Meinung zum Sex nur erschreckend an.“<br />

meinte <strong>Lenny</strong>. „Wieso, das <strong>sind</strong> doch Fakten?“ Delphin dazu. „Dass Frauen und<br />

Männer Lust daran haben, klar. Aber du bist doch auch gern gut drauf, freust<br />

dich gern, bist gern glücklich, und beim Sex gehört das alles nicht dazu, da<br />

zählt nur <strong>die</strong> Erregung? Delphine, Entschuldigung, aber ich glaube nicht, dass<br />

das so ist und dass du es gerne möchtest. Dabei handelt es sich um<br />

Konstruktionen, <strong>die</strong> du dir in deinem Kopf zurecht gelegt hast. Vielleicht hast<br />

du Angst vor irgendetwas, was du vermeiden möchtest und keinesfalls willst.<br />

Frei scheinst du jedenfalls nicht zu sein.“ interpretierte <strong>Lenny</strong> es.<br />

Das muss Liebe sein<br />

„<strong>Lenny</strong>, soll ich dir mal etwas verraten, aber du musst mir versprechen, dass<br />

du es <strong>ganz</strong> schnell wieder vergisst.“ sagte Delphine lächelnd. „Versprochen.“<br />

reagierte <strong>Lenny</strong> nicht <strong>ganz</strong> ernst. „Letztes Jahr an dem Nachmittag als du bei<br />

mir warst, habe ich mich so gefreut und war so glücklich. Ich wusste gar nicht<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 8 <strong>von</strong> 22


warum. Als wir uns unterhielten und ich Lust hatte dich immer anzuschauen,<br />

war ich mir sicher, dass es nicht daran lag, dass dein Anblick meinen Augen<br />

schmeichelte. Er musste etwas anderem in mir schmeicheln, dem Empfinden,<br />

dass ich dich sehr, sehr mochte. Das muss Liebe sein. So wird sie anfangen,<br />

dessen war ich mir sicher. Deshalb habe ich dich auch nie wieder angerufen.“<br />

erzählte Delphine. „Du hattest Angst, dich zu verlieben, und das wolltest du ja<br />

auf keinen Fall, nicht wahr?“ fragte <strong>Lenny</strong>. Delphine nickte. „Hast du denn noch<br />

öfter an unser Treffen gedacht?“ wollte <strong>Lenny</strong> wissen. Delphine nickte wieder<br />

und erklärte: „Ich denke heute noch öfter daran.“ „Es hat dir gut gefallen, und<br />

du würdest es gern wiederholen?“ fragte <strong>Lenny</strong>. Delphine nickte wieder und lächelte<br />

erwartungsvoll, weil sie ahnte, das <strong>Lenny</strong> Scherzhaftes plane. Nur ihr<br />

Lächeln konnte <strong>Lenny</strong> gar nicht sehen, da sie seit Beginn des Tröstens ihren<br />

Kopf immer noch auf <strong>Lenny</strong>s Schulter liegen hatte. „Es wäre dir ein Bedürfnis?<br />

Du sehnst dich danach?“ fragte <strong>Lenny</strong>. Wieder nickte Delphine. „Dann muss es<br />

Liebe sein.“ erklärte <strong>Lenny</strong>, „Was mit Sehnsucht zu tun hat, ist immer Liebe.“<br />

Delphine lachte mit geschlossenen Lippen. „<strong>Lenny</strong>, gib einen Kuss zu Delphine,<br />

oder nein, doch lieber nicht, oder ...“ weiter kam sie nicht, denn <strong>Lenny</strong> hatte<br />

sich schon auf <strong>die</strong> Couch neben sie gekniet, Delphines Kopf auf <strong>die</strong> Lehne gelegt<br />

und seine Lippen berührten ihre. Sie hatte ihre Lieder so weit es ging geöffnet<br />

und ihre braune Iris starrte <strong>Lenny</strong> wie im Schock an. „Nochmal“ forderte<br />

sie <strong>Lenny</strong> mit gedämpfter Stimme auf und öffnete ihre Lippen. „Das reicht.“ erklärte<br />

Delphine deutlich. „Setz' dich wieder neben mich.“ und sie legte ihren<br />

Kopf erneut auf <strong>Lenny</strong>s Schulter. Jetzt streichelte er Delphine über's Haar. „Das<br />

gehört auch zur Liebe.“ meinte <strong>Lenny</strong> und sah sein Streicheln als Metapher für<br />

jede Art <strong>von</strong> Zärtlichkeit und sanfter Berührung. „Ich habe solche Angst, <strong>Lenny</strong>.“<br />

erklärte Delphine. „Angst dich zu verlieben? Angst vor verrückten Exaltiertheiten<br />

und verliebtem Geturtel?“ erkundigte sich <strong>Lenny</strong>. „Ach Quatsch,“<br />

reagierte Delphine, „Ich habe Angst vor der starken Abhängigkeit. Jede Beziehung<br />

hat nicht nur ihren emotionalen Gehalt, sondern auch einen unterschiedlich<br />

hohen Abhängigkeitsfaktor. Bei Jan zum Beispiel hätte ich jede Abhängigkeit<br />

bestritten. Jetzt erkenne ich den Trugschluss. Ich kann ja nicht genau sagen,<br />

wie es wäre, wenn ich mich verlieben würde, aber ich denke schon, dass<br />

<strong>die</strong> Abhängigkeit riesig wäre. Ich würde fast ständig an meinen Liebsten denken,<br />

würde alles für ihn tun, und alles daran ausrichten, wie es ihm gefallen<br />

würde.“ <strong>Lenny</strong> platzte los. „Kennst du <strong>die</strong> Frau, <strong>die</strong> du gerade beschrieben<br />

hast, kannst du sie dir vorstellen? Ich glaube nicht, dass sie mit dir etwas zu<br />

tun hat. Diese Frau ist nicht verliebt, sondern krank. Sie müsste zum Therapeuten,<br />

weil sie einem anderen Menschen verfallen und hörig ist. Das hat in<br />

der Tat mit Liebe nichts zu tun. Völlig Unrecht scheinst du doch nicht zu haben.<br />

Wenn du sagst: „Ich weiß nicht, was das ist, Liebe.“ scheint da doch etwas<br />

drann zu sein.“ interpretierte es <strong>Lenny</strong>. Delphine reckte sich, so dass sich ihre<br />

Gesichter direkt voreinander befanden. „Erklär du es mir.“ sagte Delphine und<br />

hatte dabei ihre Mimik auf sanft und ihre Augen auf Verlocken gestellt. „Nein,<br />

das geht nicht, das mache ich nicht.“ erklärte <strong>Lenny</strong> deutlich. „Als du bei mir<br />

warst, wollten wir doch eigentlich auch über Liebe sprechen, nur da hätte es<br />

gestört.“ erklärte Delphine. „Weil sie schon da war?“ fragte <strong>Lenny</strong>. „Ich glaub'<br />

schon.“ meinte Delphine. „Und jetzt,“ fragte <strong>Lenny</strong>, „vermutest du dass sie<br />

jetzt auch da ist?“ Delphine lachte. „Natürlich, mein Schatz, sie ist doch bei dir.<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 9 <strong>von</strong> 22


Du bringst sie mit, wenn du kommst.“ scherzte Delphine. „Aber im Ernst <strong>Lenny</strong>,<br />

eine feste Beziehung, das möchte ich nicht. M<strong>einer</strong> Ansicht nach würde es<br />

unserem Verhältnis nur schaden. Eine feste Beziehung das würde ja bedeuten,<br />

für alles ist <strong>Lenny</strong> da. Theater, Kino, Konzert, alles mit <strong>Lenny</strong>. Er ist auch zum<br />

Abendbrot, am Nachmittag und am Wochenende da. <strong>Lenny</strong> ist immer da.<br />

Warum sollte ich mich denn dann auf ihn freuen, mich nach ihm sehnen, wie<br />

du vermutest.“ <strong>Lenny</strong> hätte für sich selbst eine andere Perspektive gesehen,<br />

aber da<strong>von</strong> wollte er Delphine jetzt nicht überzeugen. „Und mit deinem Partner<br />

für's Bett, was wird daraus?“ erkundigte sich <strong>Lenny</strong>. „Ich vermute mein<br />

Sexualtrieb wird mit dem impertinent katastrophalen Verhalten <strong>die</strong>ses sozialen<br />

Krüppels seine Tätigkeit eingestellt haben.“ antwortete Delphine und lachte.<br />

„Jetzt mit dir fühle ich mich wohl, aber ich glaube nicht, das da alles gegessen<br />

ist. Ich vermute eher, dass ein psychisches Trauma bleiben wird, wenn ich<br />

damit nicht zum Therapeuten gehe. So wie es war, wird es das auf keinen Fall<br />

wieder geben. Das war dumm, und ich habe mich selbst belogen. Was wird,<br />

wenn mein sexuelles Verlangen doch wieder erwachen sollte, und wie ich damit<br />

umgehen werde, wie soll ich das jetzt wissen.“<br />

Natürlich mochte <strong>Lenny</strong> Delphine sehr. Dass er immer an den gemeinsamen<br />

Nachmittag dachte, ob das auch in <strong>einer</strong> liebesafinen Form <strong>von</strong> Zuneigung begründet<br />

lag? Er wusste es nicht. Er war zu Delphine gefahren, weil es selbstverständlich<br />

war, dass er kam, wenn sie es wünschte, aber daran, dass er eine<br />

Liebesbeziehung zu ihr eingehen sollte, ein festes Verhältnis, wie sie es nannte,<br />

mit ihr haben sollte, das Dergleichen zur Disposition stehen würde, das konnte<br />

<strong>Lenny</strong> natürlich nicht ahnen. Wenn auch alles offen war, dass man es als Liebe<br />

bezeichnen konnte, was Delphine und <strong>Lenny</strong> für einander empfanden, daran<br />

gab es für beide keinen Zweifel. In s<strong>einer</strong> Beziehung zu Delphine spürte <strong>Lenny</strong><br />

das, was er bei Tina, s<strong>einer</strong> Freundin, vermisste. Äußerlich Sichtbares, Benennbares<br />

aus Charakter und Verhalten, waren dabei unerheblich und spielten keine<br />

Rolle bei dem Empfinden, dass <strong>Lenny</strong> immer wieder an Delphine denken ließ.<br />

Trotzdem wollte er es nicht und Delphine wollte es ja auch nicht. Er hatte eine<br />

Beziehung zu <strong>einer</strong> Frau, in der er sich glücklich wähnte. Warum sollte er <strong>die</strong><br />

zerstören, selbst wenn Delphine gewollt hätte, dass er ihr fester Freund sein<br />

solle. Wüsste er, was sich daraus ergeben würde? Seine Beziehung zu Tina war<br />

sein Leben, <strong>die</strong> zu Delphine sein Traum.<br />

Delphines kranke Augen<br />

Da sie ihr Verhältnis zueinander jetzt kennen würden und es akzeptierten,<br />

könnten sie doch öfter miteinander telefonieren, auch wenn sie keine feste Beziehung<br />

wollten, hatte Delphine gemeint. Delphine rief aber gar nicht an. Sie<br />

müsste sich doch freuen, mit <strong>Lenny</strong> zu reden. Was könnte sich für sie ereignet<br />

haben, dass sie kein Bedürfnis dazu hatte. <strong>Lenny</strong> mutmaßte und spekulierte.<br />

Hatte sie vielleicht einen anderen Mann kennengelernt, der für mehr als nur<br />

für's Bett taugte, der etwas anderes in ihr ansprach, das ihr noch wichtiger war<br />

als <strong>Lenny</strong>? Aber sie hatten doch ihre Liebe nicht abgebrochen oder beendet.<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 10 <strong>von</strong> 22


Sie musste doch noch da sein. Einfach vergessen haben, konnte Delphin sie<br />

doch nicht. Jetzt wartete <strong>Lenny</strong> nicht dreiviertel Jahr bis Delphine sich meldete.<br />

Sie war sehr wortkarg am Telefon. Es ginge ihr gar nicht gut, wenn <strong>Lenny</strong> vorbeikommen<br />

könne, wäre das sehr schön, und bereite ihr eine große Freude.<br />

Krank sahen Delphines Augen aus, und <strong>Lenny</strong> meinte auch, dass ihr Gesicht<br />

nicht mehr so voll wirke. „<strong>Lenny</strong>, ich suchte nach einem neuen Leben für mich,<br />

nach neuen Wegen, wie ich mein Leben gestalten könnte, aber es zeigten sich<br />

immer nur <strong>die</strong> alten Bilder. Ich quälte meinen Kopf, wollte verstehen können,<br />

wie das mit Jan zu erklären war. Möglicherweise existierte unsere Vereinbarung<br />

nur in meinem Kopf. In Wirklichkeit hatte er es <strong>von</strong> Anfang an nur so gesehen,<br />

dass er dadurch eine kostenlose Nutte in mir habe. Und das mit mir. Von<br />

Anfang an als dummes Weibsstück missbraucht, und mir war es nie<br />

aufgefallen. Es war ja meine Gutgläubigkeit. Ich vertraute einem Mann, obwohl<br />

es dazu überhaupt keinen Grund gab. Es hat mich in tiefe Zweifel an mir selbst<br />

und m<strong>einer</strong> Person geführt. Aber nicht nur das, anderes kam hinzu. Es gab<br />

Tage, an denen ich einfach so losheulen konnte, ohne jeden konkreten Anlass.“<br />

berichtete Delphine. „Und warum hast du nicht mal angerufen?“ fragte <strong>Lenny</strong>.<br />

„Mein Leben muss ich doch selber finden. Es ist doch nicht damit getan, dass<br />

ich <strong>Lenny</strong> anrufe, und dann geht’s mir gut. Ich habe sehr oft an uns gedacht.<br />

Das war das einzige, was meine Stimmung aufhellen konnte.“ begründete<br />

Delphine es. „Und sonst machst du nichts? Versuchst überhaupt nicht deine<br />

psychische Situation zu verändern?“ erkundigte sich <strong>Lenny</strong>. „Doch. Ich bin<br />

schon lange beim Therapeuten. Er sagte, dass er da<strong>von</strong> gehört habe, dass es<br />

Leute gebe, <strong>die</strong> sich nur zum Sex träfen, aber sie würden sich in der Regel<br />

selbst belügen und verbäten sich, das andere wahrzunehmen. Bei mir geht es<br />

aber hauptsächlich um das Trauma und <strong>die</strong> Folgen. Als ich ihm sagte, dass ich<br />

mich verliebt hätte, es aber nicht leben würde, schaute er mich skeptisch<br />

zweifelnd an und fragte warnend, warum ich mich denn schon wieder in so<br />

eine verklemmte Situation begeben würde? Als ich ihm <strong>von</strong> meinen<br />

Befürchtungen berichtete, meinte er: „Sie können das mit feministischen<br />

Argumenten begründen. Das hört sich ja gut an, aber ich glaube, dass bei<br />

ihnen andere Ängste vorhanden <strong>sind</strong>, <strong>die</strong> viel tiefer liegen. Überdenken sie<br />

doch mal, ob sie nicht eine Analyse machen sollten.“.“ berichtete Delphine.<br />

„Was meinst du, sollte ich mal eine Analyse machen, aber davor habe ich auch<br />

Angst.“ fügte sie hinzu und lachte. „Nimmst du Medikamente?“ fragte <strong>Lenny</strong>.<br />

„Ja, gegen <strong>die</strong>se depressiven Anwandlungen und gegen Antriebslosigkeit.“<br />

antwortete Delphine. <strong>Lenny</strong> sah um sich, und sah Delphine. Was hatte das<br />

alles aus ihr gemacht? Aus <strong>die</strong>ser lebenslustigen Delphine, wie er sie beim<br />

ersten Besuch sah. <strong>Lenny</strong>s Augen waren nah daran, feucht zu werden.<br />

Delphine ist nicht depressiv. Sie war traurig und verwirrt. Wann sollte sie denn<br />

antriebsarm gewesen sein? <strong>Lenny</strong> hatte da<strong>von</strong> nie irgendwelche Spuren<br />

entdecken können. <strong>Lenny</strong> umarmte Delphine und küsste sie. „Fängst du an zu<br />

weinen?“ fragte Delphine erstaunt. „Ja, über das, was sie mit dir machen. Lass<br />

uns verschwinden, Delphine, flüchten in ein anderes Land.“ schlug <strong>Lenny</strong> vor.<br />

„Und ich als deine Elvira Madigan?“ fragte Delphine nach. <strong>Lenny</strong> nickte<br />

zustimmend. Sobald sie zusammen waren, ergab sich <strong>die</strong>se offene, freudig<br />

lustige Atmosphäre, in der es nahe lag, zu scherzen und sich zum Lachen zu<br />

bringen. „Delphine, es ist sicher gut, wenn du dir <strong>von</strong> einem Arzt helfen lässt,<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 11 <strong>von</strong> 22


deine Probleme zu bewältigen, aber es gibt doch nicht nur den Therapeuten, es<br />

gibt immer noch dich selbst. Delphine, <strong>die</strong> ein selbstbestimmtes Leben führen<br />

will. Im Moment sieht es aus, als ob der Therapeut bestimmt, was dein Leben<br />

ist, und welche Medikamente du zu nehmen hast, damit es anders wird. Du<br />

wolltest unsere Liebe nicht leben, weil es dich zu abhängig machen könnte.<br />

Siehst du denn nicht, wie abhängig du dich jetzt hast machen lassen. Gibt es<br />

dich denn überhaupt noch, oder bist du ausschließlich das, was dein Therapeut<br />

<strong>von</strong> dir meint und sehen will. Daraus sollten wir flüchten. In ein freies Land,<br />

vielleicht frei für <strong>die</strong> Empfindungen, <strong>die</strong> wir für einander haben.“ erklärte<br />

<strong>Lenny</strong>.<br />

Komm zu mir, mein Liebster<br />

„Komm doch zu mir, mein Liebster.“ forderte Delphine, <strong>die</strong> in der Couch saß,<br />

<strong>Lenny</strong> auf. „Es ist nicht nur angenehm, dich zu sehen und mit dir zu sprechen.<br />

Ich kann es gar nicht benennen, aber wenn du bei mir bist, ist es, als ob mein<br />

Leben für mich plötzlich anders erscheint.“ meinte Delphine, streichelte dabei<br />

<strong>Lenny</strong>s Wangen und betaste mit einzelnen Fingern das übrige Gesicht. „Angenehm<br />

ist es auch, dich zu berühren. Warum <strong>sind</strong> deine Lippen so trocken?“<br />

fragte Delphine und befeuchtete <strong>Lenny</strong>s Lippen mit ihrer Zunge. Sie küssten<br />

sich, spielten mit Lippen und Zungen und küssten sich wieder leidenschaftlich.<br />

Mit der Bemerkung: „So geht das besser.“ hatte sich Delphine breitbeinig auf<br />

<strong>Lenny</strong>s Schoß gesetzt. Sie nahm <strong>Lenny</strong>s Kopf, drückte ihn an ihre Brust und<br />

küsste wieder <strong>Lenny</strong>s Gesicht und Hals und Ohren. „Ist dein Geschlechtstrieb<br />

dabei, wach zu werden?“ erkundigte sich <strong>Lenny</strong> scherzhaft. Delphine lächelte<br />

nur. Als sie begann, ihre Bluse zu öffnen, kam ein harsches „Nein.“ <strong>von</strong> <strong>Lenny</strong>,<br />

„Ich will das nicht, ich tu das nicht, und ich kann das auch nicht.“ sagte er. Die<br />

erschreckte Delphine blickte verstört. Es riss sie aus ihrer liebenden emotionalen<br />

Gefühlslage. „Was ist los? Erkläre es.“ forderte sie <strong>Lenny</strong> auf. Dass er da<strong>von</strong><br />

ausging, dass es sie gemeinsam ins Bett führen würde, brauchte er nicht<br />

zu erklären. Das sah Delphine ja genauso, aber warum wollte <strong>Lenny</strong> es nicht?<br />

„Delphine, ich habe eine Freundin, mit der ich schlafe, und wenn sie da<strong>von</strong><br />

wüsste, würde es sie sehr verletzen, und das will ich nicht. Ich möchte ihr nicht<br />

weh tun.“ erklärte <strong>Lenny</strong>. Delphine war fassungslos. „<strong>Lenny</strong>, du brauchst überhaupt<br />

nicht mit mir ins Bett zu gehen. Nichts und niemand könnte dich dazu<br />

verpflichten. Du sagst du tust es nicht, weil es <strong>die</strong> Gefühle d<strong>einer</strong> Frau verletzen<br />

würde, wenn sie es denn wüsste. Edel bist du, <strong>Lenny</strong>, ein edles Verhalten.<br />

Wenn du nicht mit der anderen Frau ins Bett gehst, sondern sie nur liebst, das<br />

ist nicht so wichtig, das spielt keine Rolle. Das würde <strong>die</strong> Gefühle d<strong>einer</strong> Frau<br />

nicht tangieren. <strong>Lenny</strong>, soll ich das interpretieren? Du bist ein genauso verlogenes<br />

Schwein. Wie weh du mir damit tust, wirst du gar nicht ermessen können.“<br />

sagte Delphine, <strong>die</strong> noch immer auf <strong>Lenny</strong>s Schoß saß. Sie begann schluchzend<br />

zu weinen und legte dabei ihren Kopf auf <strong>Lenny</strong>s Schulter. Plötzlich schien ihr<br />

<strong>die</strong> Situation bewusst zu werden. Sie stand auf, ging ins Bad und meinte, als<br />

sie zurückkam, dass <strong>Lenny</strong> doch jetzt besser nach Hause führe. Seine geliebte<br />

Frau warte sicher schon auf ihn. Er könne ihr ja berichten, wie tapfer er gewe-<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 12 <strong>von</strong> 22


sen sei und allen Versuchungen widerstanden habe. Eine Verabschiedung wies<br />

Delphine zurück.<br />

<strong>Lenny</strong> in Qual<br />

Mit gequältem Gesicht bewältigte <strong>Lenny</strong> den Heimweg. Zu Hause trommelte er<br />

wild auf seine Schreibtischplatte ein. Wie konnte er nur so dämlich gewesen<br />

sein, sich so zu äußern. Dass es Delphine schockieren würde, war doch klar.<br />

Leicht hätte er es völlig anders vermitteln können, Delphine ihn verstanden<br />

und nicht ihre Schlüsse gezogen hätte. Dass Delphine sich so tief enttäuscht<br />

sah, quälte ihn <strong>die</strong> <strong>ganz</strong>e Nacht. Am anderen Morgen versuchte <strong>Lenny</strong> sie sofort<br />

anzurufen, aber bevor Delphine abnahm, beendete sie den Anruf. Sie hatte<br />

gesehen, dass <strong>Lenny</strong> es war, und weggedrückt. Sie wollte offensichtlich nicht<br />

mit ihm sprechen. <strong>Lenny</strong> machte sich Sorgen, <strong>die</strong> zunehmend wuchsen. Nach<br />

<strong>einer</strong> Woche fuhr er zu ihr. Sie öffnete <strong>die</strong> Tür, sah <strong>Lenny</strong> und wollte sie mit<br />

„Was willst du hier?“ wieder schließen. „Delphine, bitte.“ <strong>Lenny</strong> deutlich, und<br />

sie ließ <strong>Lenny</strong> doch hinein. „<strong>Lenny</strong>, wir <strong>sind</strong> geschiedene Leute.“ begann Delphine<br />

und wiederholte, was sie vor <strong>einer</strong> Woche gesagt hatte. „Das siehst du<br />

so, Delphine, aber es trifft nicht zu.“ erklärte <strong>Lenny</strong> mehrfach. Als Delphine ihn<br />

zu Wort kommen ließ, erklärte er seine Sicht. Ans Bett habe er gedacht, als sie<br />

sich bei ihm auf den Schoß gesetzt habe. Natürlich hätte er gerne gewollt, aber<br />

es würde ja nicht bei dem einen mal bleiben. Sie würden es wieder tun und im -<br />

mer wieder tun. Das habe er nicht gewollt, das hätte ihre Beziehung verändert,<br />

so habe er es gesehen. Deshalb habe er nicht mit Delphine ins Bett gewollt.<br />

Sie hätten darüber reden müssen. So habe sich alles schnell für ihn entwickelt,<br />

und als Delphine begann, ihre Bluse zu öffnen, habe er gemerkt, dass er bald<br />

nicht mehr nein sagen könne. Was er dann, und wie er es gesagt habe, sei<br />

wahrscheinlich in erster Linie für ihn selbst gewesen. Er habe sich als erregt,<br />

angespannt empfunden und keinesfalls als Herr der Lage. „Jetzt zu sagen:<br />

„Lass uns doch erst mal darüber reden.“ hätte ja wohl äußerst lächerlich geklungen.<br />

Ich wusste überhaupt nicht, was ich sagen sollte, und da fiel mir<br />

spontan <strong>die</strong> Geschichte mit Tina, m<strong>einer</strong> Freundin, ein. Warum ich das erzählt<br />

habe, weiß ich nicht. Vielleicht habe ich intuitiv gedacht, du könntest <strong>die</strong> Rücksicht<br />

auf eine andere Frau gut finden. Selbstverständlich ist unsere Liebe das<br />

Zentrale. Das hat mir allerdings schon ein schlechtes Gewissen Tina gegenüber<br />

gemacht. Aber wir waren doch nicht zusammen, auch wenn wir wussten, dass<br />

wir uns liebten. Wenn ich es Tina gesagt hätte, wäre unsere Trennung unausweichlich<br />

gewesen.“ erläuterte <strong>Lenny</strong>. Delphine schaute <strong>Lenny</strong> durchbohrend<br />

an. „Da erzählt mir wieder <strong>einer</strong> etwas, und es hört sich gut für mich an, wenn<br />

ich es glaube.“ Delphine darauf. „Es kommt mir vor, als ob meine Welt hauptsächlich<br />

darauf basiere, was ich anderen glaube. Nur werde ich meistens enttäuscht.<br />

Ich habe <strong>die</strong> <strong>ganz</strong>e Woche überlegt, wo ich hätte erkennen können,<br />

das du ein Schwein bist, das mich belügen wird. Zu deinem Glück habe ich<br />

nichts gefunden. Ich habe nur immer geweint, dass du es sein konntest, dem<br />

ich und unsere Liebe doch nicht so bedeutungsvoll war. Ich war zwar wütend,<br />

aber ich glaube, ich habe dich dabei trotzdem immer geliebt. Neben allem<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 13 <strong>von</strong> 22


scheine ich ein Bild <strong>von</strong> dir zu haben, das unzerstörbar ist, wie unangreifbar,<br />

und durch dein Verhalten nicht zu beeinflussen.“ <strong>Lenny</strong> wollte Delphine einen<br />

Kuss geben, aber <strong>die</strong> wehrte ab. „Trotz d<strong>einer</strong> Erklärung und trotz m<strong>einer</strong> Liebe,<br />

hat <strong>die</strong>se Woche dich mit einem Schleier überzogen, einem Nebel, der sich<br />

noch nicht aufgelöst hat.“ erklärte Delphine und fügte dem nicht nur scherzhaft<br />

hinzu: „Hast du Zeit? Kannst du ein bisschen bleiben, damit ich mich wieder an<br />

dich gewöhnen kann?“ Der Schleier, das war <strong>die</strong> Enttäuschung, <strong>die</strong> Traurigkeit<br />

und <strong>die</strong> Tränen, aus denen <strong>die</strong> Woche bestanden hatte, und <strong>die</strong> nicht durch wenige<br />

verbale Äußerungen ungeschehen gemacht werden konnten.<br />

Vertrauensbeweis<br />

Ihrem Arzt vertraue sie in nichts mehr, berichtete Delphine. Dass sie ihr Leben<br />

nicht mehr <strong>von</strong> ihm dirigieren lassen wolle, habe für sie schon festgestanden.<br />

Sie habe auch <strong>die</strong> Medikamente nicht länger nehmen wollen. Auf eine harte<br />

Auseinandersetzung mit dem Therapeuten habe sie sich eingerichtet. „Sie <strong>sind</strong><br />

der Ansicht, dass das nicht mehr erforderlich ist.“ hat er gesagt, sonst nichts.<br />

Da nehme ich monatelang <strong>die</strong>ses Zeug, das nicht nur meine Psyche sondern<br />

sogar mein Aussehen verändert hat. „Wenn sie's nicht möchte, o. k..“ wichtiger<br />

ist es nicht. Ich habe nochmal <strong>die</strong> Waschzettel durchgelesen. Wenn du <strong>die</strong> Nebenwirkungen<br />

auch nicht erfahren hast, aber das Zeug hat doch deine Chemie,<br />

deinen Stoffwechsel trotzdem in weiten Bereichen beeinflusst. Außer Aspirin<br />

werde ich nie wieder irgendwelche Medikamente nehmen.“ erklärte Delphine<br />

und lachte. „Niemandem kannst du vertrauen.“ meinte sie ein wenig scherzhaft<br />

und fügte an: „Außer jetzt <strong>Lenny</strong> wieder, oder?“ Der lachte und meinte, dazu<br />

bedürfe es eines Vertrauensbeweises. „Ja, o. k., beweis es mir.“ Delphine darauf<br />

zu <strong>Lenny</strong>. „Nein, nein, der Vertrauende muss beweisen, dass er dem anderen<br />

vertraut.“ antwortete <strong>Lenny</strong>. „Ich muss also dir beweisen, dass ich dir vertraue?<br />

Na gut, und wodurch?“ fragte Delphine. <strong>Lenny</strong> antwortete nicht, sondern<br />

blickte Delphine nur mit sehnsüchtigen Augen an, denen auch <strong>die</strong> Treue<br />

eines Dackels nicht fern zu liegen schien, während an der Mimik s<strong>einer</strong> Lippen<br />

nicht zu verkennen war, was sie erwarteten. Delphine lachte mit geschlossenem<br />

Mund. „Mein Süßer, komm zu mir.“ sagte sie nur noch halb lachend bevor<br />

sich <strong>die</strong> beiden küssten.<br />

Unfassbares Wunderwerk<br />

„Was machen wir denn jetzt mit uns?“ fragte Delphine. „Ich soll meine Liebe ja<br />

auch leben, offen leben. Angst vor der Abhängigkeit in <strong>einer</strong> Beziehung habe<br />

ich nicht mehr, trotzdem zeigt sich mir kein erstrebenswertes Bild. Ich möchte<br />

Lust auf dich haben, mein Bedürfnis nach dir spüren, Sehnsucht nach dir haben.<br />

Sicher würde ich mich oft über dich freuen, aber das andere wäre vorbei.<br />

Es wäre ja alles erfüllt, <strong>die</strong> Bedürfnisse befriedigt. Find'st du das nicht auch?“<br />

fragte Delphine. „Oberflächlich gesehen und theoretisch hast du sicher Recht,<br />

und ich denke auch, dass sich nicht wenige Beziehungen so ähnlich entwickeln,<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 14 <strong>von</strong> 22


dass das Interesse am anderen nachlässt, sobald seine Gegenwart selbstverständlich<br />

wird. Aber hattest du so ein Empfinden: 'Bedürfnis befriedigt, keine<br />

Sehnsucht mehr, jetzt kann er wieder nach Hause fahren.' als ich zum ersten<br />

mal bei dir war?“ fragte <strong>Lenny</strong>. Delphine schmunzelte „Unbefriedigte Bedürfnisse,<br />

<strong>die</strong> Verlangen in dir auslösen und mit Sehnsucht verbunden <strong>sind</strong>, vermitteln<br />

ein gutes Gefühl, aber ab wann ist mein Bedürfnis nach dir denn befriedigt?<br />

Wenn ich mich in d<strong>einer</strong> Anwesenheit befinde und dich sehe? Du hast mich<br />

nicht einmal angeschaut, und dann hattest du ein Bild. Du hast lange hingeschaut.<br />

Anscheinend sahst du immer Neues, Zusätzliches, das du wieder mit<br />

anderen Assoziationen verknüpfen konntest. Es schien dir interessant wie ein<br />

Film oder ein Drama. Ich denke, wenn du Lust an dem anderen hast, wird er<br />

prinzipiell unergründlich, und dein Bedürfnis nie befriedigt werden. Wenn du<br />

den Körper eines Menschen in elektronenmikroskopischer Vergrößerung sähest,<br />

erschiene er dir wie ein faszinierendes Wunderwerk, das <strong>die</strong> größten chemischen<br />

Fabriken wie kümmerliche Heimwerkerdbasteleien erscheinen ließe.<br />

Ich denke mit d<strong>einer</strong> Person, d<strong>einer</strong> Persönlichkeit, d<strong>einer</strong> Psyche verhält es<br />

sich nicht anders. Sie ist ein unfassbares Wunderwerk und du wirst das bei<br />

deinem Geliebten immer mehr erkennen, willst es erfassen wollen und freust<br />

dich, wenn du ihm wieder ein wenig näher gekommen bist.“ stellte <strong>Lenny</strong> seine<br />

Sicht dar. Delphine rüttelte <strong>Lenny</strong>s Schulter. Was das zu bedeuten hatte,<br />

konnte er nicht interpretieren. Von hinten waren Schultern immer für<br />

Kumpelangelegenheiten zuständig, <strong>von</strong> vorne fürs Trösten, Wohlfühlen und<br />

Geborgenheit, aber Delphin hatte ihn am Schultergelenk geschüttelt. „Du<br />

meinst also, wenn ich Lust habe, dich beim Sprechen intensiv anzuschauen,<br />

dann könnte das auch in zwei Jahren noch so sein?“ fragte Delphine nach. „Ja,<br />

gerade beim Sprechen. Der Text macht nur dreißig Prozent d<strong>einer</strong> Information<br />

aus, <strong>die</strong> anderen siebzig Prozent <strong>sind</strong> Informationen deines Körpers über dich.<br />

Wir nehmen unbewusst vieles da<strong>von</strong> wahr, aber spannend wird es erst, wenn<br />

du es bewusst betrachtest, dann erkennst du den anderen, erlebst seine<br />

Persönlichkeit.“ meinte <strong>Lenny</strong> dazu. „Wir haben eine sonderbare Sprache mit<br />

<strong>einer</strong> oft misslichen Konnotation. 'Wir erleben einander' wäre viel zutreffender<br />

als 'Wir reden miteinander.', nicht wahr? Ich möchte dich öfter erleben, <strong>Lenny</strong>,<br />

so oder so.“ erklärte Delphine. „Mit dem Telefonieren, das funktioniert ja nicht.<br />

Sollen wir uns vielleicht mal Mails schicken. Ich stelle mir das schön vor. Ich<br />

öffne mein Konto und sehe: „Ah, Delphine hat an mich gedacht und will mir<br />

etwas sagen.“ Das alleine würde mich schon freuen, bevor ich deine Nachricht<br />

überhaupt gelesen hätte.“ schlug <strong>Lenny</strong> vor. „Und was würden wir uns<br />

schreiben? Ich würde jeden Tag: „Komm zu mir, <strong>Lenny</strong>!“ schreiben, und du<br />

schriebst jeden Tag: „Küss mich, Delphine!“, so?“ fragte Delphine lachend. „Ich<br />

glaube schon, dass sich das so entwickeln würde.“ bestätigte sie <strong>Lenny</strong><br />

schmunzelnd. Trotzdem wollten sie es so machen, und Delphine fragte <strong>Lenny</strong>,<br />

wann er wiederkomme.<br />

E-Mail-Verkehr<br />

Zu Hause verschlüsselte <strong>Lenny</strong> sein E-Mail Konto. Normalerweise schaute Tina<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 15 <strong>von</strong> 22


nicht nach seinen Mails, aber sie hätte es gekonnt. Dann legte er sich auf's<br />

Bett und suchte nach Klarheit. Wie ein Gestrüpp erschien ihm <strong>die</strong> Beziehung<br />

zwischen Delphine und ihm. Offen leben wollte Delphine sie, und was hieß das?<br />

War er jetzt Delphines und Tinas Geliebter. Natürlich, aber das war er schon<br />

lange. Würde Delphine jetzt mehr Zeit mit ihm verbringen und mehr mit ihm<br />

zusammen unternehmen wollen? Erwartete sie, dass er mit ihr das Konzert besuchte<br />

und ins Kino ging? Antworten darauf kannte er nicht. Nur wenn es sich<br />

so entwickelte, würde er sich irgendwann entscheiden müssen. Warum sollte<br />

<strong>Lenny</strong> <strong>die</strong> Beziehung zu Tina auflösen, zerstören? Es war eine wertvolle Beziehung,<br />

<strong>die</strong> man pflegen musste und nicht zerstören durfte. An <strong>die</strong>ser Beziehung<br />

hatte sich grundlegend nichts geändert dadurch, dass er Delphine liebte. Vielleicht<br />

würde Tina ja sagen „Es stört mich nicht, dass du <strong>die</strong>se Delphine liebst.“,<br />

aber wer kann das schon? Er, <strong>Lenny</strong>, hätte es nicht gekonnt. Irgendwann würde<br />

es sich dahin entwickeln, dass er es Tina sagen müsste. Die Vorstellung da<strong>von</strong>,<br />

widerte <strong>Lenny</strong> an. Er würde zwangsläufig Tina sehr weh tun, aber nichts<br />

lag ihm ferner als das.<br />

Zunächst entwickelte sich jedoch nichts weiter als das E-Mail schreiben. Delphine<br />

fand es offensichtlich sehr kurios, sich mit <strong>Lenny</strong> Briefe zu schreiben.<br />

Ernsthaft war kaum ein Brief. Meistens waren es übermütige, alberne Späße.<br />

„Mein allerliebster <strong>Lenny</strong>, <strong>die</strong>s ist ein Liebesbrief. Ich wollte dir einen Überblick<br />

über mein Empfinden geben, damit du meine Gemütslage kennst.“ begann<br />

Delphine zum Beispiel einen Brief, um dann eine <strong>ganz</strong>e Seite lang wiederholend<br />

„Ich liebe dich.“ zu schreiben. <strong>Lenny</strong> erwiderte darauf, dass er zwar prinzipiell<br />

<strong>von</strong> Delphines Äußerungen angetan sei, sie ihm aber wegen Fehlens jeglicher<br />

adverbialer Komponente doch sehr unspezifisch erschienen. Ein schlichtes „Ich<br />

liebe dich.“ könne auch bedeuten „Ich liebe dich fast überhaupt nicht mehr.“<br />

genauso gut wie: „Ich liebe dich abgöttisch.“. Ein wenig Präzision könne da<br />

sehr aufschlussreich und der Interpretation sehr <strong>die</strong>nlich sein. An derartigem<br />

kindlichem Quatsch hatten sie via E-Mail Freude.<br />

Veredelte Beziehung<br />

<strong>Lenny</strong> traf sich mit Delphine. Sie sah wieder aus wie sonst auch. Keine tiefliegenden<br />

Augen mehr, und sie empfing <strong>Lenny</strong> stürmisch. Sie legten sich auf's<br />

Bett. „Keine Angst, ich tu dir nichts.“ hatte Delphine versichert. „Du musst mir<br />

noch etwas erklären, <strong>Lenny</strong>. Du hast gesagt, wenn wir einmal miteinander ins<br />

Bett gingen, täten wir es immer wieder, und dann würde sich unsere Beziehung<br />

vorrangig darüber definieren. Wie kommst du darauf?“ fragte Delphine. „Na<br />

ja,“ druckste <strong>Lenny</strong>, „wenn wir ständig miteinander schlafen, wird das eine<br />

zentrale Position in unserer Beziehung einnehmen.“ „Du meinst also, wir würden<br />

ständig nur ficken und vergessen, dass wir uns lieben?“ machte Delphine<br />

sich über <strong>Lenny</strong> lustig. Der lachte auch, und versuchte sich zu erklären: „Nein,<br />

aber wenn wir öfter miteinander ins Bett gehen, meinst du denn, das es überhaupt<br />

keinen Einfluss auf unsere Beziehung haben würde?“ „Schon, mein<br />

Liebster, es würde sie veredeln, ihr eine zusätzlich wundervolle Komponente<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 16 <strong>von</strong> 22


hinzufügen.“ meinte Delphine dazu. „Es mag zwar Paare geben, <strong>die</strong> vorrangig<br />

zusammen <strong>sind</strong>, weil sie im Bett gut miteinander klar kommen, aber ich denke,<br />

das ist <strong>die</strong> große Ausnahme. Die meisten werden sich lieben und auch miteinander<br />

schlafen, ohne dass es ihre Beziehung dominiert.“ „Ja, meine Entscheidung,<br />

dass ich es nicht wollte, hat sich doch ziemlich plötzlich gebildet. Vielleicht<br />

spielte auch ein Bild <strong>von</strong> deinem früheren Sexualverhalten mit rein.“<br />

meinte <strong>Lenny</strong>. „Soll ich dir mal etwas verraten, mein Lieber?“ sagte Delphine,<br />

„Mit meinem Sex das ist noch wie zu Anfang. Kein Stück <strong>von</strong> einem irgendwie<br />

gearteten Bedürfnis oder Verlangen. Mein Fortpflanzungstrieb scheint endgültig<br />

erloschen. Früher habe ich es mir ja auch öfter selber gemacht, kein Bedarf,<br />

keine Regung. Nur wenn du da bist, ist da auch etwas bei mir, dass es sonst<br />

nicht gibt. Ich denke nicht direkt daran, mit dir Sex haben zu wollen, aber ich<br />

möchte dich gern anfassen, dich gern berühren, vielleicht mit mehr als meinen<br />

Händen, das habe ich gespürt, als ich bei dir auf dem Schoß saß, und ich habe<br />

es gern, wenn du mich berührst. Wenn du mein Haar streichelst, empfinde ich<br />

auch etwas anderes, als wenn ich mich kämme. Es gefällt mir sehr, wenn wir<br />

miteinander reden, es kommt mir vor, als ob wir einander <strong>ganz</strong> nahe wären,<br />

unsere Personen, unsere Seelen sich umarmen würden, und der Körper? Wir<br />

küssen und streicheln uns <strong>die</strong> Gesichter, ein Notbehelf, ein Surrogat dafür, dass<br />

unsere Körper sich auch <strong>ganz</strong> nahe sein möchten. So empfinde ich es, als ob<br />

es ein aus der Liebe entstandenes Bedürfnis nach Körperlichkeit wäre. Nur<br />

darauf lässt sich mein Geschlechtstrieb offensichtlich noch ein.“ erklärte<br />

Delphine und lachte. „Möchtest du, dass wir miteinander schlafen?“ fragte<br />

<strong>Lenny</strong>. „Mhm,“ schüttelte Delphine den Kopf, „so nicht.“ „Wie dann?“ fragte<br />

<strong>Lenny</strong>. „Es müsste sich aus der Situation entwickeln, aber da habe ich ja Angst,<br />

dass du plötzlich furiose Anwandlungen entfaltest.“ erklärte Delphine.<br />

Trennung <strong>von</strong> Tina<br />

In <strong>Lenny</strong> entwickelte sich eine Vorstellung, <strong>die</strong> ihn seine Lebensumstände als<br />

inkonsequent und paradox empfinden ließ. Er hatte nicht nur Beziehungen zu<br />

zwei Frauen, <strong>die</strong> eine mochte er, <strong>die</strong> andere liebte er, mittlerweile lebte er auch<br />

in zwei Welten. Mit Tina zu leben, das war seine selbstverständlich gemochte<br />

und gelebte Welt gewesen. Auch wenn er nicht mit Delphine zusammenlebte,<br />

dominierte jetzt <strong>die</strong> Vorstellung vom Leben mit ihr. Sein Leben mit Tina, das<br />

war er nicht mehr, das spielte er. Wenn er Tina in der Küche stehen sah, dachte<br />

er an Delphine. Er sagte etwas, Delphine drehte sich um und lächelte ihm zu.<br />

Tina sprach er nicht an. Warum tat er das? Selbst wenn das Verhältnis zu Delphine<br />

sich nicht intensivieren würde, ein anderes Verhältnis zu Tina war nicht<br />

vorstellbar. Es war vorbei. <strong>Lenny</strong> musste es Tina sagen. So belog er sie noch<br />

zusätzlich. Wie Tina reagieren, ob sie völlig zusammenbrechen oder es gefasst<br />

aufnehmen würde, konnte <strong>Lenny</strong> überhaupt nicht vorausahnen. Er wollte zwei<br />

Freundinnen <strong>von</strong> ihr und ihre Eltern informieren, damit sie Tina unterstützen<br />

und ihr helfen konnten. Freundlich schauten ihre Eltern zwar nicht, aber sie<br />

waren höflich und bedankten sich. Melanie, <strong>die</strong> eine Freundin, kannte Delphine.<br />

„Sehr schön ist sie, nicht war?“ meinte sie und es klang leicht provokant. „Me-<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 17 <strong>von</strong> 22


lanie, das hat eine Rolle gespielt, als ich sie zum ersten mal gesehen habe und<br />

sonst nie wieder. Natürlich sehe ich es jetzt auch noch, aber für <strong>die</strong> Beziehung<br />

spielt es überhaupt keine Rolle. Du schaust jemanden gern an, aber du liebst<br />

ihn nicht, weil er gut aussieht.“ erklärte <strong>Lenny</strong>.<br />

An einem Samstagnachmittag sagte <strong>Lenny</strong>: „Tina, ich muss etwas mit dir besprechen.<br />

Es ist wichtig und sehr ernst. Es ist nichts Angenehmes für dich. Du<br />

wirst es nicht verstehen und wirst enttäuscht sein.“ Tina unterbrach ihn: „Du<br />

willst mich verlassen wegen d<strong>einer</strong> 'sehr, sehr geliebten Delphine', nicht war?“<br />

<strong>Lenny</strong> erschrak. Nach kurzem Schock fragte er: „Woher weißt du das?“ „Du<br />

hattest deinen Computer an, und mehrere Seiten geöffnet, unter anderem<br />

auch dein E-Mail-Konto. Es kamen mehrere Briefe <strong>von</strong> <strong>einer</strong> Delphine. Da<br />

musste ich doch mal schauen. Zwei habe ich gelesen. Das reichte. Crazy vor<br />

Verliebtheit war sie. Da brauchte ich nicht lange nachzudenken.“ erläuterte<br />

Tina. „Und tat es sehr weh?“ fragte <strong>Lenny</strong>. „<strong>Lenny</strong>, erwartest du, dass ich das<br />

mit dir erörtere? Das lass mal meine Sorge sein.“ reagierte Tina. <strong>Lenny</strong> wollte<br />

erklären, aber Tina meinte: „Es hört sich besser an, wenn du schweigst, <strong>Lenny</strong>.“<br />

„Ich bin dir noch nicht einmal richtig böse, ja im Moment vielleicht doch.<br />

Nur alles kann nichts daran ändern, dass es eine schöne Zeit für uns war. Für<br />

dich doch auch, <strong>Lenny</strong>, oder. Dass wir uns jetzt trennen, kann das, was gewesen<br />

ist, nicht wieder ungeschehen machen. Du wirst für mich, auch dadurch<br />

dass du mich verlässt, kein schlechter Mensch. Die Zeit mit dir ist Teil meines<br />

Lebens, ein sehr schöner Teil.“ Jetzt begannen Tinas Augen sich doch zu<br />

befeuchten. „Ich wünsche mir trotz allem nicht, dass wir uns in Zukunft nicht<br />

mehr kennen.“ <strong>Lenny</strong> umarmte Tina, drückte sie und wollte sie gar nicht<br />

wieder loslassen. Sie hatte es <strong>Lenny</strong> nicht nur einfach gemacht, sondern auch<br />

äußerst verständnisvoll reagiert. Ihre Enttäuschung, Verletzung und Wut hatte<br />

sie eventuell bei ihren Eltern oder Freundinnen schon ausagiert, sodass sie<br />

jetzt äußerst gefasst sein konnte.<br />

Prinzessin aus Tausendund<strong>einer</strong>nacht<br />

Delphine war gar nicht darüber informiert, dass <strong>Lenny</strong> sich jetzt <strong>von</strong> Tina trennen<br />

wollte. „Sie wusste es schon, als ich es ihr sagte. Sie hatte zwei <strong>von</strong> deinen<br />

E-Mails gelesen. Ich hatte gedacht, es läge an d<strong>einer</strong> Lust, Quatsch zu machen,<br />

aber Tina hat entdeckt, dass du 'crazy vor Verliebtheit' seist. Stimmt<br />

das?“ fragte <strong>Lenny</strong> schelmisch und Delphines Antwort passte dazu. Mit breit<br />

gezogenem Mund und dicken Lippen nickte sie mit schelmisch blickenden Augen.<br />

„Was wäre denn, wenn du mich mal verlassen wolltest? Das ginge nicht.<br />

Ich liebe dich nicht nur, du bist meine Liebe. Ohne dich würde ich keine Liebe<br />

kennen. Wenn du es trotzdem versuchtest, würde ich dich oder mich umbringen.“<br />

meinte Delphine wohl nicht so <strong>ganz</strong> ernst. „Du könntest ja auch einen<br />

anderen Mann kernen lernen, der dir noch mehr Liebe verspräche.“ meinte<br />

<strong>Lenny</strong> und Delphine dazu: „Hör' auf! Ich kann es nicht mehr hören.“ „Die Zukunft<br />

hält alle Möglichkeiten offen.“ fügte <strong>Lenny</strong> noch schnell an, bevor er <strong>von</strong><br />

Delphine auf <strong>die</strong> Couch gestoßen wurde. Delphine lag auf ihm. „Du sollst nicht<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 18 <strong>von</strong> 22


so etwas reden. Das tut mir weh.“ sagte sie. Ihre Arme auf <strong>Lenny</strong>s Schultern<br />

gestützt, befand sich Delphines Gesicht über <strong>Lenny</strong>. Ihr gemeinsamer Blick<br />

sagte, dass es dringend sei, sich jetzt zu küssen. „Das fühlt sich auch gut an.<br />

Miteinander reden und dabei nicht irgendwo sitzen, sondern aufeinander liegen.<br />

<strong>Lenny</strong> kicherte und meinte: „Ich könnte mir denken, dass deine Lust, lang<br />

andauerte Gespräche zu führen, wenn ich auf dir läge, nicht <strong>von</strong> großer Dauer<br />

wäre. „Von unermesslicher Dauer würde sie sein.“ meinte Delphine mit der tiefen,<br />

lasziven Stimme <strong>einer</strong> Femme fatale und dem leicht verwegenen Blick eines<br />

Vamps, der einen am liebsten ins Séparée locken wollte. <strong>Lenny</strong> kicherte<br />

wieder. „Was meinst du, <strong>Lenny</strong>, ist es meine Lust am Quatsch oder bin ich crazy<br />

vor Verliebtheit?“ wollte Delphine wissen. „Es wird beides sein.“ meinte <strong>Lenny</strong>,<br />

„Lust an verrücktem Verliebtheitsquatsch.“ Delphine hatte <strong>die</strong> Antwort nicht<br />

abgewartet, sondern ihren Kopf mit dem Gesicht nach unten neben <strong>Lenny</strong> auf<br />

<strong>die</strong> Couch gelegt. Als sie wieder aufschaute, fragte sie: „Darf ich dein Hemd ein<br />

wenig öffnen, oder schimpfst du dann?“ „Oh, je, das bringt ja nichts. Du bist ja<br />

viel zu dick angezogen.“ und meinte <strong>Lenny</strong>s T-Shirt, das er unter dem Hemd<br />

trug. <strong>Lenny</strong> musste Hemd und T-Shirt ausziehen, Delphine strich mit beiden<br />

Gesichtsseiten über <strong>Lenny</strong>s Brustkorb und roch an seinen Achseln. <strong>Lenny</strong> streichelte<br />

Delphine immer nur über's Haar. „Soll ich etwas ausziehen?<br />

Ach, Quatsch, komm wir gehen ins Bett.“ sagte Delphine. <strong>Lenny</strong> sagte der<br />

nackten Delphin noch, dass sie wunderschön sei und küsste sie auf den Bauch,<br />

aber ab dann schien Delphine <strong>die</strong> Regie zu übernehmen. Sie rieb sich an <strong>Lenny</strong><br />

und meinte, seine und ihre Haut müssten sich überall berühren. Wissende sähen<br />

dann, dass sie überall Tattoos trüge mit der Aufschrift: „Berührt <strong>von</strong> <strong>Lenny</strong>.“.<br />

Das sei das Zeichen, dass sie auch körperlich zusammengehörten. Das<br />

war eine <strong>von</strong> Delphines verrückten Ideen und Reden, <strong>die</strong> sie endlos hervorzaubern<br />

konnte. <strong>Lenny</strong> lag nur inaktiv daneben, lachte sich schief oder wurde <strong>von</strong><br />

Delphine bearbeitet. Zu Beginn hatte Delphine ihn öfter gebissen. „Au, Delphine,<br />

bist du verrückt? Das tut weh.“ hatte <strong>Lenny</strong> aufgeschrieen. Sie sei <strong>die</strong><br />

schwarze Liebespanterin, da sei sie eben schon mal ein wenig bissig, hatte Delphine<br />

erklärt. „Aber doch nicht ihren Liebsten. Den beißen schwarze Liebespanterinnen<br />

auch nicht.“ wusste <strong>Lenny</strong>. Sein <strong>ganz</strong>er Körper wurde in verschiedene<br />

Landschaften der Erde unterteilt. Sein Rückgrad galt als oberitalienischer Po<br />

und <strong>die</strong> Rückenflächen daneben, waren <strong>die</strong> Reisfelder, auf denen <strong>die</strong> Frauen<br />

damals für einen Hungerlohn geschuftet hatten. „Sprich etwas zu den Frauen,<br />

<strong>Lenny</strong>.“ forderte ihn Delphine auf und <strong>Lenny</strong> bog sich wieder. Liebesspielereien<br />

mit körperlichem Bezug, Delphine war eine Zauberin. <strong>Lenny</strong> war fasziniert und<br />

völlig überrascht. Wieso konnte Delphine, <strong>die</strong> angeblich gar nicht wusste, was<br />

Liebe sei, so etwas? Plötzlich legte sie sich auf <strong>Lenny</strong> und sagte ihm: „Streichel'<br />

mich, aber mit deinem Schwanz.“ Und nahe an <strong>Lenny</strong>s Ohr fügte sie hinzu:<br />

„Die Finger <strong>sind</strong> für's Masturbieren.“ „Ganz, <strong>ganz</strong> langsam, <strong>Lenny</strong>, das<br />

möchtest du auch, nicht wahr?“ flüsterte Delphine <strong>Lenny</strong> zu, als sie liebend vor<br />

einander saßen. Als Delphine einen Orgasmus hatte, kam es <strong>Lenny</strong> auch. Sie<br />

ließen sich auf's Bett fallen. Das verschwitzte Gesicht mit dem glücklich breitem<br />

Mund hatte <strong>die</strong> Augen geschlossen, öffnete sie, um nach <strong>Lenny</strong> zu suchen.<br />

„Warum bist du so weit weg? Komm <strong>ganz</strong> nah an deine Liebste.“ forderte Delphine<br />

<strong>Lenny</strong> auf. „Das machen wir jetzt immer wieder, bis wir besinnungslos<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 19 <strong>von</strong> 22


<strong>sind</strong>, nicht mehr wissen, wer wir selber <strong>sind</strong> und ob wir uns noch lieben.“ erklärte<br />

Delphine und lachte. „Du bist fies.“ reagierte <strong>Lenny</strong> und meinte: „Ich<br />

könnte gar nicht nochmal. Ich habe das Gefühl, ich müsste jetzt auf der Stelle<br />

unbedingt schlafen.“ „Das liegt an einem Hormon, das Männer bei der Ejakulation<br />

ausschütten.“ wusste Delphine, „Es gibt auch Sex ohne Ejakulation. Da<br />

werden <strong>die</strong> Männer nie müde.“ „Und wie geht das?“ wollte <strong>Lenny</strong> wissen. „Man<br />

kann es wohl lernen, es zu unterdrücken, aber mehr weiß ich auch nicht. Ich<br />

weiß nur, dass es so etwas gibt.“ antwortete Delphine, „Aber wir haben es doch<br />

auch schon ziemlich lange ausgehalten, nicht wahr?“ „Delphine.“ sagte <strong>Lenny</strong><br />

nur, umarmte und drückte sie, „Du bist meine Prinzessin aus Tausendund<strong>einer</strong>nacht.“<br />

„Jetzt bist du schon wieder wach.“ bemerkte Delphin, „Aber nicht nochmal.<br />

Das war unser erstes mal. Wir müssten es eigentlich einrahmen und aufhängen.“<br />

„Zur Erinnerung an Ereignisse gibt es immer Urkunden und Pokale.“<br />

meinte <strong>Lenny</strong>. „Und was sollten wir da eingravieren lassen?“ fragte Delphine.<br />

„Zur Erinnerung an das erste Ficken <strong>von</strong> <strong>Lenny</strong> und Delphine?“ „Eventuell.“<br />

meinte <strong>Lenny</strong>. Sie lachten, fielen sich um den Hals und schliefen so halb aufeinander<br />

liegend nach einiger Zeit ein.<br />

<strong>Lenny</strong>, du musst verschwinden<br />

„Ich bleib' jetzt einfach immer hier.“ erklärte der wach werdende <strong>Lenny</strong> noch<br />

schlaftrunken. „Nein, <strong>Lenny</strong>, auf keinen Fall, du musst verschwinden. Ich will<br />

doch auf dich warten, mich darauf freuen, dass du kommst, auf <strong>die</strong> Uhr schauen,<br />

wie lange es noch dauert und dir glücklich öffnen, wenn du endlich da bist.“<br />

forderte Delphine. <strong>Lenny</strong> musste wieder lachen. „Delphine, ich habe heute<br />

Nacht erkannt, dass du nicht nur Lust am Blödsinn hast, und eine großartige<br />

Liebhaberin, sondern auch eine begabte Tragödin bist. Wie hast du das denn<br />

sonst gelebt?“ fragte <strong>Lenny</strong>. „Gar nicht, ich habe es mir selbst nicht ermöglicht<br />

und nicht erlaubt. Ich lebe es mit dir und wusste gar nicht, dass es in mir ist.<br />

Unsere Liebe ermöglicht es und sonst nichts. Sie ist nicht nur ein warmes,<br />

glückliches Empfinden, sie macht auch frei, lässt mich Freiheit spüren.“<br />

antwortete Delphine. „Es kommt mir vor, als ob ich mein Leben gefunden<br />

hätte, mein Leben, das seit m<strong>einer</strong> Kindheit verborgen war. Und das leuchtete<br />

schon auf, als wir uns zum ersten mal trafen.“<br />

Es gibt nur einen Grund<br />

Beim Verschwinden und sehnsuchtsvollen Erwarten, handelte es sich mehr um<br />

Spielereien. Selbstverständlich blieben sie auch mehrere Tage zusammen. Ihre<br />

unterschiedlichen Zeiten an der Uni führten allein schon dazu, dass Delphine<br />

nicht selten <strong>die</strong> Chance hatte, auf ihren <strong>Lenny</strong> warten zu können. Sie waren<br />

auch schon mal bei <strong>Lenny</strong> gewesen. Delphine fand es nicht schlecht, aber bei<br />

sich fühlte sie sich wohler. Delphines Appartement war nicht klein, aber wenn<br />

<strong>Lenny</strong> etwas zu arbeiten hatte, musste er <strong>die</strong>s am Küchentisch tun. Delphine<br />

hatte ihre Mutter angerufen. Eigentlich hätte sie ihr nichts <strong>von</strong> <strong>Lenny</strong> erzählt.<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 20 <strong>von</strong> 22


Sie wollte ihr sagen, dass sie sich verliebt habe, obwohl sie wusste, dass ihre<br />

Mutter nichts da<strong>von</strong> halten würde. Sie hatte sie ausgelacht, ihre Tochter einfach<br />

ausgelacht. „Du bestehst nur aus Borniertheit und Überheblichkeit, Mutti.<br />

Wo<strong>von</strong> du am wenigsten Ahnung hast, darüber urteilst du am liebsten. Ich will<br />

mit dir nicht über Liebe reden. Warum soll ich mit <strong>einer</strong> Frau, <strong>die</strong> so ein Ausbund<br />

an Inkompetenz ist wie du, darüber reden wollen.“ hatte Delphine sie angeherrscht.<br />

„Wir brauchen ja auch nicht darüber zu reden.“ hatte ihre Mutter<br />

noch gesagt. „Dann tun wir es auch nicht. Machs gut, Mutti, Tschüss.“ Damit<br />

hatte Delphine das Gespräch beendet. Sie stand mit offenem Mund in ihrem<br />

Arbeitszimmer und wusste nicht was geschehen war. Was hatte sie da gemacht?<br />

„So selbstbewusst und frech ich auch immer war, aber Mutti habe ich<br />

immer zugehört. Ich konnte wohl Einwände anbringen und andere Minungen<br />

vertreten, aber so etwas wie jetzt, wäre undenkbar gewesen.“ erklärte Delphine.<br />

„Sie hat dich ja auch provoziert.“ meinte <strong>Lenny</strong>. „Trotzdem, das hätte ich<br />

nicht gebracht. Ich glaube ich sehe sie jetzt anders. Sie wird sich melden und<br />

alles zu schlichten versuchen, aber ich bin eine andere. Ihr gegenüber bin ich<br />

eine andere. Ich glaube, ich habe auch ihr gegenüber mein eigenes Leben gefunden<br />

und kann es behaupten. Stark bin ich, <strong>ganz</strong> schön stark, nicht wahr?“<br />

fragte sie <strong>Lenny</strong> und lachte. „Jetzt bin ich so abhängig, wie ich es nie wollte<br />

und empfinde mich so frei und selbstsicher und stark, wie ich es nie war. Das<br />

ist doch absolut paradox. Aber du brauchst es mir nicht zu erklären, <strong>Lenny</strong>. Es<br />

gibt nur einen Grund. Den kenne ich, und du kennst ihn auch.“<br />

FIN<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 21 <strong>von</strong> 22


Aimer, c'est se<br />

donner corps et âme<br />

„Und was ist jetzt mit d<strong>einer</strong> Freundin? Wird <strong>die</strong> Liebe zunehmen oder wird sie<br />

eher verblassen? Du ließt zu viel Groschenromane, mein Junge.“ erklärte<br />

Delphine. „Das ist doch antiquiert, was du erzählst. Wen interessiert es denn<br />

heute noch, sich in solche Traumwelten zu begeben? Romantische Spinner.“<br />

„Die vielleicht auch, aber mit den Traumwelten, das siehst du aus 'ner völlig<br />

falschen Warte. Du lebst nicht allein für dich. Alleine leben, das gibt es nicht.“<br />

reagierte <strong>Lenny</strong>. „Ich mach es aber, mein Lieber, bis auf <strong>die</strong> Momente in denen<br />

ich mich mit <strong>einer</strong> Freundin oder meinem Freund treffe.“ erwiderte Delphine.<br />

„Du kannst es ja meinetwegen so glauben, aber du, deine Person, dein Ego<br />

ergibt sich doch nicht daraus, dass du eine eigene Wohnung hast.“ meinte<br />

<strong>Lenny</strong> dazu. Das glaubte Delphine ja auch nicht. Sie fragte aber einfach mal:<br />

„Sondern?“ „Du, das bist du, wie du mit der Welt, <strong>die</strong> dich umgibt, in Kontakt<br />

stehst, welche Beziehung du zu deinen Mitmenschen hast. Und das nicht nur<br />

heute, sondern wie es sich in deinem <strong>ganz</strong>en Leben entwickelt hat.“ antwortete<br />

<strong>Lenny</strong>. „Ja, ja, das würde ich prinzipiell nicht viel anders sehen, nur ist einem<br />

das im Moment nicht bewusst. Da sieht man sich immer wie eine<br />

unveränderlich gültige Momentaufnahme. Dass sich deine Ansicht zu etwas<br />

Bestimmtem ja auch mal irgendwann auf Grund irgendwelcher Einfüsse<br />

entwickelt hat, das ist dir im Augenblick nicht gegenwärtig.“ meinte Delphine<br />

dazu. „Anders kannst du ja auch nicht leben. Du musst doch das, wie du's im<br />

Moment siehst, für gültig halten. Alles relativieren, machte dich ja verrückt.“<br />

meinte <strong>Lenny</strong>. „Aber du kannst doch etwas lernen, etwas verändern, zu neuen<br />

Ansichten kommen.“ erwiderte Delphine. „Gott sei Dank, dass du auch im<br />

Leben etwas dazu lernen kannst und nicht nur im Studium. Was stu<strong>die</strong>rst du<br />

eigentlich?“ erkundigte sich <strong>Lenny</strong>. „Romanistik, willst du auch wissen, wie ich<br />

heiße?“ fragte Delphine lächelnd. „Und ich heiße <strong>Lenny</strong> und stu<strong>die</strong>re<br />

Psychologie.“ <strong>Lenny</strong> darauf. „Oh je, <strong>die</strong> armen Frauen, <strong>die</strong> mit einem<br />

Psychologen zusammen leben.“ meinte Delphine, „Da ist es doch <strong>ganz</strong> gut,<br />

wenn man allein lebt.“ „Und der trifft sich dann einmal in der Woche mit s<strong>einer</strong><br />

Freundin, um ihr Sexualverhalten zu analysieren.“ <strong>Lenny</strong> darauf scherzend.<br />

„Du verstehst das nicht, <strong>Lenny</strong>. Ich fühle mich wohl so. Kann tun und lassen,<br />

was ich will und für richtig halte, und bin dabei nicht in einen Clinch<br />

eingebunden, auf Grund dessen ich Rücksichten nehmen müsste. Mann und<br />

Frau <strong>sind</strong> dazu eingerichtet, dass sie miteinander ficken können und Lust daran<br />

haben. Alles andere darüber hinaus ist Tradition und Dichtung. So etwas wie<br />

Liebe schafft nur Abhängigkeiten. Ich will das nicht, unabhängig da<strong>von</strong> weiß ich<br />

gar nicht, was das ist.“ erklärte sich Delphine. <strong>Lenny</strong> betrachtete Delphine nur<br />

skeptisch. Später sagte sie einmal: „Ich empfinde mich so frei und selbstsicher<br />

und stark, wie ich es nie war. Du brauchst es mir nicht zu erklären, <strong>Lenny</strong>. Es<br />

gibt nur einen Grund. Den kenne ich, und du kennst ihn auch.“<br />

<strong>Lenny</strong>, <strong>einer</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>die</strong>sen</strong> Männern,<br />

<strong>die</strong> <strong>ganz</strong> <strong>nett</strong> sein können? – Seite 22 <strong>von</strong> 22

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