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zyklischen Kreislauf nicht entrinnen. Baumeister interpretiert den <br />

Helden Gilgamesch trotzdem als siegreich (Blatt LXIV – Abb. 8). In<br />

der vorgenannten Illustration liegt der Sterbende am Boden, jedoch ein sternenförmiges<br />

Sonnenzeichen überstrahlt die desolat daliegenden Reste seines<br />

Körpers. Man erkennt neben ihm die Urpflanze Goethes, die als Fotocollage in<br />

eine Säulenform eingefügt wurde. Über dem Körper Gilgameschs schwebt das<br />

Fragment einer Keilschrifttafel. Diese wurde als collagierte Fotografie<br />

hinzugefügt. Sowohl das Sonnensymbol als auch die collagierten Elemente<br />

stehen für Weiterleben und Überdauern. Die Schriftzeichen und der Mauerbau<br />

von Uruk lassen Gilgamesch weiterleben.<br />

Die Urpflanze Goethes verkörpert für Baumeister das Elementarzeichen, den<br />

Ideal- und Archetyp. Baumeister setzt die Urpflanze parallel zur Keilschrift<br />

und kennzeichnet diese als Zeichensprache. Für Goethe und Baumeister ist die<br />

Urpflanze ein Symbol das weltschöpferische Wirken des Künstlers und das<br />

Prozessuale als Grundprinzip des Lebens. 1787 schreibt Goethe an Herder:<br />

„Den Hauptpunkt, wo der Keim steckt, habe ich ganz klar und zweifellos<br />

gefunden. Die Urpflanze wird das wunderlichste Geschöpf von der Welt, um<br />

welches mich die Natur selbst beneiden soll. Mit diesem Modell und dem<br />

Schlüssel dazu kann man alsdann noch Pflanzen ins Unendliche erfinden, die<br />

konsequent sein müssen, das heißt, die, wenn sie auch nicht existieren, doch<br />

existieren könnten und nicht etwa malerische und dichterische Schatten und<br />

Scheine sind, sondern eine innerliche Wahrheit und Notwendigkeit haben.“ 10<br />

Ein weiteres immer wiederkehrendes Motiv der Illustrationen Baumeisters ist<br />

der beschwörende Handgestus. Diesen Gestus der Hände kann man bei den<br />

überlieferten Tänzen der Naturvölker wieder finden. Bei Baumeisters Illustrationen<br />

spielt jeder einzelne Finger eine Rolle. Dies ist wesenhaft für den magischen<br />

Ritus. Durch die beschwörende Gebärde stellt der Frühmensch den An-<br />

_______________________________<br />

10. Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise, München 1981, S. 324<br />

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