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Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

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zung mit Eduard von Hartmann im dritten Kapitel <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> spricht da<br />

eine unmissverständliche Sprache.<br />

Kapitel 6b<br />

Psychologische Orientierung in <strong>der</strong> Erkenntnistheorie Johannes Volkelts<br />

Greifen wir noch einmal <strong>Steiners</strong> Gedankengang aus <strong>der</strong> Schrift Wahrheit <strong>und</strong> Wissenschaft<br />

auf, wonach das Hervorbringen von Gedanken unmittelbar gegeben sein muss. Er sagt dort<br />

(S.59 f ): "Wir wollen nun an unsere For<strong>der</strong>ung näher herantreten. Wo finden wir irgend etwas<br />

in dem Weltbilde das nicht bloß ein Gegebenes, son<strong>der</strong>n das nur insofern gegeben ist, als es<br />

zugleich ein im Erkenntnisakte Hervorgebrachtes ist ?<br />

Wir müssen uns vollständig klar darüber sein, daß wir dieses Hervorbringen in aller Unmittelbarkeit<br />

wie<strong>der</strong> gegeben haben müssen. Es dürfen nicht etwa Schlußfolgerungen nötig sein,<br />

um dasselbe zu erkennen. Daraus geht schon hervor, daß die Sinnesqualitäten nicht unserer<br />

For<strong>der</strong>ung genügen. Denn von dem Umstande, daß diese nicht ohne unsere Tätigkeit entstehen,<br />

wissen wir nicht unmittelbar son<strong>der</strong>n nur durch physikalische <strong>und</strong> physiologische Erwägungen.<br />

Wohl aber wissen wir unmittelbar, daß Begriffe <strong>und</strong> Ideen immer erst im Erkenntnisakt<br />

<strong>und</strong> durch diesen in die Sphäre des Unmittelbar-Gegebenen eintreten. Daher täuscht sich<br />

auch kein Mensch über diesen Charakter <strong>der</strong> Begriffe <strong>und</strong> Ideen. Man kann eine Halluzination<br />

wohl für ein von außen Gegebenes halten, aber man wird niemals von seinen Begriffen glauben,<br />

daß sie ohne eigene Denkarbeit uns gegeben werden. Ein Wahnsinniger hält nur Dinge<br />

<strong>und</strong> Verhältnisse, die mit Prädikaten <strong>der</strong> «Wirklichkeit» ausgestattet sind, für real, obgleich sie<br />

es faktisch nicht sind; nie aber wird er von seinen Begriffen <strong>und</strong> Ideen sagen, daß sie ohne eigene<br />

Tätigkeit in die Welt des Gegebenen eintreten. Alles an<strong>der</strong>e in unserem Weltbilde trägt<br />

eben einen solchen Charakter, daß es gegeben werden muß, wenn wir es erleben wollen, nur<br />

bei Begriffen <strong>und</strong> Ideen tritt noch das Umgekehrte ein: wir müssen sie hervorbringen, wenn<br />

wir sie erleben wollen."<br />

Man kann sich beson<strong>der</strong>s gut an diesem Beispiel das Verhältnis zwischen Psychologie <strong>und</strong> Erkenntnistheorie<br />

vor Augen halten. Und wenn man Steiner etwas näher kennt auch noch das<br />

Verhältnis <strong>der</strong> übersinnlichen Wahrnehmung zu diesen beiden Disziplinen. Denn Steiner verknüpft<br />

das Hervorbringen <strong>der</strong> Begriffe <strong>und</strong> Ideen unmittelbar danach mit dem Ausdruck <strong>der</strong><br />

intellektuellen Anschauung, einem zeittypischen Ausdruck für übersinnliche Wahrnehmung.<br />

Er tut das freilich ohne auf begriffsgeschichtliche Einzelheiten näher einzugehen. Deswegen<br />

scheint es mir an dieser Stelle müssig, das hier in Details klären zu wollen. Es genügt hier <strong>der</strong><br />

Hinweis, dass für Steiner rein technisch gesehen das Hervorbringen von Begriffen <strong>und</strong> Ideen<br />

eine erste <strong>und</strong> elementare Form <strong>der</strong> übersinnlichen Wahrnehmung ist. Ich habe das in an<strong>der</strong>en<br />

meiner Arbeiten etwas näher ausgeführt <strong>und</strong> darf den Leser deswegen darauf verweisen.<br />

Mir geht es an dieser Stelle zunächst um etwas an<strong>der</strong>es. Einmal beschreibt Steiner hier in<br />

Wahrheit <strong>und</strong> Wissenschaft eindeutig einen psychologischen Sachverhalt. Denn das Hervorbringen<br />

ist, wie wir auch von Dilthey erfahren können, ein psychologisches Faktum. Zugleich<br />

aber ist es aus <strong>der</strong> Sicht bei<strong>der</strong> (<strong>Steiners</strong> <strong>und</strong> Diltheys) auch ein erkenntnistheoretisches Faktum.<br />

Denn das Hervorbringen von Begriffen ist essentieller Bestandteil von Erkenntnisprozessen.<br />

Deswegen sagte ich oben auch, dass Erkenntnistheorie für Steiner von Psychologie nicht<br />

zu trennen ist, wie das auch bei Dilthey <strong>der</strong> Fall war. Für Steiner kommt noch hinzu - dafür<br />

findet sich bei Dilthey meines Wissens keine Parallele - dass in diesen Erkenntnisprozess auch<br />

noch ein übersinnliches Element eingebettet ist. So dass wir bei Steiner alle drei Wissenschaftsdiziplinen,<br />

wenn man so will, bei <strong>der</strong> Untersuchung von Erkenntnisprozessen versammelt<br />

finden: Psychologie, <strong>Philosophie</strong> <strong>und</strong> die Wissenschaft vom Übersinnlichen, die für Stei­

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