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Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

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83<br />

Wer den von Dilthey umfänglich herausgestellten Unterschied <strong>der</strong> psychologischen Verfahrensweisen<br />

nach Erklärung <strong>und</strong> Beschreibung nicht zu würdigen weiss wie Hartmut Traub,<br />

<strong>der</strong> wird we<strong>der</strong> Hartmanns Einwände, noch <strong>Steiners</strong> Gegenargumente, noch überhaupt irgend<br />

etwas von <strong>Steiners</strong> empirischer Vorgehensweise wissenschaftlich angemessen einordnen können.<br />

Bezeichnen<strong>der</strong>weise ist nun gerade in Traubs Schrift, worauf wir schon aufmerksam gemacht<br />

haben, trotz aller wie<strong>der</strong>holten <strong>und</strong> teilweise ausgedehnteren Hinweise auf Dilthey <strong>und</strong><br />

dessen mögliche Rezeption durch Steiner, über Diltheys gr<strong>und</strong>legende Unterscheidung <strong>und</strong><br />

Bewertung von erklären<strong>der</strong> <strong>und</strong> beschreiben<strong>der</strong> Psychologie kein einziges erhellendes <strong>und</strong><br />

heuristisch verwertbares Wort zu finden. So wenig wie über dessen psychologisch orientierte<br />

Auffassung <strong>zur</strong> Erkenntnistheorie, für die es bei Steiner ebenfalls die entsprechende Parallele<br />

gibt. 112 Und infolgedessen trägt, wie oben schon bemerkt, Traub zum empirischen Verständnis<br />

<strong>Steiners</strong> so gut wie nichts bei, da die für Steiner entscheidenden erkenntnispsychologischen<br />

Kategorien <strong>und</strong> Problemkreise gar nicht erst in Traubs Interessenhorizont geraten sind.<br />

Ich kann hier zu Dilthey nur einige punktuelle Hinweise geben, <strong>und</strong> ein ausführliches Studium<br />

<strong>der</strong> umfangreichen Diltheyschen Abhandlung damit nicht ersetzen. Allerdings kann ich<br />

dem Leser garantieren, dass er durch ein <strong>der</strong>artiges Studium ein wirklich erspriessliches Hilfsmittel<br />

in die Hand bekommt, <strong>Steiners</strong> methodische Vorgehensweise unter wissenschaftsystematischen<br />

Gesichtspunkten nachzuvollziehen. Das gilt vor allem für Leser, die sich mit dem<br />

Gedanken einer längeren wissenschaftlichen Arbeit tragen.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des bislang zum Thema erklärende <strong>und</strong> beschreibende Psychologie Ausgeführten<br />

versteht es sich von selbst, dass erkenntnistheoretische Beschreibungen, die mit<br />

dem Anspruch <strong>der</strong> Gewissheit versehen sind, nur auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> beschreibenden Psychologie<br />

zu gewinnen sind. Entsprechend siedelt auch Dilthey, - bei Johannes Volkelt verhält sich<br />

das ähnlich, <strong>und</strong> wir haben auch das oben schon angedeutet -, jede erkenntnistheoretische<br />

Gr<strong>und</strong>lage auf dieser Ebene <strong>der</strong> beschreibenden Psychologie an, wie er es auf S. 1321 f formuliert:<br />

"Der seelische Zusammenhang bildet den Untergr<strong>und</strong> des Erkenntnissprocesses, <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Erkenntnissprocess kann sonach nur in diesem seelischen Zusammenhang studirt <strong>und</strong><br />

nach seinem Vermögen bestimmt werden. Nun sahen wir aber darin schon den methodischen<br />

Vorzug <strong>der</strong> Psychologie, dass ihr unmittelbar, lebendig, als erlebte Realität <strong>der</strong> seelische Zusammenhang<br />

gegeben ist. Das Erlebniss desselben liegt allem Auffassen <strong>der</strong> geistigen. geschichtlichen<br />

<strong>und</strong> gesellschaftlichen Thatsachen zu Gr<strong>und</strong>e. Min<strong>der</strong> o<strong>der</strong> mehr aufgeklärt,<br />

zerglie<strong>der</strong>t, erforscht. Die Geschichte <strong>der</strong> Wissenschaften des Geistes hat eben diesen erlebten<br />

Zusammenhang zu ihrer Gr<strong>und</strong>lage, <strong>und</strong> sie erhebt ihn schrittweise zu klarerem Bewusstsein.<br />

Von hier aus kann nun auch das Problem des Verhältnisses <strong>der</strong> Erkenntnisstheorie <strong>zur</strong><br />

Psychologie aufgelöst werden. In dem lebendigen Bewusstsein <strong>und</strong> <strong>der</strong> allgemeingültigen Beschreibung<br />

dieses seelischen Zusammenhangs ist die Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Erkenntnisstheorie enthalten.<br />

Einer vollendeten, durchgeführten Psychologie bedarf die Erkenntnisstheorie nicht,<br />

aber alle durchgeführte Psychologie ist doch nur die wissenschaftliche Vollendung dessen,<br />

was auch den Untergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Erkenntnisstheorie bildet. Erkenntnisstheorie ist Psychologie in<br />

Bewegung, <strong>und</strong> zwar sich nach einem bestimmten Ziele bewegend. In <strong>der</strong> Selbstbesinnung,<br />

welche den ganzen unverstümmelten Bef<strong>und</strong> seelischen Lebens umfasst, hat sie ihre Gr<strong>und</strong>lage:<br />

Allgemeingültigkeit, Wahrheit, Wirklichkeit werden von diesem Bef<strong>und</strong> aus erst nach ihrem<br />

Sinn bestimmt." Es dürfte nicht allzu schwer fallen <strong>Steiners</strong> eigene erkenntnistheoretische<br />

Vorgehensweise in solchen Sätzen wie<strong>der</strong>zufinden. Gerade <strong>Steiners</strong> kurze Auseinan<strong>der</strong>set­<br />

112<br />

We<strong>der</strong> Traubs seitenlange Ausführungen zu Dilthey nehmen darauf Bezug, noch enthält sein Sachregister irgend<br />

einen Hinweis auf Diltheys Unterscheidung zwischen erklären<strong>der</strong> <strong>und</strong> beschreiben<strong>der</strong> Psychologie. Was<br />

nicht überraschen kann, da Traub für die psychologische Dimension <strong>der</strong> <strong>Steiners</strong>chen Erkenntniswissenschaft<br />

kaum eine Wahrnehmung hat, so dass er sie im zeitgenössischen Kontext <strong>der</strong> psychologisch orientierten Erkenntnistheorien<br />

angemessen verorten könnte.

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