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Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

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78<br />

Aber erst einmal <strong>zur</strong>ück zu Wilhelm Dilthey: Was Dilthey vor allem bemängelt <strong>und</strong> auf annähernd<br />

einh<strong>und</strong>ert hochkarätigen Seiten seiner Abhandlung minutiös erläutert, ist die gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

wissenschaftliche Unfruchtbarkeit eines erklärenden, psychologisch-konstruktiven<br />

Ansatzes, <strong>der</strong> in naiver Nachahmung <strong>der</strong> Naturwissenschaften aus dem Bereich <strong>der</strong> Hypothesenbildung<br />

niemals hinaus, <strong>und</strong> zu sicheren Erkenntnissen des Seelenlebens zu gelangen vermag.<br />

Und darüber hinaus (siehe etwa S. 1335 f) evidente Tatsachen des Seelenlebens wie Willensvorgänge<br />

schlichtweg ignoriert. (Ein Punkt, den auch Külpe in seinem Artikel sehr kritisch<br />

aufgreift, <strong>und</strong> auf den Steiner im Psychologiekapitel <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>linien ... ein Hauptaugenmerk<br />

richtet.) Willensvorgänge werden stattdessen, so Dilthey, zugunsten einer physiologischen<br />

Hypothesenbildung wegerklärt, für die es in Diltheys Augen keinerlei Belege <strong>und</strong> sachliche<br />

Begründungen gibt. Ein Vorgang, <strong>der</strong> für Dilthey (S. 1336) einer Bankrotterklärung <strong>der</strong><br />

Psychologie gleichkommt.<br />

Dieser erklärenden Psychologie stellt Dilthey in seiner Abhandlung die beschreibende o<strong>der</strong><br />

zerglie<strong>der</strong>nde gegenüber, von <strong>der</strong> allein er sich fruchtbare <strong>und</strong> sichere Resultate verspricht.<br />

"Die Vertreter <strong>der</strong> erklärenden Psychologie", so Dilthey S. 1313, "pflegen nun <strong>zur</strong> Begründung<br />

einer so umfassenden Anwendung von Hypothesen sich auf die Naturwissenschaften zu<br />

berufen. Aber gleich hier am Beginn unserer Untersuchungen stellen wir den Anspruch <strong>der</strong><br />

Geisteswissenschaften fest, ihre Methoden ihrem Object entsprechend selbständig zu bestimmen.<br />

Die Geisteswissenschaften müssen von den allgemeinsten Begriffen <strong>der</strong> generellen Methodenlehre<br />

aus durch das Probiren an ihren beson<strong>der</strong>en Objecten zu bestimmteren Verfahrungsweisen<br />

<strong>und</strong> Principien innerhalb ihres Gebietes gelangen, wie es die Naturwissenschaften<br />

eben auch gethan haben. Nicht dadurch erweisen wir uns als ächte Schüler <strong>der</strong> grossen naturwissenschaftlichen<br />

Denker, dass wir die von ihnen erf<strong>und</strong>enen Methoden auf unser Gebiet<br />

übertragen, son<strong>der</strong>n dadurch, dass unser Erkennen sich <strong>der</strong> Natur unserer Ojecte anschmiegt<br />

<strong>und</strong> wir uns so zu diesem ganz so verhalten, wie sie zu dem ihrigen."<br />

Beachten Sie bitte, dass Diltheys Ausdruck Geisteswissenschaft nicht deckungsgleich ist mit<br />

demjenigen <strong>Steiners</strong>. 108 Die anthroposophische Geisteswissenschaft <strong>Steiners</strong> bewegt sich auf<br />

einem Felde, das weitgehend ausserhalb von Diltheys Abhandlung lag. Wovon Dilthey aber<br />

spricht, ist jener Teil (Psychologie <strong>und</strong> Erkenntniswissenschaft) <strong>der</strong> von Dilthey gemeinten<br />

Geisteswissenschaft, <strong>der</strong> sich notwendigerweise mit <strong>der</strong> anthroposophischen berührt, <strong>und</strong> den<br />

sie mit <strong>der</strong> Anthroposophie zwangsläufig auch teilt. Und aus dem heraus sich die letztere für<br />

den, <strong>der</strong> die Verhältnisse näher kennt, in konsistenter <strong>und</strong> nachvollziehbarer Weise entwickelt.<br />

108<br />

Steiner selbst sagt in <strong>der</strong> Schrift Die Rätsel <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong>, GA-18, Dornach 1968, zum Geistesverständnis<br />

Diltheys: "Den Inhalt einer Wissenschaft des Geistigen liefert für ihn <strong>der</strong> Anblick dessen, was die Kulturen <strong>der</strong><br />

Völker <strong>und</strong> Zeiten enthalten." (S. 572) Siehe dazu auch S. 574 f. Ferner S. 603: "Einzelne Philosophen wie Dilthey,<br />

Eucken <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e lenken die philosophische Betrachtung auf die Selbstbeobachtung <strong>der</strong> Seele hin. Was<br />

sie aber betrachten, das sind diejenigen Erlebnisse <strong>der</strong> Seele, welche die Gr<strong>und</strong>lage bilden des selbstbewußten<br />

Ich. Dadurch dringen sie nicht bis zu jenen Quellen <strong>der</strong> Welt, in denen die Erlebnisse <strong>der</strong> Seele aus <strong>der</strong> wahren<br />

Wirklichkeit hervorsprudeln. Diese Quellen können nicht dort liegen, wo die Seele mit dem gewöhnlichen Bewußtsein<br />

zunächst sich selbst beobachtend gegenübersteht. Will die Seele zu diesen Quellen kommen, so muß<br />

sie aus diesem gewöhnlichen Bewußtsein herausdringen. Sie muß etwas in sich erleben, was ihr dieses Bewußtsein<br />

nicht geben kann." Weiter S. 605 f: "Indem man so vorgeht, ergreift man in <strong>der</strong> Seele ein wirkliches Erleben,<br />

dessen eigene Wesenheit sich als eine solche offenbart, welche von den Bedingungen <strong>der</strong> leiblichen Organe<br />

unabhängig ist. Das ist ein Geistesleben, das begrifflich nicht verwechselt werden darf mit dem, was Dilthey <strong>und</strong><br />

Eucken die geistige Welt nennen. Denn diese geistige Welt wird von dem Menschen doch nur erlebt, indem er<br />

mit seinen Leibesorganen verb<strong>und</strong>en ist. Das hier gemeinte Geistesleben ist für die Seele, die an den Leib geb<strong>und</strong>en<br />

ist, nicht vorhanden."<br />

Vergleiche dazu die Ausgabe von 1918, im Internet erreichbar unter:<br />

http://archive.org/stream/diertsel<strong>der</strong>phi00steiuoft#page/210/mode/2up<br />

http://archive.org/stream/diertsel<strong>der</strong>phi00steiuoft#page/234/mode/2up<br />

http://archive.org/stream/diertsel<strong>der</strong>phi00steiuoft#page/236/mode/2up

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