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Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

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wie Steiner <strong>und</strong> Dilthey, vollständig unter den Tisch fallen lassen. Mit diesem kolossalen<br />

richtungbestimmenden Fehlstart fängt sein Buch schon gleich im sachlichen Teil ab etwa S.<br />

40 ff an. Und wer bei Traub nach einer Behandlung <strong>der</strong> erkenntnistheoretischen Psychologie<br />

Diltheys sucht, <strong>der</strong> wird ebenfalls weitgehend ins Leere greifen. Nach dem desaströsen Einstieg<br />

über <strong>Steiners</strong> Begriff des Gegebenen ab etwa S. 53 folgt dann auch <strong>der</strong> unvermeidliche<br />

Kollaps <strong>der</strong> ganzen Interpretationstrategie, weil ihm die heuristischen Visierlinien auf die<br />

Psychologie des Erkennens fehlen, die ihm <strong>der</strong> ignorierte Volkelt an die Hand hätte geben<br />

können. Und aus dieser Depression rettet ihn nicht einmal mehr die ausgestreckte Hand Wilhelm<br />

Diltheys, da er für dessen unübersehbar deutliche Fingerzeige auf die Psychologie in<br />

Bewegung ebenfalls taub <strong>und</strong> blind geworden ist, <strong>und</strong> sich, anstatt produktivere Gedankengänge<br />

zu erkennen <strong>und</strong> fortzuentwickeln, das Hirn darüber zermartert, was er diesem Steiner<br />

noch alles an philosophischen Ferkeleien an den Rock heften kann. Was für ein bodenloser<br />

<strong>und</strong> unfruchtbarer philosophischer Nonsens!<br />

Es wird allerhöchste Zeit, dass sich Hartmut Traub um eine Neuauflage seines Buches bemüht,<br />

um diese skandalösen Lücken endlich zu schliessen <strong>und</strong> etwas Substantielles zum Verständnis<br />

<strong>Steiners</strong> zu liefern. Zweifellos hat er recht, wenn er eine Verwandtschaft zwischen<br />

Dilthey <strong>und</strong> Steiner vermutet. Aber es scheint doch eher so, als ob er in dieser Frage seinen eigenen<br />

Bef<strong>und</strong>en nicht glaubt. Was W<strong>und</strong>er also, wenn ihm in seinem Buch zum Thema Anthroposophie<br />

dann so gut wie gar nichts Brauchbares mehr einfällt, da er sich schon im Vorfeld<br />

hoffnungslos verstiegen hat. Tatsache ist lei<strong>der</strong>, dass Hartmut Traub in seiner mehr als<br />

tausendseitigen, ausufernden intellektuellen Polemik, von ein paar konstruktiven Brocken abgesehen,<br />

überhaupt nichts Essentielles zum Verständnis <strong>Steiners</strong> beiträgt, da er zu den massgeblichen<br />

Fragen - <strong>und</strong> die sind nun einmal empirisch psychologischer Natur - gar nicht erst<br />

vordringt, weil er in schöner Regelmässigkeit die entsprechenden zeitgenössischen Schlüsselfel<strong>der</strong><br />

nahezu komplett ausblendet. Ein Buch hat er da folglich vorgelegt, das vollkommen ungeeignet<br />

ist, den Zusammenhang zwischen <strong>Philosophie</strong> <strong>und</strong> Anthroposophie, wie es <strong>der</strong> Titel<br />

fälschlicherweise suggeriert, in irgend einer Weise zu erhellen, die dieses Prädikat verdient<br />

<strong>und</strong> den Titel rechtfertigt.<br />

Wer mit Ausdrücken wie Psychologie aus <strong>Steiners</strong> Gr<strong>und</strong>linien ..., o<strong>der</strong> seelische Beobachtung<br />

aus <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> nichts rechtes anzufangen weiss, <strong>und</strong> das gilt nicht nur<br />

für Hartmut Traub, <strong>der</strong> braucht gar nicht erst anzutreten, um das Verhältnis zwischen <strong>Philosophie</strong><br />

<strong>und</strong> Anthroposophie akademisch zu beleuchten. Denn die anthroposophische Methode ist<br />

nichts an<strong>der</strong>es als eine beson<strong>der</strong>e Kultivierung jener seelischen Beobachtung respektive Psychologie<br />

aus <strong>Steiners</strong> Frühschriften. Und ohne den etwa durch Volkelt, Dilthey, Brentano <strong>und</strong><br />

Külpe (Würzburger Schule) exemplarisch repräsentierten zeitgenössischen psychologischen<br />

<strong>und</strong> erkenntnistheoretischen Wissenschaftskontext akademisch einfach nicht zu begreifen.<br />

Deswegen ist, was Steiner später, ausserhalb seiner philosophischen Frühschriften über die<br />

Methode seiner anthroposophischen Geistesforschung sagt, auch nur vor dem psychologischen<br />

Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Frühschriften <strong>und</strong> ihrem speziellen Wissenschaftskontext zu verstehen.<br />

Dann aber auch weitgehend problemlos, wenn man nur vorurteilslos genug ist <strong>und</strong> das psychologische<br />

Umfeld hinreichend kennt. Wer jedoch von <strong>der</strong> psychologischen Orientierung <strong>der</strong><br />

Frühschriften nichts wissen will o<strong>der</strong> kann, <strong>der</strong> bleibt in dieser Beziehung weitgehend chancenlos,<br />

<strong>und</strong> quält sich wie Hartmut Traub nur sinnlose Sätze darüber aus dem Hirn. Insofern<br />

kann man Traub letztlich nur empfehlen, einen völligen Neuanfang unter Voraussetzungen ins<br />

Auge zu fassen, welche die entscheidende Hälfte <strong>der</strong> philosophiegeschichtlichen Tatsachen<br />

nicht schlichtweg ignoriert. Ich betone dabei ausdrücklich noch einmal: das gilt nicht nur für<br />

Hartmut Traub! Denn philosophische Irrläufer wie Traub finden sich zuhauf auch unter den<br />

akademisch orientierten Anhängern <strong>Steiners</strong>. Dazu braucht man nur einen Blick in die von<br />

Traub kritisch behandelte Sachliteratur von anthroposophischer Seite zu werfen. Die bei<br />

Traub zutage tretende Betriebsblindheit <strong>und</strong> Ignoranz gegenüber psychologiegeschichtlichen<br />

Tatsachen in Sachen Steinerrezeption ist nahezu flächendeckend <strong>und</strong> allgegenwärtig. Insofern

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