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Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

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sich Diltheys These von <strong>der</strong> ursprünglichen Rätselhaftigkeit <strong>der</strong> Welt <strong>und</strong> <strong>der</strong> auf sie reagierenden<br />

mythologisch-religiösen <strong>und</strong> rational-wissenschaftlichen Weltbil<strong>der</strong> in nicht zu<br />

übersehen<strong>der</strong> Weise bei Steiner bemerkbar."<br />

An <strong>der</strong> These vom Einfluss Diltheys auf Steiner ist ja sicherlich etwas dran, wie wir mehr ­<br />

fach schon bemerkt haben. Umso erstaunlicher ist es, wie sehr Hartmut Traub sich in lauter<br />

Nebensächlichkeiten verbeisst, mit eindrucksvoller Intinktsicherheit am Wesentlichen vorbei<br />

zielt, <strong>und</strong> den entscheidenden Aspekt dieses möglichen Einflusses gar nicht erst in seine<br />

Dilthey betreffenden Überlegungen einbezieht. Und <strong>der</strong> besteht in dem von Dilthey behaupteten<br />

psychologischen Charakter <strong>der</strong> Erkenntnistheorie. Traub sieht dies augenfällig<br />

nicht, obwohl Dilthey in <strong>der</strong> Literaturliste zu Wahrheit <strong>und</strong> Wissenschaft (S. 17) gleich<br />

zweimal - was Traub auf S. 149 in Anmerkung 70 seiner Schrift durchaus registriert - von<br />

Steiner genannt wird. Einmal mit seiner Abhandlung Beiträge <strong>zur</strong> Lösung <strong>der</strong> Frage vom<br />

Ursprung unseres Glaubens an die Realität <strong>der</strong> Außenwelt <strong>und</strong> seinem Recht; (Sitzungsberichte<br />

<strong>der</strong> Kgl. Preuß. Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften zu Berlin, Berlin 1890, S. 977 ff). Und<br />

ein zweites mal mit seiner Einleitung in die Geisteswissenschaften, Bd. 1, Leipzig 1883.<br />

Speziell betont Steiner dabei die "einleitenden Kapitel, welche das Verhältnis <strong>der</strong><br />

Erkenntnistheorie zu den übrigen Wissenschaften behandeln." Und in denen steht im Kern<br />

schon zu lesen, was Dilthey dann 1894 in den Sitzungsberichten <strong>der</strong> königl. preuss. Akademie<br />

<strong>der</strong> Wissenschaften in den Ideen über eine beschreibende <strong>und</strong> zerglie<strong>der</strong>nde Psychologie auf<br />

S. 1321 erläutert:<br />

"Der seelische Zusammenhang bildet den Untergr<strong>und</strong> des Erkenntnissprocesses, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Erkenntnissproeess<br />

kann sonach nur in diesem seelischen Zusammenhang studirt <strong>und</strong> nach seinem<br />

Vermögen bestimmt werden. Nun sahen wir aber darin schon den methodischen Vorzug<br />

<strong>der</strong> Psychologie, dass ihr unmittelbar, lebendig, als erlebte Realität <strong>der</strong> seelische Zusammenhang<br />

gegeben ist. Das Erlebniss desselben liegt allem Auffassen <strong>der</strong> geistigen. geschichtlichen<br />

<strong>und</strong> gesellschaftlichen Thatsachen zu Gr<strong>und</strong>e. Min<strong>der</strong> o<strong>der</strong> mehr aufgeklärt, zerglie<strong>der</strong>t, erforscht.<br />

Die Geschichte <strong>der</strong> Wissenschaften des Geistes hat eben diesen erlebten Zusammenhang<br />

zu ihrer Gr<strong>und</strong>lage, <strong>und</strong> sie erhebt ihn schrittweise zu klarerem Bewusstsein. Von hier<br />

aus kann nun auch das Problem des Verhältnisses <strong>der</strong> Erkenntnisstheorie <strong>zur</strong> Psychologie aufgelöst<br />

werden. In dem lebendigen Bewusstsein <strong>und</strong> <strong>der</strong> allgemeingültigen Beschreibung dieses<br />

seelischen Zusammenhangs ist die Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Erkenntnisstheorie enthalten. Einer<br />

vollendeten, durchgeführten Psychologie bedarf die Erkenntnisstheorie nicht, aber alle durchgeführte<br />

Psychologie ist doch nur die wissenschaftliche Vollendung dessen, was auch den Untergr<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Erkenntnisstheorie bildet. Erkenntnisstheorie ist Psychologie in Bewegung, <strong>und</strong><br />

zwar sich nach einem bestimmten Ziele bewegend. In <strong>der</strong> Selbstbesinnung, welche den ganzen<br />

unverstümmelten Bef<strong>und</strong> seelischen Lebens umfasst, hat sie ihre Gr<strong>und</strong>lage: Allgemeingültigkeit,<br />

Wahrheit, Wirklichkeit werden von diesem Bef<strong>und</strong> aus erst nach ihrem Sinn bestimmt."<br />

Erkenntnisstheorie ist Psychologie in Bewegung sagt Dilthey. Für Steiner ist es seelische Beobachtung.<br />

Man könnte die Parallelen kaum prägnanter zum Ausdruck bringen als in solchen<br />

Sätzen. Man sollte sich nur vor allzu voreiliger Parallelisierung <strong>der</strong> jeweiligen Resultate hüten.<br />

Denn die psychologisch orientierte Erkenntnistheorie bewegt sich bei Steiner dann als<br />

Geistesforschung schwerpunktmässig in eine Richtung, zu <strong>der</strong> Dilthey nicht kam. Aber mit<br />

<strong>der</strong> Feststellung <strong>der</strong> gr<strong>und</strong>legenden Gemeinsamkeit ist für das Verständnis <strong>Steiners</strong> schon ausserordentlich<br />

viel gewonnen.<br />

Nur ist die Psychologie als Methode <strong>und</strong> Feld <strong>der</strong> Erkenntnistheorie kein wirkliches Thema<br />

Hartmut Traubs, sonst würde er sich an den einschlägigen Stellen mehr um <strong>Steiners</strong> psychologische<br />

Zeitgenossen bemühen. Von einer eingehenden Behandlung <strong>der</strong> Psychologie <strong>der</strong> Steinerzeit<br />

ist in seinem Buch indessen kaum eine Spur vorhanden. Vielmehr hat er, wie wir feststellten,<br />

den von Steiner explizit als eine gr<strong>und</strong>legende Quelle genannten Erkenntnistheoretiker<br />

Johannes Volkelt, <strong>der</strong> vom selben erkenntnistheoretisch psychologischen Geist beseelt war

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