24.11.2013 Aufrufe

Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

65<br />

zwischen äusseren Tathandlungen <strong>und</strong> ihrem kausalen Verursacher, son<strong>der</strong>n, was noch viel<br />

entscheiden<strong>der</strong>, weil zentraler, auch zwischen inneren Tathandlungen wie Denkprozessen<br />

<strong>und</strong> ihrem verursachenden Element. Auch <strong>der</strong> Verursacher von Denkvorgängen bleibt für<br />

Hartmann im Unbewussten verborgen. Dass wir Gedanken selbsttätig hervorbringen, <strong>und</strong><br />

davon auch noch ein volles Bewusstsein dieses ursächlichen Verhältnisses (des Hervorbringens)<br />

haben, so wie Steiner das im dritten Kapitel <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> beurteilt, ist<br />

für Hartmann ein Ding <strong>der</strong> Unmöglichkeit. Bzw dieser Glaube, <strong>der</strong> Urheber <strong>der</strong> Erscheinung<br />

von Gedanklichem zu sein, basiert nach Hartmann auf einer Selbsttäuschung. Mit<br />

dem letzteren Punkt hat sich Steiner ja ganz explizit am Ende des dritten Kapi tels <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> in den Überarbeitungen von 1918 auseinan<strong>der</strong>gesetzt.<br />

Ich hoffe, dem Leser wird an den obigen Abschnitten neuerlich klar geworden sein, wie ungeheuer<br />

weit <strong>Steiners</strong> erkenntnistheoretische Position von je<strong>der</strong> bloss logisch formalistisch<br />

orientierten entfernt ist. Denn die zentrale Frage, die er im dritten Kapitel <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> aufwirft lautet: Ist <strong>der</strong> Vorgang des Hervorbringens von Gedanken ursächlich<br />

klar zu beurteilen, o<strong>der</strong> hat Eduard von Hartmann Recht mit seiner Behauptung, es gäbe<br />

keine zwei Bewusstseinstatsachen, zwischen denen eine unmittelbare <strong>und</strong> beobachtbare<br />

kausale Beziehung vorliegt? An<strong>der</strong>s gefragt: Bin ich es, <strong>der</strong> Gedanken <strong>zur</strong> Erscheinung<br />

bringt, o<strong>der</strong> irgend ein Unbewusstes in mir? Bin ich also bloss in <strong>der</strong> fatalen Lage die vorangehenden<br />

<strong>und</strong> die Zwischenglie<strong>der</strong> nicht beobachten zu können?<br />

Dies sind, wie Sie sehen, obwohl zunächst rein psychologische Fragen, doch solche mit gewaltigen<br />

erkenntnistheoretischen <strong>und</strong> freiheitsphilosophischen Implikationen. Man kann<br />

auch hier dem Leser nur anraten, sich diese Fragen in seinem eigenen empirischen Denkbewusstsein<br />

vorzulegen <strong>und</strong> empirisch darin zu überprüfen. Denn an<strong>der</strong>swo als im eigenen<br />

empirischen Bewusstsein sind sie überhaupt nicht zu klären.<br />

Dass Hartmut Traub Fragen dieser Art in seinem Buch in keiner ernst zu nehmenden Weise<br />

nachgeht zeigt, wie wenig er von dem verstanden hat, was man als das zentrale erkenntnis ­<br />

theoretische <strong>und</strong> psychologische Anliegen in <strong>Steiners</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> zu bezeichnen<br />

hat. Deswegen fällt ihm auch nicht von Ferne ein, dass Problemstellungen dieser Art<br />

nur auf <strong>der</strong> empirisch psychologischen Ebene zu klären <strong>und</strong> zu beurteilen sind, <strong>und</strong> nicht<br />

auf einer abstrakt philosophisch-theoretischen, die sich dieser inneren Empirie gar nicht<br />

erst aussetzt. Einer empirisch psychologischen Ebene, von <strong>der</strong> Traubs Polemik Lichtjahre<br />

entfernt zu sein scheint. Hier liegt, wie oben schon angemerkt, ein kardinaler Webfehler<br />

von Traubs gesamter Untersuchung vor. Nicht einmal mit dem Begriff <strong>der</strong> Beobachtung<br />

des Denkens weiss er irgend etwas empirisch Nennenswertes anzufangen, <strong>und</strong> versteigt<br />

sich infolgedessen auch hier zu lauter kuriosen intellektuellen Konstruktionen, die keinerlei<br />

Zusammenhang mehr erkennen lassen, zwischen <strong>Steiners</strong> Intentionen <strong>und</strong> Traubs Verständnis<br />

davon. 92<br />

Seitenlang hat sich Hartmut Traub in seinem Buch (etwa S. 148 ff) auch mit <strong>der</strong> möglichen<br />

Beziehung <strong>Steiners</strong> zu Wilhelm Dilthey auseinan<strong>der</strong>gesetzt. So schreibt er auf S. 148 f:<br />

"Für die Gr<strong>und</strong>legung von Rudolf <strong>Steiners</strong> philosophischer Weltanschauung ist Dilthey<br />

nicht nur wegen des von ihm eingeführten Begriffs <strong>der</strong> Weltanschauung, son<strong>der</strong>n auch wegen<br />

des von ihm gewählten wissenschafttheoretischen Ausgangspunkts von Bedeutung.<br />

Weniger in seiner Dissertation, dann aber prominent in <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> macht<br />

92<br />

Eine dieser abwegigen intellektuellen Konstruktionen Traubs ist seine Behauptung vom angeblichen unendlichen<br />

Regress, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Beobachtung des Denkens einsetzen müsste. Siehe dazu Traub S. 350 ff; S. 359 f. Auf<br />

so etwas kann nur verfallen, wer sich niemals dem psychologischen Versuch unterzogen hat, sein faktisches Denken<br />

auch zu beobachten. Damit demonstriert Traub nur, dass er entwe<strong>der</strong> nichts von dem verstanden hat, was<br />

Steiner sagen will, o<strong>der</strong> dass er nicht gewillt ist, <strong>Steiners</strong> Ausführungen auch empirisch nachzugehen.<br />

Einige Bemerkungen Diltheys <strong>zur</strong> Beobachtung von Denkakten können Sie hier (S. 1368) nachlesen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!