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Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

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61<br />

Bruch gäbe. Aber ich will dieses geson<strong>der</strong>te Thema hier nicht weiter vertiefen. Wenn <strong>der</strong><br />

Leser dies möchte, dann kann er dem in einigen an<strong>der</strong>en Arbeiten auf meiner Website nachgehen.<br />

Wichtiger scheint mir hier zu sein, dass die Psychologie in <strong>Steiners</strong> Augen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

den Akzent auf die geistige Tätigkeit des Menschen legt. Und damit ist natürlich gesagt,<br />

dass die <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> eben auch methodisch einen psychologischen Charakter<br />

hat - auch als geisteswissenschaftliche Gr<strong>und</strong>legungsschrift. Vielleicht weniger weil ihr Ti ­<br />

telanliegen per se auf die Tätigkeit <strong>der</strong> menschlichen Person abzielt, <strong>der</strong> eine geistige Aktivität<br />

zugr<strong>und</strong>e liegt. Son<strong>der</strong>n vor allem weil ihre Kernfrage nach dem Ursprung des Denkens,<br />

an <strong>der</strong> diese <strong>Freiheit</strong>suntersuchung explizit hängt, einerseits auf <strong>der</strong> Tätigkeit respektive<br />

inneren Aktivität des Menschen aufbaut, <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits ganz <strong>und</strong> gar in klären<strong>der</strong><br />

Absicht auf diese hinorientiert ist. Und diese Aktivität daher das zentrale Thema ihres<br />

ebenso zentralen dritten Kapitels ist. Wenn Steiner in <strong>der</strong> Neuauflage im Untertitel zu dieser<br />

Schrift von seelischen Beobachtungen spricht, dann ist das also schon aus dem <strong>Steiners</strong>chen<br />

Frühwerk wohl begründet. Auch dort, wo in dieser Schrift von speziell erkenntnis ­<br />

wissenschaftlichen Fragestellungen die Rede ist, ist <strong>Steiners</strong> Auffassung von <strong>der</strong> psychologischen<br />

Natur dieser Untersuchungen in sich stimmig, weil nach <strong>Steiners</strong> Auffassung die<br />

Methode <strong>der</strong> Erkenntniswissenschaft wie oben gezeigt, die <strong>der</strong> seelischen Beobachtung ist.<br />

Mit <strong>der</strong> Auffassung, dass eine rein formal gehaltene Erkenntnistheorie, die von dieser seeli ­<br />

schen Beobachtung keinen Gebrauch machen will, wenig sinnhaltig <strong>und</strong> unfruchtbar ist,<br />

stand Steiner keineswegs isoliert in seiner Zeit. Neben Wilhelm Dilthey 88 vetrat diese Meinung<br />

insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Erkenntnistheoretiker Johannes Volkelt, dem er nach eigenem Bek<strong>und</strong>en<br />

laut Einleitung <strong>zur</strong> Schrift Wahrheit <strong>und</strong> Wissenschaft (GA-3) für den Begriff des<br />

Gegebenen viel vedankt. Volkelt hat sich in seiner Schrift Erfahrung <strong>und</strong> Denken, auf die<br />

Steiner dort rekurriert, auch sehr darum bemüht, diesen psychologischen Charakter <strong>der</strong> Erkenntnistheorie<br />

von dem scheinbaren Wi<strong>der</strong>spruch zu befreien, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach<br />

Voraussetzungslosigkeit liegt. Denn diese For<strong>der</strong>ung kollidiert vor<strong>der</strong>gründig zunächst mit<br />

einem psychologischen Verfahren, da es für die voraussetzungslose Erkenntnistheorie ja<br />

unzulässig ist, sich auf an<strong>der</strong>e Wissenschaften zu berufen. Man muss also - <strong>und</strong> das war unter<br />

an<strong>der</strong>em Volkelts Anliegen dort - psychologisch vorgehen, ohne sich auf die Psychologie<br />

als Wissenschaft zu berufen. Einzelheiten dazu, wie er dieses Problem in <strong>der</strong> Schrift<br />

darlegt <strong>und</strong> löst, finden Sie dort auf S. 23 ff <strong>und</strong> auf auf S. 53 ff.<br />

Ein an<strong>der</strong>er Punkt, den Volkelt in seiner Schrift insbeson<strong>der</strong>e auf den Seiten 42 ff <strong>und</strong> 46 ff<br />

erläutert, ist <strong>der</strong>, dass die psychologisch operierende Erkenntniswissenschaft auch je<strong>der</strong><br />

Logik vorzuordnen ist. Weitere ausführliche Darlegungen über das Verhältnis <strong>der</strong> Erkenntnistheorie<br />

<strong>zur</strong> Logik sind Volkelts Inhaltsverzeichnis zu entnehmen.<br />

Volkelts Eigenschaft als multiple Schlüsselquelle zum Verständnis <strong>Steiners</strong> haben wir wie<strong>der</strong>holt<br />

erwähnt. Das scheint mir deswegen hier noch einmal hervorhebenswert, da Hartmut<br />

Traub sich in kompletter Unkenntnis <strong>der</strong> Verhältnisse hinsichtlich des Begriffs des Gegebenen<br />

bei Steiner, schon ab S. 84, <strong>und</strong> speziell dann auf S. 100 zu <strong>der</strong> absurden These versteigt,<br />

bei Steiner läge ein antimathematischer <strong>und</strong> antilogischer Affekt vor. Wie gesagt<br />

lässt Traub über die Hintergründe <strong>der</strong> <strong>Steiners</strong>chen Überlegungen keinerlei Sachkenntnis<br />

erkennen; denn er hat sich we<strong>der</strong> mit Johannes Volkelt, noch mit Gideon Spicker beschäftigt,<br />

auf welchen letzteren Steiner im fraglichen Kontext ebenfalls rekurriert. Und so kann<br />

man seine weitschweifenden Bemerkungen über <strong>Steiners</strong> Begriff des Gegebenen im Grossen<br />

<strong>und</strong> Ganzen nur noch als wertlose, defätistisch motivierte Propaganda bezeichnen.<br />

Ganz <strong>und</strong> gar frei von jedem sachdienlichen <strong>und</strong> sachlich notwendigen Hintergr<strong>und</strong>wissen.<br />

Frei aber auch von je<strong>der</strong> seriösen Erkenntnisabsicht, wie sie ein umfangreiches philosophi­<br />

Welt.“ (Stuttgart am 31. August 1921; GA-78, Dornach 1986, S. 50 ff)<br />

88<br />

Wilhelm Dilthey, Ideen über eine beschreibende <strong>und</strong> zerglie<strong>der</strong>nde Psychologie, in Sitzungsberichte <strong>der</strong> königl<br />

preuss. Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften, Jahrgang 1894, zweiter Halbband S. 1309 ff

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