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Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

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massgeblich wurden. Deswegen in <strong>der</strong> Schrift Von Seelenrätseln sein dringlicher Wunsch in<br />

einem psychologischen Laboratorium arbeiten zu können, um endlich die "beste Gr<strong>und</strong>lage"<br />

zu schaffen. Das wäre <strong>zur</strong> Zeit von Goethe, Kant <strong>und</strong> Fichte nur ein abstruses Anliegen gewesen,<br />

weil <strong>der</strong>gleichen damals noch gar nicht vorstellbar war.<br />

Die erste, <strong>und</strong> notwendige Bedingung je<strong>der</strong> Wissenschaft ist für Steiner im Gegensatz zu Kant<br />

die (innere) menschliche Tätigkeit. Und zwar keine abstrakt gedachte, son<strong>der</strong>n eine wirkliche,<br />

erlebbare <strong>und</strong> psychologisch in Einzelheiten aufweisbare <strong>und</strong> zu beschreibende. Die empirische<br />

Untersuchung dessen, was beim Denken im Innern wirkt, <strong>und</strong> was das Bewirkte ist. Und<br />

daran macht Steiner letzten Endes nicht nur die <strong>Freiheit</strong>sfrage, son<strong>der</strong>n speziell in <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> im dritten Kapitel die gesamte Welterklärung fest. Was, wenn man dies<br />

mit Kants For<strong>der</strong>ung an eine Wissenschaft vergleicht, eigentlich nur gelingen kann, wenn die<br />

Beobachtung des Denkens, von Wirkendem <strong>und</strong> Bewirktem, annähernd dieselbe apodiktische<br />

Gewissheit bei sich führt wie Logik <strong>und</strong> Mathematik. Genau das aber behauptet Steiner im<br />

dritten Kapitel <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>.<br />

Wer da glaubt, weil beide, Steiner <strong>und</strong> Kant ja das Denken untersuchen mit dem Ziel <strong>der</strong> Vernunfterkenntnis,<br />

<strong>und</strong> insofern verfolge Steiner auch methodisch denselben Weg wie Kant, -<br />

bei Hartmut Traub klingt das wie<strong>der</strong>holt an -, <strong>der</strong> könnte sich gründlicher kaum irren.<br />

Übrigens kann ich bei dieser Gelegenheit dem Leser nur wärmstens empfehlen, sich selbst<br />

einmal dieser Sachlage auszusetzen, <strong>und</strong> sich zu fragen, was am Denken das Wirkende <strong>und</strong><br />

was das Bewirkte ist. Und anschliessend versuchen Sie dasselbe noch einmal mit <strong>der</strong> Beobachtung<br />

des Denkens. Und suchen Sie ruhig bei dieser Gelegenheit nach ähnlichen Erscheinungen<br />

im Seelenerleben, wo Sie den Eindruck haben, hier läge Wirkendes <strong>und</strong> Bewirktes<br />

vor. Dazu werden Sie nämlich bei ersterem reichlich Anlass <strong>und</strong> Möglichkeiten haben. Es<br />

kann Ihnen das Verständnis unserer Abhandlung nur erleichtern. Sollten Sie mit dem Beobachten<br />

Schwierigkeiten haben, dann schauen Sie einmal in die Arbeit von Merijn Fagard<br />

Praktische Einführung in die Beobachtung des Denkens auf dieser Website. Da erhalten Sie<br />

sehr brauchbare Hilfestellungen zum Beobachtungsverfahren.<br />

k) Der Zipfel des Weltgeschehens.<br />

In den Gr<strong>und</strong>linien einer Erkenntnistheorie <strong>der</strong> Goetheschen Weltanschauung von 1886<br />

schreibt Rudolf Steiner im Kapitel 18. Psychologisches Erkennen auf S. 79: "Die erste Wissenschaft,<br />

in <strong>der</strong> es <strong>der</strong> Geist mit sich selbst zu tun hat, ist die Psychologie. Der Geist steht<br />

sich betrachtend selbst gegenüber." Weiter führt er dann auf S. 81 f aus: "Man ersieht aus<br />

alledem, daß man eine wahrhafte Psychologie nur gewinnen kann, wenn man auf die Beschaffenheit<br />

des Geistes als eines Tätigen eingeht. Man hat in unserer Zeit an die Stelle<br />

dieser Methode eine an<strong>der</strong>e setzen wollen, welche die Erscheinungen, in denen sich <strong>der</strong><br />

Geist darlebt, nicht diesen selbst, zum Gegenstande <strong>der</strong> Psychologie macht. Man glaubt die<br />

einzelnen Äußerungen desselben ebenso in einen äußerlichen Zusammenhang bringen zu<br />

können, wie das bei den unorganischen Naturtatsachen geschieht. So will man eine «See ­<br />

lenlehre ohne Seele» begründen. Aus unseren Betrachtungen ergibt sich, daß man bei dieser<br />

Methode gerade das aus dem Auge verliert, auf das es ankommt. Man sollte den Geist<br />

von seinen Äußerungen loslösen <strong>und</strong> auf ihn als den Produzenten <strong>der</strong>selben <strong>zur</strong>ückgehen.<br />

Man beschränkt sich auf die ersteren <strong>und</strong> vergißt den letzteren. Man hat sich eben auch hier<br />

zu jenem falschen Standpunkt verleiten lassen, <strong>der</strong> die Methoden <strong>der</strong> Mechanik, Physik<br />

usw. auf alle Wissenschaften anwenden will."<br />

Steiner nennt hier keine Namen, aber <strong>der</strong> Ausdruck "Seelenlehre ohne Seele" verweist klar<br />

auf zwei bedeutende Grössen seiner Zeit: Auf Friedrich Albert Lange, den Urheber dieses

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