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Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

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50<br />

Kausalität jedenfalls, <strong>und</strong> das ist Diltheys philosophische Botschaft, ist keine alleinige Sache<br />

von blosser Vernunft, son<strong>der</strong>n nur mit Verständnis zu fassen wenn man einen Blick hineinwirft<br />

in das vielgestaltige menschliche Seelenleben.<br />

Es gilt hierbei ins Auge zu fassen, welche bedeutende Rolle <strong>der</strong> Kausalitätsbegriff in Kants<br />

kritischen Untersuchungen spielte. Und dass Kant darin wie<strong>der</strong>um einen wesentlichen Impuls<br />

erhalten hatte durch David Humes Kritik am Kausalitätsverständnis seiner Zeit, wie Kant in<br />

<strong>der</strong> Vorrede zu seinen Prolegomena 74 freimütig bekennt: "Ich gestehe frei, die Erinnerung<br />

des David Hume war eben dasjenige, was mir vor vielen Jahren zuerst den dogmatischen<br />

Schlummer unterbrach, <strong>und</strong> meinen Untersuchungen im Felde <strong>der</strong> spekulativen <strong>Philosophie</strong><br />

eine ganz an<strong>der</strong>e Richtung gab." Was sich für Hume vielleicht noch eher als Spezialproblem<br />

(unter an<strong>der</strong>em <strong>der</strong> Naturwissenschaft) darstellte, die kausale Erklärung von materiellen Naturerscheinungen,<br />

das versuchte Kant in seiner Vernunftkritik auf eine allgemeinere Ebene zu<br />

heben, wie er in <strong>der</strong> Vorrede <strong>der</strong> Prolegomena schreibt. Aus dem Erklärungsproblem kausaler<br />

Naturtatsachen - Humes Problem, wie Kant dort auch sagt - wurde ein erweitertes, wie Kant<br />

eine Seite weiter (S. 119/ Kirchmann S. 7) hervorhebt: "Ich versuchte also zuerst, ob sich<br />

nicht Humes Einwurf [gegen die kausale Naturerklärung, MM] allgemein vorstellen ließe,<br />

<strong>und</strong> fand bald: daß <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Verknüpfung von Ursache <strong>und</strong> Wirkung bei weitem nicht<br />

<strong>der</strong> einzige sei, durch den <strong>der</strong> Verstand a priori sich Verknüpfungen <strong>der</strong> Dinge denkt, vielmehr,<br />

daß Metaphysik ganz <strong>und</strong> gar daraus bestehe." Das heisst, aus Humes (naturwissenschaftlichem)<br />

Spezialproblem, mit welchem Recht wir überhaupt kausale Verknüpfungen <strong>der</strong><br />

Naturtatsachen unterstellen, denn die Kausalitätsbeziehung von a auf b ist nur ein Gedankenschluss<br />

auf etwas, was selbst nicht sichtbar o<strong>der</strong> wahrnehmbar ist, wird für Kant eine exemplarisches<br />

Problem <strong>der</strong> metaphysischen Denkschlüsse überhaupt. Und damit das Thema <strong>der</strong><br />

Kritik <strong>der</strong> reinen Vernunft, wie er betont. 75<br />

Nun ist es eben so, dass Humes Problem sich auf äussere Naturtatsachen bezieht. Die Frage,<br />

ob Ursache <strong>und</strong> Wirkung nur ein mögliches Thema <strong>der</strong> äusseren Naturgegenstände sind, wird<br />

bei Hume <strong>und</strong> auch bei Kant nicht hinreichend gestellt. Ich hoffe, <strong>der</strong> Leser wird bemerken,<br />

was sich in dieser Hinsicht bei Dilthey gewandelt hat. Für Dilthey ist die Frage, ob wir auf<br />

äussere Naturtatsachen den Begriff <strong>der</strong> Verursachung anwenden können, eher ein sek<strong>und</strong>äres<br />

Problem. Die primäre Frage lautet bei ihm: Ist <strong>der</strong> ursächliche Zusammenhang stets <strong>und</strong> immer<br />

unsichtbar <strong>und</strong> ausschliesslich ein metaphysischer Vernunftschluss? Gilt sein scheinbarer<br />

Charakter als erfahrungsfreier metaphysischer Vernunftschluss für alles <strong>und</strong> jedes, was innerhalb<br />

unserer Erfahrung gegeben ist. O<strong>der</strong> gibt es dort nicht auch Ereignisse o<strong>der</strong> Vorkommnisse,<br />

bei denen <strong>der</strong> ursächliche Zusammenhang unmittelbar erlebbar ist, <strong>und</strong> nicht nur metaphysisch<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>weitig erschlossen wird? - etwa aus reiner Einbildung, Gewohnheit <strong>und</strong><br />

Aberglauben, wie Hume in seinen Untersuchungen über den menschlichen Verstand unter an<strong>der</strong>em<br />

sagt. Und das ist laut Dilthey eben im Seelenleben des Menschen anlässlich <strong>der</strong> Erlebnisse<br />

seines Willens <strong>der</strong> Fall. Dort existiert im Gegensatz <strong>zur</strong> äusseren Natur ein unmittelbares<br />

Kausalerlebnis. Deswegen seine Kernfrage: Wo kommt <strong>der</strong> Kausalitätsbegriff eigentlich ursprünglich<br />

her? Eine Kernfrage, die Kant so wie Dilthey nicht stellen wollte o<strong>der</strong> konnte, <strong>und</strong><br />

infolgedessen das Kausalitätsproblem einzig im Bereich apriorischer Erkenntnisbedingungen<br />

74<br />

Immanuel Kant, Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik die als Wissenschaft wird auftreten können.<br />

in: Immanuel Kant, Schriften <strong>zur</strong> Metaphysik <strong>und</strong> Logik, herausgegeben von Wilhelm Weischedel, Bd. V.,<br />

Hamburg 1982, S. 117 ff<br />

In <strong>der</strong> Kirchmannausgabe von 1882 des Felix Meiner Verlages auf S. 6 f. Im Internet erreichbar unter:<br />

http://archive.org/stream/prolegomenazuei00kantgoog#page/n21/mode/2up<br />

75<br />

Kants Verhältnis zu Hume betrachtet eingehen<strong>der</strong> Gideon Spicker in Kant Hume <strong>und</strong> Berkeley, Eine Kritik <strong>der</strong><br />

Erkenntnistheorie, Berlin 1875.<br />

Im Internet erreichbar unter:<br />

kanthume<strong>und</strong>berke00spicuoft

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