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Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

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von ihm auch nahegelegt. 63 Eine seriöse Beantwortung dieser Frage ist an dieser Stelle allerdings<br />

nicht zu leisten. Wie auch immer sich das verhalten haben mag: Für die strategische<br />

Planung einer wissenschaftlichen Bewältigung des Problems ist das zwar nicht gleichgültig,<br />

aber relativ unerheblich, weil die sich so o<strong>der</strong> so den (akademischen) Forschungsbedingungen<br />

zu fügen hat, wenn sie öffentlich Anerkennung finden will. Auch das macht Steiner unmissverständlich<br />

deutlich. 64<br />

Die Dinge sind nicht so gekommen, wie von ihm erwartet <strong>und</strong> erhofft. Die akademische Perspektive<br />

ist weggebrochen. Er musste sich damit den Bedürfnissen eines sehr an<strong>der</strong>en Publikums<br />

anbequemen. Dieses Publikum war weit weniger auf <strong>Philosophie</strong> <strong>und</strong> Wissenschaft hinorientiert.<br />

65 Was er dann als anthroposophisch-geisteswissenschaftliche Forschung im ausserakademischen<br />

Rahmen <strong>und</strong> vor an<strong>der</strong>em Publikum entwickelt hat, das hätte eigentlich innerhalb<br />

dieses Rahmens <strong>und</strong> vermutlich ganz an<strong>der</strong>s stattfinden sollen. Und es hätte zweifellos<br />

an<strong>der</strong>s ausgesehen - viel eher geeignet deutlich erkennbar an die <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> anzuschliessen.<br />

Und in weiten Teilen wohl wie eine sachliche Fortführung dessen, was er an<br />

Franz Brentano so schätzte, <strong>und</strong> worauf er in seinem Aufruf in <strong>der</strong> Schrift Von Seelenrätseln<br />

so eindringlich hinweist. (Siehe oben) Die Frage, wie sich dieses Werk <strong>zur</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Freiheit</strong> verhält o<strong>der</strong> besser: verhalten hätte, hätte eine ganz an<strong>der</strong>e Qualität, augenfälligere<br />

Konturen <strong>und</strong> zugänglichere Lösungslinien bekommen. Während heute wegen <strong>der</strong> drastisch<br />

verän<strong>der</strong>ten Verhältnisse vielfach <strong>und</strong> von allen Seiten, mit mal mehr <strong>und</strong> mal weniger sinnvollen<br />

Erklärungen darüber gebrütet wird, was beides - Anthroposophie <strong>und</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>Steiners</strong><br />

- eigentlich miteinan<strong>der</strong> zu tun haben. <strong>Steiners</strong> Versuche von 1918, in den Zusätzen <strong>zur</strong><br />

<strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> die Verbindung <strong>zur</strong> Anthroposophie deutlicher aufzuzeigen, waren<br />

ebenfalls nicht immer von Erfolg gekrönt, <strong>und</strong> scheinen oft mehr <strong>zur</strong> Verwirrung als <strong>zur</strong> Klärung<br />

beigetragen zu haben. Aber auch hier gilt allzu oft die Devise: "Wenn ein Kopf <strong>und</strong> ein<br />

Buch zusammenstossen ...". Über Hintergründiges gut informierte Leser möchten bei dieser<br />

Gelegenheit vielleicht noch darüber nachdenken, was Steiner 1894 über methodische Fragen<br />

<strong>der</strong> Geistesforschung überhaupt an die Öffentlichkeit hätte bringen können. Und wie weit das<br />

gegebenenfalls Einfluss hatte auf die Unvollständigkeit <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>. Methodische<br />

Fragen wurden bezeichnen<strong>der</strong>weise erst sehr viel später von Steiner öffentlich besprochen<br />

<strong>und</strong> eingehen<strong>der</strong> vorgestellt.<br />

63<br />

Siehe dazu <strong>Steiners</strong> öffentlichen Vortrag Anthroposophie <strong>und</strong> Dreiglie<strong>der</strong>ung, von ihrem Wesen <strong>und</strong> zu ihrer<br />

Verteidigung, Stuttgart, 25. Mai 1921, in GA-255b, Dornach 2003, S. 295 ff. Er skizziert dort auch (S. 300 ff) den<br />

Übungsweg, <strong>der</strong> vom reinen Denken direkt zu den höheren Formen des Erkennens führt, wie es auch im Sizzenhaften<br />

Ausblick am Ende <strong>der</strong> Schrift Die Rätsel <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> dargelegt ist.<br />

64<br />

Ebd, S. 298 ff<br />

65 Ein Umstand, auf den Steiner gelegentlich ganz offen in Vorträgen vor Mitglie<strong>der</strong>n hinweist. So in München<br />

am 26. August 1910, in GA-125, Dornach 1992, S. 69 ff. Dort heisst es (S. 69) unter an<strong>der</strong>em: "Wenn ich heute<br />

den Versuch machen will, mit einigen skizzenhaften Strichen auf den gegenwärtigen Stand von <strong>Philosophie</strong> <strong>und</strong><br />

Wissenschaft hinzuweisen, so liegt <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong> darin, daß im weitesten Umkreis geisteswissenschaftlicher Anschauungen<br />

nicht überall Klarheit darüber herrscht, wie man als Anthroposoph sich in ein richtiges Verhältnis zu<br />

dem setzen kann, was sonst in <strong>der</strong> Gegenwart existiert an geistigen, an wissenschaftlichen Bestrebungen. Ich<br />

habe ein paarmal in die Kurse geisteswissenschaftlicher Vorträge Philosophisches eingefügt, anknüpfend an Spezialgebiete.<br />

Ich habe im speziellen über die <strong>Philosophie</strong> Hegels <strong>und</strong> ihren Zusammenhang mit <strong>der</strong> Gegenwart gesprochen.<br />

Ich möchte heute das Thema etwas ausgedehnter nehmen <strong>und</strong> im allgemeinen über die gegenwärtige<br />

Lage von <strong>Philosophie</strong> <strong>und</strong> Wissenschaft sprechen. Da ich Ihnen das Thema angekündigt habe <strong>und</strong> die Teilnehmer<br />

an meinen Kursen schon über die Gestalt unterrichtet sind, die solche philosophischen Einstreuungen haben,<br />

so werden Sie sich nicht w<strong>und</strong>ern, wenn ich von vornherein sage, daß ich mir in bezug auf Popularität keinen beson<strong>der</strong>en<br />

Zwang auferlegen werde. Ich will mehr das Gefühl hervorrufen, wie man als streng wissenschaftlicher<br />

Mensch die Beziehungen von <strong>der</strong> Geisteswissenschaft zu an<strong>der</strong>en geistigen Bestrebungen <strong>der</strong> Gegenwart finden<br />

kann. Daß schließlich auf dem Gebiet <strong>der</strong> theosophischen Literatur nicht viel Bewußtsein davon vorhanden ist -<br />

was in einem Vortrag, wie <strong>der</strong> heutige es ist, gesagt werden muß -, das ist ja nicht zu verw<strong>und</strong>ern. In <strong>der</strong> Regel<br />

sind die theosophischen Schriftsteller nicht eigentlich Philosophen <strong>und</strong> kennen gar nicht jene Schwierigkeiten,<br />

die dem Philosophen erwachsen, wenn er mit seinem wissenschaftlichen Gr<strong>und</strong>charakter an das geisteswissenschaftliche<br />

Feld herantreten will."

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