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Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

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41<br />

Zusammenhang <strong>der</strong> Triebkräfte gleichsam zusieht. - Sind es so die bewußten Gedanken im<br />

gewöhnlichen Bewußtsein, welche den Menschen frei handeln lassen, so könnte doch dieser<br />

durch das gewöhnliche Bewußtsein von seiner <strong>Freiheit</strong> nichts wissen. Er würde nur auf das<br />

Bild sehen, das ihn bestimmt, <strong>und</strong> müßte diesem die Kraft <strong>der</strong> Ursächlichkeit zuschreiben. Er<br />

tut dies nicht, weil instinktiv im Erleben <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> die wahre Wesenheit <strong>der</strong> Seele in das gewöhnliche<br />

Bewußtsein hereinleuchtet. (Der Verfasser dieser Schrift hat die <strong>Freiheit</strong>sfrage in<br />

seinem Buche «<strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>» ausführlich aus <strong>der</strong> Beobachtung <strong>der</strong> menschlichen<br />

Seelenerlebnisse zu beleuchten gesucht.) Die Geisteswissenschaft sucht vom Gesichtspunkte<br />

des schauenden Bewußtseins in dasjenige Gebiet des wahren Seelenlebens hineinzuleuchten,<br />

aus dem heraus in das gewöhnliche Bewußtsein die instinktive Gewißheit von <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

strahlt."<br />

Der Bildcharakter des gewöhnlichen Gedankens kann erst vom schauenden Bewusstsein her<br />

klar <strong>und</strong> sicher beurteilt werden, noch nicht aus dem reinen Denkbewusstsein <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>. Notwendig dazu ist ein Vergleich des Bildes mit seiner geistigen Ausgangsform.<br />

Das heisst, <strong>der</strong> Untersucher hat zu klären, wie aus einem lebendigen geistigen Ausgangszustand<br />

ein totes, durch die Leibesorganisation gespiegeltes Bild, ein Begriff des gewöhnlichen<br />

Bewusstseins wird, <strong>der</strong> kein ursprüngliches geistiges Leben mehr in sich trägt. Und zwar soll<br />

er das nicht durch philosophisches Nachdenken logisch schlussfolgernd <strong>und</strong> spekulierend ergründen,<br />

son<strong>der</strong>n anhand emprisch erlebter seelisch-geistiger Tatsachen. Keine leichte Aufgabe,<br />

beides, geistiges Urbild <strong>und</strong> gespiegeltes Abbild in den Blick zu nehmen. Eine Bedingung<br />

dazu ist, dass <strong>der</strong> Beobachter zwecks Vergleich ein Stück weit aus seiner Leiblichkeit heraustreten<br />

kann, denn verbliebe er vollständig innerhalb <strong>der</strong>selben, so kämen bei ihm eben nur<br />

Spiegelbil<strong>der</strong> an, nicht aber das, was gespiegelt wird. Einzelheiten dazu in <strong>Steiners</strong> Schrift<br />

Vom Menschenrätsel, (GA-20, Dornach 1984, S. 156 ff); ebenso im Skizzenhaften Ausblick.<br />

An diesem Bildcharakter aber hängt die <strong>Freiheit</strong> des Menschen, weil das Bild durch sich<br />

selbst nichts bewirken kann. Es ist mausetot; das Gegenteil eines lebendigen Gedankens. Und<br />

weil das so ist, <strong>und</strong> es so tot ist <strong>und</strong> unwirksam, muss <strong>der</strong> Mensch sich selbst aktiv aufraffen<br />

<strong>und</strong> von dem Bild respektive Gedanken bestimmen lassen wollen. Das verschafft ihm die<br />

Möglichkeit <strong>zur</strong> <strong>Freiheit</strong>. "Was bloß Bild ist, kann durch sich selbst nichts bewirken. Wenn<br />

durch ein Bild etwas bewirkt wird, so muß dies durch ein Wesen geschehen, das sich durch<br />

das Bild bestimmen läßt." Auf die Leblosigkeit des Bildes gründet sich die menschliche <strong>Freiheit</strong><br />

<strong>und</strong> das menschliche Selbstbewusstsein. Von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite gesehen: Ausserhalb <strong>der</strong><br />

Leiblichkeit, in <strong>der</strong> geistigen Wirklichkeit, ist keine <strong>Freiheit</strong> <strong>und</strong> kein Selbstbewusstsein zu<br />

gewinnen, denn dort existieren keine <strong>der</strong>artigen Spiegelbil<strong>der</strong>. 62<br />

62<br />

Siehe dazu <strong>Steiners</strong> Schrift Von Seelenrätseln, GA-21, Dornach 1976 S. 140 f: "Die abstrakte Vorstellung ist<br />

das <strong>zur</strong> Vergegenwärtigung im gewöhnlichen Bewußtsein erstorbene Wirkliche, in dem <strong>der</strong> Mensch zwar lebt bei<br />

<strong>der</strong> Sinneswahrnehmung, das aber in seinem Leben nicht bewußt wird. Die Abstraktheit von Vorstellungen wird<br />

bewirkt durch eine innere Notwendigkeit <strong>der</strong> Seele. Die Wirklichkeit gibt dem Menschen ein Lebendiges. Er ertötet<br />

von diesem Lebendigen denjenigen Teil, <strong>der</strong> in sein gewöhnliches Bewußtsein fällt. Er vollbringt dieses,<br />

weil er an <strong>der</strong> Außenwelt nicht zum Selbstbewußtsein kommen könnte, wenn er den entsprechenden Zusammenhang<br />

mit dieser Außenwelt in seiner vollen Lebendigkeit erfahren müßte. []Ohne die Ablähmung dieser vollen<br />

Lebendigkeit müßte sich <strong>der</strong> Mensch als Glied innerhalb einer über seine menschlichen Grenzen hinausreichenden<br />

Einheit erkennen; er würde Organ eines größeren Organismus sein. Die Art, wie <strong>der</strong> Mensch seinen Erkenntnisvorgang<br />

nach innen in die Abstraktheit <strong>der</strong> Begriffe auslaufen läßt, ist nicht bedingt durch ein außer ihm liegendes<br />

Wirkliches, son<strong>der</strong>n durch die Entwickelungsbedingungen seines eigenen Wesens, welche erfor<strong>der</strong>n, daß<br />

er im Wahrnehmungsprozeß den lebendigen Zusammenhang mit <strong>der</strong> Außenwelt abdämpft zu diesen abstrakten<br />

Begriffen, welche die Gr<strong>und</strong>lage bilden, auf <strong>der</strong> das Selbstbewußtsein erwächst. Daß dieses so ist, das zeigt sich<br />

<strong>der</strong> Seele nach <strong>der</strong> Entwickelung ihrer Geistorgane. Durch diese wird <strong>der</strong> lebendige Zusammenhang (in dem Sinne,<br />

wie das Seite 26 dieser Schrift dargestellt ist) mit einer außer dem Menschen liegenden Geist-Wirklichkeit<br />

wie<strong>der</strong> hergestellt; wenn aber das Selbstbewußtsein nicht bereits ein Erworbenes wäre vom gewöhnlichen Bewußtsein<br />

her: es könnte im schauenden Bewußtsein nicht ausgebildet werden. Man kann hieraus begreifen, daß<br />

das ges<strong>und</strong>e gewöhnliche Bewußtsein die notwendige Voraussetzung für das schauende Bewußtsein ist. Wer<br />

glaubt, ein schauendes Bewußtsein ohne das tätige ges<strong>und</strong>e gewöhnliche Bewußtsein entwickeln zu können, <strong>der</strong>

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