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Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

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25<br />

plarischer mo<strong>der</strong>ner Repräsentant dort Goethe genannt wird. Sie lässt sich auch problemlos<br />

schon aus den Gr<strong>und</strong>linien ... von 1886 ablesen, allerdings an<strong>der</strong>s formuliert <strong>und</strong> entwickelt<br />

als in den beiden übrigen Schriften. Und vor allem auch Goethes Verständnis vom Erkennen<br />

als einem geistigen (Natur) Geschehen, das nach demselben Muster verläuft wie die geistigschöpferischen<br />

Bildevorgänge <strong>der</strong> Natur (siehe oben), greift Steiner in <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Freiheit</strong> auf. Für die <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> sind das ganz richtungweisende Gedanken.<br />

Es ist also keineswegs so, wie Hartmut Traub auf S. 211 seines Buches anlässlich <strong>der</strong> Emanzipation<br />

<strong>Steiners</strong> von Goethe vermerkt: "Und tatsächlich wird Goethe dann in <strong>der</strong> angekündigten<br />

<strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> wenn auch nicht völlig ausgeblendet, so doch überhaupt nur<br />

zweimal, <strong>und</strong> das an nicht unbedingt zentralen Stellen <strong>der</strong> Arbeit, erwähnt." 23 So urteilen kann<br />

man wohl nur, wenn man vorrangig <strong>und</strong> vor<strong>der</strong>gründig an <strong>der</strong> Oberfläche <strong>und</strong> an Namen haftet.<br />

Explizit erwähnt wird Goethe dort vielleicht nicht so oft, seine Gedanken leben aber in <strong>der</strong><br />

Schrift aus guten Gründen in höchster Virulenz weiter. Und es ist eine Sache, Überzeugungen<br />

Goethes zu teilen, <strong>und</strong> eine an<strong>der</strong>e sie zu begründen <strong>und</strong> für ein spezifisches Forschungsfeld<br />

wissenschaftlich fruchtbar zu machen, das Goethe nach <strong>Steiners</strong> Auffassung so gut wie nie<br />

beackert hat, wie wir unten sehen werden, nämlich das <strong>der</strong> Beobachtung des Denkens <strong>und</strong> die<br />

<strong>Freiheit</strong>sphilosophie - im Prinzip beides auch aus den Gr<strong>und</strong>linien ... schon bestens bekannt.<br />

Wer sich vornehmlich an Sachfragen orientiert <strong>und</strong> die Verhältnisse einigermassen kennt, <strong>der</strong><br />

hat alle Veranlassung <strong>Steiners</strong> eigener Einschätzung oben aus <strong>der</strong> Schrift Von Seelenrätseln zu<br />

folgen, die wesentlich zutreffen<strong>der</strong> ist <strong>und</strong> den Realitäten weit mehr gerecht wird als Hartmut<br />

Traub. Und tatsächlich sind die Kernfragen aus den früheren an Goethe orientierten Schriften<br />

<strong>und</strong> Veröffentlichungen <strong>Steiners</strong> ganz dieselben geblieben, wie es aus <strong>Steiners</strong> persönlichen<br />

Worten hervorgeht. Ausgeblendet werden sie sachlich in keiner Weise. Literarisch <strong>und</strong> philosophisch<br />

sind sie in mancher Hinsicht allerdings an<strong>der</strong>s eingekleidet - vielleicht sogar bis <strong>zur</strong><br />

scheinbaren Unsichtbarkeit.<br />

Neu indessen ist <strong>Steiners</strong> Versuch einer wissenschaftlichen Fruchtbarmachung Goethescher<br />

Ideen anhand mo<strong>der</strong>nerer Gedankengänge <strong>der</strong> Steinerzeit wahrhaftig nicht. Bei flüchtigem<br />

Hinsehen hatte schon in den Gr<strong>und</strong>linien einer Erkenntnistheorie <strong>der</strong> Goetheschen Weltanschauung<br />

von 1886 ein Johannes Volkelt mit seiner reinen Erfahrung mit Goethe nicht viel zu<br />

tun, ein Richard Wahle auch nicht, <strong>und</strong> ebenso wenig ein Wilhelm W<strong>und</strong>t. Bisweilen fragten<br />

sich selbst gut informierte Anthroposophen schon öffentlich, wo da eigentlich <strong>der</strong> Bezug zu<br />

Goethe liege. Aber es demonstriert letztlich doch nur, dass es Steiner in diesen Schriften nie<br />

darauf ankam philologische Beiträge <strong>zur</strong> Goetheforschung zu liefern, son<strong>der</strong>n wissenschaftliche<br />

Gr<strong>und</strong>ideen <strong>der</strong> Goetheschen Weltanschauung, die er seinem eigenen Selbstverständnis<br />

nach für tragfähig <strong>und</strong> zukunftsweisend hielt, mit mo<strong>der</strong>neren Mitteln seinen eigenen Erkenntniszielen<br />

<strong>und</strong> dem Weltverständnis dienstbar zu machen. Allen voran das forschende Interesse<br />

Goethes an einer Welt, "die den Sinnen unzugänglich ist". Und das zieht sich hin von<br />

den Gr<strong>und</strong>linien ... <strong>und</strong> den Einleitungen in Goethes Naturwissenschaftliche Schriften über<br />

die <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> bis zu den Rätseln <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> mit ihrem Skizzenhaften Ausblick<br />

<strong>und</strong> darüber hinaus. Dass er bei all dem Goethe irgendwo ausgeblendet habe, kann man<br />

bei aller Emanzipation wahrlich nicht behaupten. We<strong>der</strong> implizit noch explizit. Dies alles<br />

scheint Hartmut Traub nicht zu bemerken, <strong>der</strong> sich, - ich bitte um Verzeihung, doch man<br />

möchte manchmal meinen: emsig wie ein Maulwurf, aber auch ebenso blind für <strong>Steiners</strong> Intentionen<br />

- durch <strong>Steiners</strong> Texte gräbt, <strong>und</strong> kaum eine Wahrnehmung für dessen eigentliches<br />

Kernanliegen hat.<br />

b) Die Frage nach dem Ursprung des Denkens: <strong>Freiheit</strong>sphilosophische Kernfrage <strong>und</strong><br />

geisteswissenschaftlicher Programmentwurf <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

23<br />

Hartmut Traub, <strong>Philosophie</strong> <strong>und</strong> Anthroposophie, Stuttgart 2011, S. 211.

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