Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...
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kens selbst wird ein an<strong>der</strong>es, <strong>und</strong> die Welthaftigkeit des Gedankens, wenn man so will, in einer<br />
neuen Weise erkennbar. Womit wir bei den oben erwähnten Bildekräften sind.<br />
Dieser Ausblick findet sich im Schlusskapitel Skizzenhaft dargestellter Ausblick auf eine Anthroposophie<br />
auf S. 594 ff von GA-18. Man muss nicht eigens erwähnen, dass dies <strong>Steiners</strong><br />
anthroposophischer Weg ist, den er dort vorstellt. An dieser Stelle ist mir zunächst hervorhebenswert,<br />
dass dort neuerlich ein Umschwung mit dem Gedanken <strong>und</strong> dem Gedankenleben<br />
erfolgt. Wenn man so will eine weitere Metamorphose <strong>der</strong> Gedankenentwicklung. Und zwar<br />
dahingehend, dass <strong>der</strong> Gedanke jetzt nicht mehr wie in den vorangehenden Epochen schwerpunktmässig<br />
als Erkenntnismittel verwendet wird, son<strong>der</strong>n in einer spezifisch methodischen<br />
Verwendung als Entwicklungskeim. Etwas, das laut <strong>Steiners</strong> geistesgeschichtlicher Beobachtung<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger unbewusst <strong>und</strong> untergründig in <strong>der</strong> Menschheit wirksam war, soll nun<br />
mit Bewusstheit sich vollziehen, indem <strong>der</strong> Gedanke methodisch <strong>und</strong> willentlich zu einem erneuten<br />
Leben gebracht wird.<br />
Vielleicht speziell zum Letzteren noch zwei aufschlussreiche Passagen aus GA-18. Eine behandelt<br />
etwas kritisch die Hegelsche Weltanschauung, über die Steiner (S. 339 f ) schreibt:<br />
"Die Art, wie Hegel den Gedanken auffaßt, führt in <strong>der</strong> Tat die Weltanschauungsentwickelung<br />
zu einem toten Punkt. Man fühlt, man hat es mit dem Gedanken zu einem Äußersten gebracht;<br />
doch will man den Gedanken so, wie man ihn erfaßt hat, in das unmittelbare Leben des Erkennens<br />
überführen, so versagt er; <strong>und</strong> man lechzt nach einem Leben, das aus <strong>der</strong> Weltanschauung<br />
ersprießen möge, zu <strong>der</strong> man es gebracht hat. Friedrich Theodor Vischer beginnt<br />
um die Mitte des Jahrh<strong>und</strong>erts seine «Ästhetik» im Sinne <strong>der</strong> Hegelschen <strong>Philosophie</strong> zu<br />
schreiben. Er vollendet sie als ein monumentales Werk. Nach <strong>der</strong> Vollendung wird er selbst<br />
<strong>der</strong> scharfsinnigste Kritiker dieses Werkes. Und sucht man nach dem tieferen Gr<strong>und</strong> dieses<br />
son<strong>der</strong>baren Vorganges, so findet man, daß Vischer gewahr wird, er habe sein Werk mit dem<br />
Hegelschen Gedanken als mit einem Elemente durchsetzt, das, aus seinen Lebensbedingungen<br />
herausgenommen, tot geworden ist wie <strong>der</strong> Pflanzenkeim als Totes wirkt, wenn er seiner Entwickelungsströmung<br />
entrissen wird. Eine eigenartige Perspektive eröffnet sich, wenn man die<br />
Hegelsche Weltanschauung in dieses Licht rückt. Der Gedanke könnte for<strong>der</strong>n, daß er als lebendiger<br />
Keim erfaßt <strong>und</strong> unter gewissen Bedingungen in <strong>der</strong> Seele <strong>zur</strong> Entfaltung gebracht<br />
werde, damit er über das Weltbild Hegels hinaus zu einer Weltanschauung führe, in <strong>der</strong> sich<br />
die Seele, ihrem Wesen nach, erst erkennen könne <strong>und</strong> mit <strong>der</strong> sie sich erst wahrhaft in die<br />
Außenwelt versetzt fühlen könne. Hegel hat die Seele so weit gebracht, daß sie sich mit dem<br />
Gedanken erleben kann; <strong>der</strong> Fortgang über Hegel hinaus würde dazu führen, daß in <strong>der</strong> Seele<br />
<strong>der</strong> Gedanke über sich hinaus <strong>und</strong> in eine geistige Welt hinein wächst. Hegel hat begriffen,<br />
wie die Seele den Gedanken aus sich hervorzaubert <strong>und</strong> sich in dem Gedanken erlebt; er hat<br />
<strong>der</strong> Nachwelt die Aufgabe überlassen, mit dem lebendigen Gedanken als in einer wahrhaft<br />
geistigen Welt das Wesen <strong>der</strong> Seele zu finden, das sich im bloßen Gedanken nicht in seiner<br />
Ganzheit erleben kann."<br />
Das Gedankenleben ist in <strong>Steiners</strong> Augen auf seiner höchsten Stufe, für die Hegel hier stellvertretend<br />
steht, tot geworden <strong>und</strong> steht an einem "toten Punkt". Da ist nach <strong>Steiners</strong> Bilanz<br />
kein Leben mehr enthalten. Der Umschwung <strong>und</strong> Fortgang über diesen toten Punkt hinaus<br />
kann nun nicht einfach im philosophischen Weiterdenken im Sinne <strong>und</strong> im Stil dieser <strong>Philosophie</strong><br />
bestehen. Son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Gedanke "könnte for<strong>der</strong>n" - Steiner setzt das hier noch in den<br />
Konjunktiv; im Skizzenhaften Ausblick am Ende des Buches ist das nicht mehr <strong>der</strong> Fall - "daß<br />
er als lebendiger Keim erfaßt <strong>und</strong> unter gewissen Bedingungen in <strong>der</strong> Seele <strong>zur</strong> Entfaltung gebracht<br />
werde". Der Leser wird sich natürlich fragen: Was sind das für "gewisse Bedingungen",<br />
unter denen "<strong>der</strong> Gedanke <strong>zur</strong> Entfaltung gebracht" werden soll? Diese Bedingungen<br />
sind ja methodisch das Entscheidende an dem ganzen Gedankengang. Und wenn man jetzt<br />
nicht bei wolkigen philosophischen Metaphern stehen bleiben möchte, dann muss das Ganze<br />
eine konkrete <strong>und</strong> handhabbare Form annehmen. Die bekommt es bei Steiner auch. Wie das