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Bildende Kräfte und Steiners Philosophie der Freiheit - Studien zur ...

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13<br />

Kapitel 3<br />

Kurzer Exkurs zu den Leitlinien <strong>der</strong> Darstellung in GA-18<br />

Es ist offensichtlich, dass Steiner hier bei <strong>der</strong> Einordnung <strong>und</strong> Bewertung von Goethes F<strong>und</strong><br />

einem philosophiegeschichtlichen Glie<strong>der</strong>ungsprinzip folgt. Es ist ein Glie<strong>der</strong>ungsgesichtspunkt,<br />

den er als Resultat seiner philosophiegeschichtlichen <strong>Studien</strong> von GA-18 betrachtet. In<br />

<strong>der</strong> Vorrede von 1918 zu dieser Schrift auf S. 15 sagt er, seine diesbezüglichen Ansichten seien<br />

aus: "<strong>der</strong> Beobachtung <strong>der</strong> philosophischen Gedankenentwicklung herausgeflossen". Und<br />

er hoffe, "daß man doch finden werde, diese Ideen seien nicht vorher ausgedacht <strong>und</strong> dann <strong>der</strong><br />

Betrachtung des philosophischen Werdegangs aufgedrängt, son<strong>der</strong>n sie seien so gewonnen,<br />

wie <strong>der</strong> Naturforscher seine Gesetze findet." Unter dem Kapitel Zur Orientierung über die<br />

Leitlinien <strong>der</strong> Darstellung ab S. 23 hat er dem Buch <strong>der</strong> Übersicht halber diese Gesichtspunkte<br />

- eben das Resultat seiner <strong>Studien</strong> <strong>und</strong> Beobachtungen in GA-18 - relativ ausführlich vorangestellt.<br />

Man muss dies ein wenig aufgreifen, um <strong>Steiners</strong> abschliessende Bemerkung zu Goethes<br />

Entdeckung <strong>der</strong> Urpflanze sachgemäss einordnen zu können. Ich empfehle dem Leser<br />

sehr, sich dieses Kapitel Orientierung über die Leitlinien <strong>der</strong> Darstellung ab S. 23 einmal anzusehen,<br />

dann wird ihm das Verständnis von <strong>Steiners</strong> nicht ganz leicht zugänglicher Einschätzung<br />

Goethes etwas besser von <strong>der</strong> Hand gehen. Deswegen in einem Exkurs ein paar ausführlichere<br />

Worte dazu.<br />

Steiner meint (GA-18, S. 25), unter dem Aspekt <strong>der</strong> menschlichen Seelenentwicklung, "vier<br />

deutlich zu unterscheidende Epochen in <strong>der</strong> Entwicklung des philosophischen Menschheitsstrebens"<br />

erkennen zu können. "Es zeigt sich, daß <strong>der</strong> Entwickelungslauf des philosophischen<br />

Menschheitsstrebens Epochen unterscheiden läßt, <strong>der</strong>en jede eine Länge von sieben bis acht<br />

Jahrh<strong>und</strong>erten hat. In je<strong>der</strong> dieser Epochen waltet unter <strong>der</strong> Oberfläche <strong>der</strong> äußeren Geschichte<br />

ein an<strong>der</strong>er geistiger Impuls, <strong>der</strong> gewissermaßen in die menschlichen Persönlichkeiten einstrahlt,<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> mit seiner eigenen Fortentwickelung diejenige des menschlichen <strong>Philosophie</strong>rens<br />

bewirkt." (S. 25f) Kennzeichnend für die jeweiligen Epochen sei auch <strong>und</strong> vor allem <strong>der</strong><br />

spezifische Umgang mit dem Gedanken, <strong>und</strong> die Art ihn zu erleben <strong>und</strong> philosophisch zu beurteilen.<br />

Der charakteristische Umgang mit dem Gedanken sei entsprechend - <strong>und</strong> das ist entscheidend<br />

daran - ein zeittypischer Ausdruck des sich entwickelnden menschlichen Selbstbewusstseins.<br />

Erst im Griechentum, so Steiner, sei dasjenige "Streben" entstanden, die Weltzusammenhänge<br />

durch etwas zu erkennen, was man heutzutage Gedanke nennen könne. In <strong>der</strong> Epoche davor<br />

dürfe man von eigentlichen Gedanken noch nicht sprechen, son<strong>der</strong>n nur von Bil<strong>der</strong>n o<strong>der</strong><br />

Sinnbil<strong>der</strong>n, in denen sich die Weltzusammenhänge den Menschen offenbarten. Steiner dazu<br />

(S. 27): "Solange die Menschenseele durch das Bild die Welterscheinungen vorstellt, fühlt sie<br />

sich mit diesen noch innig verb<strong>und</strong>en. Sie empfindet sich als ein Glied des Weltorganismus;<br />

sie denkt sich nicht als selbständige Wesenheit von diesem Organismus losgetrennt. Da <strong>der</strong><br />

Gedanke in seiner Bildlosigkeit in ihr erwacht, fühlt sie die Trennung von Welt <strong>und</strong> Seele. Der<br />

Gedanke wird ihr Erzieher <strong>zur</strong> Selbständigkeit." Das Aufkommen des Gedankens ist in <strong>Steiners</strong><br />

Augen zugleich <strong>der</strong> Beginn einer Empfindung <strong>der</strong> Trennung von Welt <strong>und</strong> Seele. Und damit<br />

wird <strong>der</strong> Gedanke, wie er sagt, ein "Erzieher <strong>zur</strong> Selbständigkeit". Man könnte sagen, <strong>der</strong><br />

Gedanke in seiner Funktion als Erzieher <strong>zur</strong> Selbständigkeit, des Auf-sich-selbst gestelltseins,<br />

beginnt damit zugleich als <strong>Freiheit</strong>simpuls zu wirken. Denn das Auf-sich-selbst-gestellt-sein<br />

ist ja ein charakteristisches Kennzeichen <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>. Die, <strong>und</strong> das ist die Kehrseite <strong>der</strong><br />

<strong>Freiheit</strong>smedallie, so gesehen eigentlich aus einem Verlust resultiert. Dem Verlust, sich mehr<br />

instinktiv eins zu fühlen mit dem Weltzusammenhang, dem Weltganzen. (Übrigens eine Vorstellung,<br />

die Steiner etwas knapper auch in <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>, im Kapitel II, Der

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