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| Luzern, Weinmarkt 3 | Zunfthaus zur Metzgern | Metzgerbögli ...

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| <strong>Luzern</strong>, <strong>Weinmarkt</strong> 3<br />

| <strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong><br />

| <strong>Metzgerbögli</strong><br />

| Bericht zu den restauratorischen<br />

Massnahmen<br />

2011 / 2012<br />

1


2<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Thema/Gegenstand<br />

Seite<br />

1 Objekt 3<br />

2 Geschichte 4<br />

3 Ausgangspunkt für die restauratorischen Massnahmen 14<br />

4 Grundsätze für das denkmalpflegerische Vorgehen 16<br />

5 Denkmalpflegerische Grundhaltung 18<br />

6 Bestand 19<br />

7 Protokoll der restauratorischen Massnahmen 35<br />

8 Baugeschichtliche Informationen 105<br />

9 Kosten 107<br />

10 Projektbeteiligte 111<br />

11 Anmerkungen | Literaturverzeichnis 113


3<br />

1 |Objekt<br />

Liegenschaft: <strong>Zunfthaus</strong> Zur <strong>Metzgern</strong><br />

Adresse: <strong>Weinmarkt</strong> 3<br />

Parzellen-Nr. : 292 r.U.<br />

Schutzzone: Schutzzone A (B126, Altstadt von <strong>Luzern</strong>)<br />

Eintrag Denkmalverzeichnis:<br />

Entscheid RR Nr. 340 vom 16. Februar 1972<br />

Begründung: legendäre historische Gaststätte (Mordnacht 1933).<br />

Im Wesentlichen intakt gebliebene historische Gaststube.<br />

Fassade trotz den Umbauten im 19. Jh., bedeutsam<br />

im Platzbild des <strong>Weinmarkt</strong>s<br />

Schutzumfang:<br />

Fassade <strong>Weinmarkt</strong>,<br />

Wendeltreppe,<br />

Gaststube 1. Stock,<br />

Tordurchgang<br />

Eigentümer:<br />

Urs Bucher<br />

Sempacherstrasse 5<br />

6003 <strong>Luzern</strong>


4<br />

2 |Geschichte des <strong>Weinmarkt</strong>s<br />

und des <strong>Zunfthaus</strong>es <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong><br />

Der Fisch- oder <strong>Weinmarkt</strong> wurde 1428 mit Steinplatten ausgelegt – wie alle<br />

Hauptstrassen <strong>Luzern</strong>s im 15. Jh. auch – und galt damals als Hauptmarktplatz<br />

der Stadt. Mit dem Mauritius-Brunnen auf dem <strong>Weinmarkt</strong>, dessen Bau der Rat<br />

von Stadt und Republik <strong>Luzern</strong> 1481 beschloss, wurde die Bedeutung des Platzes<br />

besonders akzentuiert.<br />

Die regimentsfähigen Familien Weidemann, Halter und Fleckenstein besassen hier<br />

Grundbesitz. 1458 vereinigten sich die Metzger, Fischer und Rohrgesellen zu<br />

einer gemeinsamen Zunft mit dem Ziel, ein gemeinsames <strong>Zunfthaus</strong> zu bauen<br />

1 ; die Fischerzunft (Balenherren) gehörte zu den ältesten Gesellschaften <strong>Luzern</strong>s<br />

2 . Mitglieder von zwölf Patrizierfamilien (Am Rhyn, Balthasar, Dulliker,<br />

Dürler, Hartmann, Keller, Mayr, Mohr, Schumacher, Segesser, Sonnenberg<br />

und Zur Gilgen) bildete diese Gesellschaft. Sie verwaltete das Privileg, im <strong>Luzern</strong>er<br />

See und in der Reuss zu fischen und Lachse zu stechen. Die Balenherren<br />

hatten bereits 1415 Grundbesitz am <strong>Weinmarkt</strong> erworben, und das Wappen<br />

der Balenherren ziert neben jenem der Metzger auch heute das <strong>Zunfthaus</strong>.<br />

Rochus Helmlin erwarb südlich des <strong>Zunfthaus</strong>es ebenfalls Grundbesitz. Die<br />

Familie von Wyl, deren Spross Jakob von Wyl den Totentanz (heute im Ritterschen<br />

Palast) malte, und Ludwig Pfyffer von Altishofen trieben in der Mitte des 16.<br />

Jh. in diesem Haus den Tuchhandel 3 .<br />

Das <strong>Zunfthaus</strong> „Zur <strong>Metzgern</strong>“ wurde 1533 / 1534 von der Zunft der Metzger<br />

und Balenherren neu in Stein aufgerichtet. Zeitgenossen muss der Neubau<br />

als bedeutendes Bauwerk erschienen sein. So empfing der Rat von Stadt und<br />

Republik <strong>Luzern</strong>, ehe er das neue Rathaus am Kornmarkt errichten liess, auswärtige<br />

Delegationen und Gesandtschaften in der Zunftstube des <strong>Zunfthaus</strong>es<br />

<strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong>. Die Geschichte und Struktur dieses <strong>Zunfthaus</strong>es sind trotz der<br />

Forschungen zum sog. Altstadtinventar noch nicht abschliessend geklärt.<br />

Im 16. Jh. verloren die Balenherren, die fast ausschliesslich aus Nachkommen<br />

von zwölf Patrizierfamilien bestanden, ihre Bedeutung; umso stärker aber<br />

wuchs das Ansehen der Mitglieder der Metzgerzunft. Im 18. Jh. ging das<br />

<strong>Zunfthaus</strong> schliesslich in das Eigentum der Familie Helmlin über.<br />

Das <strong>Zunfthaus</strong> „Zur <strong>Metzgern</strong>“ ist heute vor allem kulturgeschichtlich besonders<br />

wertvoll. Die Fassadenmalerei ist die zweite auf der Fassade: Unter der<br />

Malerei von 1873 verbirgt sich eine blau-weisse Fassadenmalerei aus dem 16.<br />

Jh. in Form von Burgzinnen. Deshalb ist die Fassade dieses Hauses 2004 unter<br />

den Schutz der Eidgenossenschaft gestellt und aufwändig restauriert worden.<br />

Diese zweite Fassadenmalerei wurde 1873 in Oelmalerei auf dem Putz ausge-


5<br />

führt und musste bereits 1889 erstmals restauriert werden. 2002 wurde die<br />

Fassade an der Südseite, 2004 jene am <strong>Weinmarkt</strong> (Nordfassade) erneut<br />

konserviert und restauriert.<br />

Das <strong>Zunfthaus</strong> und der letzte Stadtbrand von <strong>Luzern</strong><br />

Zeitgenössische Darstellung (Lithographie) der Brüder Eglin zum letzten grossen Stadtbrand<br />

von <strong>Luzern</strong>. Die Lithographie zeigt die Situation am nördlichen <strong>Weinmarkt</strong> mit dem Blick in<br />

die heutige Kornmarktgasse und den Rathausturm im Hintergrund. Die Darstellung zeigt<br />

rechts das <strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong> mit seinem Durchgang, das sog. <strong>Metzgerbögli</strong>.<br />

1836 brach an der heutigen Kornmarktgasse ein Grossbrand aus. Alle Liegenschaften<br />

östlich des <strong>Zunfthaus</strong>es zu <strong>Metzgern</strong> brannten damals bis zu den<br />

Grundmauern ab, insbesondere auch das östlich des <strong>Zunfthaus</strong>es gelegene<br />

Haus, worin im 17. Jh. Ludwig Pfyffer von Altishofen, der sog. Schweizerkönig,<br />

den Tuchhandel betrieben hatte.<br />

Der Brandschutt wurde <strong>zur</strong> Aufschüttung der heutigen Bahnhofstrasse verwendet;<br />

die Häuserzeile zwischen Kornmarktgasse und Brandgässli, bzw. zwischen<br />

Brandgässli und Rathausquai neu aufgebaut.


6<br />

Der Durchgang: das <strong>Metzgerbögli</strong><br />

Diebold-Schilling-Chronik, Blatt 6verso<br />

Die Darstellung aus der Diebold-Schilling-Chronik (1506/1509) macht deutlich,<br />

dass das <strong>Metzgerbögli</strong> bereits vor dem Bau des neuen <strong>Zunfthaus</strong>es „Zur<br />

<strong>Metzgern</strong>“ als Verbindung <strong>zur</strong> Fischhalle im Süden (: der Fischbank) bereits<br />

bestanden haben muss.<br />

Die Chronik zeigt im Zusammenhang mit der Legende der <strong>Luzern</strong>er Mordnacht<br />

das <strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong> und das <strong>Metzgerbögli</strong> nicht, sondern die Verfolgung<br />

der Verschwörer beim <strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> Schneidern am Reussufer.


7<br />

Die Mordnacht in Diebold-Schillings <strong>Luzern</strong>er Chronik (Blatt 5 verso, 20)<br />

Der Bilderzyklus auf der Kapellbrücke, den Hans Ulrich Wägmann nach 1611<br />

im Auftrag des Rats von Stadt und Republik <strong>Luzern</strong> malt, greift im (1993 verbrannten)<br />

Brückenbilder KDM-Nr. 37 die Legende erneut auf.<br />

Wie in der Chronik des Diebold Schilling steht die Verfolgung der Verschwörer<br />

im Zentrum der Darstellung. Wägmann weitet panoramisch den Blick auf<br />

das Geschehen. Links dauert der Kampf in den Schwibbogen des <strong>Zunfthaus</strong>es<br />

<strong>zur</strong> Schneidern noch an. Im Mittelgrund führt eine Treppe nach oben in Rich-


8<br />

tung des heutigen Brandgässli, Unmittelbar neben der Symmetrieachse des Tafelbildes<br />

zeigt sich aber die Situation des damaligen Durchganges zwischen<br />

dem heutigen <strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong> (links) und dem Wohnhaus der Familie<br />

von Wyl (rechts). Bemerkenswert ist auch der Umstand, dass Ludwig von Wyl,<br />

Schiffsherr, Junker und Kleinrat zu Beginn des 17. Jh. die Ausfertigung des<br />

Bildes finanziert hat. Renward Cysat, dem Concepteur des Bilderzyklus, und<br />

Hans-Ulrich Wägmann müssen über Informationen zu beiden Liegenschaften<br />

verfügt haben, die uns heute verschlossen sind. Zwar sind Wohnbauten mit<br />

vier Obergeschossen in der Mitte des 14. Jh. in <strong>Luzern</strong> kaum vorhanden; aber<br />

das Vordach am Stadthaus der Familie von Wyl schützte offensichtlich einen<br />

Eingang, der vom schmalen Durchgang in das herrschaftliche Haus führte.<br />

Das Kapellbrückenbild lässt die Annahme als gesichert erscheinen, dass der<br />

Durchgang zwischen dem heutigen Brandgässli und dem <strong>Weinmarkt</strong> vor dem<br />

Bau des <strong>Zunfthaus</strong>es <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong> eine sehr schmale, offene Gasse bildete,<br />

wie sie heute noch südwestlich des Brandgässlis in Form des Fischmarktgässli<br />

besteht. Diese Gässchen besassen ehedem zwei Funktionen: Sie schafften den<br />

Zugang zu den Bänken, d.h. den Verkaufsorten (z.B. von Fisch u.a. Lebensmitteln)<br />

längs der Reuss und garantierten im Brandfall den Transport von Wasser<br />

aus der Reuss ins Innere der Altstadt.<br />

Datierung des heutigen Zunftgebäudes<br />

Peter Eggenberger und Elsbeth Wullschlager haben im Rahmen der bauarchäologischen<br />

Untersuchung 2000/2001 der IBID AG, Winterthur das <strong>Zunfthaus</strong><br />

zu <strong>Metzgern</strong> eingehend untersucht. Das Ergebnis ihrer Arbeit bestätigte,<br />

dass die heutige Baute bereits im Zeitraum 1529 bis 1533 bestanden haben<br />

muss 5 . Die von Theodor von Liebenau erwähnten Bauarbeiten stehen also<br />

nicht in einem Gegensatz <strong>zur</strong> bauarchäologischen Forschung. Weder der<br />

IBID-Bericht, noch Liebenaus Stadthistorie vermögen allerdings das jüngst<br />

gefundene Zwillingsportal, noch die Baugeschichte der Liegenschaft zu erhellen,<br />

da die Funde bisher weder sichtbar, noch bekannt waren. Im Gegensatz zu<br />

an deren Städten in der Schweiz ist das Zunftwesen <strong>Luzern</strong>s (noch) nicht erforscht<br />

worden. Es fehlen Angaben <strong>zur</strong> Zahl und Art von Zünften im Alten<br />

<strong>Luzern</strong>, zu Wandertabellen von <strong>Luzern</strong>er und auswärtigen Gesellen und <strong>zur</strong><br />

Struktur der Zunfthäuser im Alten <strong>Luzern</strong>.<br />

<strong>Luzern</strong>s Zünfte entwickelten sich auf dem Hintergrund der ultramontanen katholischen<br />

Tradition zweifelsohne im hohen Mittelalter aus dem Kern religiöser<br />

Bruderschaften und Schutzbünde zu Kaufmannsgilden ( Zunft zu Safran),<br />

Fahrtgenossenschaften und schliesslich zu Handwerkszünften und patrizischen<br />

Gesellschaften (: Zunft zum Affenwagen) 6 . Der Fernhandel muss, vor allem im<br />

Zusammenhang mit dem Gotthardpass und seinen logistischen Erfordernissen<br />

(Lagerung von Waren in Susten auf der ganzen Wegstrecke), zunächst hohe


9<br />

wirtschaftliche und gesellschaftliche Wertschätzung erlangt haben. Es überrascht<br />

nicht, dass viele Zunfthäuser (vgl. Karte: blau markiert) sich an den<br />

Handelsplätzen von Waren, die auf der Nord -Süd-Verbindung transportiert<br />

und gehandelt wurden, im Hoch- und Spätmittelalter ansiedelten. Hier residierten<br />

auch die Handelsherren: Corragioni am Fischmarkt, die Pfyffer (Tuchhändler)<br />

am <strong>Weinmarkt</strong>, die Familie von Hertenstein (im Tuch- und Bernsteinhandel)<br />

am Kapellplatz – unmittelbar in der Nähe der historischen Sust. Der Bau<br />

von Zunfthäusern an diesen Orten war für die wirtschaftlich erfolgreichsten<br />

Zünfte im Spätmittelalter – z.B. die Metzger und Färber – sinnfällig und förderte<br />

die Identitätsbildung ihrer Berufsgenossenschaft (: Zunft).<br />

Zunfthäuser (blau), Wohnsitze von Handelsherren (gelb markiert), <strong>Zunfthaus</strong> zu <strong>Metzgern</strong><br />

(rot)<br />

Anders als in Zürich, Basel und Bern wurden die <strong>Luzern</strong>er Zünfte nicht an der<br />

politischen Macht beteiligt – der Einsitz in den Kleinen (Täglichen) und den<br />

Grossen Rat von Stadt und Republik <strong>Luzern</strong> blieb in der Neuzeit den Angehörigen<br />

des Patriziats vorbehalten. Die politische Macht der Zünfte blieb daher in<br />

<strong>Luzern</strong> gering 7 . Gesellschaftlich war ihre Funktion bedeutend: Sie sicherten die<br />

Ausbildung der Handwerksgesellen, erliessen Handwerksordnungen, regelten<br />

den Markt gewerblicher Dienstleistungen, und sie stellten Truppen.<br />

Die Zunfthäuser dienten der Versammlung von Meistern und Gesellen, ent-


10<br />

hielten repräsentative Versammlungsräume (Zunftstuben), Trinkstuben, Unterkünfte<br />

für Gesellen auf der Walz, später auch Läden von Handwerksmeistern.<br />

Die <strong>Luzern</strong>er Zünfte schufen vor allem im 15. und 16. Jh. neue Zunfthäuser<br />

und verschuldeten sich – wie die Metzger – dabei hoch 8 . Die Zünfte<br />

<strong>Luzern</strong>s besassen keine politische Vertretung im Grossen und im Kleinen<br />

(oder Täglichen) Rat 9 . Sie besassen die erstinstanzliche Gerichtsbarkeit in<br />

Handwerks- und Gewerbesachen 10 . Im 15. Jh. wuchs ihr soziales Gewicht in<br />

der städtischen Gesellschaft: Wer als Handwerker in der Stadt Wohnsitz nahm,<br />

ein Haus kaufte, musste binnen sechs Monaten das Bürgerrecht erwerben und<br />

wurde damit gegenüber dem Rat steuerpflichtig und Mitglied einer Zunft zu<br />

werden 11 .<br />

Die verschiedenen Zünfte errichteten deshalb innerhalb der Stadt, auf der linken<br />

und der rechten Seite der Reuss, ihre Zunfthäuser mit den Trinkstuben<br />

und Versammlungsräumen: die Kaufleute (Gesellschaft zum Affenwagen) an<br />

der heutigen Bahnhofstrasse 15, die Krämer (Zunft zu Safran / Fritschi-Zunft)<br />

ebenda, die Wirte am <strong>Weinmarkt</strong> 12, die Gerber ebenda, die Schumacher am<br />

<strong>Weinmarkt</strong> 13, die Zunft der Metzger am <strong>Weinmarkt</strong> 3, die Zunft der Fischer<br />

und Rohrgesellen (Balenherren) ebenda, die Zimmerleute an der Korn-<br />

Marktgasse 7, die Rebleute an der Rössligasse 12, die Zunft der Pfister (Bäcker)<br />

am Kornmarkt 4, die Zunft der Schneider im Brandgässchen 13, die Zunft der<br />

Schützen am Metzgerrainle 7, die Zunft der Schmiede an der Eisengasse 16<br />

(Schlossergasse) und die Zunft der Kürschner an der Kapellgasse 22 (Eisengasse<br />

1) 12 . Die Standorte der Zunftstufen einiger Zünfte lässt sich heute nicht<br />

mehr eruieren; die Metzger-Zunft und die Zunft der Fischer und Rohrgesellen<br />

schlossen sich spätestens 1458 13 zusammen, um gemeinsam ein grosses, vierstöckiges<br />

<strong>Zunfthaus</strong> zu errichten. Es muss zweifelsohne das damals grösste<br />

gewesen sein. Beide Zünfte blieben organisatorisch eigenständig, hatten also<br />

einen eigenen Stubenmeister (Zunftmeister), einen Zunftknecht (Brettschneider)<br />

und einen Kerzen- oder Engelmeister (Rechnungsführer). Der Name Kerzenmeister<br />

deutet auf die Funktion der Zunft als religiöse Bruderschaft hin: auf<br />

der Stube brannte stets eine Kerze; für jeden verstorbenen Zünftler wurde in<br />

der Hofkirche eine Kerze entflammt, und die Zunftkerze begleitete den Toten<br />

auf seinem letzten Weg.<br />

Im Gegensatz zu den Metzgergesellen stammten die Fischer und Rohrgesellen<br />

aus dem Patriziat, da sie die Privilegien der Fischenzen verwalteten und nutzten.<br />

Das gemeinsame Haus enthielt deshalb getrennte Räume für die Metzgerund<br />

die Rohrgesellen. Denn die Fischer und Rohrgesellen besassen dank Geburt<br />

das gesellschaftliche Vorrecht, den Räten von Stadt und Republik <strong>Luzern</strong> anzugehören.


11<br />

Später trennten sich beide Zünfte wieder örtlich; die Fischer und Rohrgesellen<br />

wurden an der Reuss ansässig. Sie zählten sich auch – wie die Jäger – zum<br />

Weidwerk 14 . In den Aufgabenbereich der Zünfte gehörten auch die Wehrpflicht<br />

und der Wachtdienst. Die Stuben (Trinkstuben) der Zünfte wiesen auch<br />

eine besondere gesellschaftliche Funktion auf: Wenn der Rat von <strong>Luzern</strong> mit<br />

einer auswärtigen Delegation einen Vertrag schloss, so fand die Unterzeichnung<br />

mit einem Umtrunk jeweils auf einer der verschiedenen Zunftstuben<br />

statt.<br />

Der Rat von Stadt und Republik <strong>Luzern</strong> besass bereits vor dem Bau des neuen<br />

Rathauses am Kornmarkt repräsentative Amtsräume, um Gäste zu empfangen;<br />

die Tradition, Gäste in den Zunftstuben zu bewirten, zeugt nicht nur von einer<br />

besonderen Wertschätzung der Zünfte; sie widerspiegelt wohl auch die Wertschätzung<br />

für die Ausgestaltung und den Schmuck von Zunfträumen. Der<br />

Bau des neuen Rathauses von 1602 bis 1606 am Kornmarkt mag auch den<br />

Bruch dieser Tradition bedeutet haben. Nach dem Tod des Schultheissen Lux<br />

Ritter schloss sich das Patriziat <strong>Luzern</strong>s weitgehend ab, und die symbolische<br />

Prachtentfaltung gipfelte schliesslich am Ende des 18. Jh. in der neuen Ausschmückung<br />

des Ratssaals für den Kleinen und Täglichen Rat. Bautypologisch<br />

fehlt allerdings eine Untersuchung zu den möglichen Abhängigkeiten zwischen<br />

zünftischem Gesellschaftshaus und Rathaus im 15. Und 16. Jh.<br />

Prächtige, repräsentative Zunfthäuser hatten sich in Deutschland bis zum<br />

Zweiten Weltkrieg erhalten, wie das Beispiel des Frankfurter Römers zeigt.<br />

Die Angaben zum Bautypus des luzernischen <strong>Zunfthaus</strong>es sind dürr: Das<br />

<strong>Zunfthaus</strong> entsprach bautypologisch, soweit uns heute bekannt ist, dem Gesellschaftshaus.<br />

Über die <strong>Luzern</strong>er Zunfthäuser ist wenig bekannt: Sie waren unter-


12<br />

kellert, besassen einen Eingang zu ebener Erde, wurden in Stein aufgeführt,<br />

enthielten in einem hohen, ersten Obergeschoss die Zunftstube, d.h. einen<br />

Versammlungsraum für die Meister und Gesellen, die oft gleichzeitig die<br />

Trinkstube mit einer breiten Fensterfront war. Darüber befand sich ein zweites<br />

Obergeschoss - und oft noch eine Dachgeschoss. Vom <strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong><br />

ist bekannt, dass es frühestens im 16. Jh. um zwei Stockwerke erhöht wurde.<br />

Der Dachstock wies ein Steildach mit Treppengiebeln auf. Die Fassaden waren<br />

geschmückt.<br />

Die Bauforschung (IBID AG, Winterthur) hat einzig im dritten Obergeschoss<br />

und im Dachgeschoss Ergebnisse über die Entwicklung der Baute im Zeitraum<br />

zwischen 1600 und 1850 aufgezeigt. Über die ursprüngliche Binnengliederung<br />

konnte bisher nichts in Erfahrung gebracht werden.<br />

Zwillingsportal an der Westwand des <strong>Metzgerbögli</strong>s<br />

Die Umbauten im ausgehenden 19. Jh. und der Einbau des Ladens auf der Seite<br />

des <strong>Weinmarkt</strong>es haben die Binnengliederung des Erdgeschosses markant<br />

verändert.<br />

Die Entfernung des Deckputzes im Jahr 2011 brachte aber überraschend eine<br />

Zwillingspforte zum Vorschein. Das Motiv des Korbbogens vertritt dabei die<br />

Tradition des Schmucks, der für die Gestaltung des Zugangs in eine Zunftstube<br />

typisch ist (z.B. im Haus der venezianischen Kaufleute, Basel, oder beim Versammlungssaal<br />

im <strong>Zunfthaus</strong> der Gerber, Augsburg). Das Motiv des Torbogens<br />

schmückte im 15. bis 17. Jh. oft auch die geschmückten Aussenseiten der<br />

rituellen Zunftladen (Zunftladen der Kulmbacher Leinenweber, bzw. Nagelschmiede<br />

/ Zunftlade im Regionalmuseum des Wolfhager Landes, bzw. Ulmer<br />

Stadtmuseum). Beide Torstürze im <strong>Metzgerbögli</strong> waren zudem ursprünglich ochsenblutfarben<br />

gefasst und damit mit einem Ehrenzeichen versehen. Das


13<br />

<strong>Zunfthaus</strong> der Metzger und Balenherren verfügte nicht nur wegen seines Stubenrechts,<br />

das die zeitweilige Aufnahme und Bewirtung von Gästen einschloss,<br />

eine öffentliche Funktion; zu den zünftischen Funktionen gehörte auch die<br />

Rechtssprechung in Berufsangelegenheiten, die Aufnahme und den Ausschluss<br />

von Berufsleuten. Einer Zunft anzugehören, bildete auch in <strong>Luzern</strong> die Voraussetzung,<br />

um das Bürgerrecht zu erlangen.<br />

Allein eine wesentliche Frage bleibt: Weshalb zeigt sich an der Westwand eine<br />

Zwillingspforte dort, wo eigentlich ein Tor allein als Zugang zum <strong>Zunfthaus</strong> zu<br />

<strong>Metzgern</strong> funktional genügt hätte? Die grün gefasste Holztüre mit den Angeln<br />

und geschmiedeten Eisenbändern stammt in dieser Form konstruktiv aus dem<br />

19. Jh.; die neu entdeckte Pforte ist am Ende des 19. Jh. mit Kalksandsteinen<br />

und einem Zementmörtel zugemauert worden und entspricht technologisch<br />

Vormauerungen im Dachgeschoss aus der selben Zeit. Die Inschriften am<br />

Korbbogen sind längst verloren gegangen, die möglicherweise eine klare Antwort<br />

auf die Frage gegeben hätten. Allein bemerkenswert ist der Umstand, dass<br />

an den Torstürzen trotz Altersspuren deutlich ablesbar ist, dass die Gewandung<br />

ursprünglich sorgfältig gefasst wurde.<br />

Die Funktion dieser Zwillingspforte lässt sich allerdings erschliessen: Als im<br />

15. Jh. die Metzgerzunft, zahlenmässig gross und bedeutend, sich mit der<br />

Zunft der Balenherren (Fischer und Rohrgesellen), ihrerseits klein, aber zahlungskräftig<br />

zusammenfand, um das vierstöckige, neue <strong>Zunfthaus</strong> zu verwirklichen,<br />

fand sich ein gesellschaftlich höchst ungleiches ‚Paar’ zusammen. Die<br />

Balenherren (Fischer und Rohrgesellen) waren sich ihrer adligen Herkunft bewusst<br />

und pflegten bis ins 15. Jh. grossregional Beziehungen zu anderen Gesellschaften<br />

an Reuss, Aare und Rhein (z.B. durch die Fischermaien). Sie lebten,<br />

wie die Änderungen ihrer Gesellschaftshäuser belegen, in Distanz zu den auf<br />

das lokale Handwerk fokussierten, aber sozial gut vernetzten und angesehenen<br />

Metzger.


14<br />

3 | Ausgangspunkt für die restauratorischen<br />

Massnahmen: Renovation der<br />

Seitenwände<br />

Der Deckputz beider Seitenwände im Durchgang <strong>Metzgerbögli</strong> wurde im Sommer<br />

2011 abgeschlagen. Das Verschieben von Kehrrichtcontainern hatte in<br />

den letzten Jahren zu tiefen, unansehnlichen Rissen im Deckputz geführt. Das<br />

Strasseninspektorat reinigt den Durchgang regelmässig nass. Der verletzte<br />

Deckputz verursachte das Eindringen von Feuchtigkeit in die Tragkonstruktion<br />

der Liegenschaft. Gefahr war in Verzug. Die Eigentümer entschlossen sich<br />

deshalb zu einer Renovation der Seitenwände. Der Deckputz wurde mechanisch<br />

abgespitzt, um die Grundlage für einen neuen Grob- und Deckputz zu<br />

schaffen.<br />

Dabei wurden bisher unbekannte Zeugen früherer Bauphasen sichtbar: im Osten<br />

ein spätgotisches Sandstein-Portal, mutmasslich aus der Zeit um 1400, drei<br />

spitzbogige Nischen, vermutlich aus dem 15. Jh., im Westen eine bisher unbekannte<br />

Türgewandung mit einem gefasten Korbbogen aus dem Bauphase zu<br />

Beginn des 17. Jh.. Dieses Portal entsprach jenem des bereits bisher sichtbaren<br />

Eingangs zum Economat der ‚Gartenwirtschaft’ Gondola. Dieses eigentliche<br />

Zwillingsportal gehörte zum <strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong>. Alle erwähnten Maueröffnungen<br />

wurden mit älterem Bruchsteinmauerwerk, Ziegelschrot und Backsteinen<br />

im Laufe der Zeit ausgefacht. Im nördlichen Teil des Durchgangs, Richtung<br />

<strong>Weinmarkt</strong>, zeigen die Köpfe des Mauerwerks deutliche Russablagerungen,<br />

die zweifelsohne vom letzten <strong>Luzern</strong>er Stadtbrand im Jahre 1833 stammen.<br />

Beide Seitenwände weisen verschiedene historische Baunähte auf. Der Bodenbelag<br />

wurde in der Zeit der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jh. aus geriffeltem<br />

Stampfbeton erstellt. Er wurde wahrscheinlich im letzten Jahrzehnt des<br />

19. Jh. erstellt, als nach dem Einbau der Wasser- und Kanalisationsleitungen<br />

die Höhenkote der Gehsteige (Trottoirs) festgelegt wurde. Auf der Seite des<br />

<strong>Weinmarkt</strong>s weist das <strong>Metzgerbögli</strong> als Durchgang die Höhenkote des Trottoirs<br />

auf und läuft im Süden ebenerdig in die Höhekote des Brandgässli aus.<br />

Der Boden des Durchgangs steigt von Norden nach Süden leicht an, um im<br />

Brandgässli das Strassenniveau zu erreichen. Der Boden des Durchgangs ist<br />

deshalb leicht bombiert. Zahlreiche Flickstellen prägen das Erscheinungsbild<br />

des Bodenbelags. Die Beleuchtung des <strong>Metzgerbögli</strong> stammt aus den frühen<br />

siebziger Jahren und aus dem letzten Jahrzehnt.


15<br />

Die ganze Westwand zeigt in ihrer horizontalen Schichtung eine vorgemauerte<br />

Schale, die aus Kalksandsteinen errichtet wurde. Auch im Norden der Ostwand<br />

ist eine ähnliche Vormauerung aus Kalksandsteinen sichtbar. Materialgeschichtlich<br />

lässt sich damit eine zeitliche Eingrenzung vornehmen: Seit 1854<br />

wurden zwar in Deutschland mit Handpressen geformte, luftgetrocknete Kalksandsteine<br />

produziert; aber erst die 1880 beim Berliner Patentamt eingereichte<br />

Patentschrift Nr. 14195 Verfahren <strong>zur</strong> Erzeugung von Kunstsandstein brachte den<br />

Durchbruch des im Autoklaven getrockneten Kalksandsteins. Die industrielle<br />

Fertigung von Kalksandsteinen begann in Deutschland in den 80er-Jahren des<br />

19. Jh., in der Schweiz erst unmittelbar vor der Jahrhundertwende. An beiden<br />

Seitenwänden des <strong>Metzgerbögli</strong> wurden kleinformatige Kalksandsteine verarbeitet;<br />

an Bauten des 20. Jh. sind sie eher selten zu beobachten, dienen aber als<br />

frostsichere, in hohem Masse rohdichte Vormauersteine. Die Wahl des Kalksandsteins<br />

<strong>zur</strong> Vormauerung an beiden Seitenwänden des <strong>Metzgerbögli</strong> erhärtet<br />

bauhistorisch die Annahme, dass die Vormauerung im Zusammenhang mit<br />

dem Einbau des neuen Bodenbelages im Durchgang und der Veränderung der<br />

Binnenstruktur im Erdgeschoss im Zeitraum zwischen 1885 bis 1900 entstanden<br />

sein muss.<br />

Ältere Baunähte deuten darauf hin, dass die Treppenanlage ursprünglich anders<br />

verlaufen sein muss.<br />

Die Westwand zeigt im unteren Drittel eine Vorschalung mit Kalksandsteinen,<br />

bzw. kleineren Hausteinen nach 1850. Es darf angenommen werden, dass auch<br />

diese Vorschalung dazu diente, die Westwand zu stabilisieren. Nach dem Bau<br />

der Kanalisation in der <strong>Luzern</strong>er Altstadt (um 1890) wurde das Niveau der<br />

Gassen und Plätze angehoben.<br />

Die Liegenschaft <strong>Weinmarkt</strong> 3 gehört <strong>zur</strong> Schutzzone A des Bebauungsplanes<br />

B126. Nord-, Südfassade und die Vertikalerschliessung der Liegenschaft stehen<br />

als Objekt überregionaler Bedeutung unter dem Schutz der Eidgenossenschaft<br />

und des Kantons <strong>Luzern</strong>.


16<br />

4 |Grundsätze<br />

für das denkmalpflegerische Vorgehen<br />

Folgende Schritte drängten sich grundsätzlich für das denkmalpflegerische<br />

Vorgehen auf:<br />

Objektaufnahme<br />

Die Dokumentation der Objektaufnahme bildet, unabhängig von der Frage, ob<br />

die gefundenen Bauzeugen gezeigt werden sollen (oder nicht), die Grundlage<br />

für die weiteren Schritte. Die Objektaufnahme wurde unter schwierigen Rahmenbedingungen<br />

fotografisch und zeichnerisch durchgeführt.<br />

Festlegung der Entscheidungsfelder<br />

Eine Problemlösung für die Instandstellung des <strong>Metzgerbögli</strong>s war angesichts<br />

divergierender Expertenmeinungen schwierig zu finden. Boden, Seitenwände<br />

und Beleuchtung bildeten unterschiedliche Entscheidungsfelder; die ewl hatte<br />

unabhängig vom Zustand der Seitenwände vor längerer Zeit entschieden, eine<br />

neue Beleuchtung im <strong>Metzgerbögli</strong> zu installieren, welche den Anforderungen<br />

des Plan Lumière entspricht.<br />

Entscheidungsschritte<br />

Folgende Entscheide waren idealtypisch zu treffen:<br />

- Konzeptentscheid Bodenbelag<br />

Der Konzeptentscheid zum Bodenbelag musste allen anderen Entscheiden<br />

vorangehen, um einen vernünftigen Arbeitsablauf im Interesse des Gesamtobjekts<br />

zu gewährleistet.<br />

- Konzeptentscheid Seitenwände<br />

Die Frage, ob die Seitenwände wieder geschlossen werden oder die Fundstellen<br />

ganz oder teilweise sichtbar bleiben sollten, betraf nicht nur das Denkmal<br />

in seiner Erscheinung, sondern ebenso in seiner Nutzung.<br />

- Konzeptentscheid Eindringtiefe: Das <strong>Metzgerbögli</strong> zeigte unterschiedlich<br />

alte Substanz und Oberflächen. Was sollte erhalten, was geschont werden und<br />

wie? Wo durfte Neues allenfalls eingebracht werden und wieviel?<br />

- Konzeptentscheid Beleuchtung<br />

Der Konzeptentscheid <strong>zur</strong> Beleuchtung konnte terminlich am weitesten hinaus<br />

geschoben werden.


17<br />

- Kostenermittlung des Gesamtkonzeptes auf der Basis der Richtofferten<br />

- Verhandlung mit den Denkmalbehörden<br />

- Vergabe der Aufträge und Baumassnahmen


18<br />

5 | Denkmalpflegerische Grundhaltung<br />

Der Eigentümer, die beteiligten Fachleute, Restauratoren und Unternehmen<br />

anerkannten folgende denkmalpflegerischen Grundhaltungen als Richtschnur<br />

für die Entwicklung des Konzepts und dessen Verwirklichung:<br />

Achtung des Objekts „<strong>Zunfthaus</strong> zu <strong>Metzgern</strong>“:<br />

Das <strong>Zunfthaus</strong> geniesst in der breiten Öffentlichkeit infolge der historischen<br />

Legendenbildung („Ofen, Ofen, ich..“) eine allgemeine hohe Wertschätzung. Die<br />

zufällig entdeckten Funde aus dem 15. bis 17. Jh. sind für die Geschichte von<br />

Stadt und Republik <strong>Luzern</strong> bedeutend. Sie offenbaren (z.B. am Beispiel des<br />

Zwillingsportals) bemerkenswerte Funktionsänderungen im Laufe der Baugeschichte.<br />

Die angestrebte Lösung soll die bauarchäologischen Funde für Laien<br />

‚lesbar’, d.h. erfahrbar machen, den Gesamteindruck des historischen Durchgangs<br />

nicht stören und funktional für die Nutzung des Bauobjekts erträglich<br />

sein (für die Gastwirtschaft im 1. OG ebenso wie für die Wohnungen in den<br />

OG).<br />

Wahrung des historischen Bestandes<br />

Die Nordfassade ist dank der Fassadenmalerei (Ölmalerei und verborgenes<br />

Zinnenfresko aus dem 16. Jh.) ein Denkmal von nationaler Bedeutung und geniesst<br />

besonderen Schutz. Die Erschliessung der Liegenschaft (<strong>Metzgerbögli</strong><br />

und Vertikalerschliessung) stehen ebenfalls unter dem Denkmalschutz des<br />

Kantons <strong>Luzern</strong> und der Eidgenossenschaft. Die Ostwand des <strong>Metzgerbögli</strong>s<br />

offenbart im heutigen Zustand Einblick auf das Portal des Wohn- und Geschäftshauses,<br />

das im 16. Jh. von Ludwig Pfyffer von Altishofen, dem sog.<br />

Schweizerkönig, Tuchhändler und Schultheissen bewohnt wurde. Zusammen mit<br />

den drei spätmittelalterlichen Lichtnischen, welche in dieser Form nirgendwo<br />

im öffentlichen Raum der Schweiz zu sehen sind, bildet es ein schützens- wie<br />

zeigenswertes Erbe. Die Zwillingspforte an der Westwand bildet ein schützenswertes<br />

Element der Baugeschichte aus der <strong>Luzern</strong>er Renaissance.<br />

Minimale Eingriffe<br />

Das Konzept geht nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch denkmalpflegerisch<br />

vom Grundsatz aus, dass die geplanten wie notwendigen Eingriffe<br />

auf ein Minimum beschränkt werden. Die Eingriffe orientieren sich vor allem<br />

an der Substanz des Objekts (z.B. in einem materialgerechten neuen Anstrich<br />

der Treppen-Untersicht).


19<br />

6 | Bestand: Objektaufnahme<br />

Die beiden Seitenwände des Durchgangs, die Ostwand (in Richtung Kornmarkt)<br />

und die Westwand (in Richtung Fischergässlein / Des Balances), wurden<br />

in einem ersten Schritt fotografisch, in einem zweiten zeichnerisch erfasst.<br />

Die fotografische Erfassung erwies sich aus verschiedenen Gründen als<br />

schwierig: Der Durchgang ist eng, sein Boden zwischen <strong>Weinmarkt</strong> und<br />

Brandgässli auf der ganzen Länge leicht bombiert. Die Lichtverhältnisse sind<br />

ungünstig. An beiden Portalen flutet das Tageslicht in den Durchgang, während<br />

die Lichtverhältnisse in der Mitte des Durchgangs schlecht sind, und das<br />

rotstichige Licht der (ursprünglichen) Beleuchtung keine einheitliche Färbung<br />

zuliess. Beide Wände zeigten sich im Juli 2011 unterschiedlich stark verschmutzt.<br />

Im Norden der Ostwand waren deutlich noch Russablagerungen des<br />

letzten Stadtbrandes von 1833 wahrnehmbar.


20<br />

Fotografische Inventarisation<br />

Beide Seitenwände wurden an zwei Tagen fotografisch in jeweils zwei Schichten<br />

fotografisch inventarisiert. Die Kamera mit einer festen Brennweite wurde<br />

dabei auf einem Kamerawagen, der die Basis für das Stativ bildete, in Abschnitten<br />

von 90 cm durch den Durchgang geschoben. Das Bildmaterial wurde<br />

anschliessend mit der Photoshop-Software zu einer Gesamtansicht der Ostund<br />

Westwand zusammengefügt. Die Ton- und Farbwertunterschiede wurden<br />

deutlich sichtbar; es gelang aber eine weitgehend verzerrungsfreie Übersicht<br />

beider Wände des Durchgangs.<br />

Ostwand, sog. Pfyffer-Portal<br />

Steinmetzzeichen


21<br />

<strong>Metzgerbögli</strong>, Ostwand, 20. Juli 2011<br />

<strong>Metzgerbögli</strong>, Westwand, 21. Juli 2011


22<br />

Zeichnerische Inventarisation<br />

Ost- und Westwand wurden zeichnerisch inventarisiert. Dabei wurde verzichtet,<br />

ein Gitternetz über die Zeichnung zu legen; der vielgestaltige Wandaufbau<br />

kann deshalb besser wahrgenommen werden. Einzelne Bereiche werden in der<br />

Folge kommentiert. Jede Wand wird in drei Teilen dargestellt.<br />

Ostwand


Kommentar:<br />

1 | Vormauerung. Diese jüngste Vormauerung der Ostwand besteht aus auch<br />

heute noch üblichen Backsteinen (swissbricks) und wurde im Zeitraum der letzten<br />

25 Jahre bei Bauarbeiten an der Elektroinstallation eingezogen. Zwischen<br />

der Vormauerung 1 und 2 befindet sich ein vertikaler Kabelschacht aus Faserzement,<br />

der in dieser Form in den dreissiger und vierziger Jahren des letzten<br />

Jahrhunderts von der Schweizer Eternit-Niederlassung hergestellt wurde. Er ist<br />

leer, weswegen angenommen werden darf, dass die Vormauerung 1 später vorgenommen<br />

wurde.<br />

2 | Vormauerung: Sie besteht aus handelsüblichen, dünn gefugten Normal-<br />

Kalksandsteinen, die seit dem Ersten Weltkrieg in der Schweiz in dieser Form<br />

und diesen Massen hergestellt werden. Nach Süden ist dieser Vormauerungen<br />

einer älteren<br />

3 | Vormauerung vorgeblendet. Diese besteht ebenfalls aus normierten, aber<br />

älteren Kalksandsteinen. Es ist, da an der Westwand eine ähnliche Vormauerung<br />

vorgenommen wurde, deshalb davon auszugehen, dass eine Verstärkung<br />

des Mauerwerks durch Verblendung beider Seitenwände im Bereich des Nordportals<br />

notwendig war.<br />

4 | Putzreste: Trotz des Abbruchs der jüngsten Verputzschicht Ende Juni<br />

2011 blieb eine ältere, stark verschmutzte / verrusste Putzschicht erhalten,<br />

welche an dieser Stelle die Steinköpfe des Bruchsteinmauerwerks grössenteils<br />

deckt.<br />

5 | Sicherungskasten: Er gehört zu den Hausinstallationen des <strong>Luzern</strong>er ewl-<br />

Unternehmens (ehemals: Städtische Werke), stammt anscheinend aus den<br />

fünfziger Jahren des 20. Jh. und wurde im Innern (technisch) mehrfach umgebaut.<br />

Die zuführenden Elektroleitungen sind aber, dies zeigen die Installationen<br />

unter der abgehängten Decke, teilweise jünger, aber auch älter. Die jüngeren<br />

bestehen aus Kunststoffrohren, die mutmasslich in den 70er-Jahren, als die<br />

Decke eingezogen wurde, die Versorgung des Hauses und der Gasthaus-<br />

Küche mit elektrischer Energie übernahmen. Die älteren Installationen bestanden<br />

aus nicht mehr verwendeten, z.T. textilbespannten Starkstrom-Leitungen,<br />

welche in sog. Bergmannrohren an der Decke geführt wurden. (Alle diese Leitungen<br />

wurden im Zuge der Baumassnahmen entfernt).<br />

6 | Ziegelbruch: Baunähte, welche auf eine verschiedene Bauetappen hinzuweisen<br />

scheinen, sind im nördlichen Bereich der Ostwand deutlich sichtbar.<br />

Dazu gehört eine horizontale Linie von Ziegelbruch, welche darauf hindeutet,<br />

dass die Wand an dieser Stelle zu einem bestimmten Zeitpunkt neu aufgeführt<br />

wurde.<br />

7 | Lichtnische Nord: In der Zeichnung wurde die Lichtnische deutlich rot<br />

eingefärbt; auf den ersten Blick war zunächst wegen der starken Verrussung<br />

nicht eindeutig, aus welchem Material die Lichtnische errichtet wurde. Feine<br />

Abplatzungen zeigen jedoch, dass die Basis, die Seitenwände und das ‚Dach’<br />

der Lichtnische aus Backsteinen bestehen. Diese Backsteine sind unterschied-<br />

23


24<br />

lich lang, breit und hoch; sie sind nur mit Mühe von den kleinen Bruch- und<br />

Hausteinen zu unterscheiden, welche in beiden Seitenwänden des Durchgangs<br />

auftreten. Sie gehören, was die Materialisation des Durchgangs betrifft, als<br />

Zeugen einer einfachen Manufaktur zum älteren Bestand. Die Ausfachung der


25<br />

Lichtnische wurde ebenfalls mit Backsteinen vorgenommen; sie sind regelmässig<br />

geformt, besitzen eine glatte Oberfläche und wurden dünn gefugt. Sie<br />

stammen anscheinend aus dem 18. Jh.<br />

Der zweite Ausschnitt (vgl. letzte) Seite, enthält in der Mitte das sog. Pfyffer-<br />

Portal.<br />

Kommentar:<br />

8 | ausgefachte Maueröffnung:: Mit einer weissen Kalkschlämme wurde die<br />

Ausfachung einer kleinen, querrechteckigen Maueröffnung, die später ausgefacht<br />

wurde, übertüncht.<br />

9 | Pfyffer-Portal: Das spätgotische Portal war nach dem Abbruch des Verputzes<br />

ausschliesslich in seiner oberen Hälfte sichtbar und im Gegensatz zu<br />

den Lichtnischen mit Bruchsteinmauerwerk ausgefacht. Dies lässt die Vermutung<br />

zu, dass das Portal früher geschlossen wurde als die Lichtnischen selbst,<br />

möglicherweise bereits im 15. Jh., da die Zünfte der Metzger und Ballenberger<br />

das neue <strong>Zunfthaus</strong> errichtet haben und die ehedem offene Gasse überdacht<br />

wurde.<br />

10 | Deckensprung: Die abgehängte Decke aus den 70er-Jahren des 20. Jh.<br />

endet hier.<br />

11 | Elektroinstallation der swisscom: Der Kabelkanal der swisscom, welche das<br />

Nachbarhaus (Kornmarktgasse 14) und das <strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong> verbindet,<br />

besteht aus Eisen und wurde vermutlich in den ausgehenden 40er-, bzw. 50er-<br />

Jahren des 20. Jh. in die Mauer eingefügt. Die Ummantelung der swisscom-<br />

Datenleitung, ein gerilltes, grünes Kunststoffrohr, wird heute noch von dem<br />

swisscom-Tochterunehmen Cablex als Feuchtigkeitsschutz im Leitungsbau eingesetzt.<br />

Nach dem Arbeitsrapport der Cablex fand der letzte Ersatz der Datenleitung<br />

2002 statt. Der Bodenflick, der sich an dieser Stelle von der Ostwand <strong>zur</strong><br />

Westwand hinzieht, deutet auf Baumassnahmen aus jüngster Zeit im Bereich<br />

der Bodenoberfläche hin.<br />

Die Gewände des sog. Pfyffer-Portals zeigten sehr wenige Spuren von Verwitterung<br />

und Nutzung. Das Kapellbrücke-Bild Nr. 37 Mordnacht von <strong>Luzern</strong>, zeigt<br />

an der Westfassade des Von Wylschen/Pfyfferschen Wohnhauses ein Vorzeichen,<br />

das möglicherweise dem Schutz des Zugangs diente; allerdings bestand<br />

1612/13, als Wägmanns Mordnacht-Bild entstand, das <strong>Metzgerbögli</strong> als Durchgang<br />

längst.<br />

12 | Alte Putzreste haben sich auch im Bereich des Pfyffer-Portals erhalten.


Kommentar:<br />

13 | Lichtnische Mitte: Die Lichtnische besitzt die gleiche Bauform wie die<br />

nördliche, ist allerdings etwas kleiner. Die Funktion der eisernen Lasche an der<br />

Basis der Lichtnische konnte bisher noch nicht geklärt werden; möglicherweise<br />

diente sie <strong>zur</strong> Befestigung des Leuchtmittels.<br />

26


27<br />

14 | Putzreste: Grossflächige, alte Pustreste bedecken im unteren Bereich der<br />

Ostwand an dieser Stelle die Köpfer der Bruchsteine.<br />

15 | Lichtnische Süd: Die Lichtnische weist, was ihre Gewände und die Ausfachung<br />

betrifft, dieselben Merkmale wie die beiden anderen spätmittelalterlichen<br />

Lichtnischen auf. Allerdings ist diese Lichtnische in ihren Proportionen<br />

etwas schmaler als die beiden anderen.<br />

16 | Maueröffnung: Auffallend ist die Ausfachung der querrechteckigen Öffnung<br />

der Mauer an dieser Stelle. Die Ausfachung wurde mit Bruchstücken zerbrochener<br />

Industrie-Bausteinen vorgenommen; ein weisser Kalkmörtel, womöglich<br />

mit Trasszement, wurde als Bindemittel eingesetzt. Höchstwahrscheinlich<br />

wurde, wie die Position des Füllmaterials zeigt, die Ausfachung bei<br />

Bauarbeiten im Nachbarhaus vorgenommen.<br />

Die bedeutenden und wichtigen bauarchäologischen Funde an der Ostwand<br />

bilden das spätgotische Portal mit seiner aussergewöhnlichen materialen Qualität<br />

und die drei Lichtnischen im Norden, in der Mitte und im Süden des<br />

Durchgangs. Lichtnischen sind, soweit sie die Jahrzehnte und Jahrhunderte<br />

überdauert haben, in Burgen und Schlössern, aber auch in Privathäusern zu<br />

beobachten; sie fehlen aber heute als letzte Zeugen einer öffentlichen Beleuchtung<br />

im urbanen Raum.<br />

Vergleichsbeispiel aus Bern: Lichtnische<br />

im Vorderhaus, Münstergasse 44 (Café<br />

Einstein)


28<br />

Westwand<br />

Kommentar:<br />

1 | Maueröffnung: Unmittelbar hinter dem nördlichen Portal und einem stehen<br />

gebliebenen Putzrest zeigt sich auch hier eine – wohl mit Backsteinen –


ausgefachte querrechteckige Fensteröffnung.<br />

2 | Vormauerung: Die Vormauerung entspricht jener der gegenüber liegenden<br />

Ostwand. Sie besteht ebenfalls aus Normkalksandsteinen. Ihr schliesst sich eine<br />

ältere<br />

3 | Vormauerung an, die deutlich den Charakter einer Verblendung trägt, aus<br />

kleinen Hausteinen und alten Backsteinen bestehen muss und schliesslich mit<br />

Kalkmilch geschlämmt wurde. Das<br />

4 | Zwillingsportal trägt eine ca. 3 cm vorstehende Ausfachung aus kleinen,<br />

dünn gefügten Kalksandsteinen. Der harte Kalkputz hat sich im unteren Teil<br />

des Zwillingsportals erhalten. An der Fasung der Portalstürze lassen sich auf<br />

den zweiten Blick drei unterschiedliche Farbfassungen mit ochsenblutroter<br />

Farbe unterscheiden. Bis Mitte des 19. Jh. diente das <strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong> als<br />

Zunftlokal der <strong>Luzern</strong>er Metzger. Eine gelblich-weisse Farbe ist in Spuren auf<br />

den Gewänden noch sichtbar, vor allem auf dem linken, südlicheren Zwillingsportal.<br />

Die Westewand zeigt zwischen dem Nordportal des Durchgangs<br />

und dem nördlichen Zwillingsportal einen einheitlicheren Aufbau des Wandgefüges.<br />

29


30<br />

Deutlich sichtbar sind die von Steinmetzen zugerichteten Steine, auch Hausteine<br />

sind in grösserer Zahl in dieser Wand verbaut worden. Der Mörtel ist<br />

von unterschiedlicher Farbe; verschieden grosse Sandkörner verraten, dass<br />

beim Ansetzen des (Sumpf-)Kalkmörtels Sand unterschiedlich grosser Siebkurven<br />

verwendet wurde.<br />

5 | Südliches Zwillingsportal: Die flaschengrüne Türe mit den mittelalterlich<br />

anmutenden Eisenbändern evoziert den Schein, dass die Türe zum Originalbestand<br />

des <strong>Zunfthaus</strong>es gehören müsse – sie ist tatsächlich ein Produkt aus dem<br />

ausgehenden 19. Jh. Risse am linken Gewände machen deutlich, dass die ursprüngliche<br />

Türe innen angeschlagen war. Im 19. Jh. erhielten die Portalstürze<br />

eine neue Fasung und die Türe neue Angeln. So liess sie sich nach aussen, gegen<br />

den Durchgang hin, öffnen. Die Türe selbst wurde aus einfachen Fichtenhölzern<br />

mit Zunge und Fuge zusammengesteckt und verleihmt; die Eisenbänder<br />

und die schwarze Lünette aus Eisenguss (die zweite ist im Laufe der Zeit<br />

verloren gegangen) sind die erwähnten historisierenden Schmuckelemente. Die<br />

Gewände des Zwillingsportals wurden aus wenigen, mächtigen Steinblöcken<br />

zusammengefügt; das nördliche Zwillingsportal zeigt, trotz einiger Schadstellen,<br />

eine sehr schöne Fassung. Im Bereich oberhalb der beiden Korbbögen<br />

lassen sich die Überreste der ochsenblutroten Farbfassungen und der gelbweissen<br />

Übertünchung beobachten. Die ochsenblutrote Farbfassung steht im<br />

funktionalen Einklang mit dem <strong>Zunfthaus</strong>: Beide Zünfte, die Metzger wie die<br />

Ballenberger, gründeten auf verbrieften Recht; ihre gesellschaftliche Stellung<br />

und Macht waren gross; beide stellten im Kriegsfall dem Rat von <strong>Luzern</strong><br />

Truppen <strong>zur</strong> Verfügung. Beide Zünfte folgten alten Ritualen; in den Zunftstuben<br />

beider wurde berufsbezogen auch Recht gesprochen. Wenn man sich vorstellt,<br />

dass die Westwand einen hellen (Sumpf-)Kalkverputz trug, so stachen<br />

die beiden Zwillingsportale als gesellschaftliche Ehrenzeichen selbst im verschatteten<br />

Durchgang durch ihre ochsenblute Fassung deutlich hervor.<br />

6 | Vormauerung: Die Kalkschlämme auf der Vormauerung ist nach wie vor<br />

so intakt, dass nicht klar ersichtlich wurde, aus welchem Baumaterial die Vormauerung<br />

besteht. Sie besteht zweifelsohne aus unterschiedlich grossen, zugerichteten,<br />

kleinen Bausteinen, und die Vermutung liegt nahe, dass die Vormauerung<br />

möglicherweise in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Veränderung<br />

des südlichen und der Ausfachung des nördlichen Portals entstanden<br />

sein könnte. Auch eine ältere Vormauerung schliesst sich südlich an die eben<br />

erwähnte an. Das südliche Zwillingsportal dient heute der Gaststätte für die<br />

Sommerwirtschaft auf dem <strong>Weinmarkt</strong> als Economat.<br />

Der weiter südlich gelegene Eingang (zum Heizungskeller) verfügt ebenso über<br />

eine grüne Türe. Baugeschichtlich entstand sie zweifellos in der zweiten Hälfte<br />

des 19. Jh. Neben dem südlicheren Türsturz zeigen sich nach dem Entfernen<br />

des Putzes


32<br />

7 | die Leitungsführung von swisscom und ewl für die Hausinstallation. Denkmalpflegerisch<br />

ergibt sich damit eine heikle Situation: Die Spuren dieser Installationen<br />

können konzeptuell nicht gezeigt werden. Die Gewandung der Türe und des Zugangs<br />

<strong>zur</strong> Wendeltreppen sind eng verschränkt, und die Putzreste sind Zeugen für<br />

verschiedene Bauphasen in den letzten 150 Jahren. Die<br />

8 | Untersicht der Wendeltreppe wurde in jüngerer Zeit mit einem Acrylanstrich<br />

versehen; er löst sich fleckig vom Sandstein. Zwei Möglichkeit bestehen, um das<br />

Schadenbild zu mildern: das Freilegen des Sandsteins oder die Neufassung der<br />

Wendeltreppen-Untersicht mit einem Mineralfarben-Anstrich.<br />

9 | Die unterschiedlichen Putzreste sind Zeugen unterschiedlicher Bauphasen.<br />

10 | Die Baustruktur zwischen dem Südportal des Durchgangs und dem Zugang<br />

<strong>zur</strong> Wendeltreppe offenbart eine deutlich sichtbar Baunaht: Im unteren Teil des<br />

Mauerabschnitts zeigt sich auch hier eine Vormauerung oder eine Verblendung<br />

mit unterschiedlichen Materialien (Bruchsteinen, Backsteinen); der obere Teil des<br />

Mauerwerks besteht aus grossem Bruchsteinmauerwerk, das in der Bauweise stark<br />

an das Bruchsteinmauerwerk der gegenüberliegenden Ostwand erinnert.<br />

Das Zwillingsportal bildet den bauarchäologisch bedeutenden und zentralen Fund<br />

an der Westwand des Durchgangs. Es ist Spiegel der gesellschaftlichen Entwicklung<br />

am Ende des Mittelalters und beim Beginn der Neuzeit in <strong>Luzern</strong>.<br />

Die Unterschiede in der Aufrichtung der Wand lassen die Vermutung zu, dass,<br />

wie bereits im IBID-Altstadtinventar angeführt, der Vorgängerbau des heutigen<br />

<strong>Zunfthaus</strong>es <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong> möglicherweise aus einem Vorderhaus am <strong>Weinmarkt</strong> und<br />

einem Hinterhaus am heutigen Brandgässli bestanden haben könnte. Ein vertiefender<br />

baugeschichtlicher Untersuch könnte hier <strong>zur</strong> Klärung führen.


33<br />

7 | Protokoll<br />

der restauratorischen Massnahmen<br />

Chronologie der Konzeptentwicklung<br />

Die Planung, Wahl und Ausführung der restauratorischen Massnahmen erwiesen<br />

sich als weitaus komplexer und schwieriger, als alle Beteiligten ursprünglich<br />

angenommen hatten. Das Protokoll listet sie schrittweise auf. Die Entscheidungen<br />

und das wachsende Wissen über neue Erkenntnisse und veränderte<br />

Rahmenbedingungen mündeten schliesslich in einen sanften Wandel des<br />

denkmalpflegerischen Konzeptes.


34<br />

20.07.2011 | Beginn der Inventarisation<br />

Vom 06. bis 08. August 2011 wurden Ost- und Westwand fotografisch und<br />

zeichnerisch erfasst. Die Arbeiten gestalteten sich schwierig und zeitaufwändig,<br />

da der Gastwirtschaftsbetrieb nicht gestört werden sollte.<br />

Die Inventarisation der Ost-und Westwand bildete die Grundlage <strong>zur</strong> Konzeptentwicklung<br />

und erwies sich als schwierig. Der Durchgang des <strong>Metzgerbögli</strong>s<br />

ist eng und hat ein kleines Gefälle. Der Boden steigt bis zum Zwillingsportal<br />

um 7cm an, um dann gegen das Brandgässli wieder abzusinken. Die Decke<br />

ist von N her zu zwei Dritteln in den siebziger Jahren des 20. Jh., da die<br />

neue Beleuchtung eingezogen wurde, abgehängt.<br />

Die fotogrammetrische Inventarisation fand vom 15. bis 18. August 2011<br />

statt, die zeichnerische folgte anschliessend.<br />

Ostwand<br />

Zunächst war die Funktion der verschiedenen, ausgefachten historischen Maueröffnungen<br />

unklar. Während der Inventarisation wurde am 08. August 2011<br />

das Steinmetzzeichen am Pfyfferschen Portal entdeckt. Dasselbe Zeichen findet<br />

sich im Baghardsturm des Zur-Gilgen-Hauses am Kapellplatz und in der<br />

Franziskanerkirche. Es deutet auf die gesellschaftliche Bedeutung des Hauses<br />

hin, zu dem das Portal Einlass gewährt hat.<br />

Die kleinen, ausgefachten Nischen eine im Norden, eine in der Mitte in unmittelbarer<br />

Nähe zum Pfyffer-Portal und eine dritte im Süden nahe des Brandgässlis<br />

erwiesen sich früh als sog. Lichtnischen; der Berner Kantonsarchäologe<br />

Dr. Daniel Gutscher bestätigte den Befund. Lichtnischen haben sich in Innenräumen<br />

(z.B. hochmittelalterlichen Burganlagen oder in Privathäusern, z.B. im<br />

heutigen „Café Einstein“ an der Münstergasse 44, Bern) erhalten; aussergewöhnlich<br />

ist ihr Vorkommen im öffentlichen Raum – in der Schweiz ist kein<br />

zweites Beispiel dafür bekannt. Das Kapellbrückenbild Nr. 37 zeigt den<br />

Durchgang noch als öffentliche Gasse; das einfallende Tageslicht hätte für die<br />

Beleuchtung ausgereicht. In ihrer äusseren Form sind alle drei Nischen weitgehend<br />

identisch, allerdings nicht in ihrer Grösse. Die drei Lichtnischen wurden<br />

später mit Backsteinen und einem stark sandhaltigen Kalkmörtel ausgefacht<br />

und überdeckt.<br />

Die Ostwand zeigt im Norden starke Russablagerungen auf den Bruchsteinund<br />

Backsteinköpfen. Diese Ablagerungen können, müssen aber nicht ein<br />

Überbleibsel des letzten Stadtbrandes von 1833 darstellen. Diese Verrussung<br />

erhöht optisch den Kontrast zwischen der Bruchsteinmauerwand und der<br />

Kalksandstein-Vormauerung.


35<br />

Westwand<br />

Das Zwillingsportal an der Westwand zeigte deutliche Spuren einer ochsenblutroten<br />

Fassung; mehrere ochsenblutrote Farbschichten waren überlagernd<br />

erkennbar. Die Farbe galt als öffentliche Auszeichnung, und der Zugang zu<br />

Räumen, die der Rechtssprechung dienten, trugen oft ein Ochsenblutrot.<br />

Vormauerungen aus Kalksandstein zeigten sich sowohl an der Ostwand wie an<br />

der Westwand. Die grossformatigen Kalksandsteine im Norden der Ostwand<br />

stammten aus einer Schweizer Produktion des 20. Jh. und entsprechen den geltenden<br />

Normen. Diese Vormauerung unterhalb des ewl-Sicherungskastens bildete<br />

zweifelsohne die jüngste Bauschicht. Anders verhält es sich mit der Vormauerung<br />

an der Westwand: Sie reicht vom Portalbogen des Durchganges im<br />

Norden bis zum Zwillingsportal. Das nördliche, bisher nicht sichtbare Zwillingsportal<br />

ist ebenfalls mit Kalksandsteinen ausgefacht. Sie sind klein und<br />

dünn. Zwar wurden Kalksandsteine bereits um 1854 durch den deutschen Arzt<br />

Dr. A. Bernhardi mittels einer Handpresse aus Sand und Calziumkarbonat hergestellt;<br />

dieser Kalksandstein erwies sich nicht als druckfest. Dr. Wilhelm Michaelis<br />

reichte 1880 beim Berliner Patentamt eine Patentschrift (Nr. 14195) ein,<br />

worin er das Verfahren beschrieb, aus Sand, Kalk und Wasser unter Dampfdruck<br />

Kalksandsteine herzustellen und zu härten. 1894 nahm in Neumünster<br />

die erste Fabrik die industrielle Fertigung von Kalksandstein auf; 1899 begann<br />

die Produktion von Kalksandsteinen in Pfäffikon SZ. Die Kalksandsteine im<br />

Zwillingsportal sind vergleichsweise kurz, klein und glatt; sie entsprechen nicht<br />

der auch für Kalksandsteine vor der Jahrhundertwende vorgeschriebenen alten<br />

deutschen Reichsziegelnorm. Sie waren aber mit einem Dünnbettmörtel<br />

(Kalkmörtel) verarbeitet worden; derselbe sehr helle Kalkmörtel überdeckte<br />

auch die letzte ochsenblutrote Fassung des ganzen Zwillingsportals.<br />

Die Vormauerung der Westwand wurde auch mit einem dünnformatigen Kalksandstein<br />

vorgenommen, allerdings später als die Ausfachung des Zwillingsportals<br />

und dem Anschein nach vermutlich erst im 20. Jh.<br />

Boden<br />

Der Boden des Durchgangs besteht aus einem geriffelten Stampfbeton. Die<br />

Verarbeitungsform war Ende des 19. Jh. und zu Beginn des 20. Jh. üblich für<br />

rutschfeste Bodenbeläge (z.B. auf Terrassen). Der ursprüngliche Bestand wurde<br />

im 20. Jh. verschiedentlich (z.B. durch Leitungsbau) verletzt.<br />

Decke<br />

Eine abgehängte Decke mit Leuchten aus der zweiten Hälfte der 70er-Jahre<br />

(für das Stadtlicht) zieht sich vom nördlichen Portal des Durchgangs bis zum<br />

Reklameleuchtkasten kurz vor dem Einstieg in das Treppenhaus des Zunfthau-


36<br />

ses zu <strong>Metzgern</strong>. Die alte Beleuchtung des Durchgangs bestand aus sieben<br />

Deckenleuchten vom Bautyp DISKUS von Regent in der PL-Version mit<br />

konventionellem Vorschaltgerät, bestückt mit 16 Watt-Fluoreszenz-Leuchtmittel<br />

PL 16 Watt in der Lichtfarbe warmweiss (2700° Grad Kelvin) und einer<br />

Anschlussleistung von jeweils 21 Watt, was einer Gesamtleistung von ca. 150<br />

Watt entsprach. Diese Leuchten bildeten die öffentliche Beleuchtung des<br />

Durchgangs (Stadt- und Sicherheitslichtung) und tauchten das <strong>Metzgerbögli</strong> in<br />

ein schummriges Licht. Nach Angaben der ewl bestand auch in der Umsetzung<br />

des Plan Lumière Handlungsbedarf.<br />

Die Decke besteht aus Gipskartonplatten. Die Einbauleuchten wurden nicht<br />

linear und symmetrisch gesetzt, was auf den zweiten Blick störend wirkt.<br />

Die Untersicht der Wendeltreppe, die im Süden des Durchgangs sichtbar ist,<br />

wurde in den 70er-Jahren mit einem hellen, glänzenden Kunstharzanstrich gefasst.<br />

Die Farbe blättert ab; darunter wird die Tragkonstruktion aus Sandstein<br />

sichtbar.


| Durchgang von Norden<br />

37


| Lichtnische Nord an der Ostwand, ausgefacht<br />

38


| Lichtnischen Mitte (links) und Süd (rechts) beide ausgefacht<br />

39


| Das sog. Pfyfferportal an der Ostwand<br />

40


| Westwand N<br />

41


| Zwillingsportal an der Westwand: links der Economat (bestehend) bei geöffneter<br />

Türe, rechts bei der Entfernung des Putzes entdeckte Zwillingsportal zum<br />

<strong>Zunfthaus</strong><br />

42


43<br />

September / Oktober 2011: Entwicklung des Vorgehenskonzepts<br />

Der Durchgang des <strong>Metzgerbögli</strong>s konnte während der Baumassnahmen <strong>zur</strong><br />

Verwirklichung des Konzepts nicht gesperrt werden. Er musste für den Fussgängerverkehr,<br />

den Transport von Waren für Hotels und Detailhandelsgeschäfte<br />

im Brandgässli und für den Betrieb der Gartenwirtschaft des hauseigenen<br />

Restaurants Giardino offen bleiben. Der zeitliche Aufwand der Fachleute<br />

(Baumeister, Metallbauer und Kunsttechnologen) wuchs dadurch um 30 Prozent<br />

an, verlängerte damit Bauzeit und erhöhte die Baukosten.<br />

Die Konzeptentwicklung geschah in enger Zusammenarbeit mit der kantonalen<br />

und städtischen Denkmalpflege. Diese Entwicklung folgte den Entscheidungsfeldern<br />

Boden, Seitenwände und Decke und orientierte sich stets an der<br />

denkmalpflegerischer Grundhaltung von Bauherrschaft und Projektleitung.<br />

Boden des Durchgangs<br />

Der Grundsatzentscheid fiel allen Beteiligten leicht: Der bestehende Bodenbelag<br />

aus der Jahrhundertwende des 20. Jh. wird beibehalten. Die Flickstellen,<br />

welche in den 80er-Jahren des 20. Jh. Einbaumassnahmen der swisscom dokumentieren,<br />

waren in ihrer Erscheinung durch Retuschen zu mildern.<br />

Seitenwände: Ost- und Westwand des Durchgangs<br />

Die Expertin / Der Experte der städtischen und kantonalen Denkmalpflege<br />

vertraten gegensätzliche Restaurierungsvorstellungen für den Durchgang: das<br />

erneute Schliessen beider Seitenwände durch einen neuen Verputz oder das<br />

Zeigen der bauhistorischen Funde. Die Inventarisation und die historischen<br />

Abklärungen machten deutlich, dass das Pfyffer-Portal, die drei Lichtnischen<br />

und die Zwillingspforte zum <strong>Zunfthaus</strong> bedeutende Zivilisationszeugen darstellen,<br />

die offenen Bruchsteinmauern der Seitenwände mit zahlreichen, höchst<br />

unterschiedlichen geschichtlichen Baunähten kaum viel Orientierungshilfen für<br />

die individuelle Wahrnehmung dieser Funde boten. Falls diese Funde der<br />

Nachwelt gezeigt werden sollten, so stellte sich die Frage, wie dies zu geschehen<br />

habe.<br />

Beide Seitenwände konnten in ihrem aktuellen Zustand so nicht gezeigt werden.<br />

Ein beträchtlicher Teil der Bruchsteine waren lose; Passanten konnten sie<br />

mit einem Handgriff entfernen. Um dies zu verhindern, wären konservatorische<br />

Massnahmen zwingend notwendig geworden, d.h. das lose Bruchsteinmauerwerk<br />

hätte, nach einer vorangehenden Reinigung, mit Sumpfkalkmörtel<br />

gefestigt werden müssen. Diese Massnahmen würden die sichtbar gewordene<br />

Patina zerstören und die Seitenwände in einer Art und Weise präsentieren, wie<br />

sie historisch zu keinem Zeitpunkt ihrer Geschichte sichtbar waren. Andere<br />

Massnahmen drängten sich bei den Funden auf: Die Lichtnischen, das Pfyffer-


44<br />

Portal und die Zwillingspforte waren ausgefacht, und nur Fachleute konnten<br />

deren funktionalen Aufgaben erahnen. Wer dem interessierten Publikum didaktisch<br />

eine Hilfe für die Wahrnehmung bieten wollte, musste die Ausfachungen<br />

entfernen oder zumindest reduzieren, damit die Funde optisch im<br />

eigentlichen Sinne sichtbar wurden.<br />

So ergab sich für die Seitenwände des Durchgangs gemäss Protokollnotiz das<br />

folgende erste, denkmalpflegerische Konzept:<br />

- Die Ostwand (in Richtung Kornmarkt) wird auf der ganzen Länge mit einem<br />

‚bauhistorischen Schaufenster’ verglast. Es sollte dem Publikum Einblick in die<br />

Geschichte erlauben. Die Ausfachungen der Lichtnischen und des Pfyffer-<br />

Portals sollten entfernt werden.<br />

- Die Ausfachung der Zwillingspforte an der Westwand sollte reduziert werden,<br />

um die beiden Pforten als raumplastisches Element deutlicher erscheinen<br />

zu lassen. Die übrigen Teile der Bruchsteinmauer-Westwand erhalten einen<br />

neuen Sumpfkalk-Verputz; das visuelle Erscheinungsbild des Durchgangs wird<br />

damit beruhigt.<br />

Decke und Beleuchtung<br />

Die Decke stammt baugeschichtlich aus den 70er-Jahren. Sie bleibt erhalten.<br />

Der Acryllack der Wendeltreppe im Süden des <strong>Metzgerbögli</strong> wird entfernt und<br />

allenfalls durch einen entsprechenden Anstrich ersetzt.<br />

Die bisherige Leuchtreklame der Gaststätte Giardino soll ersatzlos entfernt<br />

werden. Der Wirt darf mit einem Reklameschild, das an dem schmiedeisernen<br />

Zugangsgitter zum Treppenhaus angebracht wird, für seine Gaststätte werben.<br />

Die Grundkonstruktion der Decke wird weiterverwendet, aber farblich neu<br />

gefasst. Die neue Beleuchtung sollte gemäss Vorentscheid der ewl aus wartungsarmen,<br />

schwenkbaren Einbauleuchten Pixel Plus 35W bestehen, welche es<br />

erlauben, den Nutzerinnen (Mietern, Gästen der Gastwirtschaft) den Einstieg<br />

in das Treppenhaus zu erleichtern und die Funde an der West- und Ostwand<br />

optisch zu akzentuieren.<br />

Die Beleuchtung des <strong>Metzgerbögli</strong>-Durchgangs wird funktional und ästhetisch<br />

verbessert, d.h. Leuchten und Lampen ersetzt.


45<br />

Zeitfaktor Umsetzung:<br />

Die Denkmalpflegen von Stadt und Kanton waren mit dem aufgezeigten Konzept<br />

einverstanden. Es konnte aber nicht sofort verwirklicht werden: Die klimatischen<br />

Bedingungen erlauben im Winterhalbjahr die Arbeit mit Sumpfkalk<br />

im Aussenraum nicht. Im Zeitfenster des Winterhalbjahres wurden deshalb<br />

folgende weiteren Schritte vorgenommen:<br />

- die Erforschung der <strong>Zunfthaus</strong>-Geschichte<br />

- der Entwurf zu einem ‚bauhistorischen Schaufenster’<br />

Leitideen für das bauhistorische Schaufenster<br />

Funde sollen sichtbar werden. Das ‚bauhistorische Schaufenster’ soll den Einblick<br />

in die Geschichte erlauben, indem es die bauarchäologischen Funde sichtbar<br />

werden lässt. Deshalb wird die ganze Ostwand in Richtung Kornmarkt durch<br />

ein Element-Klappsystem verglast (vgl. Planskizze). Im Zentrum der Präsentation<br />

stehen das spätgotische Portal und die Lichtnischen. Das Portal ist eng mit<br />

den Familien von Wyl und Pfyffer verbunden, insbesondere mit der Persönlichkeit<br />

des sog. Schweizerkönigs Ludwig Pfyffer von Altishofen. Eine weitere Bedingung<br />

betrifft der Kasten der ewl für die elektrische Hausinstallation. Dieser Kasten<br />

verschwindet hinter dem ersten Klappfenster und wird durch eine dunkel gefasste<br />

Metallplatte verdeckt, die künftig zum Aushang der Speisekarten dient.<br />

Ihre dunkle Fassung leitet ästhetisch <strong>zur</strong> brandgeschwärzten Bruchsteinmauer<br />

über. Die letzte Securit-Glasscheibe im Süden wird fix montiert und dem Profil<br />

der Wendeltreppe angepasst.<br />

Die bestehenden, kleinen Schaufenster in den Bögen im Norden und Süden<br />

werden entfernt, ausgefacht und mittels Retuschen im Farbton angepasst.<br />

Westwand<br />

Die wiederentdeckte Zwillingspforte an der Westwand bildet bauarchäologisch<br />

und denkmalpflegerisch den bedeutendsten Fund an der Westwand. Er stützt<br />

die These des IBID-Inventars, wonach die Liegenschaft ursprünglich aus zwei<br />

Hausteilen mit separaten Vertikalerschliessungen bestanden habe. Die Westwand<br />

wird mit Sumpfkalk gestopft, glatt abgezogen und mit einem Kalkanstrich<br />

al fresco weiss gestrichen.<br />

Die ochsenblutfarbene Fassung beider Zwillingspforten wird konserviert und<br />

restauratorisch als historische Spur lesbar aufgewertet. Dies entspricht der historischen<br />

Bedeutung der beiden Pforten, welche zum Zunftlokal der Metzger<br />

und Fischer/Rohrgesellen führten. Die neu entdeckte Pforte, im 19. Jh. mit Kalksandsteinen<br />

ausgefacht, wird um 15 cm <strong>zur</strong>ückgearbeitet. Die Rückwand der<br />

Pforte wird danach mit dunkel massgefärbtem Sumpfkalk geglättet. Alle drei


46<br />

Türen bleiben naturfarben und werden lasiert.<br />

Die Detailplanung der denkmalpflegerischen Massnahmen setzte ein – nach<br />

Massgabe der gemeinsam vereinbarten Leitideen.


47<br />

November 2011 bis Ende März 2012: Konzept: Weiterentwicklung und<br />

Baueingabe<br />

Weiterentwicklung des Konzepts<br />

Das Winterhalbjahr erlaubte keine Bauarbeiten vor Ort. Die Zeit wurde für<br />

zwei Massnahmen genutzt:<br />

- eine vertiefte bautypologische Forschung zum <strong>Zunfthaus</strong> in der Schweiz,<br />

und<br />

- die Entwicklung des bauarchäologischen Schaufensters.<br />

Die Bauherrschaft und die beteiligten Fachleute beschlossen, das bauarchäologische<br />

Schaufenster nach dem Entwurf von Katrin Zehnder, dipl. Architektin<br />

ETH / MAS Denkmalpflege, ausführen zu lassen. Dieser Entwurf sah einen<br />

festen Profilrahmen über die ganze Länge der Ostwand vor, mit zehn Flügeltüren<br />

und einem festen Glaselement am südlichen Ende. Die Flügeltüren erlauben<br />

eine ideale Wartung. Das Element einer Blechtafel im Norden innerhalb<br />

des Schaufensters sollte den ewl-Sicherungskasten überdecken und zum Aushang<br />

der Speisekarten dienen.<br />

Konzeptänderung<br />

Die Entwurfsarbeiten und die Nachforschungen zum <strong>Metzgerbögli</strong> führten zu<br />

einer ersten wichtigen Konzeptänderung. Sie betraf<br />

Decke und Beleuchtung<br />

Der Erhalt der vorhandenen abgehängten Decke in der nördlichen Hälfte des<br />

Durchganges erwies sich ästhetisch nicht als sinnvoll und zielführend. Das<br />

obere Schaufensterprofil wäre im Norden hinter dem Deckeprofil verschwunden<br />

und erst im südlichen Teil in Erscheinung getreten. Der Anschluss dieses<br />

Profils mit der Gipskartonplatte der Decke erwies sich als besonders schwieriges<br />

Problem; seine Lösung hätte darin bestanden, die bestehende Gipskartonplatte<br />

zu entfernen, das Schaufenster zu montieren und danach eine neue<br />

Gipskartonplatte auf die Unterkonstruktion zu montieren. Während der Entwicklung<br />

des Detailkonzepts entschieden sich die beteiligten Fachleute zum<br />

Rückbau der abgehängten Decke. Dieser Rückbau erhöhte die Brandschutz-<br />

Sicherheit der Liegenschaft, weil die Stromversorgung in den Boden verlegt<br />

wurde. Das bauhistorische Schaufenster öffnete zudem die Chance, die Beleuchtung<br />

des Durchgangs in das Schaufenster einzufügen.


Baueingabe<br />

Offen blieb die Frage, ob die baulichen Massnahmen im <strong>Metzgerbögli</strong> eine<br />

Baubewilligung erfordern. Ein Gespräch mit Markus Hofmann, Leiter des<br />

Ressorts Baugesuche in der Abteilung Städtebau der Stadtverwaltung, brachte<br />

die Klärung. Das Projekt sollte mit einem detaillierten Projektbeschrieb, Plänen<br />

und der Einwilligung der Bauherrschaft und der kantonalen Denkmalpflege<br />

dem Ressort <strong>zur</strong> Gegenzeichnung (Bewilligung) eingereicht werden. Am 7.<br />

März 2012 wurde der Projektbeschrieb eingereicht, am 15. März 2012 bei der<br />

Denkmalpflege das offizielle Subventionsgesuch für die Bauarbeiten. Die kantonalen<br />

Denkmalpflege und die Abteilung für Städtebau der Stadtverwaltung<br />

<strong>Luzern</strong> übermittelten ihr Einverständnis für die vorgeschlagenen Baumassnahmen.<br />

48


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51<br />

13. April 2012 | Baumeisterarbeiten: Bodenschlitz für das Fussprofil des<br />

bauarchäologischen Schaufensters, Rückbau der Ausfachungen in den<br />

Lichtnischen und im Pfyfferschen Portal<br />

Am 13. April 2012 begannen die Baumeisterarbeiten. Die Umsetzung des<br />

Konzepts, auf der ganzen Länge der Ostwand, vom nördlichen bis zum südlichen<br />

Portal des Durchgangs ein bauhistorisches Schaufenster ein<strong>zur</strong>ichten,<br />

erforderte zwei Baumassnahmen, welche das erste, ursprüngliche Konzept veränderten.<br />

Das Niveau des Durchgangsboden zwischen dem Nord- und Südportal<br />

zunächst leicht ansteigt, um danach zum Brandgässli hin wieder abzusinken,<br />

konnte das Bodenprofil nicht auf den Boden aufgesetzt werden; es<br />

musste an der Ostwand ein Schlitz ausgehoben werden, um das Bodenprofil<br />

des Schaufensters einbringen zu können. Die zweite Massnahme betraf die<br />

Decke: Die abgehängte Decke musste entfernt werden, damit das Deckenprofil<br />

des Schaufensters montiert werden konnte und das Öffnen der Schaufenstertüren<br />

gewährleistet war. Die Konzeptänderung bildete einen wichtigen restauratorischen<br />

Schritt, welcher ursprünglich weder beabsichtigt, noch geplant war:<br />

Der Durchgang erhielt wieder die ursprünglich durchgehende Decke von Norden<br />

nach Süden, und der Reklameleuchtkasten „Gondola“ musste ebenso wie<br />

die abgehängte Decke weichen.<br />

Das ursprüngliche Konzept war vom Erhalt der Decke und einem Ersatz der<br />

bisherigen Beleuchtung durch eine neue mit Downfloatern ausgegangen. Die<br />

Konzeptänderung bedeutete die Restaurierung der Decke, eine andere Leitungsführung<br />

für die Hausinstallation des <strong>Zunfthaus</strong>es <strong>zur</strong> Gerbern, die seit<br />

den siebziger Jahren des 20. Jh. hinter der abgehängten Decke verborgen war,<br />

die Entfernung älterer, ausser Betrieb stehender Elektroinstallationen aus den<br />

20er-Jahren des 20. Jh. und die Planung einer neuen Beleuchtung für das<br />

<strong>Metzgerbögli</strong>. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht klar, ob sich das Stadtlicht<br />

(: die öffentliche Beleuchtung im Durchgang) mit der Beleuchtung der bauarchäologischen<br />

Funde im bauhistorischen Schaufenster kombinieren liess.<br />

Nach dem Entfernen der Decke löste sich an zwei Stellen der Deckenputz des<br />

Durchgangs. An der einen Stelle war eine Holzlattung aus dem 17. Jh. erkennbar,<br />

an der anderen, nördlicheren, eine zweite mit regelmässig gesägten Holzlatten<br />

aus dem 18. Jh. Die passive Brandbelastung wurde durch die Entfernung<br />

der Decke und der Leuchten verringert, die Sicherheit für das Bauobjekt<br />

denkmalpflegerisch damit erhöht.<br />

Die Baumeisterarbeiten wurden mit grosser Sorgfalt durchgeführt. Es entstanden<br />

keine Sekundarschäden.


| Ansicht des Durchgangs am Abend des 13. April 2012: Die abgehängte<br />

Decke ist entfernt, die Beleuchtung provisorisch festge<strong>zur</strong>rt, das Pfyffer-<br />

Portal <strong>zur</strong> Hälfte freigelegt. Die Ausfachungen in den Lichtnischen sind<br />

rückgebaut, und der Abbruch der Ausfachung im Zwillingsportal an der<br />

Westwand (rechts) mit einem Streifen begonnen. Der Bodenschlitz längs<br />

der Ostwand (links) ist zu zwei Dritteln fertiggestellt.<br />

52


| Boden: Schlitz für das Bodenprofil an der Ostwand im Bereich der nördlichen<br />

Vormauerung. An der unteren Kante sind die Überreste des Sandsteinplattenbelags<br />

erkennbar, womit der Durchgang ausgestattet war,<br />

ehe im 19. Jh. der Stampfbetonbelag eingezogen wurde.<br />

53


| Beginn der Bauarbeiten für den Bodenschlitz im Norden der Ostwand<br />

längs der Vormauerung aus dem 20. Jh. (Kalksandstein- und<br />

Backsteinvormauerung rechts im Bild). Die Backsteinvormauerung<br />

stammt aus der letzten Umbauphase im <strong>Metzgerbögli</strong>, als die Elektroinstallationen<br />

erneuert wurden. Die Sandsteinplatten sind unter dem<br />

Stampfbeton krepiert; unter den Sandsteinplatten zeigt sich ein Bankett<br />

von gemörteltem Bruchsteinmauerwerk.<br />

54


| Decke: Grundputz aus dem 18. Jh. und weisser Farbfassung aus<br />

dem 19. Jh.<br />

55


| Decke: Lattenrost aus dem 17. Jh.<br />

56


| Decke: Lattenrost aus dem 18. Jh.<br />

57


| Lichtnische Nord: Der Rückbau der Ausfachung erfolgte im Beisein der<br />

Projektleiters langsam und sehr sorgfältig. Dabei löste sich der Kalkputz<br />

grossflächig und gab den Blick auf die Rückwand der Lichtnische frei. Die<br />

Rückwand besteht aus drei intakten, quer gestellten Dachziegeln, die in<br />

Art und Dekor den Dachziegeln der Spreuerbrücke entsprechen. Die Lichtnische<br />

Nord muss dementsprechend im 15. Jh. eingerichtet worden sein;<br />

ihr Rahmen wurde aus Back- und Hausteinen aufgeführt.<br />

58


| Lichtnische Mitte: Die Rückwand der mittleren Lichtnische besteht nicht<br />

Ziegeln, sondern aus Ziegelschrot und Backsteinen. Die Funktion der Eisenhalterung,<br />

die unter der Basis der Lichtnische eingemauert ist, konnte<br />

(noch) nicht geklärt werden<br />

59


| Lichtnische Süd: Die südliche Lichtnische besitzt zwar eine ähnliche Aussenform<br />

wie die beiden anderen, ist jedoch schmaler. Die Rückwand besteht<br />

ebenfalls aus quer gestellten Dachziegeln wie bei der Lichtnische<br />

Nord.<br />

60


61<br />

19. /20. April 2012 | Freilegung der Pfyffer-Pforte<br />

Im Gespräch mit der/dem Vertreter/in der städtischen und kantonalen<br />

Denkmalpflege wurde festgelegt, den Rückbau der Ausfachung im sog. Pfyffer-Portal<br />

bis auf das rückwärtige Profil des Portals vorzunehmen und anschliessend<br />

einen glatten Grundputz aufzuziehen. Der Rückbau konnte am 13.<br />

April 2012 nicht abgeschlossen werden. Der Baumeister setzte die Rückbau-<br />

Massnahmen am 19. April 2012 fort.<br />

Rückbau der Ausfachung<br />

Die Situation veränderte sich im Zuge des Rückbaus. Im Zeitpunkt der Ausgangslage<br />

waren alle Beteiligten angesichts des optischen Erscheinungsbildes<br />

davon ausgegangen, dass im Laufe der Baugeschichte und in Folge des letzten<br />

Stadtbrandes von 1833 nur die obere Hälfte des spätmittelalterlichen Portals<br />

erhalten geblieben sei. Diese Annahme erwies sich nun als Irrtum. Der Rückbau<br />

der Ausfachung zeigte nun, dass das spätmittelalterliche Portal in seiner<br />

ganzen ursprünglichen Grösse und erstaunlich unbeschadet bis zu seiner Sohle<br />

den Lauf der Geschichte überstanden hatte. Es stand zu diesem Zeitpunkt aus<br />

denkmalpflegerischer Überlegung ausser jedem Zweifel, das ganze Portal auszugraben,<br />

um den bauarchäologisch bedeutenden Fund besser les- und erkennbar<br />

zu machen. Der Rückbau ergab interessante Einsichten in die Baugeschichte:<br />

Oberhalb einer Höhenkote von 1m war das Pfyfferportal mit Backsteinen<br />

und Ziegelschrot zugemörtelt worden; ein heller, sandhaltiger Kalkmörtel<br />

wurde damals als Bindemittel verwendet. Unterhalb der Kote kamen im<br />

Zuge der Bauarbeiten extrem und unüblich grosse Zyklopensteine aus Kalkstein<br />

zum Vorschein. Diese Zyklopensteine sollten der Ausfachung und der dicken<br />

Brandmauer zwischen dem <strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong> (<strong>Weinmarkt</strong> 3) und dem<br />

im Osten liegenden Nachbarhaus Kornmarktgasse 14 grösstmögliche Stabilität<br />

geben. Die Färbung des bei den Bauarbeiten verwendeten Mörtels, ein kräftiges<br />

Gelb, deutete dabei auf eine Beigabe von viel Lehm bei der Herstellung des<br />

Mörtels hin.<br />

Was bedeuten nun diese Einsichten für die noch nicht ausreichend geklärte<br />

Entstehungsgeschichte des <strong>Zunfthaus</strong>es? Eine sinnfällige Erklärung besteht<br />

darin, dass anlässlich des Baus des <strong>Zunfthaus</strong>es 1458 und des Durchganges das<br />

Pfyffer-Portal mit der Ausfachung geschlossen wurde. Die dabei verwendeten<br />

Backsteine entsprechen in Länge, Breite und Höhe den Backsteinen, welche<br />

beim Bau des Rahmens für die Lichtnischen verwendet wurden. Mit anderen<br />

Worten: Als im 14. Jh. die Fussgängerverbindung vom <strong>Zunfthaus</strong> zu Schneidern<br />

zum <strong>Weinmarkt</strong> noch ein gegen oben offenes Gässchen war, genügte das<br />

einfallende Licht von oben (Zenitallicht) <strong>zur</strong> Erhellung der örtliche Situation.<br />

Der Bau des <strong>Metzgerbögli</strong>s machte die Einrichtung von Lichtnischen notwendig.


62<br />

Die Darstellung des Platzbildes in der Diebold-Schilling-Chronik datiert aus<br />

der Zeitspanne zwischen 1506 und 1509. Die Abbildung verrät, dass die Liegenschaft<br />

<strong>Weinmarkt</strong> 14 zu diesem Zeitpunkt bereits durch eine Tür an der<br />

heutigen Kornmarktgasse betreten werden konnte.<br />

Swisscom-Leitung<br />

Der Rückbau brachte auch die Swisscom-Datenleitung (Telefon) für die Liegenschaften<br />

<strong>Weinmarkt</strong> 3 (<strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong>) und <strong>Weinmarkt</strong> 14 (Nachbarhaus)<br />

zum Vorschein. Denkmalpflegerisch eröffnete sich die Chance, diese<br />

Leitung unter der neuen Rückwand des Portals verschwinden zu lassen. Allerdings<br />

gingen die Architektin und die Projektleitung zu diesem Zeitpunkt davon<br />

aus, dass die Swisscom-Datenleitung gemäss deren Leitungsplan in der Bodenmitte<br />

des Durchgangs verlaufe.<br />

Zwillingspforte: Rückbau der Ausfachung<br />

Der Rückbau der Ausfachung an der nördlichen Zwillingspforte führte zu einem<br />

bedeutenden Fund: Hinter der Ausfachung verbarg sich eine ursprünglich<br />

rot gefasste Holztüre mit Türknauf, Schloss und Vorhängeschloss. Ein Holzwurmbefall<br />

hatte die Holztüre geschwächt. Das Steingewände der Zwillingspforte<br />

zeigte deutliche Spuren ochsenblutroter Farbfassungen, die schliesslich<br />

im ausgehenden 19. Jh. mit einer Kalkschlämme übertüncht wurden.<br />

Die Holztüre wurde anfangs Mai Opfer eines Vandalenaktes.


| Ostwand, sog. Pfyffer-Portal. Rückbau der Ausfachung. Hinter der swisscom-<br />

Datenleitung erscheinen während des sorgfältigen Rückbaus grosse Zyklopensteine,<br />

deren Zwischenräume mit kleinen Bruchsteinen und Ziegelschrot<br />

ausgefüllt wurden.<br />

63


| Ostwand, sog. Pfyffer-Portal. Zyklopensteine, von Norden her gesehen.<br />

Die swisscom-Datenleitung ist bereits entfernt.<br />

64


| Ostwand, sog. Pfyffer-Portal. Rückbau der Ausfachung. Hinter der swisscom-<br />

Datenleitung erscheinen während des sorgfältigen Rückbaus grosse Zyklopensteine,<br />

deren Zwischenräume mit kleinen Bruchsteinen und Ziegelschrot<br />

ausgefüllt wurden.<br />

65


| Ostwand. Pfyffer-Portal. Die Swisscom-Leitung zeigt sich vor den Zyklopen-<br />

Steinen an der Basis der Ausfachung. Deutlich erkennbar sind Backsteine,<br />

Ziegelschrot und die unterschiedlichen Mörtel. Oben liegt der sandhaltige<br />

Kalkmörtel, unten der mit Lehmzuschlag, gelb gefärbte.<br />

66


| Westwand. Zwillingsportal N. Der Rückbau der Ausfachung mit den<br />

Kalksandsteinen wurde am 20. April 2012 fortgesetzt. Reste einer<br />

ursprünglichen Fassung in Ochsenblutrot waren seit der Entfernung<br />

des Westwand-Verputzes bereits 2011 beobachtet worden. Nun zeigte<br />

sich während des Rückbaus, dass das Steingewände nach der Ausfachung<br />

mit derselben Kalkschlämme überstrichen worden war. Der Baumeister<br />

entdeckte beim Rückbau, dass sich hinter der Ausfachung eine holzartige<br />

‚Rückwand’ befand.<br />

67


| Westwand. Zwillingsportal N: Nach dem Rückbau wurde eine Holztüresichtbar.<br />

Im unteren Teil war sie stark wurmstichig. Drei Merkmale wies sie auf: einen<br />

Türknauf, ein Schloss und zusätzlich ein Vorhängeschloss. Ursprünglich muss<br />

diese Türe ochsenblutrot gefasst gewesen sein. Die Steingewände waren ursprünglich<br />

fein gefast. Die ochsenblutrote Fassung des Portals zeigte sich in verschiedenen<br />

Zuständen, einmal heller, zweimal dunkler.<br />

68


| Westwand. Zwillingsportal N, historische Holztüre: Der Türknauf<br />

stammt aus der Spätrenaissance und ist mit einem Sonnenkreis fein<br />

ziseliert. Sein Fuss besteht aus vier Lilien. Der Türknauf besteht aus<br />

getriebenem Eisenblech.<br />

69


| Westwand. Zwillingsportal N, historische Holztüre: Vorhängeschloss.<br />

Das Vorhängeschloss, das im 19. Jh. mit der Türe eingemauert wurde,<br />

verfügt über eine bewegliche Abdeckung des Schlüsselloches und wurde<br />

seit Mitte des 18. Jh. bis in die napoleonische Herrschaftszeit so verwendet.<br />

Das Vorhängeschloss wurde aus Eisen gefertigt. Flugrost verursachte<br />

die rote Färbung von Schloss und Kette.<br />

70


| Westwand. Zwillingspforte N, Holztüre: In der Nacht vom 4. zum 5. Mai<br />

wurde durch Vandalismus die historische Holztüre durch Steine, die<br />

aus der Bruchsteinmauer herausgebrochen wurde, schwer beschädigt.<br />

71


72<br />

05. Mai 2012 | Boden, Decke und Westwand: restauratorische Massnahmen<br />

Der Abschluss der Baumeisterarbeiten bildete die Voraussetzung für das Einfügen<br />

des Bodenprofils. Erst danach konnte das bauhistorische Schaufenster<br />

eingepasst und mit der Restaurierung der Decke begonnen werden. Auf der<br />

Baustelle wurde in diesem Zusammenhang deutlich, dass die Pläne, welche die<br />

Swisscom seinerzeit beim Einbau der Telefon- und Datenleitung für die Liegenschaft<br />

<strong>Weinmarkt</strong> 14 (im Bild links) und für das <strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong><br />

(<strong>Weinmarkt</strong> 3, im Bild rechts) ausgefertigt hat und als Grundlage für die Planung<br />

der Architektin diente, nicht den tatsächlichen Voraussetzungen entsprachen:<br />

Die Datenzuleitung lag nicht, wie die Swisscom-Pläne vorzugeben schienen,<br />

in der Mittelachse des Durchgangs, sondern längs der Ostwand. Die Zuleitung<br />

der Hausinstallation musste deshalb in das Bodenprofil des bauhistorischen<br />

Schaufensters verlegt werden. Der Planungsaufwand wuchs an, und die<br />

Elektroinstallationskosten vergrösserten sich beträchtlich.<br />

Die alte Beleuchtung des Durchgangs wurde provisorisch an der Ostwand angebracht.<br />

Die ewl-Zuleitung zum <strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong>, die bisher hinter der abgehängten<br />

Decke versteckt war, wurde vom ewl-Sicherungskasten an der nördlichen<br />

Ostwand, der nicht entfernt werden durfte, durch das Bodenprofil neu<br />

geführt. Alte, ‚tote’ und nicht mehr betriebene Stromleitungen in Bergmannund<br />

Kunststoffrohren an der Ost- und Westwand wurden entfernt. Antonio<br />

Pungitore konnte anschliessend die Gipsdecke des Durchgangs an den schadhaften<br />

Stelle ausbessern. Eine sehr dünne Gipskartonplatte wurde darüber eingezogen<br />

und mit einem ersten, gebrochen-weissen Kalkanstrich neu gefasst.<br />

Der Durchgang erhielt dadurch einen Teil seines ursprünglichen Aussehens<br />

wieder geschenkt. Durch die veränderte Zuleitung elektrotechnischer Medien<br />

im Bodenbereich wurde die Brandschutz-Situation der Liegenschaft wesentlich<br />

verbessert.


| Durchgang: Das Bodenprofil konnte nach der Verlegung der Swisscom-<br />

Datenleitung auf der ganzen Länge eingepasst werden. Die Schadstellen<br />

an der Decke wurden geschlossen und die Decke selbst mit einem ersten<br />

gebrochen weissen Kalkanstrich neu gefasst. Der Kabelkanal zwischen<br />

Economat und Einstieg ins Treppenhaus ist noch offen – auch das Zwillingsportal<br />

N.<br />

73


| Boden: Nach Absprache mit der städtischen Denkmalpflegerin wurde<br />

in den Kabelkanal zwischen den Liegenschaften <strong>Weinmarkt</strong> 14 (rechts)<br />

und <strong>Weinmarkt</strong> 3 (<strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> Schneidern, links) ein eiserner<br />

Gullydeckel eingefügt. Der Baumeister schloss die Öffnung des Kanals<br />

erneut mit Stampfbeton; die Flickstelle ist allerdings restauratorisch<br />

noch nicht eingetönt. Das Bodenprofil für das bauhistorische Schaufenster<br />

schliesst sich, wie geplant, eng an die Ostwand an. Die Sohle des geöffneten<br />

Pfyffer-Portals (rechts) ist im Bild noch deutlich erkennbar.<br />

74


| Westwand: Die zahlreichen im Laufe des 20. Jh. in Bergmannrohren eingegezogenen<br />

Elektroleitungen unterhalb der nun sichtbaren historischen<br />

Decke im Durchgang sind entfernt. Nicht mehr verwendete Elektrobuchsen,<br />

Ausbrüche, Schadstellen und erhebliche Niveauunterschiede im<br />

Bruchsteinmauerwerk werden mit einem Grundputz aus Sumpfkalk gestopft<br />

und ausgeglichen.<br />

75


| Westwand: Die ganze Westwand des Durchgangs wird restauratorisch<br />

gleichmassen behandelt. Vitus Wey entfernt als Restaurator die Speisekarten-Schaukasten<br />

im Nord- und Südportal des Durchgangs.<br />

76


| Durchgang, Zwischenzustand Mitte Mai 2012: Die Baumeisterarbeiten<br />

sind abgeschlossen, die Beleuchtung provisorisch installiert, das Bodenprofil<br />

für das bauhistorische Schaufenster eingepasst und die Grundputz-<br />

Arbeiten an der Westwand begonnen. Alte Flickstellen im Stampfbeton-<br />

Bodenbelag sind deutlich sichtbar.<br />

77


78<br />

2. Juni 2012 | Einbau des bauarchäologischen Schaufensters<br />

Die Lieferung des Securit-Glases für das bauarchäologische Schaufenster verzögerte<br />

sich. Die sieben Flügeltüren des Schaufensters konnten deshalb erst zu<br />

Beginn des Monats Juni montiert werden. Die Installation des Schaufensters<br />

bildete die Voraussetzung für den Leuchtenentscheid; die Leuchten sollen in<br />

das Deckenprofil des Schaufensters montiert werden.<br />

Die Entfernung der Speisekarten-Kasten in den Torstürzen des Nord- und<br />

Südportals war von Beginn an Teil des denkmalpflegerischen Konzepts. Das<br />

Restaurant benötigt aber funktional einen Ersatz. Das schwarz gefasste Blech<br />

im nördlichsten Flügel des Schaufensters verdeckt oben den ewl-<br />

Sicherungskasten, der sich nicht entfernen liess, und unten die helle Vormauerung<br />

mit grossformatigen Kalksandsteinen schweizerischer Provenienz aus der<br />

zweiten Hälfte des 20. Jh. Zweierlei wurde dadurch erreicht: Das Blech beruhigt<br />

visuell die Gesamtwirkung des bauarchäologischen Schaufensters, und die<br />

Gaststätte im <strong>Zunfthaus</strong> zu <strong>Metzgern</strong> erhält eine neue Möglichkeit, auf ihr aktuelles<br />

gastronomisches Angebot aufmerksam zu machen (Realersatz für die<br />

Speisekarten-Kasten).<br />

Die Leuchten der bisherigen <strong>Metzgerbögli</strong>-Beleuchtung wurden provisorisch in<br />

das bauarchäologische Schaufenster gehängt, eine davon in die nördliche<br />

Lichtnische. Die ursprüngliche Funktion der Lichtnische wurde sinnreich anschaulich.<br />

Im selben Zeitraum wurde die Untersicht der Spindeltreppe im südlichen Teil<br />

des <strong>Zunfthaus</strong>es <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong> restauratorisch freigelegt.


| Durchgang: Das bauarchäologische Schaufenster nach der Montage aus<br />

dem Blickwinkel von Norden (<strong>Weinmarkt</strong>).<br />

79


| Durchgang: Blick in das <strong>Metzgerbögli</strong> von Süden (Brandgässli).<br />

80


| Ostwand, beim nördlichen Durchgangsportal: Der ewl-Sicherungskasten,<br />

der nicht entfernt werden konnte, wird im bauarchäologischen Schaufenster<br />

durch eine schwarze Blechtafel überdeckt, welche künftig dem<br />

Restaurant für das Aushängen der Speisekarten dienen wird.<br />

81


| Ostwand, Lichtnische Nord: Eine Leuchte der bisherigen Durchgangsbeleuchtung<br />

ist provisorisch in die nördliche Lichtnische gelegt worden.<br />

82


| Durchgang, Südportal: Die Untersicht der Spindeltreppe aus dem 17. Jh.<br />

wurde restauratorisch freigelegt. Der Zustand erweist sich als ausserordentlich<br />

gut.<br />

83


84<br />

3. Juli 2012 | Installation der Beleuchtung für das <strong>Metzgerbögli</strong><br />

Das Stadt- oder Sicherheitslicht für die Ausleuchtung des Durchgangs erfolgt<br />

durch energiesparende LED-Leuchten. Sie wurden hinter das Deckenprofil des<br />

Schaufensters montiert, erhellen die Lauffläche des Durchgangs gut, leicht<br />

auch die Decke und die Westwand des <strong>Metzgerbögli</strong>. Die LED-Leuchten sind<br />

kaum sichtbar, entwickeln ausstellungstechnisch kein Eigenleben und blenden<br />

nicht. Die gemischt neutral-weisse und warm-weisse Lichtfarbe kommt dem<br />

Kerzen- und Öllampenlicht, das ursprünglich in den Lichtnischen brannte, nahe<br />

und lässt vor allem die Ziegel- und Ziegelschrot-Bestandteile innerhalb der<br />

Bruchsteinmauer aufleuchten.<br />

Die Beleuchtung erfüllt die Doppelfunktion von Stadtlicht und Schaufensterbeleuchtung<br />

gut, schafft eine dem Objekt entsprechende Atmosphäre und entspricht<br />

konzeptuell und energetisch den Zielsetzungen des Plan Lumière.<br />

Die neue Installation besteht aus zwölf Wand-Deckenleuchten Linealuce Mini<br />

von iGuzzini illuminazione in der energiesparenden LED-Version mit Wall-<br />

Washer-Optik. Die zwölf Leuchten besitzen unterschiedliche Längen und Leistungen.<br />

Die Lichtfarbe ist grundsätzlich warmweiss (d.h. von 3100° Kelvin),<br />

während die Mauer, um ihre Eigenschaften besonders zu betonen, in ein neutralweisses<br />

Licht von 4100° Kelvin getaucht wurde. Die Gesamtleistung der<br />

zwölf neuen Leuchten entspricht jener der bisher sieben Leuchten. Die Lebensdauer<br />

der Leuchtmittel ist um ein vielfaches höher und liegt bei 80’000 h.<br />

Die neuen, vandalensicher hinter Glas installierten Leuchten bestreichen den<br />

Boden des Durchgangs mit einem besseren Licht. Die Sicherheit des Stadtlichtes<br />

wurde durch die neuen LED-Leuchten damit erhöht.


| Durchgang. Blick vom Nordportal des Durchgangs in Richtung Süden<br />

(Brandgässli). Linkerhand, innerhalb des bauhistorischen Schaufensters,<br />

ist das neue Anschlagebrett für die Speisekarten des Restaurants zu erkennen.<br />

85


| Ostwand, Lichtnische N: Wirkung der LED-Beleuchtung auf die Lichtnische<br />

86


| Westwand, Durchgangsportal N: Der Sumpfkalkputz bindet kontinuierlich<br />

ab. Die ehemalige Öffnung für den Speisekasten im Nordportal ist gefüllt,<br />

aber noch nicht schariert worden.<br />

87


| Blick aus dem Südportal des Durchgangs im Brandgässli in Richtung N<br />

auf den <strong>Weinmarkt</strong>.<br />

88


| Ostwand, Pfyffer-Portal: Die LED-Beleuchtung, welche hinter dem Dekkenprofil<br />

des bauhistorischen Schaufensters angebracht ist, beleuchtet als<br />

Sicherheitslicht (Stadtlicht, öffentliche Beleuchtung) nicht nur gut den<br />

ganzen Durchgang, sondern setzt die bauhistorischen Funde im Schaufenster<br />

in ein faszinierendes, blendfreies Licht.<br />

89


90<br />

23. Juli 2012: Deckputz für das sog. Pfyffer-Portal<br />

Am 23. und 24. Juli 2012 erhielt die Rückwand des sog. Pfyffer-Portals an der<br />

Ostwand ihren Deckputz aus Sumpfkalkmörtel. Zwei Kippfenster des bauhistorischen<br />

Schaufensters mussten zu diesem Zweck vorübergehend demontiert,<br />

nach Abschluss der Arbeiten wieder remontiert werden. Damit wurden die<br />

Gipserarbeiten unter der Leitung von Restaurator Martin Hüppi im Rahmen<br />

der denkmalpflegerischen Massnahmen im <strong>Metzgerbögli</strong> abgeschlossen.


| Ostwand, sog. Pfyffer-Portal. Neuer Deckputz auf der Rückwand, aus dem<br />

Blickwinkel von Norden<br />

91


| Ostwand, sog. Pfyffer-Portal. Neuer Deckputz auf der Rückwand, aus dem<br />

Blickwinkel von Südwesten. Zustand am 25. Juli 2012 nach der Remontage<br />

beider Schaufensterflügel.<br />

92


93<br />

2. August 2012: Retuschen an den Steingewänden an der Westwand und<br />

der Wendeltreppe-Untersicht<br />

Unter der Leitung des Restaurators und Steinmetzen Vitus Wey, Sursee, erfolgten<br />

die farblichen Retuschen an beiden Zwillingsportalen, am Steingewände<br />

des Zugangs zum Heizungskeller und an der Untersicht der Wendeltreppe.<br />

|Nordportal des Durchgangs: neue Ausfachung am Portalbogen anstelle<br />

des früheren Speisekarten-Kästchens, abschliessende Retuschen


| Westwand, Zwillingsportal: Reinigung und Festigung der verschiedenen<br />

historischen Farbfassung zwecks restauratorischer Überhöhung der<br />

Fundstellen (Blick von Norden)<br />

94


| Westwand, Zwillingsportal: Retuschen an der instandgesetzten<br />

Schwelle des nördlichen Zwillingsportals<br />

95


| Westwand, Eingang zu Heizungskeller: Ergänzung der Putzreste,<br />

restauratorische Überhöhung der Farbreste am Steingewände<br />

96


| Decke des Durchgangs: Retuschen an der Untersicht der Wendel-<br />

Treppe<br />

97


98<br />

Montag, 27. August 2012: Fassen der Deckenuntersicht und Retuschen an der<br />

Untersicht der Wendeltreppe<br />

Die Deckenuntersicht im <strong>Metzgerbögli</strong> wird durch den Restaurator Martin Hüppi in<br />

einem gebrochenen Weiss neu gefasst und die Untersicht der Wendeltreppe im Hellgrau<br />

des Sandsteins farblich eingetönt, die vorstehende Eisenverbindung zweier Treppenstufen<br />

vorsichtig brüniert.<br />

| In gebrochenem Weiss neu gefasste Decke im <strong>Metzgerbögli</strong><br />

am 28. August 2012


99<br />

| Treppenuntersicht der Wendeltreppe im Süden des Durchgangs: Die Reste des<br />

ursprünglichen Acryllackes wurden gemäss Übereinkunft mit der Denkmalpflege<br />

entfernt und die Untersicht eingetönt, um ein einheitliches Erscheinungsbild<br />

zu garantieren.<br />

26. September – 30. Oktober 2012: Informations- und Beschriftungskonzept<br />

Als besonders kompliziert und schwierig erwies sich die Umsetzung des Informationskonzepts<br />

(vgl. Ziff. 8 | Baugeschichtliche Informationen, S. 106) für die Ost- und<br />

die Westwand des Durchgangs <strong>Metzgerbögli</strong>. Da <strong>zur</strong>zeit die wissenschaftliche Forschung<br />

<strong>zur</strong> Entwicklung des <strong>Zunfthaus</strong>es <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong> und des Durchgangs zwischen<br />

<strong>Weinmarkt</strong> und Brandgässli noch nicht abgeschlossen ist, wurde eine Umsetzung bevorzugt,<br />

welche beim Vorliegen neuer Erkenntnisse rasch und kostengünstig geändert<br />

und angepasst werden konnte. Die in Siebdruck beschichtete Folie erwies sich im<br />

praktischen Versuch als nicht tauglich. Die baugeschichtlichen Informationen wurden<br />

deshalb in einem zweiten Lösungsansatz seitenverkehrt mittels Lasertechnik aus einer<br />

weissen Schnittfolie hergestellt und auf der Innenseite des bauhistorischen Schaufensters<br />

installiert. Bei einer Schriftgrösse von 38 Punkten konnten auch die chinesischen<br />

Schriftzeichen mit deren feinen Detaillierung lesbar hergestellt werden.


| Die Textblöcke wurden in einer mittleren Augenhöhe von 160 cm (+/- 5 cm) über<br />

Grund montiert, damit sie von den Passantinnen und Passanten bestmöglich wahrgenommen<br />

werden. Das Zenitallicht der LED-Leuchten erhöht dank seiner Lichtdichte<br />

die Plastizität der rückseitig am Schaufenster aufgetragenen Schnittfolien-<br />

Buchstaben.<br />

100


101<br />

Die Information zum sog. Zwillingsportal an der Westwand beschränkte sich auf eine<br />

Kurzfassung in deutscher Sprache. Sie wurde in Siebdruck seitenverkehrt auf die<br />

Rückseite einer Plexiglastafel aufgedruckt und mit einer ochsenblutroten Folie hinterlegt.<br />

| Zwillingsportal N an der Westwand: Informationstafel in Plexiglas mit hinterlegter,<br />

ochsenblutfarbiger Folie. Diese Farbe entspricht der ursprünglichen farbigen Fassung<br />

des Portals.


102<br />

8. / 9. November 2012: Abschlussarbeiten<br />

Das sog. Zwillingsportal erwies sich in seiner bisherigen Erscheinungsweise für eine<br />

breite Öffentlichkeit als schwer lesbar. Die ursprüngliche Form und Funktion des<br />

Portals konnten kaum wahrgenommen werden. Katrin Zehnder, dipl. Architektin<br />

ETH | MAS Denkmalpflege, entwickelte deshalb zu Handen der kantonalen und der<br />

städtischen Denkmalpflege im Auftrag der Bauherrschaft ein Vorgehenskonzept


103<br />

Die Bauherrschaft, die Vertreter der kantonalen und städtischen Denkmalpflege sowie<br />

der beteiligten Fachleute legten anlässlich einer Begehung am 5. November 2012 von<br />

Ort die notwendigen Abschlussarbeiten fest. Die wesentlichen Entscheide waren:<br />

- Die Portalbögen an der Westwand werden konturiert, damit die historische Farbfassung<br />

wahrgenommen werden kann.<br />

- Das beiden Holztüren aus dem letzten Viertel des 19. Jh. bleiben grün. Die Farbfassung<br />

wird restauratorisch ergänzt. Das im Laufe der Jahre verloren gegangene Lüftungsgitter<br />

an der Economat-Türe wird durch ein Duplikat des bestehenden Gitters<br />

ergänzt.<br />

- Die Beleuchtung <strong>zur</strong> Wendeltreppe wird ergänzt.<br />

- Das bauhistorische Schaufenster an der Ostwand ist zu reinigen.<br />

Das Restaurierungs-Atelier von Martin Hüppi setzte am 8. und 9. November 2012 die<br />

beschlossenen restauratorischen Massnahmen um.<br />

| Blick von Norden in den Durchgang:<br />

Das bauhistorische Schaufenster befindet<br />

sich links.<br />

| Blick von Süden in den Durchgang. Das<br />

Zwillingsportal ist dank der Konturlinie<br />

mit dem Bestand von drei unterschiedlichen<br />

ochsenblutroten Fassungen deutlicher<br />

erkennbar.


104<br />

| Zwillingsportal S in Detailansicht: Die Konturlinie macht die ursprüngliche, ochsenblutrote<br />

Fassung beider Portale erkennbar und läuft einer in das Steingewände eingeritzten<br />

Linie entlang.<br />

| Ansicht des Zwillingsportals von Süden | Ansicht des Zwillingsportals von<br />

Norden


105<br />

8 | Baugeschichtliche Informationen<br />

Nach übereinstimmender Ansicht der beteiligten Fachleute ist eine zusätzliche<br />

baugeschichtliche Information zu den Funden, der Funktion und Geschichte<br />

des <strong>Zunfthaus</strong>es und des Durchganges unerlässlich. Sie beschränkt sich an der<br />

Ostwand und der Westwand auf das notwendige Minimum und wird in drei<br />

Sprachen angezeigt: in Deutsch, Englisch und Chinesisch. Interessierte Besucherinnen<br />

und Besucher können Zusatzinformationen der Website entnehmen,<br />

welche die Bauherrschaft <strong>zur</strong>zeit entwickeln lässt, und deren umfangreiche<br />

baugeschichtliche Informationen im Durchgang mittels eines Smartphones<br />

direkt über QR-Codes abgerufen werden können. Die Website wird auch Wissenswertes<br />

aus der Restaurierung des Durchganges in der Zeitspanne<br />

2011/2012 enthalten.<br />

Im Einvernehmen mit den Denkmalpflegen von Kanton und Stadt <strong>Luzern</strong><br />

werden an der Ostwand, d.h. im baugeschichtlichen Schaufenster, folgende<br />

Informationen zu sehen und zu lesen sein:<br />

[<strong>Zunfthaus</strong> <strong>zur</strong> <strong>Metzgern</strong>]<br />

1458 bauten die Zunft der Metzger und die Zunft der Ballenberger (: Zunft der<br />

Fischer und Rohrgesellen) gemeinsam das <strong>Zunfthaus</strong> am <strong>Weinmarkt</strong>.<br />

Die Zunftstube, ein Versammlungsraum für die Meister und Gesellen, befand sich<br />

im ersten Obergeschoss. Die Zunftstube stand auch Gästen offen.<br />

Das <strong>Zunfthaus</strong> zu <strong>Metzgern</strong> steht unter dem Denkmalschutz des Kantons <strong>Luzern</strong><br />

und der Schweizerischen Eidgenossenschaft.<br />

[Durchgang]<br />

Der Durchgang zwischen <strong>Weinmarkt</strong> und Brandgässli, das sog. <strong>Metzgerbögli</strong>, ist<br />

älter als das <strong>Zunfthaus</strong> zu <strong>Metzgern</strong>. Er bildete die Verbindung zwischen dem<br />

<strong>Weinmarkt</strong> als Handelsplatz im Norden und dem Reussufer im Süden. Dort verkaufte<br />

die Zunft der Ballenberger ihre Fische und Krebse. Der Durchgang war im<br />

Brandfall wichtig. Eine Kette von Menschen reichte die Wassereimer von der<br />

Reuss bis zum Ort des Brandes weiter.<br />

[Lichtnische Nord, Lichtnische Mitte, Lichtnische Süd]<br />

Die Lichtnische aus dem späten Mittelalter diente <strong>zur</strong> Beleuchtung des <strong>Metzgerbögli</strong>s.<br />

Eine Kerze oder eine Öllampe wurde in die Nische gestellt, und ihr Licht<br />

erhellte den Durchgang.<br />

[Pfyffer-Portal]<br />

Das spätgotische Portal führte ursprünglich zum innerstädtischen Wohnsitz der<br />

Familie von Wyl, der später in das Eigentum der Familie Pfyffer überging. Das<br />

angrenzende Haus brannte 1833, im letzten Stadtbrand in <strong>Luzern</strong>, bis auf die


106<br />

Grundmauern nieder.<br />

Diese Informationen sind in gut lesbaren Spalten als Siebdrucke am bauhistorischen<br />

Fenster angebracht, ebenso die entsprechenden QR-Codes. Die Informationen<br />

können, falls neue wissenschaftliche Erkenntnisse auftauchen, jederzeit<br />

leicht nachgeführt, bzw. im Schaufenster ersetzt werden.<br />

An der Westwand befindet sich neben dem Zwillingsportal eine kleine<br />

Tafel mit folgender Information und entsprechendem QR-Code:<br />

[Zwillingsportal]<br />

Das Zwillingsportal aus dem 16. Jh. diente dem Zugang zum <strong>Zunfthaus</strong>.<br />

Die adeligen Fischer traten durch ein anderes Portal in das Haus als die<br />

bürgerlichen Metzger. Beide Portale waren ursprünglich als Zeichen für<br />

ein bedeutendes Bauwerk mit ochsenblutroter Farbe bemalt.


107<br />

9 | Kosten<br />

In der Zeitspanne zwischen Juli 2011 und August 2012 wurde die Kostenprojektion<br />

in fünf Schritten den notwendigen Veränderungen der veränderten Situation,<br />

den neuen Erkenntnissen im Baufeld und der Entwicklung der denkmalpflegerischen<br />

Massnahmen im Einvernehmen mit den beteiligten Fachleuten<br />

angepasst.<br />

Heute ergibt sich folgendes Bild:


108


109


Zusammen mit dem Gesuch um Baufreigabe haben die Bauherrschaft, der<br />

Projektleiter und die Architektin am 19. März 2012 auch das Subventionsgesuch<br />

an die Denkmalpflege gerichtet.<br />

110


111<br />

10 | Projektbeteiligte<br />

Bauherrschaft: Urs Bucher, Sempacherstrasse 5,<br />

6003 <strong>Luzern</strong><br />

Kantonales Amt für Denkmalpflege<br />

und Archäologie:<br />

Ressort Denkmalpflege und<br />

Kulturgüterschutz der Stadt<br />

<strong>Luzern</strong>:<br />

lic.phil. Hans-Christian Steiner, Denkmalpfleger,<br />

Libellenrain 25, 6006 <strong>Luzern</strong><br />

Dr. Theresia Gürtler Berger, Dipl.<br />

Ing./Architektin SIA, Stadtverwaltung<br />

<strong>Luzern</strong>, Hirschengraben 17, 6002 <strong>Luzern</strong><br />

Projektleiter | Konzept: Dr. Ueli Habegger, Denkmalpfleger /<br />

Architekturhistoriker / Dozent AHB,<br />

Bramberghöhe 8, 6004 <strong>Luzern</strong><br />

Architektin:<br />

Baumeisterarbeiten:<br />

Spenglerarbeiten (bauhistorisches<br />

Schaufenster):<br />

Elektroplanung | Elektroinstallationen:<br />

Konservierung | Restaurierung<br />

Seitenwände:<br />

Natursteinarbeiten:<br />

Gipserarbeiten:<br />

Katrin Zehnder, dipl. Architektin ETH<br />

/ MAS Denkmalpflege, gzp Architekten,<br />

Zentralstrasse 10, 6003 <strong>Luzern</strong><br />

Stirnimann Baugeschäft | Bauunternehmung,<br />

Ruopigenhöhe 11,<br />

6015 <strong>Luzern</strong><br />

Baumann Metallbau AG, Wyssmattstrasse<br />

3, 6010 Kriens<br />

Stefan Walther, Miné Meyer, Elektro,<br />

Süesswinkel 7, 6004 <strong>Luzern</strong><br />

Martin Hüppi, dipl. Restaurator SKR,<br />

Thorenbergstrasse 44, 6014 <strong>Luzern</strong><br />

Vitus Wey, eidg. dipl. Bildhauermeister<br />

| Restaurator SKR, Hechtmättelisteg 2,<br />

6210 Sursee<br />

Antonio Pungitore, Stukkateur, Knöchel+Pungitore,<br />

Thorenbergstrasse 44,<br />

6014 <strong>Luzern</strong>


112<br />

Lichtgestaltung:<br />

Fritz Maurer, Lichtgestalter, Hillstrasse<br />

6, 6020 Emmenbrücke<br />

Leuchten | Leuchtmittel: iGuzzini, Uetlibergstrasse 194, 8045<br />

Zürich<br />

Übersetzungen:<br />

Englisch: Rosanna Bachmann Métry, Sälihügel 5,<br />

6005 <strong>Luzern</strong><br />

Chinesisch:<br />

Ye Schacher, Kirchheim 12, 6037 Root<br />

Siebdruck-Informationen:<br />

Seriag Siebdruck und Reklame AG,<br />

Dattenmattstrasse 13, 6010 Kriens


113<br />

11 | Anmerkungs- und Literaturverzeichnis<br />

Anmerkungen | Anmerkungsverzeichnis<br />

1 Theodor von Liebenau, Das alte <strong>Luzern</strong>, S. 227<br />

2 Daselbst<br />

3 Theodor von Liebenau, a.a.O., S. 226<br />

4 IBID-Bericht 2001, S. 2<br />

5 Ruth Schmidt-Wiegand, Die Bezeichnung Zunft und Gilde, S.44/61<br />

6 Anne-Marie Dubler, Wörter und Sachen im Lichte der Bezeichnungsforschung:<br />

Handwerk, Gewerbe und Zunft in Stadt und Landschaft <strong>Luzern</strong>, S. 48/49<br />

7 Anne-Marie Dubler, a.a.O., S. 51<br />

8 Anne-Marie Dubler, a.a.O., S. 54<br />

9 Anne-Marie Dubler, a.a.O., S. 49<br />

10 Anne-Marie Dubler, a.a.O., S. 54<br />

11 Anne-Marie Dubler, a.a.O., S. 95<br />

12 Anne-Marie Dubler, a.a.O., S. 76<br />

13 Anne-Marie Dubler, a.a.O., S. 41<br />

14 Daselbst<br />

Literaturverzeichnis<br />

Anne-Marie Dubler, Handwerk, Gewerbe und Zunft in Stadt und Landschaft <strong>Luzern</strong>.<br />

<strong>Luzern</strong>er Historische Veröffentlichungen, Bd. 14. – <strong>Luzern</strong>, 1982<br />

Peter Eggenberger (u.a.), Altstadtinventar <strong>Luzern</strong>: <strong>Weinmarkt</strong> 3. – Winterthur: 1991<br />

Theodor von Liebenau, Das Alte <strong>Luzern</strong>. – <strong>Luzern</strong>, 1881<br />

Ruth Schmidt-Wiegand, Wörter und Sachen im Lichte der Bezeichnungsforschung. –<br />

Berlin, 1981<br />

Stadtluft, Hirsebrei und Bettelmönch. Die Stadt um 13.00. Hrsg. vom Landesdenkmalamt<br />

B-W und der Stadt Zürich. – Zürich: 1991<br />

<strong>Luzern</strong>, 11. November 2012

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