39.1935 (1936)
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Hermann Lübbing, Bism arck und G roß h erzog P eter von O ldenburg 9<br />
Im September 1864 gestand der preußische Ministerpräsident<br />
seinem Gesandten beim Deutschen Bunde, v, Savigny: „Wir schätzen<br />
den Großherzog von Oldenburg und tun, als ob wir ihn begünstigten.<br />
Aber tatsächlich besitzt er nicht die Kraft, welche der von ihm begehrte<br />
Posten erfordert. . . . Der Großherzog hat nicht einen Anhänger.<br />
Er ist eine kleine Breschebatterie gegen den Herzog von<br />
Augustenburg; das ist alles." Wohl selten hat sich Bismarck so in<br />
seine Karten gucken lassen1). Peter ahnte damals noch nicht, wie sehr<br />
er von Preußen genasführt wurde. Er glaubte, durch Entsendung<br />
eines Diplomaten nach Berlin wenigstens sich mit Preußen verständigen<br />
zu können, und entsandte als Ministerresidenten den Legationsrat<br />
Alexander von Beaulieu-Marconnay, dessen Vater schon den beiden<br />
vorhergehenden Herzögen gedient hatte und mit dem er seit seiner<br />
Jugend freundschaftlich verkehrte.<br />
Die Aussichten standen Mitte Januar 1865 für Oldenburg nicht<br />
ungünstig. Wenigstens wurden sie nach auswärtigen Berichten eines<br />
Grafen Baudissin dem Assessor (späteren Staatsminister) Günther<br />
Jansen, der die Großherzogliche Hof- und Privatkanzlei damals<br />
leitete, so dargestellt. In dem kürzlich an das Landesarchiv gelangten<br />
Nachlaß Beaulieus2) findet sich unter Jansens vertraulichen Briefen<br />
an den Legationsrat ein Schriftstück, datiert vom 15. Januar 1865,<br />
geschrieben von Jansen, signiert vom Großherzog, also von ihm zur<br />
Kenntnis genommen, doch ohne weitere Kanzleivermerke. Es deutet<br />
vieles darauf hin, daß ein Graf (A.) Baudissin3), ein Neffe der Grafen<br />
Wolf und Otto Baudissin in Dresden, dem Assessor Jansen politische<br />
Mitteilungen gemacht hat, die dann von Jansen redigiert sein können<br />
und dem Großherzog bei einer Kabinettssitzung vorgelegt sein mögen.<br />
Der wesentliche Inhalt des Schriftstückes ist das Projekt eines Marinestaates<br />
unter oldenburgischer Führung. Es verdient wohl hier vollständig<br />
abgedruckt zu werden, obwohl der Anreger nicht im besten<br />
politischen Ruf zu stehen scheint.<br />
1865, Januar 15.<br />
„Situation in Berlin. Preußen hat Österreich für freie Hand<br />
in den Herzogtümern 50 Mill. Taler geboten, Österreich hat nach<br />
einigem Schwanken abgelehnt und eine Landentschädigung durch die<br />
*) G . H esselbarth, Eine freim ütige A u ssp rache B ism arcks über seine<br />
ausw ärtige Politik usw. 1864. Hist. Ztschr. 119 (1919). S. 479/480.<br />
2) O ld. L .A . A b t. H XIII Nr. 6 . R ech tsch reibung m odernisiert.<br />
’) A d a lb ert v. Baudissin schreibt B eaulieu aus Schlesw ig, w ird von le tz <br />
terem anscheinend nicht beson d ers geschätzt und als überspannt dargestellt.<br />
S. unten.