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Die Überwindung des Pessimismus Arbeit, Bildung ... - LBS

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Sie braucht andere <strong>Arbeit</strong>sbilder, in der wir die industrielle Betrachtensweise vom „Alten Eisen“ in<br />

Rente gehen lassen! Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr – das heißt nur, dass<br />

Hänschen keinen blassen Schimmer hat! In Island arbeiten die Menschen im Schnitt bis 67 1/2<br />

Jahre, 90 Prozent aller Männer zwischen 56 und 65 sind berufstätig – in Deutschland gerade einmal<br />

35 Prozent. Müssen alle Isländer bis ins hohe Alter Fronarbeit leisten? Nein, es heißt, dass<br />

Erwerbsarbeit in der Wissensökonomie Teil unserer Selbstverwirklichung bis ins hohe Alter sein<br />

kann. Wenn wir sie richtig organisieren.<br />

Sie braucht andere Körperbilder. <strong>Die</strong> Frage, ob wir aktiv und gesund altern oder siech und krank,<br />

wird nicht mit 60 entschieden, sondern mit 40. Oder eigentlich schon mit 20! Oder noch früher !<br />

1990 waren 1.7 Millionen Menschen in Deutschland Mitglieder in Fitness-Studios. Im Jahre 2003<br />

waren es fünf Millionen. 1990 betrieben etwa 1 Million Deutsche den Laufsport. Heute sind es über<br />

10 Millionen.<br />

Wir brauchen vor allem andere biographische Bilder. Simone de Beauvoir schrieb im Jahr 1970<br />

prophetisch:<br />

In der idealen Gesellschaft würde, so kann man hoffen, das Alter gar nicht mehr existieren. Der<br />

Mensch würde, wie es bei manchen Privilegierten vorkommt, nur unauffällig geschwächt, aber<br />

nicht offenkundig vermindert; er stürbe irgendwann an einer Krankheit, ohne eine Herabwürdigung<br />

erfahren zu haben. Das letzte Lebensalter entspräche dann einer Existenzphase, die sich von Jugend<br />

und Erwachsensein unterscheidet, aber ihr eigenes Gleichgewicht und ihre eigene Hoffnung besitzt.<br />

Wir sind noch weit von dieser Utopie entfernt. Aber wir sind ihr ein kräftiges Stück näher<br />

gekommen. Je älter man wird, <strong>des</strong>to ähnlicher wird man sich selbst, sagte einmal Maurice<br />

Chevalier. Radikaler könnte man formulieren: Nur wer wirklich Alt wird, hat die Chance, sich<br />

wirklich kennen zu lernen.<br />

Kindererziehung zum Beispiel wird in verlängerten Lebenshorizonten von einer Lebensaufgabe zu<br />

einer - womöglich erfüllteren – Phase <strong>des</strong> Lebens. Wir lernen, Kinder auch wieder loszulassen.<br />

Beruflicher Wechsel, Multi-Karrieren, auch die Erfahrung mehrerer Wohnorte und (sagen wir es<br />

offen!): Partnerschaften – all das lässt sich – mit all den Korrekturen und Selbsthinterfragungen, die<br />

damit verbunden sind - sinnvoll nur in langen Lebensspannen verwirklichen.<br />

Das, meine Damen und Herren, ist einer der faszinierendsten zivilisatorischsten Prozesse unserer<br />

Zeit. Der Horizont <strong>des</strong> Lebens weitet sich. <strong>Die</strong> Langlebigkeits-Gesellschaft wäre, kulturell<br />

adaptiert, eine Kultur der Achtsamkeit, in der wir reife Individualität, Selbstentwicklung, vielleicht<br />

sogar Weisheit als Lebensziel in einer ganz anderen Weise leben könnten als in der alten,<br />

kurzlebigeren Industriekultur.<br />

Wie kann die Bau- und Finanzierungsbranche auf diese Phänomene reagieren? Denn das ist ja über<br />

weite Strecken ein gesellschaftliches Paradox!<br />

Wir sind in der Spannung zwischen einer zunehmnden Mobilisierung unseres Lebens, für die wir<br />

andere Sozialtechniken benötigen.<br />

Navigieren. Auch gegen den Wind kreuzen.<br />

Scheitern Lernen. Schöner Scheitern.<br />

Matthias Horx, <strong>Die</strong> <strong>Überwindung</strong> <strong>des</strong> <strong>Pessimismus</strong> 6

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