Diagnose des Melanoms - Berner Institut für Hausarztmedizin ...
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PRAXIS Mini-Review Praxis 2009; 98: 1525–1531 1525<br />
Hautkrebsvorsorge-Sprechstunde, Dermatologische Klinik, Universitätsspital<br />
Zürich<br />
I. Kolm, L.E. French, R.P. Braun<br />
Nicht-invasive Verfahren zur<br />
<strong>Diagnose</strong> <strong>des</strong> <strong>Melanoms</strong><br />
Non-invasive Techniques for the Diagnosis of Melanoma<br />
Zusammenfassung<br />
In den letzten Jahren wurden neue<br />
nicht-invasive Techniken zur Frühdiagnose<br />
<strong>des</strong> <strong>Melanoms</strong> immer populärer.<br />
Dermatoskopie, Ganzkörperübersichtsfotografie,<br />
digitale Dermatoskopie<br />
werden immer häufiger von<br />
Dermatologen eingesetzt, um Muttermale<br />
frühzeitig von Melanomen unterscheiden<br />
zu können. Einen neuen,<br />
vielversprechenden Ansatz der nichtinvasiven<br />
Diagnostik <strong>des</strong> <strong>Melanoms</strong><br />
stellt die konfokale Mikroskopie dar.<br />
Schlüsselwörter: Melanom – Hautkrebs<br />
– Dermatoskopie – Mikroskopie,<br />
konfokale – Ganzkörperübersichtsfotografie<br />
Einleitung<br />
Das Melanom ist <strong>für</strong> über 90% der durch<br />
Hautkrebs verursachten To<strong>des</strong>fälle verantwortlich.<br />
In der Schweiz werden<br />
jährlich rund 1800 neue Melanomfälle<br />
diagnostiziert. Die Prognose <strong>des</strong> <strong>Melanoms</strong><br />
hat sich in den letzten Jahren entscheidend<br />
verbessert und die 5-Jahres-<br />
Überlebensraten betragen derzeit >80%.<br />
Diese deutliche Verbesserung der Prognose<br />
ist auf die effektive Frühdiagnose<br />
<strong>des</strong> <strong>Melanoms</strong> zurückzuführen. Bei der<br />
Entdeckung <strong>des</strong> <strong>Melanoms</strong> in Frühstadien<br />
(in-situ-Melanome und mikroinvasive<br />
Melanome [vertikale Tumordurchmesser<br />
nach Breslow unter 1 mm])<br />
ist die einfache chirurgische Exzision <strong>des</strong><br />
Tumors die kurative Therapie. Bei steigender<br />
Invasionstiefe <strong>des</strong> <strong>Melanoms</strong><br />
nimmt jedoch die Überlebensrate ab, die<br />
Therapien <strong>für</strong> das metastasierte Melanom<br />
sind nur von relativer Wirksamkeit<br />
[1].<br />
Neben der Frühdiagnostik <strong>des</strong> <strong>Melanoms</strong><br />
gilt es aber auch, Personen mit<br />
einem hohen Melanomrisiko zu identifizieren<br />
(familiäres Melanom, dysplastisches<br />
Nävussyndrom, heller Hauttyp,<br />
rote oder blonde Haarfarbe, intensive<br />
Sonnenexposition insbesondere in der<br />
Kindheit, Immunsuppression) und entsprechend<br />
zu überwachen.<br />
Zu den am weitesten verbreiteten nichtinvasiven<br />
Untersuchungsmethoden zur<br />
Melanomdiagnostik zählen die klinische<br />
und dermatoskopische Untersuchung<br />
und die Ganzkörperübersichtsfotografie.<br />
Daneben gibt es eine Reihe von innovativen<br />
bildgebenden Verfahren; im<br />
Folgenden wird auf die digitale Dermatoskopie<br />
genauer eingegangen und das<br />
konfokale Laser-Scanning-Mikroskop<br />
vorgestellt.<br />
Klinische Untersuchung<br />
In den 1960er und 70er Jahren beruhte<br />
die klinische <strong>Diagnose</strong> <strong>des</strong> <strong>Melanoms</strong><br />
auf Symptomen wie Blutung, Juckreiz<br />
oder Ulzeration. Zu jener Zeit wurde die<br />
<strong>Diagnose</strong> eines <strong>Melanoms</strong> fast ausschliesslich<br />
in sehr fortgeschrittenen<br />
Tumorstadien gemacht, was die Symptomatik<br />
erklärt. Dadurch, dass Melanome<br />
heute in viel früheren (und damit<br />
behandelbaren) Stadien diagnostiziert<br />
werden, spielen Symptome wie Juckreiz<br />
und Blutung keine Rolle mehr, da diese<br />
keine Frühsymptome darstellen.<br />
Zur Verbesserung der <strong>Diagnose</strong>genauigkeit<br />
haben die ABCD-Regel und das<br />
Zeichen <strong>des</strong> «hässlichen Entleins» beigetragen<br />
[2,3].<br />
Die ABCD-Regel (Asymmetrie einer<br />
Läsion, unregelmässige Begrenzung, Anzahl<br />
der vorhandenen Farben (Color)<br />
und einem Durchmesser von mehr als<br />
5 mm) ist der am meisten bekannte<br />
Algorithmus. Die ABCD-Regel hat eine<br />
akzeptable Sensitivität, aber nur eine<br />
relativ geringe Spezifizität, d.h. dass auch<br />
eine grosse Anzahl von gutartigen Muttermalen<br />
als Melanom diagnostiziert<br />
werden. Als Weiterentwicklung ist die so<br />
genannte ABCD-E-Regel beschrieben<br />
worden. Diese berücksichtigt auch noch<br />
etwaige Veränderungen eines Muttermals<br />
(Evolution) [4]. Aufgrund der geringen<br />
Bedeutung <strong>des</strong> Durchmessers <strong>für</strong><br />
die <strong>Diagnose</strong> neigt man heute dazu das D<br />
mit «Dynamik» zu ersetzen [5].<br />
Das Zeichen <strong>des</strong> «hässlichen Entleins»<br />
(«ugly duckling») wurde von einer<br />
französischen Gruppe um J.J. Grob beschrieben<br />
[3]. In Analogie zum Märchen<br />
von Hans Christian Andersen handelt es<br />
sich um ein Muttermal, welches anders<br />
ist als seine Brüder und Schwestern und<br />
<strong>des</strong>halb (unabhängig von den ABCD-<br />
Kriterien) die Aufmerksamkeit <strong>des</strong><br />
Untersuchers erregt. Als Beispiel wird bei<br />
© 2009 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern DOI 10.1024/1661-8157.98.25.1525
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Abb. 1: Bildschirmausschnitt eines Systems <strong>für</strong> die digitale Ganzkörperfotografie, wie<br />
es in unserer Spezialsprechstunde verwendet wird.<br />
einem Patienten mit eher grossen und<br />
hellen Muttermalen ein kleines und<br />
dunkles Muttermal die Aufmerksamkeit<br />
erregen. Bei einem Patienten mit zahlreichen<br />
kleinen und stark pigmentierten<br />
Muttermalen wird ein relativ helles und<br />
grösseres Muttermal die Aufmerksamkeit<br />
<strong>des</strong> Untersuchers erregen. Die<br />
Untersuchung mittels <strong>des</strong> «hässlichen<br />
Entlein»-Prinzips ist sehr schnell und<br />
erfordert keinerlei Vorkenntnisse. Jedoch<br />
werden kleine, frühe Melanome<br />
auf diese Weise leicht übersehen.<br />
Die reine klinische Untersuchung mit<br />
dem «unbewaffneten» Auge ist wenig<br />
zufriedenstellend. Viele gutartige Läsionen<br />
werden leicht als Melanom überdiagnostiziert,<br />
was zu unnötigen chirurgischen<br />
Eingriffen führt. Auf der anderen<br />
Seite werden aber auch viele initiale<br />
Melanome eventuell nicht als solche erkannt,<br />
und die <strong>Diagnose</strong> wird erst in<br />
späteren Stadien gestellt, was mit einer<br />
Verschlechterung der Prognose einhergeht.<br />
Die Verwendung einer einfachen<br />
Lupe am besten mit eingebauter Beleuchtung<br />
bringt hier eine deutliche Verbesserung<br />
der <strong>Diagnose</strong>genauigkeit.<br />
Man weiss heute auch, dass bei Patienten<br />
mit multiplen atypischen Nävi die Exzision<br />
aller Nävi keine effektive Methode<br />
ist, um das Auftreten eines <strong>Melanoms</strong><br />
zu verhindern. Solche «Nävektomien»<br />
(Entfernung aller Muttermale meistens<br />
unter Allgemeinanästhesie) wurden noch<br />
bis in die 1980er Jahre hauptsächlich in<br />
den USA durchgeführt. Allerdings zeigte<br />
sich bei der Nachsorge, dass ein hoher<br />
Prozentsatz dieser Patienten trotzdem ein<br />
Melanom entwickelte. Diese Methode<br />
gilt heute als obsolet, da man weiss, dass<br />
nur etwa 20–30% aller Melanome sich<br />
aus vorbestehenden Muttermalen entwickeln<br />
und 70–80% aller Melanome «de<br />
novo» in normaler Haut entstehen [6].<br />
Ganzkörperübersichtsfotografie<br />
(Total body<br />
photography)<br />
Die Ganzkörperübersichtsfotografie ist<br />
eine aus den USA stammende Methode<br />
und wird dort bereits seit mehreren Jahrzehnten<br />
neben der klinischen Untersuchung<br />
als Standard eingesetzt [7–10].<br />
In Zürich setzen wir diese Technik seit<br />
zwei Jahren routinemässig ein:<br />
Bei der Ganzkörperübersichtsfotografie<br />
wird eine Serie von standardisierten und<br />
reproduzierbaren Aufnahmen der Hautoberfläche<br />
<strong>des</strong> Patienten angefertigt<br />
(Abb. 1). Hierzu wird der Patient in definierte<br />
Positionen gebracht, welche die<br />
Inspektion der grösstmöglichen Hautoberfläche<br />
zulassen. Die Aufnahmen<br />
werden in ein spezielles Computerprogramm<br />
integriert, das eine sehr<br />
komfortable Verlaufskontrolle der Patienten<br />
ermöglicht. Bei der Kontrolluntersuchung<br />
<strong>des</strong> Patienten können die<br />
Aufnahmen mit einem speziellen Betrachter<br />
angesehen und der aktuelle<br />
Befund mit dem Ausgangsbefund auf<br />
dem Bildschirm verglichen werden.<br />
Selbst sehr kleine Muttermale kann man<br />
auf dem Bildschirm digital vergrössert<br />
ansehen (Abb. 2). Auf diese Weise können<br />
neu aufgetretene Nävi oder solche,<br />
die sich in Form, Farbe und Grösse<br />
verändert haben, identifiziert werden.<br />
Neben der Vergleichskontrolle in der<br />
dermatologischen Sprechstunde wird<br />
dem Patienten eine CD mit seinen Fotos<br />
mitgegeben, die er zur Selbstuntersuchung<br />
verwenden kann.<br />
Dermatoskopie (Auflichtmikroskopie)<br />
Die dermatoskopische Untersuchung<br />
gilt unter Dermatologen als der Standard<br />
in der Melanomdiagnostik und wird<br />
routinemässig eingesetzt. Diese nichtinvasive<br />
Technik führt in der Hand eines<br />
erfahrenen Untersuchers zur Verbesserung<br />
der diagnostischen Genauigkeit von<br />
Pigmenttumoren [11,12]. Pehamberger<br />
et al. fanden in einer Studie <strong>für</strong> das oberflächlich<br />
spreitende Melanom eine<br />
Zunahme der <strong>Diagnose</strong>genauigkeit von<br />
54% (klinische Untersuchung) auf 91%<br />
(dermatoskopische Untersuchung) [13].<br />
Mit Hilfe der Dermatoskopie können<br />
Pigmentstrukturen im Bereich der<br />
dermo-epidermalen Junktionszone beurteilt<br />
werden, welche dem «freien
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Abb. 2: Bildschirmausschnitt <strong>des</strong> Rückens eines Patienten mit einer digital vergrösserten<br />
Detailaufnahme eines Muttermals (rechts im Bild). Diese Abbildung verdeutlicht<br />
die Vorteile eines digitalen Systems zur Ganzkörperübersichtsfotografie.<br />
etc) ermöglichen die Klassifikation von<br />
Pigmenttumoren.<br />
Die Korrelation der dermatoskopischen<br />
Kriterien mit der Histologie ist sehr<br />
genau etabliert bekannt, sodass die dermatoskopische<br />
Untersuchung einer<br />
Pigmentläsion durch den erfahrenen<br />
Untersucher bereits in vivo direkte<br />
Rückschlüsse auf die Histopathologie<br />
zulässt.<br />
Wir können in diesem Artikel nicht auf<br />
die einzelnen dermatoskopischen Kriterien<br />
eingehen, doch möchten wir Ihnen<br />
folgen<strong>des</strong> Beispiel zeigen: Abb. 3 zeigt das<br />
dermatoskopische Bild (und im rechten<br />
oberen Anteil die klinische Aufnahme)<br />
eines superfiziell spreitenden <strong>Melanoms</strong>.<br />
Man erkennt zahlreiche verschiedene<br />
dermatoskopische Strukturen (Multikomponenten-Muster).<br />
Die klassische Dermatoskopie mittels<br />
einfacher Handlupen (Dermatoskope<br />
mit 10–20-facher Vergrösserung) wird<br />
heute durch digitale Auflichtsysteme<br />
wesentlich erweitert und führt zu einer<br />
Verbesserung der Sensitivität in der<br />
Melanom-<strong>Diagnose</strong>.<br />
Digitale Dermatoskopie<br />
Abb. 3: Dermatoskopisches Bild eines superfiziell spreitenden <strong>Melanoms</strong> (Breslow-Index<br />
0.7 mm, Clark-Level III, mit Regression). Das klinische Bild im rechten oberen Anteil<br />
zeigt eine «ugly dukling» Läsion. Dermatoskopisch zeigt sich ein Multikomponenten-<br />
Muster, welches eindeutig <strong>für</strong> Malignität spricht: blau-weisser Schleier, atypisches Pigmentnetz,<br />
unregelmässige Ausläufer («streaks») in der Peripherie, Punkte und Globuli.<br />
Auge» verborgen bleiben. Spezielle dermatoskopische<br />
Bewertungssysteme (Dermatoskopische<br />
Musteranalyse («pattern<br />
analysis» [14]; ABCD-Regel der Dermatoskopie<br />
[15], 3-Punkte-Checkliste [16],<br />
Im Vergleich zur konventionellen dermatoskopischen<br />
Untersuchung bietet<br />
die digitale Dermatoskopie im Wesentlichen<br />
folgende Vorteile:<br />
Die «In vivo Mikroskopie» eignet sich<br />
speziell <strong>für</strong> kleine Läsionen. Eine pigmentierte<br />
Läsion kann auf dem Computer-Bildschirm<br />
bis zu 80-fach vergrössert<br />
werden. Dies ist eine deutlich stärkere<br />
Vergrösserung, als es mit einem<br />
Dermatoskop der Fall ist, und ermöglicht<br />
so eine sehr genaue und detaillierte<br />
Darstellung auch von sehr kleinen Pigmentläsionen.<br />
Die weitaus wichtigere Funktion <strong>des</strong><br />
digitalen Dermatoskops ist jedoch die<br />
Möglichkeit zur digitalen Verlaufskontrolle<br />
von suspekten Pigmentläsionen.<br />
Das aktuelle dermatoskopische Bild<br />
kann mit den früheren Aufnahmen sehr<br />
präzise verglichen werden. Die digitale<br />
Verlaufskontrolle basiert auf der Tatsache,<br />
dass sich ein Melanom im Laufe<br />
der Zeit hinsichtlich seiner Architektur<br />
und Grösse verändern wird.<br />
Diese Art der Verlaufskontrolle erlaubt<br />
es, Melanome in derart frühen Stadien
PRAXIS Mini-Review Praxis 2009; 98: 1525–1531 1528<br />
zu diagnostizieren, in denen oft noch<br />
keine dermatoskopischen Melanomkriterien<br />
vorliegen. Andererseits erlaubt die<br />
digitale Dermatoskopie die <strong>Diagnose</strong><br />
«Nävus» durch den Nachweis der fehlenden<br />
Dynamik (Ausnahme: Kinder<br />
und Jugendliche) zu bestätigen [17,18]<br />
(Abb. 4).<br />
Wann macht die digitale Verlaufskontrolle<br />
Sinn?<br />
Besonders wertvoll ist dieses Vorgehen<br />
bei Patienten mit zahlreichen klinischen<br />
atypischen Läsionen, von denen keine<br />
der Läsionen konkrete Melanomkriterien<br />
aufweist. Allerdings kann diese<br />
Methode auch bei klinisch atypischen<br />
Nävi angewandt werden, wenn die Indikation<br />
zur Chirurgie zurückhaltender<br />
gestellt wird: bei wachsenden Nävi in der<br />
Pubertät, im Dekolleté-Bereich oder<br />
bei Patienten, die zu überschiessender<br />
Narbenbildung tendieren. In diesen Fällen<br />
ist die digitale Dermatoskopie ebenfalls<br />
ein nützliches Hilfsmittel. [19].<br />
Wann macht die digitale Verlaufskontrolle<br />
keinen Sinn?<br />
Beim Vorliegen eines einzelnen klinisch<br />
oder dermatoskopischen «hässlichen<br />
Entleins», also einer einzigen suspekten<br />
Läsion (speziell an chirurgisch unproblematischen<br />
Körperstellen), sollte die<br />
sofortige Exzision die Therapie der Wahl<br />
sein. Bei klinisch und dermatoskopisch<br />
suspekten oder auch bei erhabenen<br />
palpablen Läsionen sollte ebenfalls die<br />
sofortige Exzision durchgeführt werden.<br />
Wenn es sich bei diesen Läsionen um ein<br />
Melanom handelt, würde eine Kontrolle<br />
in 3–6 Monaten eine Änderung der<br />
Prognose (höherer Breslow-Index) mit<br />
sich bringen.<br />
Es macht ebenfalls keinen Sinn alle<br />
melanozytären Läsionen eines Patienten<br />
zu registrieren, da der zeitliche Aufwand<br />
enorm und der Benefit eher gering ist.<br />
Wie zuvor schon erwähnt, entstehen die<br />
meisten Melanome bekanntlich auf<br />
«normaler» Haut und nur etwa ein<br />
Key messages<br />
● Eine einzelne atypische Läsion («hässliches Entlein») sollte exzidiert werden.<br />
● Keine Kontrolle von klinisch und dermatoskopisch suspekten palpablen<br />
Läsionen, sondern sofortige Exzision (Gefahr der Prognoseänderung <strong>für</strong> den<br />
Patienten sollte es sich um ein Melanom handeln)!<br />
● Bei der digitalen Kurzzeit-Verlaufskontrolle sollte jegliche morphologische<br />
Veränderung, auch bei Fehlen melanomspezifischer dermatoskopischer Kriterien,<br />
zur Exzision der suspekten Läsion führen.<br />
Lernfragen<br />
1. Wann macht die digitale Verlaufskontrolle keinen Sinn?<br />
a) Bei Patienten mit Tendenz zu hyperthrophen Narben und Keloidbildung.<br />
b) Bei wachsenden Pigmentläsionen im Dekolleté.<br />
c) Bei mehreren klinisch atypischen Pigmentläsionen.<br />
d) Beim Vorliegen eines «hässlichen Entleins».<br />
2. Welche der folgenden Aussagen trifft nicht zu: Die konfokale Laser-Scanning-<br />
Mikroskopie<br />
a) erlaubt eine horizontale Beurteilung einer Läsion auf zellulärer und<br />
subzellulärer Ebene in Echtzeit.<br />
b) erlaubt die <strong>Diagnose</strong> von pagetoiden Zellen in der Epidermis.<br />
c) Erlaubt die in-vivo-Untersuchung <strong>des</strong> dermalen Anteils einer pigmentierten<br />
Läsion.<br />
3. Für einen jungen Patienten mit dysplastischem Nävussyndrom gilt:<br />
a) Elektive Nävektomien, also die Entfernung aller Muttermale, ist die Therapie<br />
der Wahl, um einem Melanom vorzubeugen.<br />
b) Jeder neu entstandene Nävus, auch mit symmetrischem Wachstumsmuster<br />
und unauffälliger Dermatoskopie (regelmässige periphere Globuli) ist zu<br />
entfernen.<br />
c) Die Ganzkörperübersichtsfotografie und die digitale Verlaufskontrolle von<br />
suspekten Pigmentläsionen ohne Malignitätskriterien haben sich bei der<br />
Überwachung bewährt.<br />
Drittel der Melanome sind mit Nävi<br />
assoziiert. Die Ganzkörperübersichtsfotografie<br />
ist bei solchen Patienten mit<br />
z.B. atypischen Nävussyndrom sicherlich<br />
die bessere Alternative.<br />
Wann sollte der Follow-up einer<br />
Läsion mittels digitaler Dermatoskopie<br />
durchgeführt werden?<br />
Hier gibt es zwei Möglichkeiten: die<br />
Kurzzeit-Verlaufskontrolle («Short term<br />
mole monitoring») und die Langzeit-<br />
Verlaufskontrolle («Long term mole<br />
monitoring»).<br />
Bei der Kurzzeit-Verlaufskontrolle werden<br />
die Läsionen nach 3 Monaten verglichen.<br />
Jegliche morphologische Veränderung,<br />
auch bei Fehlen melanomspezifischer<br />
dermatoskopischer Kriterien, sollte zur<br />
Exzision der Läsion führen [20].<br />
Im Gegensatz dazu wird bei der Langzeit-Verlaufskontrolle<br />
von einer Beobachtung<br />
einer Pigmentläsion über einen<br />
Zeitraum von 6 Monaten bis zu mehreren<br />
Jahren gesprochen.<br />
Schiffner et al. fanden heraus, dass eine<br />
Langzeit-Verlaufskontrolle wenig sinnvoll<br />
<strong>für</strong> die Entdeckung eines <strong>Melanoms</strong><br />
ist; daneben stellt die Patienten-Com-
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Abb. 4: Verlaufskontrolle (3 Monate) mit dem Fotofinder-System bei einem Nävus.<br />
Bei der Grösse, Farbe und der Verteilung der Strukturelemente zeigen sich keine<br />
wesentlichen Änderungen. Daher ist eine Exzision nicht erforderlich.<br />
Abb. 6: Beispiel <strong>für</strong> die konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie anhand eines Junktions-<br />
Nävus. 3 mm 2 mm messende dunkelbraune Makula im Brustbereich einer jungen<br />
Frau. Dermatoskopisch zeigt sich ein retikuläres Muster mit perifollikulären Hypopigmentierungen.<br />
Das konfokale Bild entspricht 0.5 mm 0.5 mm: im Bereich der dermoepidermalen<br />
Junktionszone finden sich so genannte «edged papillae» – monomorphe,<br />
refraktile (pigmentierte) Zellen ohne Atypien umgeben die dermalen Papillen. Es handelt<br />
sich um das typische Bild eines Nävus mit dermatoskopisch retikulärem Muster.<br />
pliance ein wesentliches Problem dar<br />
[21]. Dass eine Verlaufskontrolle einzelner<br />
Pigmentläsionen wenig sinnvoll ist,<br />
konnte durch eine neuere prospektive<br />
Studie aus Utah bestätigt werden [22].<br />
Knapp 6000 «atypische Nävi» wurden<br />
dermatoskopisch dokumentiert. In einem<br />
Beobachtungszeitraum von zwei<br />
Abb. 5: Konfokales Laser-Scanning-Mikroskop<br />
«Vivascope 1500» (Lucid Inc, Rochester,<br />
New York; USA).<br />
Jahren wurden sechs Melanome entdeckt,<br />
von denen fünf, wie durch Ganzkörperaufnahmen<br />
belegt, auf normaler<br />
Haut entstanden sind. Die überwiegende<br />
Mehrzahl der dokumentierten Nävi<br />
zeigte keine Veränderung in der digitalen<br />
Verlaufsbeobachtung (nur in 1.6 % der<br />
Nävi wurde eine Dynamik gefunden)<br />
[22].<br />
In einer Veröffentlichung von Argenziano<br />
et al. im Jahre 2008 konnte aber<br />
die Bedeutung der digitalen Langzeit-<br />
Verlaufskontrolle <strong>für</strong> die Gruppe der so<br />
genannten «slow-growing melanomas»,<br />
also der Melanome die eine sehr langsame<br />
Progression aufweisen (z.B. Lentigo-maligna-Melanom),<br />
bewiesen werden<br />
[23].<br />
Konfokale Laser-Scanning-<br />
Mikroskopie<br />
Als eines von drei Zentren in Europa und<br />
als einziges Zentrum in der Schweiz<br />
setzen wir im Rahmen der Hautkrebsvorsorge-Sprechstunde<br />
an der Dermatologischen<br />
Klinik <strong>des</strong> Universitätsspitals<br />
Zürich routinemässig die konfokale<br />
Laser-Scanning-Mikroskopie ein.
PRAXIS Mini-Review Praxis 2009; 98: 1525–1531 1530<br />
Abb. 7: Korrelation von Klinik, Dermatoskopie,<br />
konfokaler Laser-Scanning-Mikroskopie<br />
und Histologie eines superfiziell<br />
spreitenden <strong>Melanoms</strong>, Breslow-Index<br />
1.5 mm, Clark-Level IV am Rücken eines<br />
25-jährigen Mannes. Klinisch sieht man<br />
eine 10 mm 12 mm messende unregelmässig<br />
begrenzte und pigmentierte<br />
Makula. Die Dermatoskopie zeigt einen<br />
blau-weissen Schleier, der grosse Teile<br />
der Läsion bedeckt, ein atypisches Netzwerk<br />
in der Peripherie, atypische Punkte<br />
und Globuli. Das konfokale Bild entspricht<br />
0.5 mm 0.5 mm: Man erkennt<br />
deutlich das Vorhandensein von dendritischen<br />
atypische Melanozyten in der<br />
Epidermis («pagetoide melanozytäre<br />
Migration»).<br />
Die Methode zeigt dem Untersucher<br />
horizontale «Schnitte» durch die Haut –<br />
ähnlich der Dermatoskopie. Das konfokale<br />
Mikroskop «Vivascope 1500» (Lucid<br />
Inc, Rochester, New York; USA) (Abb. 5)<br />
ermöglicht eine ungefährliche, nichtinvasive<br />
Untersuchung der Morphologie<br />
der oberen Hautschichten auf zellulärer<br />
und subzellulärer Ebene in Echtzeit. Es<br />
wird eine mit der konventionellen Lichtmikroskopie<br />
vergleichbare Auflösung<br />
von 0.5–1 m lateral und 3–5 m vertikal<br />
erreicht, was der konfokalen Mikroskopie<br />
auch den Spitznamen «optische<br />
Biopsie» verliehen hat (Abb. 6). Sie<br />
eignet sich hervorragend <strong>für</strong> die Diagnostik<br />
von verdächtigen Pigmentläsionen,<br />
da man sehr deutlich das Vorhandensein<br />
von atypischen Melanozyten in<br />
der Epidermis («pagetoide melanozytäre<br />
Migration») oder architekturelle Veränderungen<br />
der Junktionszone erkennen<br />
kann (Abb. 7). Die pagetoide melanozytäre<br />
Migration ist ein wichtiges histologisches<br />
Kriterium <strong>für</strong> das superfiziell<br />
spreitende Melanom.<br />
In zahlreichen Studien wurde die Korrelation<br />
von konfokalen Bildern zur<br />
konventionellen histologischen Untersuchung<br />
gezeigt [24–26].<br />
Eine Untersuchung mit dem konfokalen<br />
Mikroskop dauert nur etwa 10 min; so<br />
können wir das Gerät auch routinemässig<br />
zur Beurteilung melanozytärer<br />
Läsionen einsetzen. Die maximale Eindringtiefe<br />
in das Gewebe ist auf 250–<br />
300 m beschränkt, was die wesentliche<br />
Einschränkung der Methode darstellt.<br />
Pathologien, welche in der Tiefe liegen<br />
oder sich in diese erstrecken, können<br />
<strong>des</strong>wegen nur teilweise und unvollständig<br />
dargestellt werden. Zur Abschätzung<br />
der Dignität von Muttermalen<br />
und bei Hautkrebsverdacht ist dies jedoch<br />
ausreichend.<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden,<br />
dass der Frühdiagnose gerade beim<br />
Melanom eine sehr wichtige Rolle<br />
zukommt. Zum einen da die Haut leicht<br />
untersucht werden kann und zum<br />
anderen da frühe Tumorstadien beim<br />
Melanom durch eine einfache Chirurgie<br />
«geheilt» werden können.<br />
Abstract<br />
In the last years a number of new non<br />
invasive techniques for the early diagnosis<br />
of melanoma have become very<br />
popular. In addition to dermoscopy,<br />
total body photography and digital<br />
dermoscopy frequently assist the dermatologist<br />
in differentiating nevi from<br />
early melanomas. A new promising<br />
technique for the non invasive diagnosis<br />
of melanoma might be confocal<br />
microscopy.<br />
Key words: melanoma – skin cancer –<br />
dermoscopy – confocal microscopy –<br />
total body photography<br />
Résumé<br />
Depuis plusieurs années le diagnostic<br />
précoce du mélanome en utilisant <strong>des</strong><br />
techniques non invasives est devenu de<br />
plus en plus populaire. Des techniques<br />
comme la dermoscopie, la cartographie<br />
numérique, la dermoscopie numérique<br />
sont utilisées de plus en plus<br />
en routine. Nous allons également<br />
présenter une nouvelle technologie<br />
prometteuse, la microscopie confocale<br />
in vivo.<br />
Mots-clés: mélanome – cancer de la<br />
peau – dermatoscopie – microscopie<br />
confocale<br />
Korrespondenzadresse<br />
PD Dr. med. R. P. Braun<br />
Dermatologische Klinik<br />
Universitätsspital Zürich<br />
Gloriastrasse 31<br />
8091 Zürich<br />
Ralph.Braun@usz.ch
PRAXIS Mini-Review Praxis 2009; 98: 1525–1531 1531<br />
Bibliographie<br />
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