24.11.2013 Aufrufe

Einkommensteuerrechtliche Behandlung der laufenden Geldleis ...

Einkommensteuerrechtliche Behandlung der laufenden Geldleis ...

Einkommensteuerrechtliche Behandlung der laufenden Geldleis ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

.<br />

c:.<br />

KVJS<br />

J<br />

Kommunalverband für<br />

Jugend und Soziales<br />

Baden-Württemberg<br />

KVJS- Postfach 106022.70049 Stuttgart<br />

Bundesministerium <strong>der</strong> Finanzen<br />

11016 Berlin<br />

Der Verbandsdirektor<br />

Roland<br />

Klinger<br />

Bundesministerium für Familie,<br />

Senioren, Frauen und Jugend<br />

11018 Berlin<br />

Tel. 0711 6375-200<br />

Roland. Klinger@kvjs.de<br />

Finanzministerium<br />

Postfach 10 14 53<br />

70013 Stuttgart<br />

Baden-Württemberg<br />

14. Juni 2007<br />

Aktenzeichen:<br />

455.535 - 43<br />

454.200 - 42<br />

Ministerium für Arbeit und Soziales<br />

Baden-Württemberg<br />

Schellingstraße 15<br />

70174 Stuttgart<br />

<strong>Einkommensteuerrechtliche</strong> <strong>Behandlung</strong> <strong>der</strong> <strong>laufenden</strong> <strong>Geldleis</strong>tung<br />

in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagespflege und des Pflegegeldes in <strong>der</strong> Volizeitpflege<br />

Schreiben des Bundesministeriums <strong>der</strong> Finanzen vom 13.04.07 (GZ:<br />

IVC 3 - S 2342/07/0001; DOK: 2007/0144484) und vom 24.05.07 (GZ:<br />

IVC 3 - S 2342/07/0001; DOK: 2007/0232601)<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

mit Schreiben vom 13.04.07, welches durch das Schreiben vom 24.05.07 aufgehoben<br />

wurde, informiert das Bundesministerium <strong>der</strong> Finanzen über die ab Lindenspürstr.39<br />

70176 Stuttgart<br />

2008 geltende einkommensteuerrechtliche <strong>Behandlung</strong> <strong>der</strong> <strong>laufenden</strong> <strong>Geldleis</strong>- Telefon07116375-0<br />

tung in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagespflege und des Pflegegeldes in <strong>der</strong> Vollzeitpflege. Dem- Telefax07116375-449<br />

nach haben die obersten Finanzbehörden <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> bei ihrer Sitzung vom 14. info@kvjs.de<br />

.. www.kvjs.de<br />

bis 16. März 2007 wesentliche An<strong>der</strong>ungen vollzogen. Hierzu wollen wir SteIlung<br />

beziehen und Sie bitten, die negativen Auswirkungen <strong>der</strong> vorgesehenen<br />

Landesbank<br />

Baden-Württemberg<br />

Än<strong>der</strong>ungen zu bedenken.<br />

BLZ 600 501 01<br />

Konto 222 82 82


c:.<br />

KVJS<br />

J<br />

Kommunalverband tür<br />

Jugend und Soziales<br />

Baden-Württemberg<br />

1. Kin<strong>der</strong>tagespflege 14. Juni 2007<br />

Seite 2<br />

Bisherige Regelung<br />

Die <strong>laufenden</strong> <strong>Geldleis</strong>tungen, die Tagespflegepersonen für die Versorgung<br />

und Erziehung eines (fremden) Kindes aus öffentlichenMittelnnach § 23<br />

8GB VIII erhalten, sind Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit nach § 18<br />

Abs. 1 EStG, jedoch nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei, denn es handelt sich um<br />

Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden,<br />

die Erziehung des {Tagespflege-)Kindes unmittelbar zu för<strong>der</strong>n. Voraussetzung<br />

ist, dass es sich um eine auf Dauer angelegte Tagespflege handelt und<br />

die Tagespflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird. Bei einer Betreuung von<br />

bis zu 5 Kin<strong>der</strong>n wird ohne nähere Prüfung unterstellt, dass die Erziehung und<br />

Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben werden.<br />

Die Steuerfreiheit bezieht sich sowohl auf den den Lebensbedarf des Kindes<br />

abdeckenden Teil <strong>der</strong> <strong>laufenden</strong> <strong>Geldleis</strong>tung als auch auf den die Erziehungsleistungen<br />

<strong>der</strong> Tagespflegeperson abgeltenden Anteil.<br />

Bei dem von privater Seite gezahlten Pflegegeld handelt es sich ebenfalls um<br />

Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit, das grundsätzlich <strong>der</strong> Einkommensbesteuerung<br />

unterliegt. Dies gilt auch für den Teil des Pflegegeldes, <strong>der</strong><br />

den Lebensunterhalt des Kindes abdeckt.<br />

Die Tagespflegeperson kann jedoch alle nachweislich mit <strong>der</strong> Pflege und Erziehungstätigkeit<br />

anfallenden Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend machen.<br />

Anstelle des Abzuges <strong>der</strong> tatsächlich entstandenen Aufwendungen erkennt<br />

die Finanzverwaltung auch einen pauschalen Betriebsausgabenabzug<br />

an. Danach können für jedes Kind bei einer Kin<strong>der</strong>tagespflege, die mehr als 6<br />

Stunden pro Tag in Anspruch nimmt, monatlich 246,-- € als Betriebsausgabenpauschale<br />

angesetzt werden; bei Teilzeittagespflege entsprechend weniger.<br />

Vorgesehene Regelung<br />

Ab 2008 sind laufende <strong>Geldleis</strong>tungen aus <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagespflege, die aus öffentlichen<br />

Mitteln auf <strong>der</strong> Grundlage von § 23 SGB VIII gewährt werden, als<br />

steuerpflichtige Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs.<br />

1 EStG zu betrachten. Zu den Einnahmen zählen auch die erstatteten Beiträge<br />

zur Unfallversicherung und zur Altersvorsorge <strong>der</strong> Tagespflegeperson.


:.<br />

J<br />

KVJS<br />

Kommunalverband für<br />

Jugend und Soziales<br />

Baden-Württemberg<br />

Aus Gründen <strong>der</strong> Vereinfachung wird anstelle <strong>der</strong> tatsächlichen Betriebsausgaben<br />

von den erzielten Einnahmen ein Freibetrag von 300,-- € je Kind und Monat<br />

gewährt. Die Pauschalierung gilt für eine Betreuungszeit von 8 Stunden pro<br />

Tag und mehr und ist bei geringerer Betreuungszeit anteilig zu kürzen. Die Tagespflegeperson<br />

kann aber auch anstelle <strong>der</strong> Pauschale ihre tatsächlichen<br />

Aufwendungen nachweisen.<br />

14. Juni 2007<br />

Seite 3<br />

Da mit dem Schreiben vom 24.05.2007 auch die Bezugserlasse zu den bisherigen<br />

von privater Seite gezahlten Pflegegel<strong>der</strong> aufgehoben werden, gilt somit,<br />

dass alle Einnahmen aus <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagespflege mit einem einheitlichen Freibetrag<br />

von 300,-- € pro Monat versehen werden.<br />

Stellungnahme<br />

Die jetzt vorgenommene Bewertung, wonach die laufende <strong>Geldleis</strong>tung nach<br />

§ 23 SGB VIII keine steuerfreie Einnahme nach § 3 Nr. 11 EStG mehr ist, ist im<br />

Schreiben vom 24.5.2007 nicht begründet und somit nicht nachvollziehbar.<br />

Die wesentlichen Rahmenbedingungen haben sich nicht verän<strong>der</strong>t:<br />

die laufende <strong>Geldleis</strong>tung wurde und wird aus öffentlichen Mitteln gewährt<br />

die laufende <strong>Geldleis</strong>tung hatte und hat den Charakter einer Beihilfe<br />

die laufende <strong>Geldleis</strong>tung hatte und hat den Zweck, die Erziehung des<br />

Kindes unmittelbar zu för<strong>der</strong>n.<br />

Die grundsätzliche Steuerpflicht für Einnahmen aus öffentlichen Mitteln führt im<br />

Übrigen zu folgenden Konsequenzen:<br />

a) Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen<br />

Tagespflegepersonen sind als selbstständig tätige Personen rentenversicherungspflichtig<br />

(§2 SGB VI), wenn das steuerpflichtige Einkommen den Betrag<br />

von <strong>der</strong>zeit 400,-- € pro Monat überschreitet. Dies bedeutet, dass die Tagespflegeperson<br />

nach den Empfehlungen zu <strong>laufenden</strong> <strong>Geldleis</strong>tungen für Kin<strong>der</strong><br />

in Kin<strong>der</strong>tagespflege mit <strong>der</strong> Aufnahme eines 3. Tagespflegekindes bei einer<br />

Betreuung von 8 Stunden pro Tag und mehr rentenversicherungspflichtig wird<br />

(446 € - 300 € = 146 € pro Kind x 3 = 438 €).<br />

Weiterhin kann eine Tagespflegeperson unter Zugrundelegung des § 10 SGB V<br />

dann nicht mehr im Rahmen <strong>der</strong> Familienversicherung bei ihrem Ehepartner<br />

krankenversichert sein, wenn sie unter An<strong>der</strong>em eine hauptberufliche selbst-


:.<br />

J<br />

KVJS<br />

Kommunalverband für<br />

Jugend und Soziales<br />

Baden-Württemberg<br />

ständige Erwerbstätigkeit ausübt o<strong>der</strong> ihr zu versteuerndes Einkommen eine<br />

maßgebliche Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (2007: 350,--€) übersteigt.Sie<br />

muss sich dann freiwillig versichern, wenn sie Leistungen <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Krankenversicherung erhalten will. Auch hier müssen mit <strong>der</strong> Betreuung eines<br />

3. Tagespflegekindes Beiträge zur Krankenversicherung abgeführt werden<br />

(siehe oben).<br />

14. Juni 2007<br />

Seite4<br />

b) Höhe <strong>der</strong> <strong>laufenden</strong> <strong>Geldleis</strong>tung<br />

Zur Sicherstellung <strong>der</strong> Betreuungsbereitschaft <strong>der</strong> Tagespflegepersonen kann<br />

es erfor<strong>der</strong>lich werden, die laufende <strong>Geldleis</strong>tung nach § 23 SGB VIII zu erhöhen,<br />

um die steuerlich bedingten Einnahmeausfälle <strong>der</strong> Tagespflegepersonen<br />

auszugleichen. Eine diesbezügliche mögliche Erhöhung <strong>der</strong> <strong>laufenden</strong> <strong>Geldleis</strong>tung<br />

bedeutet eine Verlagerung von Kin<strong>der</strong>betreuungskosten zu Lasten <strong>der</strong><br />

Stadt- und Landkreise.<br />

Die vorgesehene Neuregelung trägt zusammenfassend dazu bei, dass Tagespflegepersonen<br />

von <strong>der</strong> jetzt durchgängigen Steuerpflicht für ihre Einnahmen<br />

von einer möglichen Tagespflegetätigkeit abgeschreckt werden könnten. Dies<br />

muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass sich in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagespflege<br />

durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz und das Gesetz zur Weiterentwicklung<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendhilfe sehr viel verän<strong>der</strong>t hat. Die nunmehr vorgesehene<br />

Än<strong>der</strong>ung verhin<strong>der</strong>t, <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagespflege zu einer Routine im positiven<br />

Sinn zu verhelfen. Sie beför<strong>der</strong>t keine Vereinfachung <strong>der</strong> Rahmenbedingungen<br />

in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagespflege son<strong>der</strong>n vielmehr das Gegenteil.<br />

Die Neuregelung belastet in <strong>der</strong> Konsequenz die Haushalte <strong>der</strong> Stadt- und<br />

Landkreise unverhältnismäßig stärker. Es besteht daher die Gefahr, dass dadurch<br />

die Pflege- und Erziehungsbereitschaft von Tagespflegepersonen gehemmt<br />

und somit <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>liche Ausbau <strong>der</strong> Tagesbetreuung insbeson<strong>der</strong>e<br />

von Kleinkin<strong>der</strong>n abgebremst wird, indem es immer schwerer fällt, neue Tagespflegepersonen<br />

für diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe zu gewinnen.<br />

Wir sind daher <strong>der</strong> Auffassung, dass die Neuregelung überdacht werden und<br />

die bisher geltende Regelung für die aus öffentlichen Kassen gewährte laufende<br />

<strong>Geldleis</strong>tung aufrechterhalten werden soll. Die Steuerfreiheit <strong>der</strong> aus öffentlichen<br />

Mitteln gezahlten <strong>laufenden</strong> <strong>Geldleis</strong>tung erhöht die Pflegebereitschaft<br />

und die Motivation <strong>der</strong> (potenziellen) Tagespflegepersonen und trägt dazu bei,<br />

die steuerrechtliche <strong>Behandlung</strong> <strong>der</strong> <strong>Geldleis</strong>tung an die Tagespflegepersonen<br />

ZUvereinfachen.


c:<br />

J<br />

KVJS<br />

Kommunalverband für<br />

Jugend und Soziales<br />

Baden-Württemberg<br />

2. Vollzeitpflege 14. Juni 2007<br />

Sachverhalt<br />

Seite 5<br />

I<br />

I<br />

Die bisherige Auffassung <strong>der</strong> obersten Finanzbehörden lautete uneingeschränkt:<br />

"Danach sind die von den Jugendämtern an Pflegeeltern geleisteten<br />

Pflegegel<strong>der</strong> nach § ~ Nr. 11 EStG steuerfrei." (Amtliches Einkommensteuerhandbuch<br />

2005, H 3.11, Hinweise zu § ~ EStG, zu § ~ EStDV, Beihilfen)<br />

Diese Position wird in den Schreiben vom 13.04.07 und 24.05.07 ebenfalls eingenommen,<br />

jedoch einschränkend hinzugefügt: "sofern eine Erwerbstätigkeit<br />

nicht vorliegt". Im Unterschied zu <strong>der</strong> bisherigen Auslegung des § 3 Nr. 11<br />

EStG wird jetzt die Auffassung vertreten, dass "eine wi<strong>der</strong>legliche Vermutung<br />

für eine Erwerbstätigkeit dann gegeben sei, wenn die Summe <strong>der</strong> Erziehungsbeiträge<br />

pro Pflegehaushalt im Jahr 24.000,-- € übersteigt". Ausschlaggebend<br />

für die Steuerpflichtigkeit soll demnach die Höhe <strong>der</strong> jährlichen Einkünfte einer<br />

Pflegeperson als "Kosten <strong>der</strong> Erziehung" sein. Wird <strong>der</strong> Betrag von 24.000,-- €<br />

Kosten <strong>der</strong> Erziehung überschritten, wird davon ausgegangen, dass eine Erwerbstätigkeit<br />

vorliegt. Für diesen Fall soll das gesamte Pflegegeld (Grundbedarfssatz<br />

+ Kosten <strong>der</strong> Erziehung + Erstattungen zur Unfallversicherung und<br />

Alterssicherung) <strong>der</strong> Steuerpflicht unterliegen. Um das Verfahren weiter zu verkomplizieren,<br />

soll im Fall einer Steuerpflichtigkeit <strong>der</strong> Grundbedarfssatz als Betriebskostenpauschale<br />

von den erzielten Einnahmen wie<strong>der</strong> abgezogen werden.<br />

Auch einmalige Beihilfen und Zuschüsse gemäß § 39 Abs. 3 SGB VIII<br />

sollen als Betriebskostenpauschale abgezogen werden.<br />

Nur für den Fall einer Steuerpflichtigkeit werden die Erstattungen zur Unfallversicherung<br />

und Alterssicherung <strong>der</strong> Pflegeperson als steuerpflichtige Einnahmen<br />

gewertet. Dies wurde im Schreiben vom 24.05.07 klargestellt.<br />

Ebenfalls als steuerpflichtige Einnahmen werden "Platzhaltekosten und Bereitschaftsgel<strong>der</strong>"<br />

an Bereitschaftspflegepersonen gewertet. Für den Fall, dass<br />

gleichzeitig steuerfreies Pflegegeld und Bereitschaftsgeld gezahlt wird, sollen<br />

die Erstattungen zur Unfallversicherung und zur Alterssicherung nicht besteuert<br />

werden.<br />

Stellungnahme<br />

Die Frage <strong>der</strong> Erwerbstätigkeit spielt im Zusammenhang des § 3 EStG keine<br />

Rolle; hier ist vielmehr entscheidend, dass Bezüge aus öffentlichen Mitteln zu<br />

dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu för<strong>der</strong>n.


c:<br />

J<br />

KVJS<br />

Kommunalverband für<br />

Jugend und Soziales<br />

Baden-Württemberg<br />

Im Zusammenhang mit <strong>der</strong> steuerrechtlichen Charakterisierung von Pflegekin<strong>der</strong>n<br />

taucht im § 32 EStG <strong>der</strong> Begriff des "Erwerbszwecks" auf. Mit an<strong>der</strong>en<br />

Worten: Nimmt die Pflegeperson ein Kind zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt<br />

auf, handelt es sich nicht mehr um ein Pflegekind. Im Amtlichen Einkommensteuerhandbuch<br />

wird dies so erläutert: "Zu Erwerbszwecken in den Haushalt<br />

aufgenommen sind z. B. Kostkin<strong>der</strong>. Hat <strong>der</strong> Steuerpflichtige mehr als<br />

sechs Kin<strong>der</strong> in seinem Haushalt aufgenommen, spricht eine Vermutung dafür,<br />

dass es sich um Kostkin<strong>der</strong> handelt." (Amtliches Einkommensteuerhandbuch<br />

2005, R 32.2, Pflegekin<strong>der</strong>, zu § 32 EStG, Pflegekindschaftsverhältnis)<br />

14. Juni 2007<br />

Seite 6<br />

Diese Abgrenzung ist insofern nachvollziehbar, als tatsächlich daran gezweifelt<br />

werden kann, dass bei <strong>der</strong> gleichzeitigen Aufnahme von mehr als 6 Pflegekin<strong>der</strong>n<br />

in den Haushalt einer Pflegeperson <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Erziehung und För<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> im Vor<strong>der</strong>grund steht.<br />

Die Höhe <strong>der</strong> festgelegten Grenze <strong>der</strong> Steuerpflichtigkeit von Einkünften aus<br />

"Kosten <strong>der</strong> Erziehung" im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB VIII liegt mit 24.000,-- €<br />

bei "normalen" Pflegeverhältnissen so hoch, dass sie kaum erreicht werden<br />

dürfte: Bei einem Pflegekind werden in Baden-Württemberg auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

<strong>der</strong> Empfehlung des Landesjugendamtes im Jahr 2.760,--€ Kosten <strong>der</strong> Erziehung<br />

gezahlt. Eine Pflegeperson könnte also theoretisch 8 Pflegekin<strong>der</strong> aufnehmen,<br />

ohne den Betrag von 24.000,-- € zu überschreiten.<br />

Schaut man sich jedoch Pflegeverhältnisse auf <strong>der</strong> Grundlage von § 33 Satz 2<br />

SGB VIII (Formen <strong>der</strong> Familienpflege für beson<strong>der</strong>s entwicklungsbeeinträchtigte<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugendliche) an, wird <strong>der</strong> Höchstbetrag möglicherweise schon<br />

bei 2 Pflegekin<strong>der</strong>n erreicht (<strong>der</strong> 5fache Satz <strong>der</strong> Kosten <strong>der</strong> Erziehung liegt im<br />

Jahr bei 13.800,- €, <strong>der</strong> 4fache bei 11.040,-- €).<br />

~I<br />

I<br />

Die obersten Finanzbehörden <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> begründen ihren Beschluss zur Än<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> steuerlichen <strong>Behandlung</strong> des Pflegegeldes in <strong>der</strong> Vollzeitpflege<br />

nicht. Die jetzt eingenommene Position steht im deutlichen Gegensatz zu dem<br />

Urteil des BGH zur Pfändbarkeit von Pflegegeld vom 04.10.2005 (Az.: VII ZB<br />

13/05). Der Bundesgerichtshof befasst sich mit <strong>der</strong> Begründung zum 1. Gesetz<br />

zur Än<strong>der</strong>ung des VIII. Buches Sozialgesetzbuch vom 16. Februar 1993, mit<br />

dem die "Kosten <strong>der</strong> Erziehung" als Bestandteil des notwendigen Unterhalts<br />

des Pflegekindes in den § 39 Abs. 1 SGB VIII eingefügt worden sind. Zum Charakter<br />

<strong>der</strong> Kosten <strong>der</strong> Erziehung führt <strong>der</strong> BGH aus: "Die staatliche Gemeinschaft<br />

müsse seinen - des Kindes - Lebensunterhalt ersatzweise jedenfalls in<br />

<strong>der</strong> Art und Weise sicherstellen, dass das Kind in <strong>der</strong> Lage sei, Personen zu


c: KVJS<br />

Kommunalverband für<br />

Jugend und Soziales<br />

Baden-Württemberg<br />

finden, die anstelle <strong>der</strong> Eltern Erziehungsaufgaben übernähmen. Damit ist klargestellt,<br />

dass <strong>der</strong> hier als Aufwandsentschädigung bezeichnete Erziehungsbeitrag<br />

bei <strong>der</strong> Hilfe zur Erziehung <strong>der</strong> Bedarfsdeckung des Kindes dient. Er ist<br />

nicht an den Bedarf <strong>der</strong> Pflegeperson son<strong>der</strong>n allein an den des Kindes geknüpft."<br />

Der BGH kommt in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die im<br />

Pflegegeld enthaltenen Kosten <strong>der</strong> Erziehung "Bestandteil des Unterhaltsanspruchs<br />

des Kindes" sind. Der Erziehungsbeitrag könne "nicht hiervon abgekoppelt<br />

und als zweckneutrale Zuwendung an die Pflegeperson aufgefasst<br />

werden". Den Kosten <strong>der</strong> Erziehung komme "damit keine Lohnersatzfunktion<br />

zu. Es handelt sich vielmehr um öffentliche Beihilfen, die... unmittelbar <strong>der</strong><br />

Erziehung und Ausbildung <strong>der</strong> Pflegekin<strong>der</strong> dienen."<br />

14. Juni 2007<br />

Seite 7<br />

Das Schreiben <strong>der</strong> obersten Finanzbehörden <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> macht keine Angaben<br />

zur Umsetzung <strong>der</strong> neuen Sichtweise. Müssen Vollzeitpflegepersonen im Rahmen<br />

ihrer Einkommensteuererklärung nun prinzipiell das Pflegegeld angeben?<br />

Müssen sie in diesem Rahmen ebenfalls die Beträge für Erstattungen zur Unfallversicherung<br />

und Alterssicherung a!}geben? Müssen die Jugendämter Pflegepersonen<br />

bei den Finanzämtern anmelden?<br />

Die von den obersten Finanzbehörden <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> abschließend aufgezählten<br />

Formen <strong>der</strong> Vollzeitpflege entsprechen we<strong>der</strong> den gesetzlichen Vorgaben im<br />

§ 33 SGB VIII noch <strong>der</strong> Realität, die erheblich vielfältiger ist. Außerdem verbergen<br />

sich hinter den Begriffen "Dauerpflege, Kurzzeitpflege, Bereitschaftspflege,<br />

Wochenpflege sowie Son<strong>der</strong>pflege" von Bundesland zu Bundesland und teilweise<br />

von Jugendamt zu Jugendamt unterschiedliche Konzepte. Die Aussage<br />

deutet wegen ihrer fehlenden Fachlichkeit darauf hin, dass <strong>der</strong> Beschluss nicht<br />

in Abstimmung mit den obersten Landesjugendbehörden erfolgt ist.<br />

Sollte <strong>der</strong> Beschluss <strong>der</strong> obersten Finanzbehörden <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> umgesetzt werden,<br />

werden die örtlichen Träger <strong>der</strong> Jugendhilfe gezwungen sein, entwe<strong>der</strong><br />

einen Verlust an Pflegepersonen hinzunehmen, weil diese einen Teil des aus<br />

öffentlichen Mitteln gezahlten Pflegegeldes wie<strong>der</strong> an die öffentliche Hand abtreten<br />

sollen, o<strong>der</strong> sie müssen den Verlust kompensieren. Damit würde eine<br />

Umverteilung öffentlicher Mittel <strong>der</strong> kommunalen Körperschaften an Bund und<br />

Län<strong>der</strong> stattfinden.<br />

Eine Logik erschließt sich in dem Vorhaben nicht. Vielmehr tritt eine weitere<br />

Verkomplizierung ein, die im Zusammenhang <strong>der</strong> Bestrebungen für Verwaltungsvereinfachungen<br />

und Bürokratieabbau nicht nachvollziehbar ist.


c:.<br />

J<br />

KVJS<br />

Kommunalverband<br />

Jugend und Soziales<br />

Baden-Württemberg<br />

für<br />

-~I<br />

r<br />

Deshalb bitten wir die zuständigen Ministerien sich dafür einzusetzen, dass die<br />

bisherigen Regelungen beibehalten werden.<br />

14. Juni 2007<br />

Seite 8<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Nachrichtlich<br />

Gemeindetag Baden-Württemberg<br />

Landkreistag<br />

Baden-Württemberg<br />

Städtetag<br />

Baden-Württemberg<br />

Jugendämter in Baden-Württemberg<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> Landesjugendämter<br />

Tagesmütter. Landesverband <strong>der</strong> Tagesmütter-Vereine<br />

Baden-Württemberg e. V.<br />

PFAD für Kin<strong>der</strong> Landesverband<br />

Baden-Württemberg e. V.<br />

Pflegeelternschule Baden-Württemberg e. V.<br />

Freie Träger mit Angeboten im Bereich <strong>der</strong><br />

Vollzeitpflege

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!