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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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Doch erinnert s<strong>ich</strong> Anneliese Heidt auch an negative Aspekte ihres JM-<br />

Dienstes. Insbeson<strong>der</strong>e Aufgaben wie Sammlungen für das Winterhilfswerk<br />

und die Teilnahme an Propagandaveranstaltungen empfand sie als unangenehme<br />

Pfl<strong>ich</strong>ten, denen sie s<strong>ich</strong> gern entzogen hätte. Dabei waren es n<strong>ich</strong>t Inhalte,<br />

die ihr Probleme bereiteten, viel<strong>mehr</strong> waren ihr, dem Kind aus gutbürgerl<strong>ich</strong>en<br />

Verhältnissen, solche Aufgaben peinl<strong>ich</strong>:<br />

„und man wurde denn, oft n<strong>ich</strong>, grade freundl<strong>ich</strong> empfangen, manchmal ja, aber oft auch n<strong>ich</strong>,<br />

und denn jagten die einen da weg, und das war mir peinl<strong>ich</strong> und und unangenehm, wer hat das<br />

schon gerne, und da hab <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> denn manchmal gar n<strong>ich</strong> so getraut, <strong>zu</strong> klingeln, obwohl wir<br />

ja immer, <strong>zu</strong> zweit, o<strong>der</strong> <strong>zu</strong> <strong>mehr</strong>eren das machten ne, aber, so dieses so Betteln das fand <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong><br />

so schön" (26/50)<br />

Anneliese stieg in <strong>der</strong> JM-Hierarchie auf, sie wurde JM-Führerin: „Jungmädchen<br />

da war <strong>ich</strong> auch Führerin na klar ne, war war man auch ganz stolz<br />

drauf*. Für die Heranwachsende war diese Position eine Ausze<strong>ich</strong>nung, die<br />

sie <strong>mit</strong> Stolz erfüllte, wie sie auch heute noch emphatisch erklärt. Sie meint,<br />

sie wäre noch „so gerne weiter aufgestiegen in <strong>der</strong> Hierarchie**. Dies sei ihr<br />

<strong>zu</strong> ihrem „damaligen gro:ßen Bedauern** jedoch n<strong>ich</strong>t gelungen, was sie sehr<br />

gekränkt habe. Während Frau Heidt offen ihre Begeisterung für den JM schil<strong>der</strong>t<br />

und diese Zeit auch klar und wi<strong>der</strong>spruchsfrei darstellt, versucht sie, die<br />

Zeit danach <strong>zu</strong> verschleiern. Sie versucht den Eindruck <strong>zu</strong> erwecken, von ihrem<br />

14. Lebensjahr an n<strong>ich</strong>t <strong>mehr</strong> bei <strong>der</strong> <strong>Hitler</strong>jugend gewesen <strong>zu</strong> sein. Immer<br />

wie<strong>der</strong> betont sie, s<strong>ich</strong> den Aktivitäten des BDM, <strong>zu</strong> dem sie <strong>mit</strong> 14 Jahren,<br />

also 1941, nach den Bestimmungen des <strong>Hitler</strong>jugend-Gesetzes automatisch<br />

übernommen wurde, entzogen <strong>zu</strong> haben.<br />

Zur Übernahme in den BDM, so erzählt Frau Heidt, sei es bei ihr n<strong>ich</strong>t gekommen,<br />

weil sie gerade <strong>mit</strong> ihrer Familie innerhalb Bremens umgezogen sei.<br />

Sie habe s<strong>ich</strong> in dem neuen Bezirk einfach n<strong>ich</strong>t beim BDM gemeldet und sei<br />

auf diese Weise <strong>der</strong> Dienstpfl<strong>ich</strong>t entgangen:<br />

„da warn wir im an<strong>der</strong>n, Bezirk und das hab <strong>ich</strong> denn einfach vergessen und, denn, durch die<br />

<strong>Krieg</strong>s- einwirkung is das nachher auch, MÖGLICH GEWORDEN daß <strong>ich</strong> also vergessen<br />

wurde, ... aber <strong>ich</strong> habe, alles drangesetzt in η BDM, n<strong>ich</strong> <strong>mehr</strong> <strong>zu</strong> kommen weil mir <strong>der</strong> <strong>zu</strong> politisch<br />

war, während die Jungmädchen, also, wie Pfadfin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> CVJM o<strong>der</strong> so ähnl<strong>ich</strong>" (24/44)<br />

Im Vergle<strong>ich</strong> <strong>zu</strong> den Jungmädeln sei ihr <strong>der</strong> BDM „<strong>zu</strong> politisch** gewesen.<br />

Distanzierte s<strong>ich</strong> die begeisterte und überzeugte JM-Führerin Anneliese nun<br />

von den politischen Inhalten <strong>der</strong> HJ? Auf die Rückfrage einer <strong>der</strong> beiden Interviewerinnen,<br />

was denn die politische Dimension des BDM ausgemacht habe,<br />

antwortet Frau Heidt auswe<strong>ich</strong>end, daß sie das n<strong>ich</strong>t genau sagen könne, weil<br />

sie ja n<strong>ich</strong>t selbst dabei gewesen sei. Vor allem seien ihr die Führerinnen unsympathisch<br />

gewesen, es habe nur <strong>der</strong>en Meinung gegolten und absoluter Gehorsam<br />

sei gefor<strong>der</strong>t worden. Damals war es also weniger das „Politische",<br />

wodurch <strong>der</strong> BDM sie abstieß, son<strong>der</strong>n es waren jene Aspekte <strong>der</strong> Organisationsform,<br />

die sie in ihrer Individualität beschnitten hätten. Konkurrenz und<br />

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