"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc
"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc "Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc
weil ihr auferlegte und daher bedeutungslose Angelegenheit darzustellen. Prinzipiell scheint sie aber gegen ihre Position als Anwärterin der Partei nichts gehabt zu haben, denn auf die Frage, wie sie das Parteiabzeichen erhalten habe, antwortet sie: „da wurde ich zur (Landes) zu dieser Parteistelle (1) äh ahm, jeholt und da harn sie jesacht wir geben ihnen dieses Parteiabzeichen, Se müssen ja eins haben (1) und Sie sind Anwärterin für die Partei, gut hab ich gesacht is in Ordnung nech ich hab gesacht und und das Buch wo is das, da ham se gesacht Buch kriegen se nich hab ich gesacht gut kriech ich kein Buch ne hab mich gar nich drum gekümmert mehr" (87 / 32) Des weiteren versucht sie zu belegen, daß sie an parteipolitischen Aktivitäten kein Interesse gezeigt habe. Sie sei nicht zu den Frauenschaftsabenden gegangen und habe deswegen sogar Schwierigkeiten bekommen, da ihre Nachbarin sie bei der betreffenden Hauptfrauenschaftsfuhrerin angezeigt habe: „und dann mußten wir immer zu solchen Frauenschaftsabenden gehen und ich jing nich hin (1) und da sachte sie warum kommen Sie nich da=hab=ich=jesacht was soll ich denn da (1) sacht ich, das is so primitiv was einem da jeboten wird einmal bin ich dajewesen ich sach was soll ich denn da (1) und da sacht se kann ich das weiterjeben hab ich gesacht bitte schön nich" (86/32) Die Ablehnung der Frauenschaft war nun keineswegs politisch motiviert, lag also nicht an einer grundsätzlichen Kritik an der NSDAP und ihren Organisationen, sondern hing mit dem niedrigen Bildungsniveau dieser Frauentreffen zusammen. Das erklärte sie auch der Hauptfrauenschaftsfuhrerin, vor der sie sich verantworten mußte: „sach ich das is ich steh im Beruf (1) ich muß meinen Vater versorgen ich muß Feldpostbriefe schreiben hab ich jesacht, äh wa ich brauche ihre Feldpostbriefe nich ich hab meine eigenen (1) und da sacht sie, ja soll ich Se anzeigen ich, ich hab jesacht, was wollen Se denn anzeigen wollen Sie anzeigen das Sie sich, was Sie mir bieten, ich bin doch keine fö/fcschülerin hab ich gesacht was Sie da bieten da müssen Sie mir was anderes bieten" (87 /11) Da sie der Hauptfrauenschaftsfuhrerin überzeugend darlegen konnte, daß sie ohnehin genug leiste und beispielsweise auch Feldpostbriefe schreibe, sei sie nicht angezeigt worden. Sie hätten sich darauf geeinigt, daß Frau Borke künftig „ihr Mädchen 44 hinschicken werde, die auch Volksdeutsche gewesen sei. Als Anwärterin der Partei mußte sie jedoch auch gewisse Aufgaben übernehmen. So habe sie in einem ihr zugeteilten Gebiet in Posen die polnische Bevölkerung „zählen müssen 44 . Frau Borke erzählt davon, als hätte es sich um eine harmlose Tätigkeit gehandelt, die die Polen fast grundlos beunruhigte: „da mußten die Polen immer wieder also jezählt werden und ahm d al- ich sollte also die Polen da in meinem Bezirk da zahlen ich weiß nich alle 3 Monate mußte das jemacht werden (1) und diese armen Polen die hatten natürlich fürchtbare Angst immer wenn ich zu ihnen jing dann wollten se nich aufmachen .... ich zeig doch keinen an sacht=ich ich muß ja nur aufschreiben wieviel Personen da sind, kümmer mich doch sonst um gar nichts" (88/6) Frau Borke verharmlost ihre Tätigkeit, indem sie diese als bloße Zählerei beschreibt und die gesamten Bedingungen, unter denen sie stattgefunden haben wird, sowie deren Folgen ausblendet. Sie negiert gleichzeitig vollkom- 70
men die begründete Angst der Polen vor Aussiedlungen, Deportationen und Zwangsverschickungen, die die deutsche Besatzungsmacht im sogenannten Warthegau vornahm. Denn bereits Ende Oktober/Anfang Februar 1939 begann die erste Phase, in der bis Ende Februar 1940 eine Million der polnischen Bevölkerung ihr Heimatland verlassen sollte (vgl. Deutschland im Zweiten Weltkrieg, Bd. 1, 1974:470). Die deutschen Okkupanten beabsichtigten mit diesen Zwangsumsiedlungen letztendlich eine „restlose Entpolnisierung 44 , was auch Frau Borke bekannt gewesen ein dürfte. Indem Frau Borke ihre Aufgabe losgelöst von diesem Kontext beschreibt und die organisierten Verbrechen gegen die polnische Bevölkerung ausklammert, muß sie sich nicht der Frage nach der eigenen Beteiligung und Verantwortung stellen. Ferner blendet sie damit auch aus, daß Land und Besitz der polnischen Bevölkerung u.a. von den angesiedelten Volksdeutschen, die wie Frau Borke „heim ins Reich 44 kamen, in Anspruch genommen wurden, so daß die bestehende Parallele zwischen ihrer Ansiedlung und der massenhaften Aussiedlung der Polen nicht in ihr Bewußtsein rückt. Daß ihre Aufgabe vor dem Hintergrund einer angestrebten „Germanisierung 44 der annektierten polnischen Gebiete stand, muß ihr m.E. auch bekannt gewesen sein. Denn sie äußert sich wie folgt: „ahm=ahm == ahm ich sagte schon also auf auf einen Deutschen kamen neun Bolen und die Polen die lebten alle in den sojenannten Hinterwohnungen nech ... und da mußten Se Pe- Polen durchjezählt werden und das mußten Se dann namentlich weitermelden, meine Listen wurden nie fertich" (89/12) Dadurch, daß ihre Listen angeblich nie vollständig gewesen sind und sie stets nach dem Prinzip gehandelt habe, keinen Menschen anzuzeigen oder zu verraten, kann sie ihre Tätigkeit als harmlos darstellen. In der gleichen Weise erzählt sie auch von der Arbeit ihrer Schwester, die in einer „Landesdienststelle" tätig gewesen sei und sich mit Ahnennachweisen befaßt habe. Ihre Schwester habe wie sie die Unterlagen nie vervollständigt und insbesondere baltische Landsleute nicht verraten. Für beide galt das Prinzip, „einen Landsmann hat man in keiner Weise verraten, ob er jüdisches Blut hatte oder nich 44 . Das hätten sie bereits von Kindheit an in ihrem Elternhaus gelernt: „wissen Se das is Ihnen von klein auf anjezeigt worden das is eine Schweinerei das tut man nich, jenauso wie petzen 44 (89/33) So wie sie in der Familie zusammengehalten hätten, seien sie auch vor allem den baltischen Deutschen gegenüber solidarisch gewesen. Dieses Handlungsprinzip bezieht Frau Borke auch auf den Gedanken einer Volksgemeinschaft, die insbesondere in Krisenzeiten zusammenhalten müsse. Sie selbst habe wie ihr Vater die Meinung vertreten, „im Krieg darf es keine Gegenströmung geben 44 , selbst wenn man mit Hitler und seiner Politik nicht einverstanden gewesen sei: 71
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stets nach dem Prinzip gehandelt habe, keinen Menschen an<strong>zu</strong>zeigen o<strong>der</strong> <strong>zu</strong><br />
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„wissen Se das is Ihnen von klein auf anjezeigt worden das is eine Schweinerei das tut man n<strong>ich</strong>,<br />
jenauso wie petzen 44 (89/33)<br />
So wie sie in <strong>der</strong> Familie <strong>zu</strong>sammengehalten hätten, seien sie auch vor allem<br />
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