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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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Ihrem Chef — einem Re<strong>ich</strong>sdeutschen, wie sie betont — habe sie damals<br />

aufgrund <strong>der</strong> unerträgl<strong>ich</strong>en „Zusammenarbeit 41<br />

<strong>mit</strong> dem polnischen Assistenten<br />

<strong>mit</strong>geteilt, daß entwe<strong>der</strong> <strong>der</strong> polnische Assistent o<strong>der</strong> sie gehen werde.<br />

Mit <strong>der</strong> Begründung, daß <strong>der</strong> polnische Assistent aber ohnehin das Labor<br />

habe verlassen müssen, es deshalb keine weiteren Probleme gegeben habe,<br />

bagatellisiert sie auch hier, wie beim jüdischen Hausbesitzer in Breslau, das<br />

Schicksal dieser Menschen und ihren eigenen Vorteil daraus. Sie habe ihrem<br />

Chef auch vorgeworfen, daß er seine „Untergebenen 44<br />

n<strong>ich</strong>t r<strong>ich</strong>tig behandeln<br />

und in die Arbeit einweisen würde:<br />

„<strong>ich</strong> hab meinem Chef auch vorjeworfen daß er n<strong>ich</strong>t versteht dies polnische (I) Publikum <strong>zu</strong><br />

behandeln (I) also äh seine Untergebenen hab=<strong>ich</strong> = jesacht so kann man n<strong>ich</strong> <strong>mit</strong> Untergebenen<br />

umgehen, die <strong>kam</strong>en alle <strong>zu</strong> mir und frachten was se machen sollten (1) da <strong>hatte</strong> er eine auch in<br />

son, ja Straflager versetzen lassen weil se n<strong>ich</strong> so tat wie er wollte da=hab=<strong>ich</strong> = jesacht das is<br />

doch ein Wahnsinn was Sie jemacht haben, dadurch kriegen Sie doch n<strong>ich</strong> diese Symphatien dieser<br />

Frau das kann man doch in aller Freundl<strong>ich</strong>keit sagen" (83/18)<br />

Einerseits kritisierte Frau Borke also die mangelnden Führungsqualitäten<br />

ihres Vorgesetzten, die sie <strong>zu</strong>mindest teilweise aus<strong>zu</strong>gle<strong>ich</strong>en wußte; an<strong>der</strong>erseits<br />

fand sie seine Maßnahme, eine Polin in ein „Straflager versetzen 44<br />

<strong>zu</strong> lassen,<br />

<strong>zu</strong> rigoros. Ihrer Meinung nach resultierte sein unangemessenes Verhalten<br />

aus einem völligen „Unverständnis 44<br />

den Polen gegenüber, denn sie meint:<br />

Rieses Unverständnis em Polen gegenüber das is ein HtaAnsinn was er jemacht hat (2) und er<br />

stand immer völl<strong>ich</strong> je- st- betroffen da wenn <strong>ich</strong> ihm das sachte so kann man n<strong>ich</strong>t Untergebene<br />

behandeln <strong>zu</strong>mal n<strong>ich</strong>t Aus- Auslän<strong>der</strong>" (84/28)<br />

Warum man vor allem Auslän<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Arbeit strikt anleiten sollte, führt<br />

Frau Borke lei<strong>der</strong> n<strong>ich</strong>t näher aus. Es ist davon aus<strong>zu</strong>gehen, daß sie hier<br />

grundsätzl<strong>ich</strong> die Notwendigkeit betont, es müßten klare, auf den unterlegenen<br />

Status <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong> abgestimmte Handlungsprinzipien eingehalten werden.<br />

Darüber hinaus enthält ihr Einwand mögl<strong>ich</strong>erweise die strategisch bedeutsame<br />

Überlegung, unnötige Zwangsmaßnahmen o<strong>der</strong> willkürl<strong>ich</strong>es und<br />

<strong>zu</strong> nachlässiges Handeln könnten Feindschaft und Gegenwehr hervorrufen.<br />

<strong>Als</strong> Frau Borke von <strong>der</strong> Zeit in Posen erzählt, erfahren wir nebenbei durch<br />

Nachfragen von ihren parteipolitischen Aktivitäten und von denen ihres Vaters,<br />

die sie selbst verharmlost bzw. als bedeutungslos ausweist. Ihr Vater habe<br />

ein Abze<strong>ich</strong>en „als Deutscher 44<br />

tragen müssen, das er s<strong>ich</strong> allerdings selbst<br />

über den Altherrenbund, einer NS-Vereinigung von Akademikern, beschafft<br />

habe. Ebenso wie ihr Vater sei sie n<strong>ich</strong>t NSDAP-Mitglied gewesen und habe<br />

s<strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t politisch engagiert, dennoch aber ein Parteiabze<strong>ich</strong>en getragen:<br />

„und äh <strong>ich</strong> hab en Parteiabze<strong>ich</strong>en jetragen, aber <strong>ich</strong> war n<strong>ich</strong> in <strong>der</strong> Partei <strong>ich</strong> war nur Anwärter<br />

von <strong>der</strong> Partei" (86/2)<br />

Frau Borke benutzt im weiteren diese von <strong>der</strong> Partei vorgesehene Anwärterschaft<br />

in ihrer Argumentation, um ihre Beteiligung als selbstverständl<strong>ich</strong>e,<br />

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