"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc
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den Tod ihrer Mutter, die „ganz plötzl<strong>ich</strong> an einem Gehirnschlag starb 4 *, nachdem<br />
sie 14 Tage krank gewesen war. Frau Borke konnte ihren Tod <strong>zu</strong> dem Zeitpunkt<br />
n<strong>ich</strong>t ertragen und tat so, als ob ihre Mutter nur verreist wäre. Der unerwartete<br />
Tod ihrer Mutter sei, wie sie heute meint, eine <strong>der</strong> schlimmsten Erfahrungen<br />
ihres Lebens gewesen. Zudem brachte er für sie weitere Belastungen:<br />
„weil <strong>der</strong> ganze Haushalt alles lach plötzl<strong>ich</strong> auf mir nech und da hab <strong>ich</strong> gar keine Zeit jehabt<br />
um meine Mutter <strong>zu</strong> trauern (1) weil <strong>ich</strong> äh mein Bru<strong>der</strong> aus dem Felde und da hab <strong>ich</strong> gar keine<br />
Zeit jehabt um meine Mutter <strong>zu</strong> trauern (1) weil <strong>ich</strong> äh mein Bru<strong>der</strong> aus dem Felde <strong>kam</strong> (1) und<br />
<strong>ich</strong> ihm das gar n<strong>ich</strong> zeigen durfte auch n<strong>ich</strong> <strong>zu</strong>r Beerdigung n<strong>ich</strong> weil er neben mir saß (1) und<br />
<strong>ich</strong> hab immer mir mir vorjeredet sie is ja nur verreist" (93/15)<br />
Diese Zeit war auch deswegen sehr schwer, weil sie neben ihrem Beruf den<br />
Haushalt fuhren mußte und s<strong>ich</strong> außerdem für ihren Vater verantwortl<strong>ich</strong><br />
fühlte, <strong>der</strong> stark unter dem Tod seiner Frau litt: „nach dem Tode meiner Mutter<br />
da wollte er n<strong>ich</strong> <strong>mehr</strong> er war ja auch schon sehr alt 44 (52/ 19).<br />
<strong>Als</strong> ihre Mutter beerdigt wurde, seien wie<strong>der</strong> die „Goldfasane 44<br />
gekommen<br />
und hätten ihr diesmal das Mutterkreuz gebracht. Während ihre Mutter damals<br />
abgelehnt habe, habe sie es nun angenommen.<br />
Nach dem Tod <strong>der</strong> Mutter und aufgrund <strong>der</strong> da<strong>mit</strong> verbundenen <strong>zu</strong>sätzl<strong>ich</strong>en<br />
Belastungen entschied sie s<strong>ich</strong>, <strong>zu</strong>sammen <strong>mit</strong> ihrem Vater nach Posen<br />
<strong>zu</strong> ihrer Schwester <strong>zu</strong> ziehen. Ob diese Entscheidung allein dadurch begründet<br />
war, daß sie s<strong>ich</strong> von ihrer Schwester Unterstüt<strong>zu</strong>ng im Haushalt und bei<br />
<strong>der</strong> Versorgung ihres Vaters versprach, ist unklar. Zufrieden sei sie jedoch<br />
n<strong>ich</strong>t <strong>mit</strong> dem Um<strong>zu</strong>g nach Posen gewesen, da sie künftig n<strong>ich</strong>t <strong>mehr</strong> so ohne<br />
weiteres vom sogenannten Warthegau aus nach Breslau <strong>zu</strong> ihrer Arbeitsstelle<br />
fahren konnte:<br />
„wenn sie nu von Breslau nach Posen wollten (1) dann brauchten se eine Genehmigung von da<br />
das se da hereinkommen n<strong>ich</strong> also das warn so tausend Schwier<strong>ich</strong>keiten die man heute gar n<strong>ich</strong><br />
<strong>mehr</strong> hat n<strong>ich</strong> .... ahm ja nein weil das ja noch eben so viel Polen warn da harn se das immer so<br />
vom Re<strong>ich</strong> jetrennt noch n<strong>ich</strong> .. und wenn <strong>ich</strong> mal nach Posen <strong>zu</strong>m Besuch wollte, dann mußte<br />
mein alter Chef m<strong>ich</strong> anfor<strong>der</strong>n sonst war <strong>ich</strong> da gar n<strong>ich</strong> hereinjekommen nech 44 (K6 / 535)<br />
Daß man n<strong>ich</strong>t problemlos herumreisen konnte, <strong>hatte</strong> sie bereits erfahren,<br />
wenn sie von Breslau aus nach Posen fähren wollte. Die Gründe dieser<br />
Schwierigkeiten waren ihr bekannt, denn sie meint, „weil das ja noch eben so<br />
viel Polen warn da harn se das immer so vom Re<strong>ich</strong> jetrennt noch 44 . Diese Äußerung<br />
zeigt, daß sie von <strong>der</strong> Aufteilung Polens und <strong>zu</strong>mindest von <strong>der</strong> Aussiedlung<br />
großer Teile <strong>der</strong> polnischen Bevölkerung gewußt haben dürfte. Auch<br />
an dieser Stelle denkt Frau Borke n<strong>ich</strong>t darüber nach, was die Aussiedlung,<br />
aber auch die von den Nationalsozialisten organisierten Menschenrechtsverlet<strong>zu</strong>ngen<br />
für die polnische Bevölkerung bedeutet hat.<br />
Die Zeit in Posen und Breslau thematisiert Frau Borke grundsätzl<strong>ich</strong> unter<br />
dem Aspekt, daß sie dort insgesamt zieml<strong>ich</strong> enttäuscht worden seien, da sie<br />
dort ebenso wie in Lettland als Fremde galten:<br />
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