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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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spekt, was Frau Borke den Erzählungen und autobiographisch verfaßten Ber<strong>ich</strong>ten<br />

ihres Vaters entnimmt:<br />

„da <strong>kam</strong>en wir ja alle erst in Lager (2) und unsere kleinen Leute, die auch vom Lande <strong>kam</strong>en,<br />

die harn sehr schnell bei <strong>der</strong> Umsiedlung alle ihre Sachen verkauft (1) und wir lagen dann in Riga<br />

in Schulsälen und so weiter und, als dann die Schiffe <strong>kam</strong>en da <strong>hatte</strong>n=wer natürl<strong>ich</strong> versucht die<br />

als erste wech<strong>zu</strong>kriejen (1) also es war n<strong>ich</strong>t die Elite die <strong>zu</strong>erst an<strong>kam</strong> .. die Elite <strong>kam</strong> so<strong>zu</strong>sagen<br />

<strong>zu</strong>m Schluß (2) und diese Elite harn se wun<strong>der</strong>bar behandelt (3) t4<br />

(K7/283)<br />

Der „Empfang 44<br />

war in je<strong>der</strong> Hins<strong>ich</strong>t für die Borkes enttäuschend. N<strong>ich</strong>t<br />

nur, daß sie als Auslandsdeutsche n<strong>ich</strong>t begeistert aufgenommen wurden, sie<br />

fühlten s<strong>ich</strong> auch entsprechend ihrem Standesbewußtsein unter ihrer Würde<br />

behandelt. Das läßt s<strong>ich</strong> wie<strong>der</strong>um den Ber<strong>ich</strong>ten des Vaters entnehmen, die<br />

Frau Borke während des Interviews vorliest:<br />

„also in den einzelnen Klassenzimmern warn auf <strong>der</strong> Diele Fußboden n<strong>ich</strong> Strohschütten ausgebreitet<br />

(1) aber schon von früheren Lagerbesuchern zerrieben, <strong>zu</strong> den bisher freundl<strong>ich</strong>en Empfangen<br />

die wir=an an<strong>der</strong>en Stellen die wir erlebt <strong>hatte</strong>n <strong>kam</strong> nun auch die Ansprache des Lagerkommandanten,<br />

<strong>der</strong> uns begrüßte <strong>der</strong> Herr Ordensjunker teilte uns dann <strong>mit</strong>, er hätte schon<br />

in zwei früheren Transporten die Balten genügend kennengelernt, er habe s<strong>ich</strong> davon überzeugen<br />

können daß die Balten undiszipliniert und eine verkommene Gesellschañ seien, er mache darauf<br />

aufmerksam daß in seinem Lager Ordnung herrschen müsse, daß n<strong>ich</strong> jestohlen werden dürfe und<br />

daß er <strong>mit</strong> eiserner Strenge jede Unordnung und Wi<strong>der</strong>setzl<strong>ich</strong>keit rügen und bestrafen würde (1)<br />

im Warthegau müsse auch Aufbauarbeit geleistet werden, da<strong>zu</strong> taugten die Balten scheinbar wenig,<br />

weil sie faul, Parasiten und Menschen <strong>mit</strong> Baronsmanieren wären (1) das Dritte Re<strong>ich</strong> brauche<br />

solche Menschen n<strong>ich</strong>, er werde deshalb schon in seinem Lager <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Umerziehung beginnen,<br />

da<strong>mit</strong> die Balten merken das es ihnen <strong>zu</strong>gewiesene Plätze für das Volk <strong>zu</strong> arbeiten <strong>hatte</strong>n,<br />

Heil <strong>Hitler</strong> 44<br />

(K7/393)<br />

Diese unfreundl<strong>ich</strong>e, als erniedrigend empfundene Begrüßung war für Familie<br />

Borke eine schmerzvolle Erfahrung, <strong>hatte</strong> sie s<strong>ich</strong> doch bislang am nationalsozialistischen<br />

Deutschland orientiert und dort ihre nationalen Interessen<br />

und Ziele vertreten gesehen, für die sie s<strong>ich</strong> in Lettland eingesetzt <strong>hatte</strong>.<br />

Das wurde nach ihrer Umsiedlung jedoch keineswegs honoriert, und sie wurde<br />

n<strong>ich</strong>t so ohne weiteres in die deutsche Volksgemeinschaft aufgenommen. Da<strong>mit</strong><br />

befand sie s<strong>ich</strong> <strong>zu</strong>nächst in einer ähnl<strong>ich</strong>en Lage wie in Lettland, wo sie auch<br />

als Min<strong>der</strong>heit stets um ihre Rechte und Anerkennung kämpfen mußte.<br />

<strong>Als</strong> ihre Familie von Posen aus nach Breslau zog, wo ihr Vater dann als Pastor<br />

angestellt wurde, lebte Frau Borke ca. ab März 1940 wie<strong>der</strong> bei ihr. Daß<br />

Frau Borke so ausführl<strong>ich</strong> von <strong>der</strong> Umsiedlung und den da<strong>mit</strong> verbundenen<br />

Enttäuschungen erzählt, obwohl sie diese selbst n<strong>ich</strong>t <strong>mit</strong>erlebt hat, verweist<br />

darauf, daß sie in <strong>der</strong> folgenden Zeit in gle<strong>ich</strong>er Weise desillusioniert worden<br />

sein muß. Denn sie meint in diesem Zusammenhang:<br />

„na ja also es Deutschland ((spr<strong>ich</strong>t kurz und abgehackt)) war für uns eine ganz große Enttäuschung<br />

schon in Posen und in Breslau, wir sind eigentl<strong>ich</strong> (3) a-angesehen worden als Eindringlinge<br />

die hier nach Deutschland jekommen sind 44 (28/30)<br />

In Breslau wird <strong>der</strong> Familie ein „arisiertes 44<br />

Wohnhaus <strong>zu</strong>geteilt, dessen jüdischer<br />

Besitzer ausziehen mußte. Frau Borke beruhigt s<strong>ich</strong> selbst <strong>mit</strong> dem<br />

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