"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc
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9), denn ihre auf Stän<strong>der</strong>echt und Großgrundbesitz beruhende Stellung und<br />
ihre Position als Träger <strong>der</strong> autonomen Verfassungen <strong>der</strong> ehemaligen baltischen<br />
Provinzen war aufgehoben. Der Ausgang des Ersten Weltkrieges und<br />
die von <strong>der</strong> lettischen Regierung durchgeführten Agrarreformen im Jahr 1920<br />
<strong>hatte</strong>n bewirkt, daß <strong>der</strong> „ausschließl<strong>ich</strong> in <strong>der</strong> Hand des deutsch-baltischen<br />
Adels befindl<strong>ich</strong>e Großgrundbesitz" enteignet wurde (Garleff 1976: 5). Die<br />
Agrargesetzgebung sollte eine Umverteilung des Landbesitzes bewirken, die<br />
einerseits gegen den Einfluß <strong>der</strong> kommunistischen Sozial- und Wirtschaftspolitik<br />
ger<strong>ich</strong>tet war und an<strong>der</strong>erseits <strong>der</strong> bisherigen deutschen Führungssch<strong>ich</strong>t<br />
die wirtschaftl<strong>ich</strong>e Basis für ihren politischen Einfluß entziehen sollte (vgl.<br />
Rauch 1970: 80).<br />
Die Position <strong>der</strong> deutschen Min<strong>der</strong>heit, die wie an<strong>der</strong>e ethnische Min<strong>der</strong>heiten<br />
(Russen, Polen, Juden) bestimmte Rechte <strong>zu</strong>gestanden be<strong>kam</strong> (z.B. politische<br />
Vertretung im Parlament, Schulautonomie, Kulturautonomie), wurde<br />
nun in ihrer Bedeutung gemin<strong>der</strong>t. Nachdem die baltischen Deutschen <strong>mit</strong> <strong>der</strong><br />
Staatsgründung Lettlands offiziell <strong>zu</strong>r ethnischen Min<strong>der</strong>heit erklärt worden<br />
waren, konzentrierten sie s<strong>ich</strong> um so <strong>mehr</strong> auf die „Erhaltung ihres deutschen<br />
Volkstums" (vgl. Hehn 1982: 73).<br />
Das politische Leben in Lettland <strong>der</strong> zwanziger Jahre war durch kurzfristig<br />
amtierende Regierungen gekennze<strong>ich</strong>net. Verstärkt wurde die parlamentarische<br />
Krise durch die ungefähr ab 1929 spürbare Weltwirtschaftskrise, die s<strong>ich</strong><br />
in Absatzschwierigkeiten, erhöhter Arbeitslosigkeit und Preisrückgängen<br />
auswirkte. In dieser Krisensituation ergriff 1934 eine autoritäre Regierung <strong>mit</strong><br />
Unterstüt<strong>zu</strong>ng des Militärs die Macht, verhängte den <strong>Krieg</strong>s<strong>zu</strong>stand und erließ<br />
eine „lettländische Ermächtigungsverordnung" (vgl. Garleff 1976: 186).<br />
Es folgten bald darauf neben dem Verbot aller politischen Parteien auch erhebl<strong>ich</strong>e<br />
Einschränkungen <strong>der</strong> Rechte <strong>der</strong> deutschen Min<strong>der</strong>heit, z.B. Verbot<br />
des Gebrauchs <strong>der</strong> deutschen Sprache, Auflösung und Enteignung <strong>der</strong> alten<br />
deutschen Gilden, begrenzte berufl<strong>ich</strong>e und soziale Aufstiegsmögl<strong>ich</strong>keiten<br />
etc. (vgl. Hehn 1982: 410- Trotz dieser Einschränkungen gelang es den baltischen<br />
Deutschen, ihr Kultur- und Bildungswesen <strong>mit</strong> finanzieller Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />
aus dem Deutschen Re<strong>ich</strong> (durch das Auswärtige Amt, durch den Verein<br />
für die Auslandsdeutschen), die von 1933/34 an <strong>zu</strong>nahmen, aufrecht<strong>zu</strong>erhalten.<br />
Diese Unterstüt<strong>zu</strong>ngen sowie Aufenthalts- und Ausbildungsmögl<strong>ich</strong>keiten<br />
im Deutschen Re<strong>ich</strong> führten da<strong>zu</strong>, „daß s<strong>ich</strong> die nationalsozialistische<br />
Machtergreifung alsbald auch auf die Gestaltung <strong>der</strong> Beziehungen zwischen<br />
den baltischen Deutschen und dem Re<strong>ich</strong> aus<strong>zu</strong>wirken begann. Sie bewirkte<br />
eine Steigerung <strong>der</strong> Intensiät <strong>der</strong> Verbindungen und <strong>zu</strong>gle<strong>ich</strong>, daß die junge<br />
deutsch-baltische Generation unter den Einfluß und in den Sog <strong>der</strong> nationalsozialistischen<br />
Ideologie geriet 44 (Hehn 1982: 34).<br />
Die baltischen Deutschen r<strong>ich</strong>teten s<strong>ich</strong> <strong>zu</strong>nehmend nach dem nationalsozialistischen<br />
Deutschen Re<strong>ich</strong> aus und empfanden s<strong>ich</strong> aufgrund ihrer Nationalität<br />
diesem <strong>zu</strong>gehörig. Daher entschied s<strong>ich</strong> ein großer Teil <strong>der</strong> deutschen<br />
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