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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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dankbar sind und n<strong>ich</strong>t — wie dort geschehen — ihr Angebot verbittert ablehnen.<br />

Neben <strong>der</strong> Beteuerung, „von n<strong>ich</strong>ts gewußt <strong>zu</strong> haben", versucht Frau<br />

Schild, die politische Verantwortung <strong>der</strong> Deutschen durch den Hinweis <strong>zu</strong> relativieren,<br />

daß solche Verbrechen auch von Angehörigen an<strong>der</strong>er Nationen<br />

begangen wurden und werden. Dies ist <strong>der</strong> Versuch, die Deutschen als Kollektiv<br />

<strong>zu</strong> entlasten, die Verbrechen des Nationalsozialismus als Problem <strong>der</strong><br />

menschl<strong>ich</strong>en Spezies schlechthin erscheinen <strong>zu</strong> lassen und s<strong>ich</strong> da<strong>mit</strong> <strong>der</strong><br />

Frage <strong>der</strong> moralischen und politischen Haftung <strong>der</strong> Deutschen n<strong>ich</strong>t steilen <strong>zu</strong><br />

müssen:<br />

B: „aber das können Sie glauben wenn Ihnen jemand sagt daß er davon n<strong>ich</strong>ts gewußt hat wirkl<strong>ich</strong><br />

(2) wenn <strong>ich</strong> mir vorstelle <strong>ich</strong> hab den Film gesehn wo die da vergast wurden /o<strong>der</strong> die<br />

((nuschelt)) (1) die Gas<strong>kam</strong>mer=sie- also schreckl<strong>ich</strong>=schreckl<strong>ich</strong><br />

I: also man kanns glaub <strong>ich</strong> auch nie begreifen, <strong>ich</strong> hab m<strong>ich</strong> ja jetzt jahrelang da<strong>mit</strong> auseinan<strong>der</strong>gesetzt<br />

—<br />

B: NUR, scheint mir es is gar n<strong>ich</strong>, so einzigartig wie es uns vielle<strong>ich</strong>t jetzt, scheint w — wir<br />

sind = wirkl<strong>ich</strong>=schwer=man=hälLs=n<strong>ich</strong>t=für mögl<strong>ich</strong> glauben=Sie woan<strong>der</strong>s gibt es<br />

auch so schlimme Sachen n<strong>ich</strong> mal zwischen Juden also Afghanistan" (53/40)<br />

2.1.7 Die biographische Gesamts<strong>ich</strong>t von Erika Schild<br />

„Ich war verliebt und verlobt und verheiratet und kr<strong>ich</strong>te Kin<strong>der</strong> und da<strong>mit</strong><br />

war mein Horizont total erschöpft".<br />

Auf diesen Nenner bringt Erika Schild ihr Leben während des „Dritten Re<strong>ich</strong>es".<br />

Während sie in den späteren Jahren ihren „Horizont" erweitert, s<strong>ich</strong><br />

auch politisch interessiert hat, war ihr Leben während des Nationalsozialismus<br />

ausschließl<strong>ich</strong> durch ihre Rolle als Hausfrau und Mutter bestimmt. Die<br />

Perspektive <strong>der</strong> unpolitischen Hausfrau und Mutter konstituiert sowohl Erika<br />

Schilds Erzählung über den familialen biographischen Strang als auch über<br />

die gesellschaftl<strong>ich</strong>en Verhältnisse und den <strong>Krieg</strong>sverlauf.<br />

Frau Schilds Erleben <strong>der</strong> gesellschaftl<strong>ich</strong>-politischen Rahmenbedingungen<br />

ihres Lebens war insbeson<strong>der</strong>e bis <strong>zu</strong>m <strong>Krieg</strong>sbeginn maßgebl<strong>ich</strong> dadurch geprägt,<br />

dem proletarischen Milieu ihres Elternhauses den Rücken <strong>zu</strong> kehren<br />

und sozial auf<strong>zu</strong>steigen. Ihr Streben nach Loslösung und Abwendung vom<br />

proletarischen Milieu ließ auch keine Identifikation <strong>mit</strong> <strong>der</strong> politischen Überzeugung<br />

des Vaters <strong>zu</strong>. Sie orientierte s<strong>ich</strong> jedoch n<strong>ich</strong>t an einer an<strong>der</strong>en politischen<br />

Weltanschauung, sie orientierte s<strong>ich</strong> nur „weg" vom Politischen.<br />

Wie für viele an<strong>der</strong>e war <strong>der</strong> Weg nach oben für sie n<strong>ich</strong>t le<strong>ich</strong>t. Sie gehörte<br />

in <strong>der</strong> Schule <strong>zu</strong> den Außenseiterinnen, mußte ihre Ausbildungswünsche aufgeben<br />

und dann ohne berufl<strong>ich</strong>e Qualifikation für ihren Lebensunterhalt sorgen.<br />

Diese biographischen Erfahrungen haben, so kann man annehmen, u.a.<br />

da<strong>zu</strong> geführt, daß Erika Schild hart gegen s<strong>ich</strong> selbst wurde, s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t <strong>zu</strong>gestehen<br />

konnte, unter ihrem Leben und ihren Erlebnissen <strong>zu</strong> leiden.<br />

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