"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc
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tionen, in denen sie s<strong>ich</strong> ihren Kin<strong>der</strong>n sehr nahe fühlte, gehören für sie <strong>zu</strong> den<br />
„schönen 44<br />
Momenten des <strong>Krieg</strong>es. Schon nach wenigen Tagen konnte die Zivilbevölkerung<br />
in ihre Wohnungen <strong>zu</strong>rückkehren. Da<strong>mit</strong> war auch für Frau<br />
Schild und ihre Familie die Flucht beendet.<br />
Im Zusammenhang <strong>mit</strong> ihrer Rückkehr ber<strong>ich</strong>tet sie über den „ersten<br />
<strong>Krieg</strong>stoten 44 , den sie gesehen habe. Sie erinnert s<strong>ich</strong>, beim Einbiegen in eine<br />
Straße beinahe über ihn „gestolpert 44<br />
<strong>zu</strong> sein. Ihre Erinnerung an diesen<br />
Le<strong>ich</strong>nam als den „ersten <strong>Krieg</strong>stoten 44<br />
weist daraufhin, daß sie <strong>der</strong> neuen Situation,<br />
näml<strong>ich</strong> Zeugin am Schauplatz von Kampfhandlungen <strong>zu</strong> sein, eine<br />
qualitativ an<strong>der</strong>e Bedeutung <strong>zu</strong>mißt als ihren Erlebnissen im bombardierten<br />
Hamburg, wo sie s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> auch Tote gesehen hat. Diese Bombenopfer subsumiert<br />
sie offenbar n<strong>ich</strong>t unter das Thema „<strong>Krieg</strong> 44 .<br />
Im April 1945 war für Frau Schild <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> <strong>zu</strong> Ende. Von einem Fenster<br />
ihrer Wohnung aus konnte sie beobachten, wie sowjetische Soldaten auf amerikanische<br />
trafen:<br />
„von da <strong>kam</strong>en die Russen <strong>mit</strong> Musik und von hier, <strong>kam</strong>en die Amerikaner un die trafen s<strong>ich</strong><br />
vor meinem Fenster n<strong>ich</strong>, und umarmten s<strong>ich</strong> und küßten s<strong>ich</strong> und das war also ein ganz großes<br />
HalIo=un=<strong>ich</strong>=stand=so verborgen hinter dem Fenster" (7/15)<br />
Erika Schild <strong>hatte</strong>, wenn n<strong>ich</strong>t auf einen Sieg <strong>der</strong> Nationalsozialisten, so<br />
doch auf einen deutschen Sieg gehofft, und die deutsche Nie<strong>der</strong>lage löste bei<br />
ihr ein Gefühl <strong>der</strong> Bitterkeit aus:<br />
„und eigentl<strong>ich</strong> nur Mutter und Ehefrau war politisch damals gar n<strong>ich</strong>t interessiert n<strong>ich</strong> gar n<strong>ich</strong><br />
aber das hat-hat doch sehr getroffen und da merkt man eben doch daß man Deutsche war und daß<br />
alles ein Jammer und alles umsonst gewesen ist" (45/28)<br />
Es war schon von jener Haltung die Rede, die den Zweiten Weltkrieg „nationalisierte<br />
44<br />
und da<strong>mit</strong> von seiner politischen Anrüchigkeit <strong>zu</strong> befreien versuchte.<br />
Aus dieser Haltung heraus empfand auch Erika Schild Enttäuschung<br />
über die deutsche Nie<strong>der</strong>lage. Da sie s<strong>ich</strong> aber n<strong>ich</strong>t <strong>mit</strong> den politischen Zielen<br />
und Aussagen des Nationalsozialismus identifizierte, löste dessen Zerschlagung<br />
keine Krise aus. Sie verstand s<strong>ich</strong> nun selbst als Opfer, das dem Sieger<br />
unterlegen war. Indem sie s<strong>ich</strong> als politisch n<strong>ich</strong>t engagiert darstellt, fühlt<br />
sie s<strong>ich</strong> von einem Verstricktsein in den Nationalsozialismus und von einer<br />
Auseinan<strong>der</strong>set<strong>zu</strong>ng <strong>mit</strong> ihm befreit; eine Auseinan<strong>der</strong>set<strong>zu</strong>ng <strong>mit</strong> den Leiden<br />
<strong>der</strong> Opfer des Nationalsozialismus zwingt s<strong>ich</strong> ihr subjektiv n<strong>ich</strong>t auf.<br />
2.1.5 Die Nachkriegszeit<br />
Die ersten Monate nach <strong>der</strong> deutschen Kapitulation verbrachte Erika Schild<br />
<strong>mit</strong> ihren Kin<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> sowjetisch besetzten Zone. Aus <strong>der</strong> Anfangszeit <strong>der</strong><br />
Besat<strong>zu</strong>ng sind ihr die Ströme durchziehen<strong>der</strong> Soldaten auf dem Weg nach<br />
Westen gegenwärtig. Sie ze<strong>ich</strong>net ein fast romantisches Bild von Pänjepfer-<br />
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