"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc
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frau und Mutter beschränkt und den <strong>Krieg</strong> ohne Vorgesch<strong>ich</strong>te und Initiatoren<br />
— scheinbar wie von selbst —- beginnen läßt. Mit <strong>der</strong> Nachr<strong>ich</strong>t „<strong>Krieg</strong>" verband<br />
sie eine Angst, die auf Erfahrungen aus <strong>der</strong> Kindheit <strong>zu</strong>rückging. „Ja<br />
und dann, <strong>hatte</strong> man erst große Angst 44<br />
setzt die Biographin ihre Schil<strong>der</strong>ung<br />
des <strong>Krieg</strong>sanfanges fort: Zunächst stand die Angst vor dem Unbekannten und<br />
Ungewissen im Vor<strong>der</strong>grund, dessen Konsequenzen n<strong>ich</strong>t ab<strong>zu</strong>sehen waren.<br />
Doch dann wurde diese Angst von den Routinen des <strong>Krieg</strong>salltags, die aus <strong>der</strong><br />
Perspektive <strong>der</strong> Mutter vor allem auf die Lebens<strong>mit</strong>telbeschaffung ger<strong>ich</strong>tet<br />
waren, eingeholt:<br />
„ja und dann, <strong>hatte</strong> man erst große Angst, dann gab es ja die Lebens<strong>mit</strong>telkarten ging das los,<br />
das war aber am Anfang re<strong>ich</strong>l<strong>ich</strong> und man kr<strong>ich</strong>te auch noch von seinen Verwandten auch noch<br />
geliefert also da <strong>hatte</strong> man keinen Hunger" (2/2)<br />
Zu Beginn <strong>hatte</strong> <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> kaum Einfluß auf die alltägl<strong>ich</strong>en Lebensumstände,<br />
man mußte n<strong>ich</strong>t hungern, und auch die Bombenangriffe gehörten<br />
noch n<strong>ich</strong>t <strong>zu</strong>m Alltag. Kurzfristig griff <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong> aber doch in das Leben <strong>der</strong><br />
Familie ein: Herr Schild be<strong>kam</strong> einen Stellungsbefehl. Er <strong>hatte</strong> jedoch Glück,<br />
denn er wurde — wie seine Frau meint, da einige Rekruten „überzählig 44<br />
waren<br />
— aufgrund seines Alters <strong>zu</strong>rückgestellt. Die drohende Trennung, <strong>der</strong> sie<br />
<strong>zu</strong>nächst entgangen war, ließ in Erika Schild den Wunsch nach einem zweiten<br />
Kind erwachen. In dieser Situation wollte sie, daß ihr wenigstens ein Kind als<br />
„Ersatz 44<br />
für den Mann bliebe. Ein halbes Jahr später wurde sie schwanger<br />
und erlebte — im Sommer 1941 — einen Luftangriff <strong>mit</strong>. Ihrer Meinung nach<br />
<strong>hatte</strong> dieser Angriff folgenschwere Auswirkungen auf die Gesundheit ihres<br />
Sohnes:<br />
„und in <strong>der</strong> Nebenstraße fiel ne Bombe und <strong>ich</strong> war im dritten Monat und furchtbar bange (1)<br />
und hab=da=wohl= solchen Schreck gekriegt daß dieses Kind im dritten Monat setzen so die<br />
Extre<strong>mit</strong>äten beim Embryo — äh das wurde geboren <strong>mit</strong> einem Klumpfuß das bedeutete hinterher<br />
daß dieses Kind sechs Jahre in Gips lag und das unter Bomben" (2 /18)<br />
Ihr Mann war <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt bereits <strong>zu</strong>m Geschäftsführer eines <strong>mit</strong>telständischen<br />
Unternehmens aufgestiegen und schon vor diesem Luftangriff<br />
nach Hamburg versetzt worden. Erika Schild konnte ihm <strong>zu</strong>nächst n<strong>ich</strong>t folgen,<br />
da sie Schwierigkeiten <strong>hatte</strong>n, eine Wohnung <strong>zu</strong> finden. Erst im November<br />
1941 zog sie — inzwischen im sechsten Monat schwanger — <strong>mit</strong> ihrer<br />
Tochter Elisabeth nach Hamburg.<br />
Erneut erhielt ihr Mann eine Einberufung, doch auch diesmal entging er <strong>der</strong><br />
Rekrutierung: Durch ein Telegramm des Re<strong>ich</strong>sverkehrsministeriums sei er<br />
wegen seiner Beschäftigung in einem kriegsw<strong>ich</strong>tigen Betrieb unabkömml<strong>ich</strong><br />
gestellt und entlassen worden. Erika Schild erzählt, daß ihr Mann große Angst<br />
vor <strong>der</strong> Front gehabt habe:<br />
„mein Mann war überhaupt n<strong>ich</strong> militärisch o<strong>der</strong> soldatisch eingestellt alles an<strong>der</strong>e als das<br />
n<strong>ich</strong>, <strong>hatte</strong> furchtbare Angst und kr<strong>ich</strong>te auch vor lauter Wi<strong>der</strong>stand so ein Magengeschwür n<strong>ich</strong><br />
also später mußte=er=behandelt=werden" (31 /40)<br />
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