24.11.2013 Aufrufe

"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Aus den Lebensgesch<strong>ich</strong>ten von den Angehörigen <strong>der</strong> wilhelminischen Jugendgeneration<br />

diskutieren wir die Biographie von Herrn Vogel (Jahrgang<br />

1899), einem Veteranen des Ersten Weltkrieges, <strong>der</strong> 1939 wie<strong>der</strong>um <strong>zu</strong>r Wehrmacht<br />

eingezogen wurde. Er interessiert uns, weil er das in Gesprächen <strong>mit</strong><br />

seiner Generation auffallende Ausblenden des Themas Nationalsozialismus<br />

beson<strong>der</strong>s markant betreibt 5 .<br />

Wie <strong>der</strong> Leser im weiteren feststellen wird, waren mindestens zwei <strong>der</strong> im<br />

folgenden vorgestellten Biographen Zeugen des — wie Hannah Arendt (1986)<br />

es so <strong>zu</strong>treffend beze<strong>ich</strong>net — NS-Verwaltungsmassenmordes und mögl<strong>ich</strong>erweise<br />

in irgendeiner Funktion auch darin verstrickt. Da sie versuchten, dies<br />

in ihrer Darstellung <strong>zu</strong> kaschieren, haben die Interviewer, die <strong>mit</strong> ihnen sprachen,<br />

es <strong>zu</strong>nächst auch n<strong>ich</strong>t bemerkt. Wir wählten ihre Lebensgesch<strong>ich</strong>ten<br />

aus, weil wir die Lebensgesch<strong>ich</strong>ten zweier Soldaten <strong>der</strong> Etappe analysieren<br />

wollten. Was „Etappe 44<br />

in diesen Fällen bedeutete, haben wir erst anhand <strong>der</strong><br />

Analyse <strong>der</strong> transkribierten Interviews erkennen können.<br />

Gegen diese Art <strong>der</strong> Auswahl könnte nun eingewendet werden, wir würden<br />

in erster Linie Ausnahmefalle besprechen, die nur selten auftreten. S<strong>ich</strong>er, es<br />

gibt z.B. nur wenige Frauen aus Lettland in <strong>der</strong> Bundesrepublik, doch bei genauerer<br />

Betrachtung einzelner Biographien werden diese immer <strong>zu</strong> sogenannten<br />

Ausnahmefallen. Den im Sinne von „häufig auftretend 44<br />

typischen Fall<br />

gibt es nur als sozialwissenschaftl<strong>ich</strong>e Konstruktion. Es ist auch n<strong>ich</strong>t unser<br />

Anliegen, Aussagen über Verteilungen und Häufigkeiten <strong>zu</strong> machen; dies<br />

wäre ein Anspruch, <strong>mit</strong> dem man die Abs<strong>ich</strong>ten einer hermeneutischen Fallrekonstruktion<br />

völlig verkennen würde. Unser Ziel ist es n<strong>ich</strong>t, den typischen<br />

Fall <strong>zu</strong> suchen, son<strong>der</strong>n die Typik eines jeden Falles <strong>zu</strong> rekonstruieren, d.h.<br />

heraus<strong>zu</strong>finden, welchen Typus von Vergangenheitsbewältigung er repräsentiert.<br />

Typik verstehen wir also n<strong>ich</strong>t in einem numerischen Sinne, sie erklärt<br />

s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t über die Häufigkeit des Auftretens, son<strong>der</strong>n über die konstituierenden<br />

Momente einer Biographie. Jede Biographie repräsentiert eine gesellschaftl<strong>ich</strong><br />

mögl<strong>ich</strong>e und da<strong>mit</strong> auch allgemein gültige. Je nach den Kriterien<br />

bzw. den Konstrukten, die die Sozial Wissenschaftler an sie anlegen, stimmt<br />

sie <strong>mit</strong> an<strong>der</strong>en Biographien überein o<strong>der</strong> unterscheidet s<strong>ich</strong> von an<strong>der</strong>en.<br />

Kriterium des „Vergle<strong>ich</strong>ens 44<br />

ist in <strong>der</strong> vorliegenden Studie die Art und Weise<br />

<strong>der</strong> Vergangenheitsbewältigung.<br />

Anmerkungen<br />

1 Vgl. die Artikel <strong>zu</strong>m sog. Historiker-Streit; abgedruckt in: „Historiker-Streit". München, Zür<strong>ich</strong>:<br />

Piper 1987.<br />

2 Zur Diskussion <strong>der</strong> Kriterien sozialer Krisen vgl. O. Rammstedt (1977).<br />

3 Der Leser mag s<strong>ich</strong> vielle<strong>ich</strong>t an die von Helmut Schelsky (1957) diskutierten Generationen<br />

erinnert fühlen. Schelsky konzipiert seine drei Generationen jedoch nur unter dem Aspekt<br />

<strong>der</strong> „Verhaltensgestalt" während <strong>der</strong> Jugendphase, die er nach dem Kriterium des Verhältnisses<br />

<strong>der</strong> Jugend <strong>zu</strong>r Gesellschañ definiert, und geht n<strong>ich</strong>t auf die historischen Erfahrungen in<br />

24

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!