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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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Selbstverständl<strong>ich</strong> können n<strong>ich</strong>t alle Auslassungen und Unplausibilitäten<br />

<strong>der</strong> Eingangserzählung angesprochen werden; die Auswahl <strong>der</strong> Nachfragen ist<br />

geleitet von <strong>der</strong> Fragestellung <strong>der</strong> Untersuchung. Die Interviewerinnen sollten<br />

daher <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Fragestellung genauestens vertraut sein.<br />

Sind im Laufe des Gesprächs Themenbere<strong>ich</strong>e noch n<strong>ich</strong>t berührt worden,<br />

die die Interviewerinnen vorab für relevant hielten o<strong>der</strong> die ihnen während des<br />

Gesprächs als auffallende Auslassungen erschienen (wenn beispielsweise bestimmte<br />

Lebensphasen gar n<strong>ich</strong>t erwähnt wurden), haben sie in <strong>der</strong> letzten<br />

Phase des Interviews Gelegenheit, sie <strong>mit</strong>tels erzählexterner Fragen <strong>zu</strong>r Sprache<br />

<strong>zu</strong> bringen.<br />

Zur Durchfiihrung <strong>der</strong> Interviews<br />

Wir <strong>hatte</strong>n die Erhebung in <strong>mehr</strong>eren Interviewerinnenschulungen <strong>mit</strong><br />

Hilfe von schriftl<strong>ich</strong>en Übungen <strong>zu</strong>r Fragetechnik und in Rollenspielen, in denen<br />

s<strong>ich</strong> die Projektteilnehmerinnen wechselseitig befragten, sorgfältig vorbereitet.<br />

Darüber hinaus wurden wir <strong>mit</strong> Techniken <strong>der</strong> gesprächstherapeutischen<br />

Gesprächsführung vertraut gemacht, um empathisch auf unsere Gesprächspartnerinnen<br />

eingehen <strong>zu</strong> können, wenn diese von emotional<br />

belastenden Erinnerungen ber<strong>ich</strong>teten o<strong>der</strong> von diesen Erinnerungen in <strong>der</strong><br />

Gegenwart wie<strong>der</strong> eingeholt wurden.<br />

Bis auf wenige Ausnahmen fanden die Interviews, die von jeweils zwei Projekt<strong>mit</strong>glie<strong>der</strong>n<br />

— meistens einem Mann und einer Frau — durchgeführt wurden,<br />

in den Wohnungen unserer Gesprächspartnerinnen statt. Nach einem ersten<br />

Kennenlernen baten wir unsere Interviewpartnerinnen, ihr Leben — konzentriert<br />

auf die <strong>Krieg</strong>sjahre — <strong>zu</strong> erzählen. Die Eingangsfrage lautete etwa:<br />

„Wir sind daran interessiert, welche persönl<strong>ich</strong>en Erfahrungen die deutschen Bevölkerung wahrend<br />

des Zweiten Weltkrieges gemacht hat und wie sie die <strong>Krieg</strong>serlebnisse verarbeitet hat. Es<br />

geht uns dabei n<strong>ich</strong>t um die großen gesch<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>en Ereignisse, son<strong>der</strong>n um das ganz persönl<strong>ich</strong>e<br />

Erleben eines / einer jeden einzelnen. Wir möchten Sie also bitten, uns Ihre eigenen Erlebnisse <strong>zu</strong><br />

erzählen und stellen uns vor, daß sie anfangen, über die Zeit <strong>zu</strong> erzählen, in <strong>der</strong> Sie s<strong>ich</strong> die ersten<br />

Gedanken darüber gemacht haben, daß es <strong>Krieg</strong> geben könnte, und dann erzählen, wie sie den<br />

<strong>Krieg</strong> und das <strong>Krieg</strong>sende erlebt haben. Wir werden Ihnen also <strong>zu</strong>nächst keine Fragen stellen und<br />

Sie n<strong>ich</strong>t unterbrechen. Während sie erzählen, notieren wir uns ein paar St<strong>ich</strong>punkte, auf die wir<br />

dann später noch einmal eingehen wollen."<br />

Diese Formulierung gibt keinen „objektiven" Anfangspunkt vor (z.B. das<br />

Jahr 1939), an dem die Erzählung ein<strong>zu</strong>setzen hat, son<strong>der</strong>n überläßt es den<br />

Erzählerinnen, <strong>mit</strong> welchem Datum sie ihre biographische Großerzählung beginnen<br />

lassen wollen. Auf diese Weise wollten wir herausfinden, von welchem<br />

Zeitpunkt an unsere Gesprächspartnerinnen — aus <strong>der</strong> Gegenwarts- o<strong>der</strong> aus<br />

<strong>der</strong> Vergangenheitsperspektive — ihre Lebensgesch<strong>ich</strong>te in einen Sinn<strong>zu</strong>sammenhang<br />

<strong>zu</strong>m <strong>Krieg</strong> stellen. So ist es z.B. durchaus denkbar, daß sie in <strong>der</strong><br />

Gegenwart die ersten Anze<strong>ich</strong>en für einen drohenden <strong>Krieg</strong> schon im Jahre<br />

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