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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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Das biographisch-narrative Interview umfaßt im wesentl<strong>ich</strong>en zwei Phasen:<br />

die autobiographische Großerzählung und die Phase narrativer Nachfragen,<br />

die ihrerseits erzählinterne und erzählexterne Nachfragen einschließt.<br />

Die autobiographische Grqßerzjahlung. Zu Beginn eines Interviews werden<br />

die Gesprächspartnerinnen nach einer Warming-up-Phase <strong>mit</strong> Hilfe einer Erzählauffor<strong>der</strong>ung,<br />

<strong>der</strong> Eingangsfrage, <strong>zu</strong> einer biographischen Großerzählung<br />

ermuntert. Diese Eingangsfrage steckt den thematischen Rahmen ab, sollte<br />

aber den Darstellungsspielraum <strong>der</strong> Informantinnen n<strong>ich</strong>t einschränken. Vor<br />

allem sollte dieses Thema „erzählgenerierend" wirken, d.h. es sollte „relevante<br />

Aspekte <strong>der</strong> Lebensführung" berühren, wie Schütze (1977: 17) es formuliert,<br />

„über die <strong>zu</strong> ber<strong>ich</strong>ten ... <strong>der</strong> Mühe wert erscheint." Die Formulierung<br />

<strong>der</strong> Eingangsfrage sollte <strong>zu</strong>dem einen hinre<strong>ich</strong>end „unproblematischen Charakter"<br />

haben, bei den Erzählerinnen also mögl<strong>ich</strong>st n<strong>ich</strong>t Scham- o<strong>der</strong> Peinl<strong>ich</strong>keitsgefühle<br />

hervorrufen, die <strong>zu</strong> Erzählbarrieren führen könnten.<br />

Ist die biographische Großerzählung in Gang gekommen, bemühen s<strong>ich</strong> die<br />

Interaktionspartnerinnen um die Herstellung und Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Interaktionsreziprozität.<br />

Die Erzählerinnen tun dies beispielsweise, indem sie die<br />

Erzählungen auf die unterstellten Hörerinneninteressen und -bedürfhisse <strong>zu</strong>schneiden,<br />

die Hörerinnen, indem sie immer wie<strong>der</strong> ihr Interesse an <strong>der</strong> Erzählung<br />

und ihre Fähigkeit <strong>zu</strong>r Empathie bekunden. Dies geschieht vor allem <strong>mit</strong><br />

Hilfe parasprachl<strong>ich</strong>er Mittel. In den meisten Fällen können die Införmantlnnen<br />

dadurch <strong>zu</strong> ausführl<strong>ich</strong>en biographischen Großerzählungen motiviert werden.<br />

Die Phase <strong>der</strong> narrativen Nachfragen. Während <strong>der</strong> gesamten Eingangserzählung<br />

hören die Interviewerinnen aufmerksam <strong>zu</strong>. Haben die Gesprächspartnerinnen<br />

das Ende <strong>der</strong> autobiographischen Eingangserzählung signalisiert<br />

(z.B. durch eine Endevaluation wie. „ja, das war es"), werden in <strong>der</strong><br />

zweiten Phase des narrativen Interviews Lücken und Unplausibilitäten <strong>der</strong><br />

Eingangserzählung o<strong>der</strong> auch Ereignisse, die den Interviewerinnen zwar relevant<br />

erscheinen, von den Erzählerinnen aber nur angerissen wurden, noch<br />

einmal angesprochen. Diese Fokussierung einzelner Themen durch erzählinterne<br />

Nachfragen soll die Gesprächpartnerinnen erneut in Erzählfluß versetzen<br />

und weitere Erzählungen evozieren. Dieses Ziel verfehlen indessen direkte<br />

Nachfragen nach persönl<strong>ich</strong>en Meinungen und Einstellungen (z.B. sog.<br />

„Warum-Fragen"), da sie Argumentationen und Legitimationen provozieren.<br />

Die Nachfragen sollten daher etwa in folgen<strong>der</strong> Form gestellt werden: „Sie<br />

sprachen vorhin vom ersten Bombenangriff. Können Sie s<strong>ich</strong> noch an diese Situation<br />

erinnern und uns darüber noch etwas genauer erzählen?"<br />

Beim biographischen Interview bietet es s<strong>ich</strong> an, die Nachfragen an <strong>der</strong><br />

Chronologie <strong>der</strong> Eingangserzählung <strong>zu</strong> orientieren. In diesem Vorgehen liegt<br />

die Chance, die Befragten noch einmal <strong>zu</strong> längeren Erzählungen über bestimmte<br />

Lebensphasen <strong>zu</strong> motivieren. Oft werden dann auch Ereignisse, die<br />

in <strong>der</strong> Eingangserzählung nur gestreift wurden, ausführl<strong>ich</strong>er erzählt, so daß<br />

s<strong>ich</strong> manch eine <strong>der</strong> notierten Nachfragen erübrigt.<br />

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