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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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nenalter andauerte. Die meisten Männer dieser Generation haben den gesamten<br />

Zweiten Weltkrieg als Soldat erlebt und <strong>der</strong> Kern dieser Generation, die<br />

Angehörigen <strong>der</strong> Jahrgänge 1911 bis 1919, waren auch schon vor 1939 <strong>zu</strong>m<br />

Re<strong>ich</strong>sarbeitsdienst und <strong>zu</strong>m Wehrdienst eingezogen worden. Läßt man die<br />

Zeit <strong>der</strong> Gefangenschaft unberücks<strong>ich</strong>tigt, waren sie also bis <strong>zu</strong> zehn Jahren<br />

Angehörige einer militärischen Organisation 4 . Es waren jene Jahre <strong>der</strong> Lebenszeit,<br />

in denen für die weitere Lebensführung biographisch relevante Entscheidungen<br />

und Prozesse im berufl<strong>ich</strong>en wie familialen Bere<strong>ich</strong> stattfinden,<br />

in denen die berufl<strong>ich</strong>e Karriere stabilisiert und eine eigene Familie gegründet<br />

wird.<br />

Die Phase <strong>der</strong> Familiengründung und die s<strong>ich</strong> in Friedenszeiten in dieser<br />

Lebensphase festigende berufl<strong>ich</strong>e Identität überschnitt s<strong>ich</strong> bei den Männern<br />

dieser Generation jedoch <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Soldatenzeit. Sie konnten eine berufl<strong>ich</strong>e<br />

Identität außerhalb <strong>der</strong> Wehrmacht kaum ausbilden, und es ist daher naheliegend,<br />

daß das Soldatsein in ihrer Selbstwahrnehmung in gewisser Weise <strong>zu</strong>m<br />

Beruf wurde. Die von uns durchgeführten Gespräche ebenso wie die von Albert<br />

Lehmann (1983) o<strong>der</strong> die von <strong>der</strong> Forschergruppe um Lutz Niethammer<br />

(1986) vorgestellten Lebensgesch<strong>ich</strong>ten zeigen, daß diese Männer ihr Soldatsein<br />

häufig wie eine Erwerbstätigkeit, die man ordnungsgemäß <strong>zu</strong> erfüllen<br />

hat, verstanden.<br />

Viele Angehörige dieser Generation heirateten während <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong>sjahre<br />

und be<strong>kam</strong>en ihre Kin<strong>der</strong> in dieser Zeit. Es handelt s<strong>ich</strong> um die Generation<br />

<strong>der</strong> frisch Vermählten und <strong>der</strong> jungen Eltern, die aufgrund des <strong>Krieg</strong>es ihr<br />

neues Leben meist nur in Gedanken und bei kurzen Heimaturlauben leben<br />

konnten. Die Männer kannten ihre Kin<strong>der</strong> — und häufig auch ihre Frauen —<br />

kaum. Die Frauen mußten in <strong>der</strong> Heimat allein für die Existenzs<strong>ich</strong>erung <strong>der</strong><br />

Familie sorgen und wurden darüber hinaus via <strong>Krieg</strong>sdienstverpfl<strong>ich</strong>tung in<br />

bisher Männern vorbehaltene Positionen und Tätigkeiten eingezogen. Dadurch<br />

waren sie extremen Belastungen ausgesetzt; <strong>zu</strong>gle<strong>ich</strong> jedoch gewannen<br />

sie eine den traditionellen Frauenrollen n<strong>ich</strong>t entsprechende Autonomie und<br />

Macht.<br />

Die Angehörigen dieser Generation, die —- nebenbei bemerkt — die Eltern<br />

<strong>der</strong> späteren 68er-Generation sind, <strong>hatte</strong>n vermutl<strong>ich</strong> nach <strong>Krieg</strong>sende die<br />

größten Probleme, s<strong>ich</strong> in ein ziviles Leben ein<strong>zu</strong>finden. Sie mußten s<strong>ich</strong> —<br />

nach Rückkehr <strong>der</strong> Männer aus <strong>der</strong> <strong>Krieg</strong>sgefangenschaft und <strong>der</strong> da<strong>mit</strong> einhergehenden<br />

Rückverweisung <strong>der</strong> Frauen auf die traditionellen Frauenrollen<br />

— in die Wirkl<strong>ich</strong>keit von Berufs- und Erwerbstätigkeit, vor allem aber von<br />

Ehe und Familie einfinden. Ehe und Familie waren zwar schon seit Jahren<br />

eine bestehende Wirkl<strong>ich</strong>keit, dieser fehlte jedoch die gelebte Praxis — sie bestand<br />

viel<strong>mehr</strong> vor allem aus Gedanken, Wünschen und Projektionen. Die<br />

Angehörigen <strong>der</strong> wilhelminischen Jugendgeneration hingegen konnten 1945<br />

an eine schon vor dem Zweiten Weltkrieg gelebte und bereits routinisierte berufl<strong>ich</strong>e<br />

und familiale Wirkl<strong>ich</strong>keit wie<strong>der</strong> anknüpfen. Die Angehörigen <strong>der</strong><br />

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