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"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

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menssch<strong>ich</strong>ten und da<strong>mit</strong> meist <strong>zu</strong> den Mannschartssoldaten eine w<strong>ich</strong>tige<br />

Rolle; für einen Offizier war das Soldatsein wohl weniger ein Beruf als viel<strong>mehr</strong>,<br />

in unterschiedl<strong>ich</strong>er weltanschaul<strong>ich</strong>er Deutung, eine Berufung. Doch<br />

auch die Generations<strong>zu</strong>gehörigkeit, die bei <strong>der</strong> Weimarer Jugend <strong>zu</strong> einem<br />

jahrelangen <strong>Krieg</strong>seinsatz und da<strong>mit</strong> <strong>zu</strong>sammenhängend <strong>zu</strong>m Bedeutungsverlust<br />

an<strong>der</strong>er Lebensbere<strong>ich</strong>e führte, ist für ein Soldatsein als Beruf von Belang.<br />

Die historisch-lebensgesch<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>e Konstellation: jahrelanges Aussetzen<br />

<strong>der</strong> zivilen Berufskarriere in ihrer Hauptaktivitätsphase vom Abschluß<br />

<strong>der</strong> Berufsausbildung bis <strong>zu</strong>m <strong>mit</strong>tleren Erwachsenenalter bedingte einen Bedeutungsverlust<br />

des zivilen Berufs gegenüber <strong>der</strong> militärischen Berufsrolle.<br />

Diese fur die Weimarer Jugendgeneration <strong>zu</strong>treffende Konstellation gilt auch<br />

für Herrn Acka, jenen Biographen, den wir als „Grenzgänger" zwischen <strong>der</strong><br />

Weimarer Jugendgeneration und <strong>der</strong> HJ-Generation in die Analyse aufgenommen<br />

haben. Auch er <strong>hatte</strong> vor dem Ein<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>r Wehrmacht einen Beruf erlernt,<br />

den er in <strong>der</strong> Wehrmacht (ab 1940) jedoch n<strong>ich</strong>t <strong>mehr</strong> ausübte. Statt dessen<br />

träumte er von einer militärischen Karriere als Flieger. Seine Lebensgesch<strong>ich</strong>te<br />

steht insgesamt <strong>der</strong> Weimarer Jugendgeneration näher als <strong>der</strong> HJ-Generation.<br />

Der Veteran des Ersten Weltkrieges, Herr \fogel, teilte dieses Verständnis des<br />

Soldatseins — als Beruf <strong>mit</strong> mögl<strong>ich</strong>en Aufstiegschancen — n<strong>ich</strong>t. Er erfüllte<br />

nur ungern, aber doch selbstverständl<strong>ich</strong> seine vaterländische Pfl<strong>ich</strong>t. Auch<br />

hier läßt s<strong>ich</strong> ein Zusammenhang <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Generations<strong>zu</strong>gehörigkeit n<strong>ich</strong>t von<br />

<strong>der</strong> Hand weisen. Die Männer <strong>der</strong> wilhelminischen Jugendgeneration befanden<br />

s<strong>ich</strong> 1939 in einer Lebensphase, in <strong>der</strong> die berufl<strong>ich</strong>e Laufbahn meist gefestigt<br />

o<strong>der</strong> gar auf dem Höhepunkt war und <strong>der</strong> Beruf eine zentrale Bedeutung im Leben<br />

einnahm. Sie werden daher weniger als jüngere Männer eine neue Karriere<br />

im Militär angestrebt bzw. aufgrund ihres Alters überhaupt für mögl<strong>ich</strong> gehalten<br />

haben, son<strong>der</strong>n die Einberufung eher als Unterbrechung ihrer Berufelaufbahn<br />

empfunden haben. Staatsloyal werden sie dann — wie Herr Vogel — trotzdem<br />

das Soldatsein n<strong>ich</strong>t selten als ihre vaterländische Pfl<strong>ich</strong>t angesehen haben,<br />

gegen die sie s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t auflehnen konnten und durften. Ich gehe also davon aus,<br />

daß dieses Soldatsein ab vaterländische Pfl<strong>ich</strong>t charakteristisch ist für die Generation<br />

von Männern, die noch im Untertanengeist des wilhelminischen Kaiserre<strong>ich</strong>es<br />

erzogen worden sind. Obwohl sie desillusioniert aus den Schützengräben<br />

des Ersten Weltkrieges <strong>zu</strong>rückgekehrt waren und daraus vielle<strong>ich</strong>t einen<br />

tiefverwurzelten, <strong>mehr</strong> impliziten Pazifismus entwickelt <strong>hatte</strong>n, haben die<br />

Männer dieser Generation bis auf wenige Ausnahmen — literarisch repräsentiert<br />

durch Er<strong>ich</strong> Maria Remarque — kaum diese vaterländische Pfl<strong>ich</strong>t öffentl<strong>ich</strong><br />

und offensiv in Frage gestellt. Auch Herr \fogel wünschte s<strong>ich</strong> nach den Erfahrungen<br />

des Ersten Weltkrieges keinen neuen <strong>Krieg</strong> und sträubte s<strong>ich</strong> 1939 innerl<strong>ich</strong><br />

gegen eine erneute Einberufung. Doch er stellt die Rechtmäßigkeit des<br />

von Deutschland geführten <strong>Krieg</strong>es n<strong>ich</strong>t in Frage, klagt das Vaterland für den<br />

<strong>Krieg</strong>sbeginn und -verlauf n<strong>ich</strong>t an, son<strong>der</strong>n versucht die <strong>Krieg</strong>sschuld an<strong>der</strong>en<br />

Nationen an<strong>zu</strong>lasten.<br />

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