"Als der Krieg kam, hatte ich mit Hitler nichts mehr zu tun" - goedoc

Die Benennung der drei Generationen entsprechend ihrer Jugendzeit erfolgt
in Verlegenheit um treffendere und noch nicht abgenutzte Bezeichnungen, die
den Leser gleichzeitig die jeweilige Generation erkennen lassen. Sie ist insofern
problematisch, als sie — angelehnt an die Mannheimsche These der prägenden
Wirkung der Jugendzeit — suggeriert, Generationen würden sich jeweils
nur in dieser Lebensphase konstituieren. Ich gehe jedoch davon aus, daß
je nach historischen Umständen Generationen sich in den unterschiedlichsten
Lebensphasen konstituieren können. Ebenso sind historische Phasen denkbar,
in denen die Generationszugehörigkeit weniger stark zu geteilten Erlebniswelten
führt als zu anderen Zeiten (vgl. Spitzer 1973). Im folgenden wird deutlich
werden, daß die Weimarer Jugendgeneration viel nachhaltiger durch die
Kriegsjahre im jungen und mittleren Erwachsenenalter während des Zweiten
Weltkrieges geprägt wurde als durch ihre Jugend in der Weimarer Republik.
Die wilhelminische Jugendgeneration, die etwa die Jahrgänge 1890-1900
umfaßt, macht diejenigen aus, die Kindheit und Jugend im Kaiserreich erlebten
und als Jugendliche und junge Erwachsene den Ersten Weltkrieg miterlebten.
Insbesondere die Männer dieser Generation, die als Halberwachsene in
den Schützengräben des Ersten Weltkrieges erwachsen werden mußten, sind
nachhaltig durch diesen — dem romantischen Image ä la von Clausewitz keineswegs
entsprechenden — Krieg geprägt. Männer und Frauen dieser Generation
erlebten das Ende des Kaiserreichs und die darauf folgende Demokratisierung
Deutschlands, eine wirtschaftlich wie politisch instabile Epoche, die
schon nach 15 Jahren wieder zerbrach.
Die Lebensphase des frühen Erwachsenenalters, in der sie vor der Aufgabe
stand, eine eigene berufliche wie familiale Existenz aufzubauen, erlebte die
wilhelminische Jugendgeneration in einer von Inflation und Weltwirtschaftskrise
bestimmten Zeit.
Bei Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden die Männer dieser Generation,
die weltkriegsgedienten Wehrpflichtigen der Geburtsjahrgänge 1893-1900, im
mittleren Lebensalter erneut an die Front geschickt.
Die Angehörigen der Weimarer Jugendgeneration (ca. die Jahrgänge
1906-1919), die meist noch während des Ersten Weltkrieges geboren sind und
den Hunger häufig schon in den frühen Lebensjahren kennengelernt haben,
sind als erste deutsche Generation in ihrer Kindheit und Jugend in einer demokratischen
Republik sozialisiert worden. Im Unterschied zu den später Geborenen,
der sogenannten Hitlerjugend-Generation, haben sie noch vor der
Machtübergabe 1933, vor der Gleichschaltung der Massenmedien und vor der
Totalisierung der staatlichen Erziehungsinstanzen ihre politische Identität in
einer pluralistischen Gesellschaft ausbilden können.
Generationsbildend ist m.E. bei dieser Generation jedoch weniger die historische
Konstellation während ihrer Jugendphase, sondern vielmehr das bei
den Männer mit dem 18ten bzw. dem 19ten Lebensjahr beginnende kasernierte
Leben in militärischen Organisationen, das meist bis ins mittlere Erwachse-
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